Beschluss vom Oberlandesgericht Düsseldorf - VI-3 Kart 117/14 (V)
Tenor
Auf die Beschwerde der Betroffenen vom 12.05.2014 wird der Beschluss der Beschlusskammer 9 der Bundesnetzagentur vom 23.04.2014, BK9-11/8196, aufgehoben und die Bundesnetzagentur verpflichtet, die Betroffene unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden. Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen die Betroffene und die Bundesnetzagentur jeweils zur Hälfte.
Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf … EUR festgesetzt.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen
1
G r ü n d e :
2A.
3Die Betroffene ist Betreiberin eines Gasverteilernetzes. Das Netz besteht aus drei hydraulisch getrennten Netzbereichen. Die Betroffene ist nicht selbst Eigentümerin der Teilnetze 1 (A.) und 2 (B.). Sie hat diese von ihren Gesellschaftern gepachtet. Teilnetz 1 steht im Eigentum der C., die zugleich zu … % Gesellschafterin der Betroffenen ist. Eigentümer und Verpächter des Teilnetzes 2 sind die D. und die F., wobei die D. zu … % Gesellschafterin der Betroffenen ist.
4Die Bundesnetzagentur leitete am 02.09.2011 von Amts wegen das Verfahren zur Bestimmung der Erlösobergrenzen der Betroffenen für die zweite Regulierungsperiode (2013 bis 2017) ein. In Bezug auf das hier maßgebliche Ausgangsniveau gemäß § 6 Abs. 1 ARegV erfolgten anschließend ab dem Jahr 2012 verschiedene Anhörungen und Besprechungen sowie ergänzende Korrespondenz zwischen den Parteien.
5Mit Beschluss vom 23.04.2014, Aktenzeichen BK 9-11/8196, hat die Bundesnetzagentur unter Aufhebung eines zuvor unter dem gleichen Aktenzeichen ergangenen Festlegungsbeschlusses vom 19.02.2014 die Erlösobergrenzen der Betroffenen für die zweite Anreizregulierungsperiode - niedriger als von der Betroffenen begehrt -wie folgend festgelegt:
62013: … EUR
72014: … EUR
82015: … EUR
92016: … EUR
102017: … EUR
11Gegen diesen Beschluss wendet sich die Betroffene mit ihrer form- und fristgerecht eingelegten Beschwerde. Sie macht geltend, die Bundesnetzagentur habe die anerkennungsfähigen Kosten rechtswidrig unter das Niveau gekürzt, das anfiele, wenn Netzbetreiber und Netzeigentümer in einer Person zusammenfielen. Ferner habe die Bundesnetzagentur im Rahmen der Eigenkapitalverzinsung das Umlaufvermögen sowie das Abzugskapital fehlerhaft bestimmt. Schließlich habe die Bundesnetzagentur rechtswidrig bei der Mittelwertbildung im Rahmen der kalkulatorischen Eigenkapitalverzinsung bei Neuanlagen, die im Basisjahr aktiviert worden seien, keine Berechnung des Jahresanfangsbestands der kalkulatorischen Restwerte des Sachanlagevermögen vorgenommen, sondern dieses mit Null in Ansatz gebracht.
12Bezogen auf die gesamte Regulierungsperiode würden die Erlösobergrenzen um … EUR zu niedrig festgelegt, weil die Bundesnetzagentur Pachtmodelle rechtswidrig benachteilige. Grund für diese zu weitgehende Kürzung sei, dass die Bundesnetzagentur eine vollständig getrennte Kostenprüfung beim Eigentümer des Netzes (Verpächter) und beim Netzbetreiber (Pächter) vornehme. Durch diese zwei separaten Kostenprüfungen pro Teilnetzgebiet entstehe ein verzerrtes Bild, denn keine der beiden Prüfungen bilde den tatsächlichen Netzbetrieb vollständig so ab, als ob Netzbetreiber und Eigentümer in einer Person zusammenfielen.
13Die Methode der Bundesnetzagentur sei rechtswidrig. Der Betroffenen stehe aus § 21 Abs. 2 EnWG ein Anspruch auf Anerkennung der effizienten Kosten des Netzbetriebs zu, die eine angemessene, wettbewerbsfähige und risikoangepasste Verzinsung des eingesetzten Kapitals enthielten. In Bezug auf Pachtmodelle werde dieser Anspruch lediglich durch § 4 Abs. 5 GasNEV begrenzt. Hierbei handele es sich um eine Obergrenze, mit der sichergestellt werden solle, dass allein der Umstand der Verpachtung nicht zu höheren Kosten führe als sie anfielen, wenn der Netzbetreiber auch Netzeigentümer wäre. Entgegen der Vorgabe in § 4 Abs. 5 GasNEV prüfe die Bundesnetzagentur nicht im Rahmen einer Als-Ob-Betrachtung, wie die Kostensituation wäre, wenn Netzbetreiber und Eigentümer in einer Person zusammenfielen. Sie nehme stattdessen eine „entkonsolidierte“ Betrachtung vor, bei der sie zunächst jede Gesellschaft separat und unabhängig voneinander nach den Vorgaben der GasNEV prüfe. Dies sei bereits offensichtlich fehlerhaft, denn damit spiegle naturgemäß keiner der beiden so ermittelten Kostenblöcke ein Ergebnis wider, das sich im Falle des Netzbetriebs durch den Eigentümer ergeben würde. Stattdessen erfinde die Bundesnetzagentur durch diese separate Kostenbetrachtung sogar kostenmindernde Positionen, die es in der Betriebswirtschaftslehre nicht gebe und die nicht anfielen, wenn der Eigentümer selbst Netzbetreiber wäre. So komme es regelmäßig zu negativem Eigenkapital bei der Prüfung des Netzbetreibers, weil dort kaum betriebsnotwendiges Vermögen vorhanden sei, aber aus dem Netzbetrieb substantielle Positionen im Abzugskapital resultierten. Die Bundesnetzagentur rechne nicht nur mit negativem Eigenkapital, sondern sie verzinse dies auch noch „negativ“. Sie generiere also kraft eigener Autorität eine kostenmindernde Position aus einer negativen Verzinsung, für die es weder Rechtsgrund noch ein praktisches Bedürfnis gebe. Dies verstoße sowohl gegen die Vorgaben des § 4 Abs. 5 GasNEV wie auch gegen die Vorgaben der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs.
