Beschluss vom Oberlandesgericht Celle (Senat für Familiensachen) - 10 UF 153/11

Tenor

Die Erinnerung des Antragsgegners vom 15. März 2012 gegen den Kostenansatz betreffend die Kosten des Beschwerdeverfahrens wird zurückgewiesen.

Diese Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Gründe

I.

1

Im vorliegenden Verfahren hatten die Antragsteller, die minderjährigen Kinder des Antragsgegners, diesen auf Kindesunterhalt in Anspruch genommen und hierfür um Verfahrenskostenhilfe nachgesucht. Diese wurde ihnen durch das Amtsgericht ratenfrei bewilligt. Nachdem der Antragsgegner den laufenden Kindesunterhalt sodann in unterschiedlicher Höhe anerkannt hatte, hat das Amtsgericht ihn darüber hinausgehend zur Zahlung laufenden Kindesunterhalts ab Mai 2011 sowie rückständigen Kindesunterhalts für den Antragsteller zu 2. für den Zeitraum von Oktober 2010 bis April 2011 verpflichtet. Hiergegen legte der Antragsgegner Beschwerde mit dem Ziel einer Abweisung der Anträge der Antragsteller ein, soweit die Unterhaltsbeträge nicht von ihm anerkannt worden waren. Die Antragsteller verteidigten die erstinstanzliche Entscheidung, wofür sie wiederum um Verfahrenskostenhilfe nachsuchten, die der Senat ihnen ebenfalls ratenfrei bewilligte. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat schlossen die Beteiligten sodann auf Vorschlag des Senats einen Vergleich, in dem sie zugleich vereinbarten, dass die Kosten des Verfahrens und des Vergleichs gegeneinander aufgehoben werden.

2

In der Schlusskostenrechnung des Oberlandesgerichts wurden daraufhin Gerichtsgebühren nach Nr. 1224 der Anlage 1 zum FamGKG nach dem festgesetzten Verfahrenswert des Beschwerdeverfahrens von 5.000 € in einer Höhe von 242,00 € und damit in vollem Umfang zu Lasten des Antragsgegners angesetzt. In der abschließenden Kostenrechnung des Amtsgerichts Hannover vom 12. März 2012 wurden sodann diese wie auch die Gerichtsgebühren des erstinstanzlichen Verfahrens (Nr. 1220 der Anlage 1 zum FamGKG) ebenfalls in vollem Umfang gegen den Antragsgegner angesetzt. Gegen den Ansatz vom 12. März 2012 wendet sich der Antragsgegner mit seiner Erinnerung, der das Amtsgericht, soweit es die bei ihm angesetzten Kosten betrifft, nach entsprechender Stellungnahme des dortigen Bezirksrevisors auch abgeholfen hat. Wegen der bei dem Oberlandesgericht angesetzten Kosten des Beschwerdeverfahrens hat das Amtsgericht die Akten dem Oberlandesgericht vorgelegt. Die hiesige Kostenbeamtin hat nach abschlägiger Stellungnahme des hiesigen Bezirksrevisors der insoweit noch verbliebenen Erinnerung nicht abgeholfen, sondern die Akten dem Einzelrichter vorgelegt. Dieser hat die Sache wegen grundsätzlicher Bedeutung auf den Senat zur Entscheidung übertragen.

II.

3

1. Die gemäß § 57 Abs. 1 Satz 1 FamGKG zulässige Erinnerung gegen die Ziffer 2 der Kostenrechnung des Amtsgerichts Hannover vom 12. März 2012 in Verbindung mit dem Kostenansatz der Schlusskostenrechnung des Oberlandesgerichts Celle vom 27. Oktober 2011 (KR I) ist unbegründet. Zu Recht sind gegen den Antragsgegner die Gerichtskosten des durch Vergleich beendeten Beschwerdeverfahrens (Nr. 1224 Anlage 1 zum FamGKG) in voller Höhe angesetzt worden.

