Urteil vom Landessozialgericht für das Saarland - L 2 KR 1/01

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts für das Saarland vom 29.11.2000 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin verpflichtet ist, Sozialversicherungsbeiträge an die Beklagte im Rahmen der Bürgenhaftung nach § 28e Abs. 2 des Vierten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB IV) zu zahlen.

Die Firma H. GmbH (künftig: H. GmbH) in O. verlieh der Klägerin Arbeitnehmer nach dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG). Die H. GmbH überreichte der Beklagten am 14.11.1996 und am 17.12.1996 zur Begleichung der Gesamtsozialversicherungsabgaben für die Beitragsmonate Oktober und November 1996 mehrere Schecks. Nach Angaben der Beklagten wurden diese Schecks der Bank nicht zeitnah zur Einlösung vorgelegt, weil die H. GmbH zum Zeitpunkt der Aushändigung nicht über entsprechende Mittel verfügt habe. Gegenüber einem Mitarbeiter der Beklagten habe die H. GmbH die finanziellen Probleme als vorübergehend dargestellt, was mit ausstehenden Forderungen begründet worden sei.

Die Schecks für den Monat Oktober wurden nicht eingelöst. Nachdem der Geschäftsführer der H. GmbH am 17.01.1997 gegenüber den Vollstreckungsbeamten die Zahlungsunfähigkeit angezeigt hatte, wurden ihm auch die Schecks für den Monat November 1996 zurückgegeben. Am 22.01.1997 stellte die H. GmbH einen Konkursantrag. Durch den Konkursverwalter wurde die H. GmbH bis 28.02.1997 weitergeführt.

Mit Schreiben vom 28.01.1997 meldete die Beklagte bei der Klägerin die Ansprüche auf ausgebliebene Sozialversicherungsbeiträge der Firma H. GmbH dem Grunde nach an. Nach Einsichtnahme in die Lohnunterlagen wurden die Ansprüche beziffert. Mit zwei getrennten Schreiben vom 01.06.1997 an die Klägerin in St. I. und in Sa. konkretisierte die Beklagte die Forderungen seit 01.10.1996, die sich ursprünglich gegen die Firma H. GmbH richteten und nunmehr gegen die Klägerin geltend gemacht wurden. Sie nannte als Anspruchsgrundlage § 28e Abs. 2 SGB IV, bezifferte die ausgefallenen Beiträge von Oktober 1996 bis Januar 1997 auf insgesamt 43.635,02 DM (an die Adresse in Sa.) und auf 76.660,42 DM (an die Adresse in St. I.) und forderte zur Zahlung bis 15.06.1997 auf. Von dieser Forderung entfielen auf die Monate Oktober und November 1996 34.996,61 (Sa.) bzw. 44.803,98 DM (St. I.).

Mit Schreiben vom 06.06.1997 legte die Klägerin Widerspruch gegen die Entscheidungen vom 01.06.1997 ein. Sie führte aus, ihr lägen von der Beklagten ausgestellte und an die H. GmbH gerichtete Unbedenklichkeitsbescheinigungen vor, in denen bestätigt werde, dass die Sozialversicherungsbeiträge für die Monate Oktober und November 1996 gezahlt seien. Die von ihr in Kopie vorgelegten Bescheinigungen datieren vom 14.11.1996 und vom 17.12.1996. Unter der Überschrift "Unbedenklichkeitsbescheinigungen für die Beteiligung an öffentlichen Aufträgen" ist wörtlich aufgeführt: "Im Hinblick auf die entrichteten Sozialversicherungsbeiträge bestehen keine Bedenken, dass der Firma H. . GmbH öffentliche Aufträge erteilt werden. Die Beiträge für den Monat Oktober 1996 (Anm: im zweiten Schreiben November 1996) sind per Scheck bezahlt." Die Bescheinigungen ergingen jeweils unter einem Widerrufsvorbehalt.