14Bereits nach dem Wortlaut des § 4 Abs. 5 GasNEV, der eine Als-Ob-Betrachtung fordere, sei die Methodik der Bundesnetzagentur unzulässig, wenn sie dazu führe, dass nur noch Kosten anerkannt würden, die unterhalb des Niveaus lägen, das anfiele, wenn der Betreiber auch Eigentümer wäre. Die Vorgehensweise der Bundesnetzagentur führe zu einer systematischen Benachteiligung von Pachtmodellen im Vergleich zu Netzbetreibern, die auch Eigentümer des Anlagevermögens seien. Dies widerspräche klar der Systematik der regulatorischen Rahmenbedingungen. Es sei insbesondere deshalb bedenkenswert, weil den vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmen ab dem Jahr 2005 gesetzlich zwingend aufgegeben worden sei, eine rechtlich selbständige Netzgesellschaft zu gründen. Das EnWG sehe dabei beide Varianten, Eigentümermodell und Pachtmodell, als entflechtungskonform an. Folglich müssten diese beiden Varianten auch im Rahmen der GasNEV gleich behandelt werden. Sinn und Zweck des § 4 Abs. 5 GasNEV sei es, zu verhindern, dass insbesondere im vertikal integrierten Unternehmen zulasten der Netznutzer überhöhte Kosten durch Verpachtung produziert würden. Dann aber müssten die kalkulatorischen Kosten auch mit der Konstellation verglichen werden, die maximal dem Netznutzer zugemutet werden könnte: Bei Netzbetrieb durch den Eigentümer.
15Der angefochtene Bescheid sei auch hinsichtlich der von der Bundesnetzagentur in Ansatz gebrachten Eigenkapitalverzinsungsbasis der Pächterin rechtswidrig.
16So werde bereits das diesbezügliche Ausgangsniveau fehlerhaft bestimmt. Die Bundesnetzagentur habe zum einen im Rahmen des Abzugskapitals Rückstellungen zum Regulierungskonto berücksichtigt, die aufgrund ausnahmsweise extremer Wetterverhältnisse im Jahr 2010 gebildet worden seien und demnach auf Besonderheiten des Geschäftsjahres 2010 beruhten. Die Bundesnetzagentur sei selbst bei der Ermittlung des Umlaufvermögens für diesen Umstand von einer Besonderheit des Geschäftsjahres 2010 ausgegangen und habe das von der Betroffenen in Ansatz gebrachte Umlaufvermögen aus diesem Grunde gekürzt. Allerdings habe sie es unterlassen, denselben Maßstab bei der Ermittlung des (diesbezüglichen) Abzugskapitals nach § 7 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 GasNEV anzusetzen.
17Des Weiteren behandele die Bundesnetzagentur die Differenzen aus Abrechnungen für Mehr- und Mindermengen bei der Ermittlung des Umlaufvermögens als netzentgeltfremd, setze aber die korrespondierenden Rückstellungen für Mehr- und Mindermengen beim Abzugskapital in voller Höhe an und behandle diese somit als netzentgeltzugehörige Kosten. Zwar sei nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung das Abzugskapital nach § 7 Abs. 2 GasNEV nach eigenen Maßstäben und daher getrennt vom Umlaufvermögen nach § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 GasNEV zu ermitteln. Kürzungen des Umlaufvermögens rechtfertigten daher keine Kürzungen des Abzugskapitals. Dies bedeute aber nicht, dass der sachliche Maßstab der §§ 6 Abs. 1 S. 1 ARegV, 4 Abs. 1 GasNEV bei der Ermittlung des Umlaufvermögens und des Abzugskapitals unterschiedlich anzuwenden sei.
18Die Rechtswidrigkeit der Festlegung der Erlösobergrenzen folge zudem daraus, dass die Bundesnetzagentur – entgegen der Vorgaben des § 7 Abs. 1 Satz 4 GasNEV – im Rahmen der Ermittlung der kalkulatorischen Eigenkapitalverzinsung bei Neuanlagen im ersten Jahr ihrer Aktivierung den Jahresanfangsbestand mit Null und nicht entsprechend § 6 Abs. 5 Sätze 3, 4 GasNEV in Höhe der Anschaffungs- und Herstellungskosten in Ansatz gebracht habe. Auch der erkennende Senat gehe von der Rechtswidrigkeit dieser Vorgehensweise aus.
19Die Betroffene hat zunächst auch die pauschale Kürzung des in ihren Antragsunterlagen ausgewiesenen Umlaufvermögens ohne Vorräte auf 1/12 der Netzkosten gerügt. Diese Rüge verfolgt sie jedoch ausweislich des Schriftsatzes vom 02.11.2015 nicht weiter.
20Die Betroffene beantragt,
21den Beschluss der Bundesnetzagentur vom 23.04.2014 (Az. BK9-11/8196) aufzuheben und die Bundesnetzagentur zu verpflichten, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden, soweit die Bundesnetzagentur
22a) eine für die Verpächter und die pachtende Beschwerdeführerin jeweils getrennte Bestimmung der kalkulatorischen Eigenkapitalverzinsung und der kalkulatorischen Gewerbesteuer vornimmt („Pachtnachteil“);
23b) bei der Ermittlung der Eigenkapitalverzinsungsbasis Besonderheiten des Basisjahres 2010 in Ansatz bringt und Differenzmengen inkongruent behandelt;
24c) es unterlässt, im Rahmen der kalkulatorischen Eigenkapitalverzinsung bei Neuanlagen, die im Basisjahr aktiviert werden, eine Berechnung des Jahresanfangsbestands der kalkulatorischen Restwerte des Sachanlagevermögens vorzunehmen und den Jahresanfangsbestand daher mit Null ansetzt („Mittelwertbildung“).
25Die Bundesnetzagentur beantragt,
26die Beschwerde zurückzuweisen.
27Die Bundesnetzagentur verteidigt den angegriffenen Beschluss unter Wiederholung und Vertiefung seiner Gründe. Der Beschluss sei rechtmäßig und verletze die Betroffenen nicht in ihren Rechten.
