Beschluss vom Landessozialgericht Sachsen-Anhalt (8. Senat) - L 8 SO 17/12 B ER

Tenor

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Magdeburg vom 3. Juli 2012 wird zurückgewiesen.

Kosten sind im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

Gründe

I.

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Die Antragstellerin (im Weiteren: Ast.) begehrt im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes von dem Antragsgegner (im Weiteren: Ag.) die Bewilligung von höheren laufenden Leistungen nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (Sozialhilfe - SGB XII).

2

Die am ... 1979 geborene Ast. leidet seit einer metabolischen Entgleisung im Alter von fünf Monaten im Rahmen eines fieberhaften Infektes an einem zerebralen Anfallsleiden mit täglich mehrmals auftretenden Anfällen, einer rechtsseitigen armbetonten Halbseitenlähmung sowie einer mittelgradigen bis schweren Intelligenzminderung. Ausweislich des Gutachtens zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit nach dem Elften Buch Sozialgesetzbuch (Soziale Pflegeversicherung - SGB XI) des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung Sachsen-Anhalt (MDK) vom 15. Oktober 2002 sei in Bezug auf die Grundpflege ein Zeitaufwand von 209 Minuten pro Tag und in Bezug auf die hauswirtschaftliche Versorgung ein Zeitaufwand von 60 Minuten pro Tag erforderlich. Im Folgegutachten vom 1. November 2006 wird der Zeitaufwand für die Grundpflege mit 214 Minuten pro Tag und für die hauswirtschaftliche Versorgung mit 60 Minuten pro Tag eingeschätzt. Der Hilfebedarf entspreche weiter der Pflegestufe II.

3

Die Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. W., bei dem Gesundheits- und Veterinäramt der Stadt M. tätig, führte in ihrer sozialmedizinischen Stellungnahme vom 9. Mai 2006 ebenfalls aus, die Ast. benötige für alle täglichen Verrichtungen umfangreiche Anleitung, massive Assistenz und Kontrolle; aufgrund zu geringer psychischer und körperlicher Belastbarkeit, stark wechselnder Stimmungslagen und täglich mehrfach auftretender Anfallsereignisse bestehe keine Werkstattfähigkeit.

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Die Eltern der Ast. sind als Betreuer bestellt. Bei der Ast. sind ein Grad der Behinderung (GdB) von 100 sowie die Merkzeichen "G, B, H, RF" anerkannt (Bescheid vom 15. Februar 1991). Die Ast. bezieht Leistungen zur Pflege nach der Pflegestufe II von der Barmer GEK Pflegekasse. Sie erhält vom Ag. Eingliederungshilfe durch die Betreuung in der Fördergruppe des Lebenshilfe-Werkes M. an Wochentagen von 7.30 Uhr bis 15.00 Uhr. Der Ag. trägt die Kosten hierfür (in Höhe von 1.220,56 EUR monatlich) sowie die Fahrtkosten (in Höhe von 388,89 EUR monatlich). Ferner bezieht sie laufend Grundsicherungsleistungen (im Januar 2007 in Höhe von 476,30 EUR). Auf Veranlassung der Betreuer erhält sie gelegentlich eine logopädische Behandlung.

5

Seit 1. März 2007 bewohnt die Ast. eine 3-Zimmerwohnung unter der im Rubrum angegebenen Anschrift.

6

Für die Zeit vom 1. Februar bis zum 31. Dezember 2007 schlossen die Beteiligten unter dem 18. Dezember 2006 eine Zielvereinbarung für die Dauer des Bewilligungszeitraumes der Leistungen des Persönlichen Budgets (im Weiteren: PB), in der als konkrete Ziele eine selbstbestimmte Lebensführung, die Sicherstellung der Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft, der Erhalt der Pflege und Betreuungssituation in der eigenen Häuslichkeit sowie die Vermeidung der stationären Betreuung festgelegt wurden; diese Zielvereinbarung sei Gegenstand des Bescheides vom 21. Dezember 2006. In der Zielvereinbarung wurde unter Punkt 4. die Budgethöhe mit insgesamt jährlich 15.305,52 EUR festgelegt und vereinbart, dass das PB in Teilbeträgen in Höhe von monatlich 1.275,46 EUR ausgezahlt werde. Ferner wurde festgeschrieben, dass damit alle Leistungen zur Teilhabe am gesellschaftlichen und kulturellen Leben nach §§ 53, 54 SGB XII hinsichtlich der dafür erforderlichen Begleitung sowie der Leistungen der Hilfe zur Pflege nach §§ 61 ff. SGB XII abgegolten seien. Dementsprechende Regelungen traf der Bescheid vom 21. Dezember 2006. Dieser Bescheid wurde bindend.