Die Klägerin vertrat im Widerspruchsverfahren die Ansicht, die Beklagte habe definitiv die Zahlungen bestätigt, sodass eine Haftung ihrerseits für diese Monate ausscheide. Im Hinblick auf diese klare Aussage in den Bescheinigungen habe sie - die Klägerin - davon abgesehen, von den jeweiligen Rechnungen des Entleihers 30 Prozent als Sicherheit einzubehalten, wie es sonst üblich gewesen sei. Es entstünde ein Vertrauensschaden, wenn jetzt die Zahlungen geleistet werden müssten. Eine Zahlung begründe einen Schadensersatzanspruch nach § 839 BGB i. V. m. Art. 34 GG.

Die Beklagte erwiderte hierauf, die Unbedenklichkeitsbescheinigungen seien der Klägerin von der H. GmbH präsentiert und von ihr - der Beklagten - im Vertrauen darauf ausgestellt worden, die Sozialversicherungsbeiträge für Oktober und November 1996 auch tatsächlich zu erhalten. Seit zehn Jahren seien die Schecks jeweils eingelöst worden. Diese Bescheinigungen hätten keine Tatbestandswirkung gegenüber Dritten und seien nur für die Beteiligung an öffentlichen Aufträgen ausgestellt worden. Sie bezweckten gerade keine Entlastung der Entleiherfirmen aus der Haftung. Die Schecks seien zum Zweck der Erfüllung übergeben worden; diese Erfüllung trete allerdings erst mit Einlösung ein.

Nachdem nach einer Aktennotiz der Beklagten die Klägerin Beiträge (in Höhe von 96.960,78 DM für die Zeit ab Dezember 1996) bis auf diejenigen für Oktober und November 1996 entrichtet hatte, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 23.10.1997 den Widerspruch der Klägerin weitestgehend unter Wiederholung der bereits vorgebrachten Argumente zurück. Sie führte zudem aus, zum Zeitpunkt der Ausstellung der Unbedenklichkeitsbescheinigungen sei nicht absehbar gewesen, dass die H. GmbH ihren Zahlungsverpflichtungen nicht nachkommen werde. Ein Leistungsverweigerungsrecht sei daher für die Klägerin nicht gegeben. Insbesondere verweise man auf § 768 BGB, nach dem die Klägerin als selbstschuldnerische Bürgin lediglich die dem Hauptschuldner zustehenden Einreden gelten machen könne; solche seien nicht vorgetragen worden. Die H. GmbH sei auch gem. § 4 des niedersächsischen Verwaltungsvollstreckungsgesetzes gemahnt worden.

Im anschließenden Klageverfahren wiederholte und vertiefte die Klägerin ihre bereits vorgebrachten Argumente. Die Beklagte habe gewusst, dass die H. GmbH die Bescheinigungen an die Entleihfirmen weitergebe. Diese Bescheinigungen seien wider besseren Wissens erteilt worden, denn die Beklagte habe selbst erklärt, sie habe die Schecks für den Monat Oktober zurückhalten müssen.

Durch Urteil auf Grund mündlicher Verhandlung vom 29.11.2000 wies das Sozialgericht für das Saarland (SG) die Klage ab. Die Voraussetzungen des § 28e Abs. 2 SGB IV seien erfüllt und Einreden nur entsprechend der Vorschrift des § 768 BGB möglich. Solche Einreden seien nicht vorgebracht worden. Auf einen geschaffenen Vertrauenstatbestand als Leistungsverweigerungsrecht könne sich die Klägerin nicht berufen, denn ein treuwidriges Verhalten aus dem öffentlichen Recht liege nur dann vor, wenn ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch gegeben sei. Ein solcher setze aber ein öffentlich-rechtliches Versicherungsverhältnis zwischen den Beteiligten voraus. Dieses bestehe nicht, da die Klägerin lediglich als Bürgin subsidiär Schuldner der Beiträge sei. Dem Bürgen bleibe daher nur der zivilrechtliche Schadensersatzanspruch, für den das Sozialgericht nicht zuständig sei.

Gegen das am 05.12.2000 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 04.01.2001 Berufung eingelegt.

Sie begründet diese im Wesentlichen damit, dass die Beklagte unzulässig ihr Recht ausübe, wenn sie den Bürgschaftsanspruch geltend mache. Die Beklagte habe den Bürgschaftsfall treuwidrig herbeigeführt, als sie die Unbedenklichkeitsbescheinigungen ausgestellt habe. Sie hätte nicht abwarten dürfen, bevor sie die Schecks einreiche, oder sie hätte die Bescheinigung vom 17.12.1996 nicht mehr ausstellen dürfen.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts für das Saarland vom 29.11.2000 sowie die Bescheide der Beklagten vom 01.06.1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.10.1997 aufzuheben, soweit Beiträge für Oktober und November 1996 geltend gemacht werden.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie bezieht sich auf ihr bisheriges Vorbringen und das Urteil des SG.

Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der beigezogenen Verwaltungsunterlagen der Beklagten verwiesen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung war.

Entscheidungsgründe

Die statthafte und auch ansonsten zulässige Berufung hat keinen Erfolg. Im Ergebnis zu Recht hat das SG die Klage abgewiesen.

Rechtsgrundlage für die die Zahlungspflicht der Klägerin auf der Grundlage des SGB IV auch für die Monate Oktober und November 1996 feststellenden und zur entsprechenden Zahlung auffordernden Verwaltungsakte der Beklagten vom 01.06.1997 (zur Möglichkeit der Geltendmachung dieser Forderungen mittels Verwaltungsakt auch gegenüber dem "Bürgen" nach § 28e Abs. 2 SGB IV: LSG Stuttgart, Urteil vom 25.02.2000, L 4 KR 3688/99; das in den Verwaltungsunterlagen enthaltene Urteil des LSG Berlin vom 23.03.1977, L 9 Kr 68/76; vgl. auch LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 20.07.1983, L 17 U 79/82 für den hier allerdings nicht vergleichbaren Fall der Beiträge für die gesetzliche Unfallversicherung) ist § 28e Abs. 2 SGB IV, gegen dessen Anwendung im konkreten Fall die Klägerin keine wirksamen Einwendungen oder Einreden geltend macht.

Gemäß § 28e Abs. 2 SGB IV haftet für die Erfüllung der die Gesamtsozialversicherungsbeiträge betreffenden Zahlungspflicht des Arbeitgebers (§ 28e Abs. 1 SGB IV) bei einem wirksamen Vertrag der Entleiher wie ein selbstschuldnerischer Bürge, soweit ihm Arbeitnehmer gegen Vergütung zur Arbeitsleistung überlassen worden sind. Er kann die Zahlung verweigern, solange die Einzugsstelle den Arbeitgeber nicht gemahnt hat und die Mahnfrist nicht abgelaufen ist. Damit haftet der Entleiher öffentlich-rechtlich wie ein selbstschuldnerischer Bürge (§§ 765 ff. BGB; vgl. Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht Band I, Stand 3/4, § 28e SGB IV Rdnr. 12) und kann gemäß § 768 BGB die dem Hauptschuldner zustehenden Einreden geltend machen. Die Beteiligten sind sich im vorliegenden Fall einig, dass die Voraussetzungen des § 28e SGB IV vorliegen, womit die Zahlungspflicht entstanden ist, und Einreden nach § 768 BGB nicht bestehen.

Ob ein Bürge darüber hinaus berechtigt sein kann, dem geltend gemachten Anspruch ein treuwidriges Verhalten der Beklagten als Einzugsstelle entgegen zu halten (so angedeutet im Beschluss des Bundessozialgerichts -BSG- vom 29.06.2000, B 12 KR 10/00 B), braucht nicht entschieden zu werden, weil ein solches Verhalten im konkreten Fall nicht dargetan ist. Dabei ist zum einen zu beachten, dass es eine ausdrückliche gesetzliche Regelung nicht gibt, die die Einzugsstelle auch zur Wahrung der Interessen der Entleiher verpflichten könnte (BSG a. a. O.). Zum andern hat die Beklagte weder durch die Nichteinreichung der Schecks noch die Ausstellung der Unbedenklichkeitsbescheinigungen eine öffentlich-rechtliche Pflicht verletzt, die der Klägerin zu einem sozialrechtlichen Herstellungsanspruch verhelfen könnte (hierzu LSG Berlin a. a. O.). Nach den Angaben der Beklagten, an deren Richtigkeit zu zweifeln kein Anlass besteht, war eine Scheckeinreichung bei der Bank aus Sicht der Beklagten untunlich, weil die H. GmbH zum Zeitpunkt der Aushändigung nicht über entsprechende Mittel verfügte. Eine Scheckeinreichung bei der Bank hätte daher nicht zur Einlösung und Erfüllung der sozialrechtlichen Forderung geführt. Die Verfahrensweise der Beklagten war daher nicht treuwidrig. Die Unbedenklichkeitsbescheinigungen waren ferner nach deren eindeutigen Wortlaut nicht an die Klägerin gerichtet, sondern die Fa. H. GmbH, die in die Lage versetzt werden sollte, sich an öffentlichen Ausschreibungen zu beteiligen. Es mag zwar für die Beklagte spekulativ gewesen sein, die sozialrechtliche Zuverlässigkeit der H. GmbH zu bestätigen, ohne zu überprüfen, ob die Schecks nicht "platzen". Rechtliche Auswirkungen hätte dieses Verhalten aber allenfalls gegenüber denjenigen haben können, die eine öffentliche Ausschreibung durchführen und die H. GmbH hätten berücksichtigen wollen. Die Klägerin gehörte zu diesem Personenkreis nicht.