28Eine rechtswidrige Benachteiligung von „Pachtmodellen“ liege nicht vor. Die Ansicht der Betroffenen fuße auf einem fehlerhaften Verständnis des § 4 Abs. 5 GasNEV. Der von der Betroffenen geforderte Ansatz der Berechnung einer konsolidierten Eigenkapitalverzinsungsbasis für Eigentümer (Verpächter) und Pächter sei von dieser Regelung bereits nicht gedeckt. Der Wortlaut des § 4 Abs. 5 GasNEV fordere entgegen der Ansicht der Betroffenen keine Als-Ob-Betrachtung. Vielmehr ergebe sich daraus nur die Vorgabe, Kosten oder Kostenbestandteile, die aufgrund einer Überlassung von Netzbestandteilen anfielen, der Höhe nach zu überprüfen. Die Kosten des Netzbetriebs eines integrierten Netzbetreibers bildeten insofern eine Obergrenze. Die Feststellung des Ausgangsniveaus bezwecke die Ermittlung der beim jeweiligen Netzbetreiber tatsächlich anfallenden Kosten des Netzbetriebs. Eine fiktive Als-Ob-Betrachtung im Wege einer gesellschaftsübergreifenden Gesamtbetrachtung sei mit dieser Systematik nicht vereinbar. Sinn und Zweck der Regelung des § 4 Abs. 5 GasNEV sei es, eine Kostenerhöhung auszuschließen, die aus der unternehmerischen Entscheidung für ein Pachtmodell folge. Die Vorgehensweise der Bundesnetzagentur stehe auch im Einklang mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung. Auch der Bundesgerichtshof sehe den Kern der Regelung des § 4 Abs. 5 GasNEV darin, dass die Überlassung von Netzbestandteilen nicht zu überhöhten Netzentgelten führen dürfe.
29Auch sei die bei der Bestimmung des Ausgangsniveaus für die Betroffene in Ansatz gebrachte Eigenkapitalverzinsung korrekt. Entgegen der Ansicht der Betroffenen sei das Abzugskapital nicht zu hoch angesetzt worden. Rückstellungen eines Unternehmens seien grundsätzlich gemäß § 7 Abs. 2 S. 2 Ziff. 1 GasNEV im Rahmen der Ermittlung der Eigenkapitalverzinsungsbasis im Abzugskapital zu berücksichtigen. Anhaltspunkte dafür, dass der Verordnungsgeber bestimmte Rückstellungen von dieser Regelung habe ausnehmen wollen, seien nicht ersichtlich. Dies gelte auch für die von der Betroffenen gerügte Berücksichtigung „witterungsbedingter“ Rückstellungen beim Abzugskapital. Diese erfülle nicht den Tatbestand des § 6 Abs. 3 ARegV, nach dem Kosten, soweit sie dem Grunde oder der Höhe nach auf einer Besonderheit des Geschäftsjahres beruhen, auf das sich die Kostenprüfung bezieht, bei der Ermittlung des Ausgangsniveaus unberücksichtigt bleiben. Bereits der Wortlaut des § 6 Abs. 3 ARegV spreche gegen eine Anwendung dieser Norm auf Bestandspositionen, da dort von Kosten gesprochen werde. Zudem stellten die Bildung bzw. Aufnahme sowie die Auflösung bzw. Rückführung von Abzugskapital und verzinslichem Fremdkapital grundsätzlich wiederkehrende, sich ablösende Effekte und generell keine Besonderheit im Sinne des § 6 Abs. 3 ARegV dar. Insofern seien das Abzugskapital und das verzinsliche Fremdkapital insgesamt zu betrachten. Eine separate Herausnahme einzelner dieser Passivbestände sei deshalb nicht sachgerecht, da ansonsten das sich als Residualgröße ergebende betriebsnotwendige Eigenkapital und damit die Eigenkapitalverzinsung unzulässig überhöht abgebildet würden. Auch Rückstellungen für Mehr- und Mindermengen seien aus diesen Gründen im Abzugskapital zu berücksichtigen.
30Der Ansatz eines Jahresanfangsbestandes von Null für im Basisjahr 2010 angeschaffte Neuanlagen bei der Mittelwertbildung nach § 7 Abs. 1 Satz 4 GasNEV sei nicht zu beanstanden. Die gegenteilige Auffassung der Betroffenen stehe im Widerspruch zu § 7 GasNEV und sei auch mit dem Sinn und Zweck von § 6 Abs. 5 GasNEV unvereinbar.
31Gegen die Auffassung der Betroffenen, eine unterjährig angeschaffte bzw. aktivierte Neuanlage bereits zum Jahresanfang mit dem vollen Anschaffungspreis zu berücksichtigen, spreche bereits der Wortlaut des § 7 Abs. 1 Satz 4 GasNEV. Unter dem dort verwendeten und nicht näher definierten Begriff „Jahresanfangsbestand“ sei der Wertansatz des Jahresendbestandes des vorhergehenden Geschäftsjahres zu verstehen, da Jahresanfangs- und Jahresendbestand gemäß § 252 Abs. 1 Nr. 1 HGB übereinstimmen müssten. Die handelsrechtlichen Grundsätze seien gemäß § 6 Abs. 1 ARegV i.V.m. § 4 Abs. 2 GasNEV auch im Rahmen der kalkulatorischen Kostenkalkulation des § 7 GasNEV zu berücksichtigen. Aus § 6 Abs. 5 Satz 4 GasNEV lasse sich nichts Gegenteiliges ableiten. Dort sei gerade nicht von „Jahresanfangsbestand“, sondern von einem „Zugang“ zum 1. Januar eines Jahres die Rede. Die Fiktion des vollständigen Anlagenzugangs zum 1. Januar des Aktivierungsjahres als Jahresanfangsbestand überdehne den Wortlaut von § 7 Abs.1 Satz 2 Nr. 3, Satz 4 GasNEV, der von „kalkulatorischen Restwerten“ und nicht vom „Vollwert“ der Anschaffungs- und Herstellungskosten ausgehe.