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Ausweislich des Betreuungsvertrages vom 1. März 2007 schlossen die Ast. und die Fa L. (im Weiteren: Leistungserbringer) eine Vereinbarung über Betreuungsleistungen ab. Die Ast. wünsche Betreuungsleistungen im Rahmen des PB, welche ihr ermöglichten, in einer eigenen Wohnung zu leben. Dazu benötige sie umfassende Hilfen wochentags von 15.30 Uhr bis 22.00 Uhr durch eine Heilpädagogin und die entsprechenden Nachtbereitschaften durch Hilfskräfte. Die Kosten der Diplomheilpädagogin in Vollzeit betrügen 1.782,00 EUR monatlich. Die Nachtbereitschaften kosteten 20,00 EUR pro Nacht zuzüglich 10 Prozent Verwaltungskosten und damit insgesamt 517,00 EUR pro Monat. Der Gesamtbetrag belaufe sich auf 2.299,00 EUR. Der Vertrag sei bis zum 31. Dezember 2007 befristet. Die Vereinbarung wurde am 3. Januar 2008 bis zum 31. Dezember 2008 verlängert.

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Am 29. Juli 2007 stellte die Ast. den Antrag auf Erhöhung des PB und trug bei den sich anschließenden Beratungen mit dem Ag. zum Abschluss einer neuen Zielvereinbarung zur Begründung u.a. vor, ihre Eltern zahlten im Monat ca. 600,00 EUR zu, um ihre Betreuung sicher zu stellen. Der Ag. lehnte den Antrag mit Bescheid vom 25. Oktober 2007 mit der Begründung ab, es sei keine erneute Zielvereinbarung zustande gekommen. Der Budgetbetrag werde weiterhin in Höhe von 1.275,46 EUR gewährt. Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies der Ag. mit Widerspruchsbescheid vom 17. September 2008 als unbegründet zurück. Hiergegen hat die Ast. beim Sozialgericht (SG) M. Klage erhoben (Az.: S 16 SO 110/08) und zunächst beantragt, auf der Grundlage eines Schreibens des Leistungserbringers vom Februar 2007 für den Zeitraum vom 1. Januar bis zum 31. Dezember 2007 weitere 12.282,58 EUR zu gewähren. Das SG hat auf der Grundlage des darin als notwendig dargestellten Leistungsumfangs der Betreuung der Ast. ein (schriftliches) Gutachten von Prof. Dr. P. G. und R. B. vom 22. August 2011 eingeholt. Danach bestehe bei der Ast. ein budgetrelevanter Betreuungsbedarf von 593,12 Stunden monatlich. R. B. ist vom SG zum Termin zur mündlichen Verhandlung geladen worden. Im Protokoll heiß es: "der Sachverständige erstattete sein Gutachten." Weitere Ausführungen enthält das Protokoll nicht. Auf die mündliche Verhandlung vom 6. Dezember 2011 hat das SG den Ag. unter Abänderung des angefochtenen Bescheides verurteilt, der Ast. auf ihren entsprechend geänderten Antrag für den Zeitraum vom 1. August bis zum 31. Dezember 2007 weitere 6.377,00 EUR Zug um Zug gegen den Abschluss einer entsprechenden Zielvereinbarung für denselben Zeitraum zu zahlen. Ausweislich der Aufstellung des Leistungserbringers vom Februar 2007 habe sich ein notwendiger monatlicher Betrag in Höhe von 3.320,00 EUR ergeben. Zu den ausgezahlten Leistungen in Höhe von 1.275,46 EUR ergebe sich eine Differenz in Höhe von 2.044,54 EUR. Die Betreuer der Ast. hätten unwidersprochen vorgetragen, im gesamten Jahr 2007 einen Betrag von über 13.000 EUR vorgeschossen zu haben, um die notwendige Betreuung der Ast. sicher zu stellen. Ausgehend vom Antrag der Ast. auf Erhöhung des PB im Juli 2007 errechne sich der ausgeurteilte Betrag. Hiergegen hat der Ag. am 17. Februar 2012 Berufung beim Landessozialgericht (LSG) Sachsen-Anhalt eingelegt; das Verfahren ist unter dem Aktenzeichen L 8 SO 4/12 anhängig. Zur Begründung hat der Ag. u.a. vorgetragen, ein höherer Anspruch der Ast. scheitere an der geschlossenen Zielvereinbarung und dem nachfolgenden bestandskräftigen Verwaltungsakt. Die Ast. habe von dem Recht der Kündigung der Zielvereinbarung keinen Gebrauch gemacht. Auch habe die Ast. - entgegen den Ausführungen des SG - keine Rechnung vorgelegt, aus der sich der monatliche Zahlbetrag in Höhe von 3.320,00 EUR ergebe.