Wenn sich die Klägerin dennoch auf den Inhalt der Bescheinigung verlässt, ist es unabhängig davon, ob die Beklagte diese Geschäftspraxis kannte oder nicht, das Risiko der Klägerin, die diese nicht an sie gerichtete Bescheinigung quasi als Rechtsreflex für ihre Disposition nutzte, in ihren vertraglichen Beziehungen zur H. GmbH einen Sicherheitsbetrag für eine evtl. Inanspruchnahme gemäß § 28e Abs. 2 SGB IV zurückzuhalten. Nimmt man hinzu, dass aus dem Wortlaut der Bescheinigungen unzweifelhaft zu ersehen ist, dass die Beiträge per "Scheck" bezahlt wurden, hätten bei der Klägerin zumindest Zweifel aufkommen müssen, ob die Schecks schon eingelöst wurden oder nicht. Verlässt sie sich dennoch auf Grund der Bescheinigungen darauf, dass jedenfalls für die in den Bescheinigungen aufgeführten Monate eine Haftung nach § 28e Abs. 2 SGB IV nicht eintreten wird, ist dies ihr eigenes Risiko und bedeutet keinen Pflichtenverstoß der Beklagten.

Daher hat die Berufung keinen Erfolg.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG in der bis 01.01.2002 geltenden Fassung.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.

Gründe

Die statthafte und auch ansonsten zulässige Berufung hat keinen Erfolg. Im Ergebnis zu Recht hat das SG die Klage abgewiesen.

Rechtsgrundlage für die die Zahlungspflicht der Klägerin auf der Grundlage des SGB IV auch für die Monate Oktober und November 1996 feststellenden und zur entsprechenden Zahlung auffordernden Verwaltungsakte der Beklagten vom 01.06.1997 (zur Möglichkeit der Geltendmachung dieser Forderungen mittels Verwaltungsakt auch gegenüber dem "Bürgen" nach § 28e Abs. 2 SGB IV: LSG Stuttgart, Urteil vom 25.02.2000, L 4 KR 3688/99; das in den Verwaltungsunterlagen enthaltene Urteil des LSG Berlin vom 23.03.1977, L 9 Kr 68/76; vgl. auch LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 20.07.1983, L 17 U 79/82 für den hier allerdings nicht vergleichbaren Fall der Beiträge für die gesetzliche Unfallversicherung) ist § 28e Abs. 2 SGB IV, gegen dessen Anwendung im konkreten Fall die Klägerin keine wirksamen Einwendungen oder Einreden geltend macht.

Gemäß § 28e Abs. 2 SGB IV haftet für die Erfüllung der die Gesamtsozialversicherungsbeiträge betreffenden Zahlungspflicht des Arbeitgebers (§ 28e Abs. 1 SGB IV) bei einem wirksamen Vertrag der Entleiher wie ein selbstschuldnerischer Bürge, soweit ihm Arbeitnehmer gegen Vergütung zur Arbeitsleistung überlassen worden sind. Er kann die Zahlung verweigern, solange die Einzugsstelle den Arbeitgeber nicht gemahnt hat und die Mahnfrist nicht abgelaufen ist. Damit haftet der Entleiher öffentlich-rechtlich wie ein selbstschuldnerischer Bürge (§§ 765 ff. BGB; vgl. Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht Band I, Stand 3/4, § 28e SGB IV Rdnr. 12) und kann gemäß § 768 BGB die dem Hauptschuldner zustehenden Einreden geltend machen. Die Beteiligten sind sich im vorliegenden Fall einig, dass die Voraussetzungen des § 28e SGB IV vorliegen, womit die Zahlungspflicht entstanden ist, und Einreden nach § 768 BGB nicht bestehen.