32Auch systematische Zusammenhänge sprächen gegen den Ansatz der Betroffenen. § 7 Abs. 1 GasNEV stehe in unmittelbarem Zusammenhang zu § 7 Abs. 2 GasNEV. Die Ermittlung der Wertansätze nach Absatz 1 und Absatz 2 habe nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs einheitlich zu erfolgen. Dies entspreche auch der Intention des Verordnungsgebers bei Einfügung der Mittelwertbildung in § 7 Abs. 1 Satz 4 GasNEV. Damit sei ein Rückgriff auf § 6 Abs. 5 Satz 4 GasNEV zur Bestimmung des Jahresanfangsbestands ausgeschlossen, da dies ersichtlich zu uneinheitlichen Wertansätzen führe.
33Die Fiktion des vollständigen Anlagenzugangs zum Beginn des Aktivierungsjahres der Anlage sei mit dem Sinn und Zweck von § 7 GasNEV, eine angemessene, wettbewerbsfähige und risikoangepasste Verzinsung des eingesetzten Kapitals im Sinne von § 21 Abs. 2 EnWG zu gewährleisten, nicht vereinbar. Die Sichtweise der Betroffenen führe zu einer unsachgemäßen Erhöhung der Verzinsungsbasis und damit zu einer unangemessenen Doppelverzinsung. Das Ergebnis einer systematischen Überverzinsung durch die seitens der Betroffenen geforderte Vorgehensweise werde durch den von ihr gebildeten Beispielsfall belegt, zu deren Einzelheiten auf die Beschwerdeerwiderung der Bundesnetzagentur vom 27.02.2015 verwiesen wird.
34Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze mit Anlagen, den beigezogenen Verwaltungsvorgang der Regulierungsbehörde und das Protokoll der Senatssitzung vom 26. August 2015 Bezug genommen.
35B.
36Die Beschwerde ist teilweise begründet. Dies führt zur Aufhebung des Beschlusses und Verpflichtung der Bundesnetzagentur zur Neubescheidung unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Senats.
37I. Die Rüge der Betroffenen hinsichtlich der Methodik der Bundesnetzagentur bei der Ermittlung der im Rahmen der kalkulatorischen Eigenkapitalverzinsung sowie der kalkulatorischen Gewerbesteuer zu berücksichtigenden Pachtentgelte greift nicht durch. Insbesondere führt die Vorgehensweise der Bundesnetzagentur, die zunächst eine getrennte Kostenprüfung beim Eigentümer des Netzes (Verpächter) und beim Netzbetreiber (Pächter) durchführt, nicht zu einer rechtswidrigen Benachteiligung von „Pachtmodellen“ gegenüber „Eigentümermodellen“. Eine konsolidierte Kostenprüfung für Eigentümer und Netzbetreiber ist nicht geboten.
381. Gemäß § 4 Abs. 5 GasNEV dürfen Betreiber von Gasversorgungsnetzen Kosten, die auf Grund einer Überlassung betriebsnotwendiger Anlagengüter durch Dritte anfallen, nur in der Höhe ansetzen, wie sie anfielen, wenn der Betreiber Eigentümer der Anlage wäre. Damit soll verhindert werden, dass insbesondere innerhalb eines Konzerns durch die Vereinbarung überhöhter Dienstleistungsentgelte oder Pachtzinsen für den Netznutzer höhere Netzentgelte entstehen (vgl. BGH, Beschluss vom 03.03.2009, EnVR 79/07 „SWU Netze“, Rn. 43 bei juris; Schütz/Schütte in Holznagel/Schütz, ARegV, § 4 GasNEV, Rn. 37, 41).
39§ 4 Abs. 5 GasNEV enthält keine ausdrücklichen Vorgaben zu der Methodik der Überprüfung, ob die Überlassung betriebsnotwendiger Anlagen im Pachtmodell zu überhöhten Netzentgelten führt. Die Bundesnetzagentur ermittelt die anerkennungsfähigen Kosten nach den Vorgaben der GasNEV für Pächter- und Verpächterunternehmen separat. Dabei werden für das einzelne Unternehmen jeweils aufwandsgleiche Kosten, kalkulatorische Kosten und kostenmindernde Erlöse/Erträge bestimmt. Die Kosten der Verpächtergesellschaften fließen sodann in der Kostenart „Aufwendungen für überlassene Netzstruktur“ in die Gesamtkosten des Netzbetreibers ein, sofern sie niedriger sind als das gezahlte Pachtentgelt.
402. Diese Vorgehensweise ist für das Pachtmodell höchstrichterlich anerkannt (BGH, a.a.O., Rn. 39 ff. bei juris).
412.1. Die genannte Entscheidung des Bundesgerichtshofs behandelt entgegen der Auffassung der Betroffenen nicht nur das „Spezialproblem“ einer negativen Eigenkapitalverzinsung. Der Bundesgerichtshof hat das Vorgehen der Bundesnetzagentur für den Bereich des Pachtmodells vielmehr grundsätzlich gebilligt und bestätigt, dass die Vorgehensweise methodisch geeignet ist, um zu überprüfen, ob die Verpachtung zu erhöhten Netzentgelten führt.