4

Zwar trifft den Antragsgegner hier in seiner Eigenschaft als Übernahmeschuldner i.S. von § 24 Nr. 2 FamGKG lediglich eine Haftung in Höhe der Hälfte der vorgenannten Gerichtsgebühren. Er haftet jedoch daneben, soweit es das hier nur noch in Rede stehende Beschwerdeverfahren betrifft, auch als Veranlassungsschuldner gemäß § 21 Abs. 1 Satz 1 FamGKG, denn dieses Verfahren hat er als Beschwerdeführer veranlasst. Verfahren im Sinne dieser Bestimmung ist dabei der jeweilige Rechtszug, Antragsteller derjenige Beteiligte, der die jeweilige Instanz durch seinen diesbezüglichen Antrag eingeleitet hat. Im Falle eines Rechtsmittelverfahrens ist dies mithin der Rechtsmittelführer, hier der Antragsgegner.

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2. Die Haftung als Veranlassungsschuldner ist zwar grundsätzlich nachrangig gegenüber einer Haftung als Entscheidungsschuldner (§ 24 Nr. 1 FamGKG) oder Übernahmeschuldner (§ 24 Nr. 2 FamGKG). Sie kommt jedoch im vorliegenden Fall zum Tragen, weil den Antragstellern (auch) für die Beschwerdeinstanz ratenlose Verfahrenskostenhilfe bewilligt wurde. Deren Inanspruchnahme auf die nach dem Vergleich von ihnen zu tragende Hälfte der zweitinstanzlichen Gerichtskosten durch die Landeskasse steht daher § 122 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a ZPO i.V. mit § 113 Abs. 1 S. 2 FamFG entgegen.

6

Allerdings ist die Frage, ob vorgenannte Bestimmung einen Kostenansatz der Landeskasse ausnahmsweise dann nicht ausschließt, wenn der Beteiligte, dem Verfahrens- oder Prozesskostenhilfe bewilligt wurde, Kosten im Rahmen eines Vergleichs, etwa durch Vereinbarung der Kostenaufhebung i.S. von § 92 Abs. 1 Satz 2 ZPO, übernommen hat und damit Übernahmeschuldner i.S. von § 24 Nr. 2 FamGKG ist, umstritten. Während diesbezüglich vertreten wird, § 122 Abs. 1 Nr. 1 ZPO sei insoweit lückenhaft und bei Übernahme von Kosten im Vergleichswege durch Rückgriff auf eine in § 31 Abs. 3 GKG (der inhaltlich mit § 26 Abs. 3 FamGKG übereinstimmt) zum Ausdruck kommende Wertung dahingehend auszulegen, dass auch gegen den verfahrenskostenhilfeberechtigten Beteiligten ein Ansatz von Gerichtskosten erfolgen könne (OLG Frankfurt, Beschluss vom 25.09.2008 - 14 W 85/08 -; Beschluss vom 04.11.2010 - 18 W 226/10 - AGS 2011, 545; Beschluss vom 18.03.2011 - 18 W 42/11; Beschluss vom 12.07.2011 - 13 U 29/10), sieht die Gegenauffassung in der Vorschrift des § 122 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a ZPO eine Regelung, die einer Inanspruchnahme dieses Beteiligten durch das Gericht entgegensteht (KG, Beschluss vom 14.02.2012 - 5 W 11/12 - juris; OLG Frankfurt, Beschluss vom 20.09.2011 - 3 WF 100/11 - juris; OLG Stuttgart, Beschluss vom 15.07.2011 - 11 UF 127/10 - NJW-RR 2011, 1437 f.; OLG Rostock, Beschluss vom 20.10.2009 - 5 W 55/09 - JurBüro 2010, 147).