9

Für den Zeitraum vom 1. Januar bis zum 31. Dezember 2008 unterzeichneten die Beteiligten die Zielvereinbarung vom 18. Januar 2008. Darin wurde erneut unter Punkt 4. die Budgethöhe mit insgesamt jährlich 15.305,52 EUR festgelegt und vereinbart, dass das PB in Teilbeträgen in Höhe von monatlich 1.275,46 EUR ausgezahlt werde. Ferner wurde festgeschrieben, dass damit alle Leistungen zur Teilhabe am gesellschaftlichen und kulturellen Leben nach §§ 53, 54 SGB XII hinsichtlich der dafür erforderlichen Begleitung sowie der Leistungen der Hilfe zur Pflege nach §§ 61 ff SGB XII abgegolten seien. Die Ast. unterschrieb die Vereinbarung mit dem Zusatz "vorbehaltlich der Budgethöhe etc. (s. laufendes Widerspruchsverfahren)". Mit Bescheid vom 18. Januar 2008 gewährte der Ag. der Ast. auf der Grundlage der abgeschlossenen Zielvereinbarung für den Zeitraum vom 1. Januar bis zum 31. Dezember 2008 Leistungen der ambulanten Eingliederungshilfe sowie Hilfe zur Pflege in Form eines PB in Höhe von 15.305,52 EUR; dieses werde in monatlichen Teilbeträgen in Höhe von 1.275,46 EUR ausgezahlt. Am 4. November 2008 kündigte die Ast. mit sofortiger Wirkung die "vorläufige" Zielvereinbarung vom 18. Januar 2008. Sie beantrage ein PB für 562,5 Stunden und einen Gesamtbetrag in Höhe von 6.626,25 EUR. Daraufhin hob der Ag. den "vorläufigen" Bescheid vom 18. Januar 2008 mit Wirkung zum 30. November 2008 auf. Gleichzeitig bewilligte er auf der Grundlage einer Zielvereinbarung vom 16. Dezember 2008 für den Zeitraum vom 1. Dezember 2008 bis zum 30. November 2009 Leistungen der ambulanten Eingliederungshilfe sowie Hilfe zur Pflege in Form eines PB in Höhe von 18.737,76 EUR; das PB werde in monatlichen Teilbeträgen in Höhe von 1.561,48 EUR ausgezahlt (Bescheid vom 16. Dezember 2008). In der zugrunde liegenden Zielvereinbarung vom 16. Dezember 2008 fehlen Ausführungen zur Höhe des jährlichen Budgets, des monatlichen Auszahlungsbetrages sowie die in den vorherigen Zielvereinbarungen enthaltene Abgeltungsklausel. Die Zielvereinbarung wurde von den Beteiligten ohne Zusätze unterschrieben. Den gegen den Bescheid vom 16. Dezember 2008 eingelegten Widerspruch wies der Ag. mit Widerspruchsbescheid vom 11. September 2009 als unbegründet zurück. Hiergegen hat die Ast. am 16. September 2009 Klage beim SG M. erhoben (S 16 SO 80/09) mit dem Vorbringen, sie benötige für den monatlichen Betreuungsaufwand 7.880,25 EUR; über die Klage ist noch nicht entschieden.

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Für den Zeitraum vom 1. Dezember 2009 bis zum 30. November 2010 bewilligte der Ag. auf der Grundlage einer Zielvereinbarung vom 16. Dezember 2009, die wiederum keine Angaben zur Budgethöhe enthielt und von den Beteiligten ohne Zusätze unterzeichnet worden war, weiterhin Leistungen der ambulanten Eingliederungshilfe sowie Hilfe zur Pflege in Form eines PB in Höhe von 18.737,76 EUR; das PB werde in monatlichen Teilbeträgen in Höhe von 1.561,48 EUR ausgezahlt. Die Ast. legte gegen den Bescheid Widerspruch ein. Auch für den sich anschließenden Zeitraum vom 1. Dezember 2010 bis zum 30. November 2011 bewilligte der Ag. auf der Grundlage der Zielvereinbarung vom 24. November 2010, die keine Angaben zur Budgethöhe enthielt, Leistungen der ambulanten Eingliederungshilfe sowie Hilfe zur Pflege in Form eines PB in Höhe von 18.737,76 EUR; das PB werde in monatlichen Teilbeträgen in Höhe von 1.561,48 EUR ausgezahlt. Die Ast. legte hiergegen ebenfalls Widerspruch ein.

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Am 30. November 2011 beantragte die Ast. die Weitergewährung von Eingliederungshilfe in Form eines PB auf der Grundlage des vom SG M. eingeholten Sachverständigengutachtens von Prof. Dr. P. G. und B. vom 22. August 2011, wonach bei ihr ein budgetrelevanter Betreuungsbedarf von 593,12 Stunden bestehe. Auf der Grundlage der Kalkulation des sie betreuenden Pflegedienstes bestehe ein Gesamtbedarf in Höhe von etwa 10.000,00 EUR. Mit Bescheid vom 23. Januar 2012 bewilligte der Ag. der Ast. für den Zeitraum vom 1. Dezember 2011 bis zum 30. November 2012 Leistungen der ambulanten Eingliederungshilfe sowie Hilfe zur Pflege in Form eines PB in Höhe von 25.786,32 EUR auf der Grundlage einer am 16. Januar 2012 abgeschlossenen Zielvereinbarung, der wiederum keine Angaben zur Budgethöhe zu entnehmen sind. Hiergegen legte die Ast. am 25. Januar 2012 Widerspruch ein, über den bislang nicht entschieden worden ist.