42Zwar führt der Bundesgerichtshof in der genannten Entscheidung zunächst aus, der Berechnungsansatz der Bundesnetzagentur sei „hinsichtlich des zu verzinsenden Eigenkapitals“ aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. In seinen weiteren Ausführungen stellt der Bundesgerichtshof allerdings die Methodik der Bundesnetzagentur bei der nach § 4 Abs. 5 GasNEV vorzunehmenden Prüfung dar. Er stellt fest, die Bundesnetzagentur sei zutreffend davon ausgegangen, dass bei der Antragstellerin als Pächterin zunächst der Pachtzins als aufwandsgleiche Kostenposition gemäß § 5 Abs. 1 GasNEV in das festzulegende Netzentgelt einzurechnen sei. Allerdings könne – wegen des Gebots des § 4 Abs. 5 GasNEV – der Pachtzins nur dann in voller Höhe berücksichtigt werden, wenn die Verpachtung für den Netznutzer nicht zu einer Erhöhung der Netzentgelte führe. Um dies zu überprüfen, müsse auch für den Netzeigentümer eine Entgeltberechnung durchgeführt werden. Ergebe diese, dass das ermittelte Netzentgelt bei dem Netzeigentümer niedriger wäre als bei dem Netzpächter, müsse eine entsprechende Kürzung erfolgen. Dies habe dadurch zu geschehen, dass der anzusetzende Pachtzins soweit herabgesetzt werde, bis sich bei dem Netzpächter exakt dieselben Netzentgeltelemente ergäben, die auch beim Netzpächter entständen. So sei die Bundesnetzagentur auch verfahren. Soweit der Bundesgerichtshof darauf verweist, dass die Kürzung in Folge einer Anwendung der Obergrenze dadurch zu erfolgen habe, dass der anzusetzende Pachtzins soweit herabgesetzt wird, bis sich bei dem Netzpächter exakt dieselben Netzentgeltelemente ergeben, die auch beim Netzeigentümer entstehen, gilt dies – wie sich aus den vorstehenden Ausführungen des Bundesgerichtshofs ergibt – nur für den Fall, dass die tatsächlichen Kosten des Netzbetreibers die Obergrenze überschreiten.
43Die Berechnungsmethodik im streitbefangenen Fall entspricht nach den Angaben der Bundesnetzagentur in der mündlichen Verhandlung grundsätzlich der Methodik, die dem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall zugrunde lag.
442.2. Soweit die Betroffene rügt, die von der Bundesnetzagentur vorgenommene getrennte („entkonsolidierte“) Prüfung benachteilige den Pächter in rechtswidriger Weise, folgt der Senat dem nicht.
45Entgegen der Ansicht der Betroffenen enthält § 4 Abs. 5 GasNEV nicht die Vorgabe, dem Netzbetreiber im Rahmen einer Als-Ob-Betrachtung die Kosten zuzubilligen, die anfielen, wenn Netzbetreiber und Eigentümer in einer Person zusammenfielen. Der Netzbetreiber ist im Rahmen der Anerkennung kalkulatorischer Kosten gerade nicht so zu stellen als sei er Eigentümer der Anlagen. Vielmehr können dem Netzbetreiber nur die Kosten anerkannt werden, die in seiner Position auch tatsächlich anfallen.
46Der Wortlaut der Norm fordert entgegen der Ansicht der Betroffenen keine Als-Ob-Betrachtung. Aus ihm ergibt sich nur die Vorgabe, Kosten oder Kostenbestandteile, die auf Grund einer Überlassung von Netzbestandteilen anfallen, der Höhe nach zu überprüfen. Dabei bilden die Kosten des Netzbetriebs eines integrierten Netzbetreibers die Obergrenze, die verhindert, dass Netzbetreiber höhere Kosten gelten machen als anfielen, wenn der Betreiber Eigentümer der betriebsnotwendigen Anlagen wäre. Einen darüberhinausgehenden Inhalt hat die Vorschrift ihrem Wortlaut nach nicht.
47Die von der Betroffenen gerügte systematische Benachteiligung von Netzbetreibern mit gepachteten Anlagen gegenüber solchen, die zugleich Eigentümer der Anlagen sind, ist nicht zu erkennen. Auch Netzbetreibern, die Eigentümer von Anlagen sind, werden höchstens ihre tatsächlichen Kosten anerkannt. Soweit die tatsächlichen Kosten des pachtenden Netzbetreibers gekürzt werden, beruht dies auf § 4 Abs. 5 GasNEV, der verhindern soll, dass insbesondere innerhalb eines Konzerns durch die Vereinbarung überhöhter Dienstleistungsentgelte oder Pachtzinsen für den Netznutzer höhere Netzentgelte entstehen.
48Allein aus dem Umstand, dass der Gesetzgeber das Pachtmodell für Verteilernetzbetreiber als zulässig ansieht, kann nicht geschlossen werden, dass diesen Netzbetreibern im Rahmen der kalkulatorischen Kostenrechnung nach der GasNEV die gleichen Kosten anzuerkennen sind, wie sie anfielen, wenn der Netzbetreiber auch Eigentümer der Anlage wäre. Dabei ist zu berücksichtigen, dass trotz der Vorgaben zur rechtlichen Entflechtung die Wahl zwischen Pachtmodell und Herauslösung des netzbezogenen Anlagevermögens eine unternehmerische Entscheidung ist, die die mit den jeweiligen Lösungen verbundenen Vor- und Nachteile berücksichtigen wird. Unerheblich ist, dass nach der Herangehensweise keiner der ermittelten Kostenblöcke (bei Eigentümer und Netzbetreiber) das Ergebnis widerspiegelt, dass sich im Falle des Netzbetriebs durch den Eigentümer ergeben würde. Denn dem Netzbetreiber sollen nur die ihm auch tatsächlich anfallenden Kosten ersetzt werden. Sinn und Zweck der Regelung ist, Kostenerhöhungen auszuschließen, die aus der unternehmerischen Entscheidung für ein Pachtmodell folgen. Die von der Betroffenen geforderte Berücksichtigung von in ihrer Person tatsächlich nicht anfallenden Kosten würde zu einer Besserstellung führen, die weder von § 4 Abs. 5 GasNEV noch nach § 21 Abs. 2 EnWG gefordert wird.
492. 3. Auch der von der Bundesnetzagentur vorgenommene Ansatz eines negativen Eigenkapitalzinssatzes für die Betroffene stellt keine unangemessene Benachteiligung dar.
50Das durch überschießendes Abzugskapital ermittelte negative Eigenkapital ist zu verzinsen. Dass das negative Eigenkapital eine Verzinsungsbasis bildet, wird in der bereits zitierten Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH, a.a.O.) zwar nicht ausdrücklich festgestellt, aber inzidenter vorausgesetzt. Dies ergibt sich bereits daraus, dass der Bundesgerichtshof den Berechnungsansatz der Bundesnetzagentur bei der Ermittlung der kalkulatorischen Gewerbesteuer ausdrücklich gebilligt hat. Da die Bemessungsgrundlage der kalkulatorischen Gewerbesteuer die kalkulatorische Eigenkapitalverzinsung bildet, liegt den höchstrichterlichen Ausführungen die Annahme zugrunde, dass das negative Eigenkapital zu verzinsen ist. Die von der Bundesnetzagentur gewählte Methode zur Berechnung der Verzinsung des negativen Eigenkapitals, insbesondere die Anwendung des EK-I-Zinssatzes für Neuanlagen, hat die Betroffene nicht angegriffen.