7

Der Senat schließt sich der letztgenannten Auffassung mit der Maßgabe an, dass ein Kostenansatz gegen den verfahrenskostenhilfeberechtigten Beteiligten wegen der insoweit unzweideutigen und abschließenden Regelung in § 122 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a ZPO regelmäßig ausscheidet. Denn § 24 FamGKG regelt lediglich, wer weiterhin als Kostenschuldner in Betracht kommt. Das Verhältnis zwischen Landeskasse und dem Beteiligten, dem Verfahrenskostenhilfe bewilligt wurde, betrifft diese Vorschrift dagegen nicht. Ob Letzterer trotz bewilligter Verfahrenskostenhilfe von der Landeskasse in Anspruch genommen werden kann, ist vielmehr allein in § 122 Abs. 1 Nr. 1 ZPO geregelt, dem auch keine Differenzierung zwischen Entscheidungsschuldner einerseits und Übernahmeschuldner andererseits zu entnehmen ist (KG, a.a.O.; OLG Frankfurt, a.a.O. sowie Beschluss vom 24.11.2011 - 3 U 298/10 - juris). Es ist daher de lege lata nicht gerechtfertigt, allein gegenüber Letzterem eine Inanspruchnahme durch die Staatskasse zuzulassen. Vielmehr ist auch dieser Beteiligte, soweit ihm ratenfreie Verfahrenskostenhilfe bewilligt wurde, von der Verpflichtung, Gerichtskosten zu tragen, grundsätzlich befreit. Eine andere Auslegung würde auch außer acht lassen, dass die Beteiligten durch die derzeitige Ausgestaltung des Kostenrechts durch zahlreiche Gebührenermäßigungstatbestände (vgl. die Nummern 1212 Abs. 2, 1221, 1223, 1224, 1315 Abs. 2, 1324 Abs. 2, 1412, 1421 Abs. 2 sowie 1424 Abs. 2 der Anlage 1 zum FamGKG) dazu angehalten werden, sich nicht allein in der Hauptsache, sondern auch hinsichtlich der Kostentragung zu einigen. Dieser gesetzgeberischen Konzeption liefe es zuwider, wenn der dadurch eingeräumte Vorteil dem verfahrenskostenhilfeberechtigten Beteiligten sogleich wieder genommen würde, indem allein der Umstand der Übernahme von Kosten als solcher die Staatskasse bereits berechtigen würde, diesen Beteiligten durch Ansatz der übernommenen Kosten in Anspruch zu nehmen.

8

Lediglich in Fällen offenkundigen Missbrauchs, etwa durch Vereinbarung einer sachlich nicht gerechtfertigten, von der voraussichtlichen gerichtlichen Kostenentscheidung erheblich abweichenden Kostentragung zuungunsten des verfahrenskostenhilfeberechtigten Beteiligten im Vergleichswege, mag ein Rückgriff auf diesen in Betracht kommen. Anhaltspunkte dafür sind im hier vorliegenden Fall, in dem die Beteiligten in dem Vergleich vom 4. Oktober 2011 hinsichtlich der vereinbarten Kostenregelung dem Vorschlag des Senats gefolgt sind, indes nicht ersichtlich.

9

3. Die Zweitschuldnerhaftung des Antragsgegners bezüglich der gesamten Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens ist vorliegend im Hinblick darauf, dass die Antragsteller hier lediglich Übernahmeschuldner sind, auch nicht durch § 26 Abs. 3 FamGKG ausgeschlossen. Danach wäre eine Inanspruchnahme des Gegners des verfahrenskostenhilfeberechtigten Beteiligten als Zweitschuldner lediglich in dem - hier nicht gegebenen - Fall ausgeschlossen, dass der Erstschuldner, dem Verfahrens- oder Prozesskostenhilfe bewilligt wurde, aufgrund gerichtlicher Entscheidung und damit als Entscheidungsschuldner (§ 24 Nr. 1 FamGKG) Kosten zu tragen hätte.

10

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 57 Abs. 8 FamFG.

 


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