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Am 21. März 2012 hat sie beim SG M. den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt und beantragt, ihr Hilfe in besonderen Lebenslagen zu gewähren durch Bewilligung eines monatlichen Geldbetrages in Höhe von 8.919,00 EUR zuzüglich eines gekürzten Pflegegeldes gemäß §§ 64, 66 SGB XII abzüglich vorrangiger Leistungen der Pflegeversicherung abzüglich gewährter Leistungen des Ag. in Höhe von monatlich 2.148,86 EUR. Der Umfang ihres Bedarfs sei durch das in dem Streitverfahren S 16 SO 110/08 eingeholte Gutachten des Sachverständigen B., das dieser in der mündlichen Verhandlung beim SG am 6. Dezember 2011 erläutert habe, festgestellt worden. Auf dieser Grundlage sei ihr von ihrem Pflegedienst das Angebot vom 27. Februar 2012 unterbreitet worden, wonach sich aus den laut Gutachten geforderten Stunden im Zusammenhang mit der erforderlichen Qualifikation der Mitarbeiter eine monatlich zu zahlende Summe in Höhe von 6.729,00 EUR ergebe; inklusive aller Wochenenden betrügen die Kosten 8.919,00 EUR. Es bestehe ein Anordnungsgrund. Aus der Gegenüberstellung der benötigten finanziellen Mittel mit den Zahlungen des Ag. sei belegt, dass die benötigten Zahlungen nicht durch Eigenkraft abgedeckt werden könnten. Ein Abwarten des sozialgerichtlichen Verfahrens sei unzumutbar. Ihre Eltern zahlten seit fünf Jahren die Differenz zwischen den bewilligten Leistungen und dem in der Leistungsvereinbarung genannten Abschlag aus privaten Mitteln. Wegen des Eintritts in den Rentenstand könne die Differenz nicht mehr getragen werden. Die Ast. hat ein Schreiben des Leistungserbringers vom 25. Mai 2012 vorgelegt, wonach dieser nicht länger bereit und auch wirtschaftlich nicht in der Lage sei, weiterhin auf zustehende Zahlungen zu verzichten.

13

Der Ag. ist dem Antrag entgegengetreten und hat auf die Vereinbarung vom 1. März 2007 hingewiesen, aus der hervorgehe, dass es sich um einen wirksam abgeschlossenen Vertrag und nicht um eine Stundungsvereinbarung gehandelt habe.

14

Mit Schreiben vom 27. Juni 2012 hat der Leistungserbringer das Vertragsverhältnis bezüglich der Betreuung der Ast. zum 31. Juli 2012 gekündigt; das Schreiben ist dem SG von der Ast. am 6. Juli 2012 übersandt worden.

15

Mit Beschluss vom 3. Juli 2012 hat das SG den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt. Zwar habe das inzwischen beim SG durch Urteil abgeschlossene Verfahren S 16 SO 110/08 ergeben, dass ein monatlich notwendiger Betrag in Höhe von etwa 3.500,00 EUR für die notwendigen Pflegeleistungen der Ast. aufzubringen sei. Nicht erkennbar sei, warum nunmehr, d.h. unmittelbar nach Abschluss des erstinstanzlichen Verfahrens, eine um fast das Dreifache höhere Leistung notwendig sein sollte, um den Bedarf der Ast. zu decken. Das von der Ast. vorgelegte Schreiben des Leistungserbringers (vom 25. Mai 2012) reiche nicht aus, um eine besondere Eilbedürftigkeit glaubhaft zu machen, zumal im vorliegenden Verfahren eine vorläufige Bewilligung einer endgültigen gleich käme.

16

Gegen den ihr am 9. Juli 2012 zugestellten Beschluss hat die Ast. am 18. Juli 2012 Beschwerde beim LSG Sachsen-Anhalt eingelegt. Die im vorgelegten Angebot des Leistungserbringers vom 27. Februar 2012 zugrunde gelegten Betreuungsstunden entsprächen in vollem Umfang der vom Sachverständigen B. in dem Rechtsstreit S 16 SO 110/08 für notwendig erachteten Betreuungsstunden. Insoweit sei nicht maßgebend, ob die monatliche Vergütung in der Vergangenheit im Rahmen eines "Freundschaftspreises" abgerechnet sei oder fehlende Beträge gestundet worden seien. Entscheidend sei der durch den Sachverständigen festgestellte Betreuungsumfang und das insoweit vorgelegte Angebot. Der Ag. habe zu keiner Zeit ein Alternativangebot vorgelegt. Das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes sei zukunftsbezogen. Selbst wenn man davon ausginge, dass der Leistungserbringer in der Vergangenheit bereit gewesen sei, seine Dienste für einen völlig unzureichenden Preis zu erbringen, bedeute dies keine Bindung für die Zukunft; dass dies nun nicht mehr der Fall sei, verdeutliche die vorliegende Kündigung. Eine Heimunterbringung sei ihr, die seit jeher in der Häuslichkeit gewohnt habe, nicht zumutbar. Sie sei auch aus medizinischen Gründen, wie im o.g. Sachverständigengutachten dargelegt worden sei, im Hinblick auf ihr Anfallsleiden und die unterschiedliche Behandlung in der Häuslichkeit und in einem Heim, ausgeschlossen.