Ob ein Bürge darüber hinaus berechtigt sein kann, dem geltend gemachten Anspruch ein treuwidriges Verhalten der Beklagten als Einzugsstelle entgegen zu halten (so angedeutet im Beschluss des Bundessozialgerichts -BSG- vom 29.06.2000, B 12 KR 10/00 B), braucht nicht entschieden zu werden, weil ein solches Verhalten im konkreten Fall nicht dargetan ist. Dabei ist zum einen zu beachten, dass es eine ausdrückliche gesetzliche Regelung nicht gibt, die die Einzugsstelle auch zur Wahrung der Interessen der Entleiher verpflichten könnte (BSG a. a. O.). Zum andern hat die Beklagte weder durch die Nichteinreichung der Schecks noch die Ausstellung der Unbedenklichkeitsbescheinigungen eine öffentlich-rechtliche Pflicht verletzt, die der Klägerin zu einem sozialrechtlichen Herstellungsanspruch verhelfen könnte (hierzu LSG Berlin a. a. O.). Nach den Angaben der Beklagten, an deren Richtigkeit zu zweifeln kein Anlass besteht, war eine Scheckeinreichung bei der Bank aus Sicht der Beklagten untunlich, weil die H. GmbH zum Zeitpunkt der Aushändigung nicht über entsprechende Mittel verfügte. Eine Scheckeinreichung bei der Bank hätte daher nicht zur Einlösung und Erfüllung der sozialrechtlichen Forderung geführt. Die Verfahrensweise der Beklagten war daher nicht treuwidrig. Die Unbedenklichkeitsbescheinigungen waren ferner nach deren eindeutigen Wortlaut nicht an die Klägerin gerichtet, sondern die Fa. H. GmbH, die in die Lage versetzt werden sollte, sich an öffentlichen Ausschreibungen zu beteiligen. Es mag zwar für die Beklagte spekulativ gewesen sein, die sozialrechtliche Zuverlässigkeit der H. GmbH zu bestätigen, ohne zu überprüfen, ob die Schecks nicht "platzen". Rechtliche Auswirkungen hätte dieses Verhalten aber allenfalls gegenüber denjenigen haben können, die eine öffentliche Ausschreibung durchführen und die H. GmbH hätten berücksichtigen wollen. Die Klägerin gehörte zu diesem Personenkreis nicht.

Wenn sich die Klägerin dennoch auf den Inhalt der Bescheinigung verlässt, ist es unabhängig davon, ob die Beklagte diese Geschäftspraxis kannte oder nicht, das Risiko der Klägerin, die diese nicht an sie gerichtete Bescheinigung quasi als Rechtsreflex für ihre Disposition nutzte, in ihren vertraglichen Beziehungen zur H. GmbH einen Sicherheitsbetrag für eine evtl. Inanspruchnahme gemäß § 28e Abs. 2 SGB IV zurückzuhalten. Nimmt man hinzu, dass aus dem Wortlaut der Bescheinigungen unzweifelhaft zu ersehen ist, dass die Beiträge per "Scheck" bezahlt wurden, hätten bei der Klägerin zumindest Zweifel aufkommen müssen, ob die Schecks schon eingelöst wurden oder nicht. Verlässt sie sich dennoch auf Grund der Bescheinigungen darauf, dass jedenfalls für die in den Bescheinigungen aufgeführten Monate eine Haftung nach § 28e Abs. 2 SGB IV nicht eintreten wird, ist dies ihr eigenes Risiko und bedeutet keinen Pflichtenverstoß der Beklagten.

Daher hat die Berufung keinen Erfolg.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG in der bis 01.01.2002 geltenden Fassung.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.

Verwandte Urteile

Keine verwandten Inhalte vorhanden.

Referenzen