512.4. Die Betroffene geht auch fehl in der Annahme, der Entscheidung des Bundesgerichtshofs sei zu entnehmen, dass nur die von der Betroffenen begehrte Berechnungsmethode den Vorgaben des Bundesgerichtshofs entspräche, weil nur bei ihr gewährleistet sei, dass kein anderes Ergebnis entstehe, wenn man das überschießende Eigenkapital alternativ bei dem Netzeigentümer in Ansatz bringe.
52Für das Pachtmodell hat der Bundesgerichtshof ausdrücklich anerkannt, dass eine kalkulatorische Kostenprüfung auf der Ebene des Netzbetreibers und des Verpächters den Vorgaben des § 4 Abs. 5 GasNEV gerecht wird und das fiktive Entgelt beim Verpächter den Vergleichsmaßstab für die Prüfung nach § 4 Abs. 5 GasNEV bildet (vgl. BGH, a.a.O). Dagegen ist der Entscheidung nicht zu entnehmen, dass das überschießende Abzugskapital zwingend auf Seiten des Verpächters anzusetzen ist. Der Bundesgerichtshof hat in dem von ihm entschiedenen Einzelfall lediglich festgestellt, dass eine alternative Berücksichtigung bei der Verpächterin – wie von der dortigen Beschwerdeführerin gefordert - zu keinem anderen Ergebnis führen würde als eine Berücksichtigung bei der Pächterin. Hieraus lässt sich nicht im Umkehrschluss ableiten, dass ein Ansatz der negativen Eigenkapitalverzinsung bei der Pächterin unzulässig wäre, wenn die Vergleichsberechnung zu unterschiedlichen Ergebnissen führen würde (OLG Dresden, Beschluss vom 18.07.2014, Kart 8/13). Dies gilt erst Recht angesichts des Umstands, dass mit dem Ansatz negativen Eigenkapitals bei dem Netzbetreiber keineswegs eine systemimmanente Schlechterstellung im Vergleich zu der Berücksichtigung des überschießenden Abzugskapitals auf Seiten des Verpächters verbunden ist. Vielmehr hängt die konkrete Höhe der sich ergebenden Eigenkapitalverzinsung von den Umständen des Einzelfalles ab. Maßgeblich ist vielmehr allein, dass die Überlassung von Netzbestandteilen nicht zu einer fehlenden Berücksichtigung von Abzugskapital und damit entgegen § 4 Abs. 5 GasNEV zu höheren Netzentgelten führen darf.
53II. Die im Abzugskapital behandelten Rückstellungen für witterungsbedingte Einnahmeschwankungen (Mehrerlöse) stellen sich jedenfalls teilweise als Besonderheit des Basisjahres im Sinne des § 6 Abs. 3 S. 1 ARegV dar. Dass die Bundesnetzagentur dies unberücksichtigt gelassen hat, führt zur Aufhebung und Verpflichtung zur Neubescheidung, wobei eine vollständige Außerachtlassung dieser Positionen im Abzugskapital nicht veranlasst ist.
541. Gemäß § 6 Abs. 3 ARegV sind Kosten, soweit sie dem Grunde oder der Höhe nach auf einer Besonderheit des Basisjahres nach § 6 Abs. 1 Satz 4 ARegV beruhen, nicht bei der Ermittlung des Ausgangsniveaus zu berücksichtigen. Hintergrund der im Jahr 2010 in § 6 ARegV eingefügten Regelung ist, dass die Kostenprüfung nach § 6 Abs. 1 ARegV eine Kostenbasis ermitteln soll, die geeignet ist, als Ausgangsniveau für die Erlösobergrenzen der Regulierungsperiode zu fungieren. Insoweit werden die Kosten des Basisjahres als exemplarische Kosten des Netzbetreibers angesehen. Damit wäre jedoch nicht vereinbar, wenn im Ausgangsniveau Kosten berücksichtigt würden, die aus Besonderheiten des Geschäftsjahres resultieren, auf das sich die Kostenprüfung bezieht. Aufgrund dessen hat der Verordnungsgeber auf Empfehlung des Wirtschaftsausschusses klargestellt, dass das Ausgangsniveau der Erlösobergrenzen auf der Basis eines um den Einfluss von Einmalereignissen bereinigten Kostenniveaus bestimmt wird (BR-DRs.312/1/17 vom 28.06.2010, S. 23; BR-Drs. 312/10 vom 09.07.2010 (Beschluss), S. 19). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind Einmaleffekte solche, die „dem Grunde oder der Höhe nach auf einer Besonderheit des Geschäftsjahres beruhen, auf das sich die Kostenprüfung bezieht“ (BGH, Beschluss vom 28.06.2011, EnVR 48/10, Rn. 16 – EnBW Regional).
552. § 6 Abs. 3 ARegV ist auf Rückstellungen nach § 7 Abs. 2 Nr. 1 GasNEV anwendbar. Es handelt sich dabei zwar nicht um Kosten, sondern um Bestandspositionen. § 6 Abs. 3 ARegV stellt hingegen auf Kosten ab. Allerdings beeinflussen die Rückstellungen als Abzugskapital die Höhe der Eigenkapitalverzinsung. Bei der Eigenkapitalverzinsung handelt es sich zweifellos um Kosten i.S.d. § 6 Abs. 3 ARegV. Dies ergibt sich aus § 6 Abs. 1 ARegV, der hinsichtlich der Kostenprüfung auf die Vorschriften des Teils 2 Abschnitt 1 GasNEV verweist, in dem in § 4 Abs. 2 Satz 2 GasNEV u.a. die kalkulatorische Eigenkapitalverzinsung nach § 7 GasNEV als Netzkostenbestandteil aufgeführt wird. Beruhen hohe Rückstellungen auf den besonderen Witterungsbedingungen des Basisjahres, kann dies zu einer Verringerung der Eigenkapitalverzinsung führen, die dem exemplarischen Charakter der Kostenbasis des Basisjahres entgegensteht. Auch in dem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall ging es um einen einmaligen Abzugsbetrag im Hinblick auf in der Vergangenheit vorgenommene überhöhte Abschreibungen, den der Bundesgerichtshof wegen seiner kostensenkenden Wirkung als Besonderheit des Basisjahres angesehen hat (BGH, Beschluss vom 28.06.2011, EnVR 48/10, Rn. 15ff.).