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Die Ast. beantragt sinngemäß,

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den Beschluss des SG M. vom 3. Juli 2012 aufzuheben und den Ag. zu verpflichten, ihr Sozialhilfeleistungen durch Übernahme der Kosten der Fa. L. entsprechend dem Angebot vom 27. Februar 2012 in Höhe von monatlich durchschnittlich 8.919,00 EUR zuzüglich eines gekürzten Pflegegeldes gemäß §§ 64, 66 SGB XII abzüglich vorrangiger Leistungen der Pflegeversicherung abzüglich gewährter Leistungen des Ag. in Höhe von monatlich 2.148,86 EUR zu gewähren.

19

Der Ag. beantragt,

20

die Beschwerde zurückzuweisen.

21

Er hat darauf hingewiesen, dass der jetzt geltend gemachte Anspruch auf Übernahme der Kosten des Leistungserbringers nicht mehr auf die Gewährung eines PB, sondern darauf gerichtet sei, das er - der Ag. - unmittelbar mit dem Leistungserbringer abrechnen solle. Damit werde eine andere Form der Hilfe gewählt als sie mit der bestehenden ungekündigten Zielvereinbarung vereinbart worden sei. Ferner sei eine Kostenübernahme rechtlich nicht möglich, da mit dem Leistungserbringer keine Vereinbarung gem. § 75 Abs. 3 SGB XII abgeschlossen worden sei. Der Abschluss einer solchen Vereinbarung sei auch nicht nach § 75 Abs. 4 SGB XII geboten, da eine Zielvereinbarung mit der Ast. abgeschlossen worden sei. Schließlich sei die Übernahme der Kosten des Leistungserbringers ausgeschlossen, da diese Kosten die Kosten der Heimunterbringung um ein Vielfaches überstiegen. Eine Heimunterbringung sei von Dr. J. vom rehabilitationspädagogischen Fachdienst als geeignet und zumutbar angesehen worden. Die Unterbringung in der eigenen Häuslichkeit sei nach dessen Auffassung weder aus medizinischen noch aus pflegerischen oder sonstigen Gründen notwendig.

22

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten, der Gerichtsakten der Streitverfahren L 8 SO 4/12 und S 16 (19) SO 80/09 sowie der Verwaltungsakten des Ag. Bezug genommen, welche sämtlich Gegenstand der Beratung des Senats gewesen sind.

II.

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Die Beschwerde des Ast. gegen den Beschluss des SG H. vom 3. Juli 2012 ist zulässig, aber unbegründet.

24

Die Beschwerde ist nach § 172 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft. Sie ist insbesondere nicht nach § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG ausgeschlossen. Nach dieser Vorschrift in der ab dem 1. April 2008 geltenden Fassung (eingefügt durch Art. 1 Nr. 29 Buchst. b des Gesetzes zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes und des Arbeitsgerichtsgesetzes (SGGArbGGÄndG) vom 26. März 2008, BGBl. I 2008, S. 444) ist die Beschwerde ausgeschlossen in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes, wenn in der Hauptsache die Berufung nicht zulässig wäre. Nach § 144 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGG i.d.F. des SGGArbGGÄndG bedarf die Berufung der Zulassung, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750,00 EUR nicht übersteigt, soweit die Berufung nicht wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft. Die von der Ast. begehrten Leistungen überschreiten die maßgebende Grenze für eine zulassungsfreie Berufung in der Hauptsache um ein Vielfaches.

25

Das SG hat zu Recht den Antrag der Ast. auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt.

26

Nach § 86b Abs. 2 Satz 1 und 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache, soweit nicht die isolierte Anfechtungsklage die zutreffende Klageart ist, auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte; einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Nach Satz 4 dieser Vorschrift gelten die §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939 und 945 Zivilprozessordnung (ZPO) entsprechend. Nach § 920 Abs. 2 ZPO sind der Anordnungsanspruch und der Anordnungsgrund glaubhaft zu machen.

27

Es bestehen bereits Bedenken im Hinblick auf die Zulässigkeit des Antrags. Dem von der Ast. mit anwaltlicher Hilfe formulierten Antrag fehlt es an der Vorläufigkeit der begehrten Regelung. Der Zeitraum, auf den sich das Begehren erstreckt, ist weder im Hinblick auf eine Entscheidung in einem Hauptsacheverfahren noch datumsmäßig beschränkt. Soweit nach § 86b Abs. 2 SGG ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung auch vor Anhängigkeit der Hauptsache zulässig ist, wird hierdurch die vollständige Ersetzung des Hauptsacheverfahrens durch ein Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht bezweckt. Soweit die Vorwegnahme der Hauptsache in Bezug auf den materiellen Anspruch, wie im vorliegenden Fall, begehrt wird, muss zumindest eine nachfolgende Korrektur der Entscheidung möglich sein. Das gebietet insbesondere der durch das SGG vorgegebene Instanzenzug im Hauptsacheverfahren. Soweit das Gericht nach § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 926 Abs. 1 ZPO auf Antrag die Klageerhebung binnen einer bestimmten Frist anordnen kann, ersetzt das die Eingrenzung des Begehrens durch die Ast. im Sinne einer Vorläufigkeit nicht.

28

Es fehlt hier im Übrigen an einem Anordnungsanspruch für die begehrte Regelungsanordnung.

29

Sachlich und örtlich zuständig ist sowohl für Leistungen der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen als auch für Leistungen der Hilfe zur Pflege ausschließlich der Ag. (§ 97 Abs. 2 SGB XII i.V.m. § 3 Nr. 1 und 2 des Gesetzes zur Ausführung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch - Sozialhilfe - AG SGB XII - vom 11. Januar 2005, GVBl. LSA 2005, S. 8; § 98 Abs. 1 Satz 1 SGB XII). Die in § 4 AG SGB XII geregelte Möglichkeit der Heranziehung des örtlichen Trägers führt nicht zu einer Zuständigkeitsverlagerung im Sinne einer daran anknüpfenden Passivlegitimation. Das ergibt sich bereits daraus, dass der örtliche Träger bei einer Heranziehung nach § 6 Satz 2 AG SGB XII zwingend im Namen des zuständigen (hier überörtlichen) Trägers entscheidet.

30

Das im Antrags- und Beschwerdeverfahren verfolgte Begehren der Ast. ist vorrangig auf Leistungen der Hilfe zur Pflege im Sinne der §§ 61 ff. SGB XII gerichtet. Die hiervon abzugrenzenden Leistungen der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen (§§ 53 ff. SGB XII) dienen nicht dem Zweck, dauerhaft eine notwendige Pflege sicherzustellen, wenn eine Besserung oder Milderung des körperlichen Zustands bzw. der Folgen einer Behinderung zwar angestrebt wird, aber nicht mehr im Vordergrund der Bemühungen steht (vgl. Scheider in: Schellhorn u.a., SGB XII - Sozialhilfe, 18. Aufl. 2010, § 53 SGB XII, RdNr. 68).

31

Nach § 61 Abs. 1 Satz 1 SGB XII ist Personen, die wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung für die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate, in erheblichem oder höherem Maße der Hilfe bedürfen, Hilfe zur Pflege zu leisten. Diese gesundheitlichen Voraussetzungen der Pflegebedürftigkeit sind bei der Ast. nach den hier bindenden Feststellungen der Pflegekasse (§ 62 SGB XII) im Umfang eines Pflegebedarfs nach der Pflegestufe II erfüllt. Das ist auch zwischen den Beteiligten unstreitig.

32

Grundsätzlich sind von der Hilfe zur Pflege im Sinne der § 61 ff. SGB XII auch Leistungen der häuslichen Pflege umfasst. Nach § 61 Abs. 2 Satz 1 SGB XII kann Hilfe zur Pflege in Form von häuslicher Pflege, Hilfsmitteln, teilstationärer Pflege, Kurzzeitpflege und stationäre Pflege gewährt werden. Nach § 65 Abs. 1 Satz 1 SGB XII sind Pflegebedürftigen im Sinne des § 61 Abs. 1 SGB XII die angemessenen Aufwendungen der Pflegeperson zu erstatten; auch können angemessene Beihilfen geleistet sowie Beiträge der Pflegeperson für eine angemessene Alterssicherung übernommen werden, wenn diese nicht anderweitig sichergestellt ist. Stellen Pflegebedürftige ihre Pflege durch von ihnen beschäftigte besondere Pflegekräfte sicher, können sie nach § 66 Abs. 4 Satz 2 und 3 SGB XII nicht auf die Inanspruchnahme von Sachleistungen nach dem SGB XI verwiesen werden; vielmehr ist das Pflegegeld nach dem SGB XI vorrangig auf die Leistung nach § 65 Abs. 1 SGB XII anzurechnen.

33

Der beantragten Übernahme der Kosten des Leistungserbringers entsprechend dem Angebot vom 27. Februar 2012 steht zur Überzeugung des Senats zunächst die auf Antrag der Ast. bewilligten Leistungen der Hilfe zur Pflege im Rahmen des PB entgegen. Denn mit Bescheid vom 23. Januar 2012 hat der Ag. auf der Grundlage der Zielvereinbarung vom 16. Januar 2012 für den Zeitraum vom 1. Dezember 2011 bis zum 30. November 2012 u.a. Hilfe zur Pflege in der Form des PB und damit für den hier maßgebenden Zeitraum ab Antragstellung auf Erlass einer einstweiligen Anordnung beim SG, d.h. ab dem 21. März 2012, bewilligt.

34

Nach § 17 Abs. 2 Satz 1 SGB IX können Leistungen zur Teilhabe auf Antrag auch durch ein PB ausgeführt werden, um den Leistungsberechtigten in eigener Verantwortung ein möglichst selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen. Ein PB ist auf der Grundlage der nach § 10 Abs. 1 SGB IX getroffenen Feststellungen so bemessen, dass der individuell festgestellte Bedarf gedeckt wird und die erforderliche Beratung und Unterstützung erfolgen kann (§ 17 Abs. 3 Satz 3). Dabei soll die Höhe des Persönlichen Budgets die Kosten aller bisher individuell festgestellten, ohne das Persönliche Budget zu erbringenden Leistungen nicht überschreiten (§ 17 Abs. 3 Satz 4). Die Passivlegitimation des Ag. für das PB ergibt sich aus §§ 7 und 17 Abs. 1 Satz 1 SGB IX.