563. Die Betroffene hat auch dargelegt, dass die Rückstellungen eine Besonderheit i.S.d. § 6 Abs. 3 ARegV darstellen.
573.1. Rückstellungen für witterungsbedingte Einnahmeschwankungen stellen zwar keine Besonderheit des Basisjahres 2010 dem Grunde nach dar. Wie die Bundesnetzagentur zu Recht ausführt, gehört es zum regelmäßigen Geschäftsbetrieb eines Netzbetreibers, dass jedes Jahr wiederkehrend die Bildung und Auflösung von Rückstellungen vorgenommen werden müssen. Dies zeigt sich daran, dass Rückstellungen für das Regulierungskonto aufgrund dieses Umstands nicht nur im Jahr 2010 angefallen sind.
583.2. Soweit die Einnahmeschwankungen und die dadurch bedingte Höhe der Rückstellungen auf den außergewöhnlichen Witterungsbedingungen des Winters im Jahr 2009/2010 beruhen, liegt jedoch eine Besonderheit der Höhe nach vor. Die Betroffene hat dargetan, dass die Witterungsverhältnisse sich erheblich von denen eines durchschnittlichen Winters abhoben, indem sie die in ihrem Netzgebiet aufgetretenen Abweichungen der Temperaturen vom Normalmaß aufgezeigt hat. Dem ist die Bundesnetzagentur nicht entgegengetreten. Sie geht im Zusammenhang mit der Ablehnung der Anerkennung zusätzlichen Umlaufvermögens (Forderungsbestand) im Hinblick auf die Witterungsbedingungen vielmehr selbst davon aus, dass das Jahr 2010 außerordentlich kalt und damit nicht repräsentativ gewesen sei. Die Anerkennung witterungsbedingter Besonderheiten im Basisjahr kann aber nur nach einem einheitlichen Maßstab betrachtet werden, weswegen die Besonderheit auch beim Abzugskapital zu berücksichtigen ist.
59Zudem hat die Betroffene mittels der mit dem nachgelassenen Schriftsatz vom 23.09.2015 eingereichten Anlage BF 11 dargelegt, dass die im Basisjahr 2010 abgerechneten und abgesetzten Mengen gegenüber den Vergleichsjahren im 5-Jahresvergleich erheblich erhöht waren. Dieser Darstellung ist die Bundesnetzagentur nicht entgegen getreten. Während die Jahresarbeit pro Ausspeisepunkt im Mittel der Jahre 2009, 2011, 2012 und 2013 für das Teilnetz A. bei … kWh p.a. lag, belief sie sich im Jahr 2010 auf … kWh und überstieg den durchschnittlichen Absatz um rund 13 %. Eine ähnliche prozentuale Abweichung ergibt sich auch für das Teilnetz B. und das bis zum 01.01.2012 eigenständige Teilnetz F. Für das Teilnetz A. betrug die Abweichung zum Jahresmittel der Vergleichsjahre mehr als das Dreifache der nächstgrößeren Differenzen zum Jahresmittelwert, die in den Jahren 2011 und 2012 aufgetreten sind. In den Jahren 2009 und 2013 sind dagegen nur unwesentliche Abweichungen zum Jahresmittelwert aufgetreten. Auch die nunmehr mitgeteilten Gradtagszahlen, die den Zusammenhang zwischen Raumtemperatur und Außenlufttemperatur für die Heizperiode abbilden und deren Richtigkeit die Bundesnetzagentur ebenfalls nicht in Abrede stellt, weisen für das Jahr 2010 einen deutlich erhöhten Heizwärmebedarf nach. Für das Jahr 2010 weicht die Gradtagszahl um rund 15 % von dem Mittelwert der Vergleichsjahre ab. Die Abweichung der Absatzmenge im Basisjahr 2010 spiegelt sich bei den Rückstellungen für Mehrerlöse wider. Der von der Betroffenen vorgelegte Vergleich zu den korrespondierenden Rückstellungen für witterungsbedingte Mehrerlöse zeigt, dass die witterungsbedingten Rückstellungen für das Jahr 2010 außergewöhnlich hoch waren.
603.3. Allerdings führt die Anerkennung als Besonderheit nicht dazu, dass die Rückstellungen bei der Bestimmung des Abzugskapitals vollständig unberücksichtigt bleiben müssen.
61Schon der rechnerische Vergleich der Abweichungen zwischen den Absatzmengen und den Mehrerlösen zeigt auf, dass ein proportionaler Zusammenhang nicht besteht und der Mehrerlös des Jahres 2010 somit nicht vollständig auf den Anstieg der Absatzmenge zurückgeführt werden kann. Bei der der Bundesnetzagentur im Rahmen der Neufestsetzung der Erlösobergrenzen obliegenden Bereinigung der Rückstellungspositionen um die auf die Besonderheiten des Basisjahres zurückzuführenden Effekte ist vielmehr nur eine Rückführung auf diejenigen Sockelbeträge veranlasst, wie sie sich durchschnittlich für übliche Prognoseabweichungen ergeben und wie sie im Basisjahr ohne den auf extremen Witterungsbedingungen beruhenden Mehrabsatz angefallen wären.