35

Eine individuelle Feststellung der tatsächlichen Leistungen im Sinne eines individuell festgestellten Bedarfs erfolgte erstmals im Rahmen der Zielvereinbarung vom 18. Dezember 2006 und zuletzt im Rahmen der Zielvereinbarung vom 16. Januar 2012. Diese Zielvereinbarung wurde auf der Grundlage von § 4 der Verordnung zur Durchführung des § 17 Abs. 2 bis 4 des SGB IX (Budgetverordnung - BudgetV) geschlossen. Der Mindestinhalt einer Zielvereinbarung ist in § 4 Abs. 1 Satz 2 BudgetV festgelegt. Sie muss mindestens Regelungen über die Ausrichtung der individuellen Förder- und Leistungsziele, die Erforderlichkeit eines Nachweises für die Deckung des festgestellten individuellen Bedarfs sowie die Qualitätssicherung enthalten.

36

Diesen Anforderungen genügt die für den Zeitraum ab dem 21. März 2012 geltende Zielvereinbarung vom 16. Januar 2012. Darin waren sich die Beteiligten darüber einig, dass als konkrete Ziele eine selbstbestimmte Lebensführung der Ast., die Sicherstellung der Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft, der Erhalt der Pflege und Betreuungssituation in der eigenen Häuslichkeit sowie die Vermeidung der stationären Betreuung festgelegt wurden. Die Festlegung der Budgethöhe, so wie es in den Zielvereinbarungen vom 18. Dezember 2006 und vom 18. Januar 2008 erfolgt ist, ist sinnvoll, aber zur Überzeugung des Senats nicht zwingende Voraussetzung für eine wirksame Zielvereinbarung. In der Zielvereinbarung vom 16. Januar 2012 fehlen Angaben zur Budgethöhe. Gleichwohl ist die Zielvereinbarung zwingende Voraussetzung für den Erlass des Bewilligungsbescheides vom 23. Januar 2012 gewesen. Denn nach § 3 Abs. 5 Satz 1 BudgetV erlässt der zuständige Träger den Bewilligungsbescheid erst, wenn eine Zielvereinbarung im Sinne von § 4 BudgetV abgeschlossen ist. Die Zielvereinbarung ist damit wesentliche Grundlage der Bewilligung eines PB. Allein mit der zugrunde liegenden Zielvereinbarung kann der individuelle Bedarf festgestellt und klar definiert werden.

37

Die Beteiligten sind an die Zielvereinbarung gebunden. Denn diese stellt einen öffentlichrechtlichen Vertrag dar (vgl. zur Eingliederungsvereinbarung nach § 15 Abs. 1 SGB II: Sächsisches LSG, Urteil vom 19. Juni 2008 - L 3 AS 39/07 -, juris Rn 42, m.w.N.). Die Wirksamkeit eines ordnungsgemäß zustande gekommenen Vertrages kann regelmäßig nur durch eine Kündigung beseitigt werden. Dies ist so auch in der BudgetV vorgesehen. Nach § 4 Abs. 2 Satz 1 BudgetV können die Beteiligten die Zielvereinbarung aus wichtigem Grund mit sofortiger Wirkung schriftlich kündigen, wenn ihnen die Fortsetzung nicht zumutbar ist. Für den Leistungsträger kann nach § 4 Abs. 2 Satz 1 BudgetV ein wichtiger Grund dann vorliegen, wenn die Antrag stellende Person die Vereinbarung, insbesondere hinsichtlich des Nachweises zur Bedarfsdeckung und der Qualitätssicherung nicht einhält. Ein wichtiger Grund kann für die Antrag stellende Person insbesondere in der persönlichen Lebenssituation liegen (§ 4 Abs. 2 Satz 2 BudgetV). Für die Ast. bedeutet dies, dass sie an die Zielvereinbarung vom 16. Januar 2012 gebunden ist, bis sie diese nach Maßgabe von § 4 Abs. 2 Satz 1 und 2 BudgetV wirksam gekündigt hat.

38

Mit der antragsgemäßen Bewilligung des PB obliegt es der Ast., die vereinbarten Ziele unter Einsatz des bewilligten Budgets zu verfolgen. Ein daneben bestehender Anspruch auf Übernahme von weiteren Kosten eines Erbringers von Pflegeleistungen ist insoweit ausgeschlossen, auch wenn dies in der Zielvereinbarung vom 16. Januar 2012, anders als in den Zielvereinbarungen vom 18. Dezember 2006 und vom 18. Januar 2008, nicht ausdrücklich geregelt worden ist. Denn aus der Vereinbarung der konkreten Ziele, namentlich der selbstbestimmten Lebensführung der Ast., der Sicherstellung der Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft, des Erhalts der Pflege und der Betreuungssituation in der eigenen Häuslichkeit sowie der Vermeidung der stationären Betreuung, ergibt sich unmissverständlich, wofür das auf dieser Grundlage bewilligte PB einzusetzen war.

39

Schließlich ist für den Senat im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes bei summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage nicht feststellbar gewesen, dass der Ast., sofern ihr Antrag als Antrag auf Bewilligung eines höheren PB auszulegen gewesen wäre, ein solches höheres PB für die Zeit ab dem 21. März 2012 zugestanden hätte und insoweit von einer besonderen Eilbedürftigkeit auszugehen wäre. Da die Zielvereinbarung vom 16. Januar 2012 keine Vereinbarung über die Budgethöhe enthält und die Ast. gegen den Bescheid vom 23. Januar 2012 Widerspruch eingelegt hat, besteht keine bestandskräftige Regelung über die Höhe des Budgets und die Budgethöhe ist einer nachträglichen Änderung grundsätzlich zugänglich.

40

Dem Senat liegt jedoch keine schriftliche Vereinbarung zwischen der Ast. und dem Leistungserbringer vor, wonach die Ast. verpflichtet gewesen wäre, diesem mehr als die in der Betreuungsvereinbarung vom 1. März 2007 vereinbarten 2.299,00 EUR zu zahlen. Diese Vereinbarung ist zunächst bis zum 31. Dezember 2007, danach bis zum 31. Dezember 2008 verlängert worden. Eine schriftliche Vereinbarung ab dem 1. Januar 2009, die über diese Beträge hinausgehende Verpflichtungen der Ast. begründet, ist ebenso wenig aktenkundig wie eine Stundungsvereinbarung. Bei dem Schreiben des Leistungserbringers vom Februar 2007 handelt es sich um allgemeine Erläuterungen des aus seiner Sicht notwendigen Betreuungsbedarfs. Bei dem Schreiben vom 27. Februar 2012, auf das sich die Ast. im anhängigen Verfahren stützt, handelt es sich lediglich um ein Angebot. Zum 31. Juli 2012 ist zudem das Betreuungsverhältnis durch den Leistungserbringer gekündigt worden, so dass die Höhe der seitdem für die Ast. bestehenden Zahlungsverpflichtungen gegenüber dem Leistungserbringer ungeklärt ist. Welche Zahlungen die Ast. tatsächlich geleistet hat, ist weder durch Rechnungen noch durch Zahlungsbelege nachgewiesen.

41

Die Angaben der Ast., welches monatliche PB sie benötigt, können einer Entscheidung ebenfalls nicht zugrunde gelegt werden, da diese sich seit Beginn der Bewilligung des PB laufend geändert haben. Bei den sich dem Erhöhungsantrag vom 29. Juli 2007 anschließenden Verhandlungen mit dem Ag. hatte die Ast. zunächst angegeben, monatlich seien ca. 600,00 EUR monatlich zusätzlicher finanzieller Betreuungsaufwand aufzuwenden. Im Verfahren S 16 SO 110/08 (jetzt L 8 SO 4/12) hat sie dann im Februar 2010 zunächst weitere 1.023,55 EUR monatlich zusätzlich verlangt, im November 2011 hat sie auf der Grundlage des erstatteten Gutachtens von B. einen Gesamtbedarf von etwa 10.000,00 EUR monatlich geltend gemacht; nunmehr beantragt sie monatlich durchschnittlich 8.919,00 EUR zuzüglich eines gekürzten Pflegegeldes gemäß §§ 64, 66 SGB XII abzüglich vorrangiger Leistungen der Pflegeversicherung abzüglich gewährter Leistungen des Ag. in Höhe von monatlich 2.148,86 EUR.

42

Die Ast. erhält auf der Grundlage des Bescheides vom 23. Januar 2012 monatlich 2.148,86 EUR zuzüglich Leistungen aus der gesetzlichen Pflegeversicherung, die gem. 4.5. der Zielvereinbarung separat beschieden werden, sowie Grundsicherungsleistungen und wird an Wochentagen im Fördergruppenbereich betreut. Eine akute Notlage, die im Wege des einstweiligen Rechtschutzes beseitigt werden müsste, ist nicht ersichtlich. Allein aus dem Umstand, dass in dem im sozialgerichtlichen Verfahren S 16 SO 110/08 eingeholten Gutachten vom 22. August 2011 ein budgetrelevanter Betreuungsumfang von 593,12 Stunden ermittelt worden ist, ergibt sich nicht ohne Weiteres ein Zahlungsanspruch auf Zuerkennung der von der Ast. nunmehr geltend gemachten Summe.

43

Es wird den anhängigen Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben, aufzuklären, ob und ggfs. welche (weiteren) finanziellen Verpflichtungen die Ast. zur Absicherung ihrer Pflege eingegangen ist, und in welchem Umfang diese ggfs. zu einem Anspruch auf ein höheres PB geführt haben.

44

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.

45

Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde angefochten werden (§ 177 SGG).


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