62Darüber hinaus gilt es zu beachten, dass die Anwendung von § 6 Abs. 3 ARegV nicht zu einer Doppelverzinsung führen darf. Durch eine Verringerung der Rückstellungsbeträge im Abzugskapital erhöht sich zwangsläufig die Eigenkapitalverzinsungsbasis und entsprechend die Eigenkapitalverzinsung nach § 7 GasNEV. Gleichzeitig werden von der Bundesnetzagentur die mit den Rückstellungsbeständen gebuchten Zinsen bei den aufwandsgleichen Kosten nach § 5 GasNEV in der Position „Fremdkapitalzinsen“ unter „sonstige Zinsen“ grundsätzlich als Netzkosten anerkannt, vorausgesetzt diese sind dem Basisjahr 2010 zuzurechnen und als Aufwandsposition in der Gewinn- und Verlustrechnung des Netzbetreibers erfasst. Der Zinsaufwand ist im Rahmen der Bereinigung der Rückstellungspositionen um die auf den Besonderheiten des Basisjahres basierenden Effekte gegenzurechnen. Schließlich ist klarstellend festzuhalten, dass die Anerkennung witterungsbedingter Besonderheiten im Basisjahr eine einheitliche Behandlung im Abzugskapital und im Umlaufvermögen erfordert. Damit stellen nicht nur die Rückstellungen aufgrund witterungsbedingter Mehrerlöse und Mindermengen im Rahmen des Abzugskapitals eine Besonderheit des Basisjahres dar, sondern auch die damit zusammen hängenden kurzfristigen Verbindlichkeiten im Rahmen des Umlaufvermögens, so dass deren Anerkennung als betriebsnotwendig auch unter diesem Aspekt nicht in Betracht kommt.
63III. Ebenfalls zu Recht rügt die Betroffene, es sei unzulässig, die Differenzen aus Abrechnungen für Mehr- und Mindermengen bei der Ermittlung des Umlaufvermögens im Hinblick auf die unmittelbare Verrechnung zwischen dem Netzbetreiber und dem Transportkunden als netzentgeltfremd und damit beim Umlaufvermögen als nicht betriebsnotwendig anzusehen, die korrespondierenden Rückstellungen aber beim Abzugskapital zu berücksichtigen.
64Nach § 29 Abs. 7 GasNZV in der bis zum 08.09.2010 gültigen Fassung sowie § 25 GasNZV in der ab dem 09.09.2010 gültigen Fassung erfolgt ein regelmäßiger Abgleich der zuvor prognostizierten und gemeldeten Gasmengen und den tatsächlich verbrauchten Mengen. Ergibt sich eine Differenz, wird diese als Mehr- oder Mindermenge mit dem Transportkunden abgerechnet. Im Falle einer Mindermenge hat der Netzbetreiber dem Transportkunden einen Arbeitspreis in Rechnung zu stellen (§ 25 Abs. 2 GasNZV n.F.) Nach § 25 Abs. 3 GasNZV rechnet der Netzbetreiber die Ausgaben und Einnahmen aus der Mehr- und Mindermengenabrechnung mit dem Marktgebietsverantwortlichen ab, der die Regelenergie bereitstellt. Im Falle einer Mindermenge entsteht dem zuständigen Marktgebietsverantwortlichen eine Forderung gegen den Netzbetreiber.
65Die Bundesnetzagentur hat im angefochtenen Bescheid (Anlage I-NB1, S. 28) ausgeführt, dass Differenzen aus Abrechnungen für Mehr- oder Minderungen keine kalkulatorischen Aufwendungen für den Netzbetrieb darstellten und folglich beim Umlaufvermögen nicht zu berücksichtigen seien. Aufwendungen und Erlöse aus Differenzmengen neutralisierten sich. Folglich seien auch die entsprechenden Bestandteile des Umlaufvermögens für bzw. aus Mehr- oder Mindermengen nicht als betriebsnotwendig einzustufen. Die Differenzmengen seien unmittelbar zwischen dem Netzbetreiber und den Transportkunden zu verrechnen, so dass die Differenzmengen in den Netzentgelten nicht zu berücksichtigen seien. Allerdings berücksichtige die Beschlusskammer die im Rückstellungsspiegel 2009 und 2010 ausgewiesenen Rückstellungsendbestände für die Mehr- oder Mindermengen im Rahmen der Ermittlung des betriebsnotwendigen Eigenkapitals, da das Mittelaufkommen aus Differenzmengen mit dem Netzbetrieb zusammenhänge und die Vorteile dieser Stundung den Netznutzern zugute kommen müsse.
66Dieser Begründung folgt der Senat nicht. Zwar hat der Umstand, dass die Rückstellungen für Mindermengen im Abzugskapital berücksichtigt werden, keine zwingende Erhöhung des betriebsnotwendigen Umlaufvermögens zur Folge. Ein solcher Automatismus zwischen Abzugskapital nach § 7 Abs. 2 GasNEV und der Annahme der Betriebsnotwendigkeit von Umlaufvermögen nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 GasNEV besteht nicht. Was als Abzugskapital anzusehen ist, ergibt sich abschließend aus § 7 Abs. 2 GasNEV. Vor diesem Hintergrund führt die Kürzung des Wertansatzes des Umlaufvermögens nicht zwangsläufig zur Kürzung der Position Abzugsvermögen. Dies gilt auch für bilanziell miteinander in Zusammenhang stehende Positionen. Solche bilanztechnischen Fragen spielen nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs im Rahmen der kalkulatorischen Bestimmung des zu verzinsenden Eigenkapitals keine Rolle (BGH, Beschluss vom 07.04.2009, EnVR 6/08, Rn. 45 – Verteilnetzbetreiber Rhein-Main-Neckar; Beschluss vom 05.10.2010, EnVR 49/09, Rn. 17; a.A. Fülbier, ET 2009, 150, 151). Dementsprechend führt auch der Ansatz von Abzugskapital in der „kalkulatorischen Welt“ nicht zwangsläufig zum Ansatz entsprechenden Umlaufvermögens (BGH, Beschluss vom 07.04.2009, EnVR 6/08, Rdn. 45 – Verteilnetzbetreiber Rhein-Main-Neckar).
67Allerdings ist der sachliche Maßstab des § 6 Abs. 1 S.1 ARegV i.V.m. § 4 Abs. 1 S. 1. GasNEV bei der Ermittlung des Umlaufvermögens und des Abzugskapitals einheitlich anzusetzen. Gemäß § 21 Abs. 2 S. 1 EnWG werden die Netzentgelte auf der Grundlage der Kosten zur Führung des Netzbetriebs ermittelt. § 4 Abs. 1 S. 1 GasNEV konkretisiert diese Vorgabe und bezeichnet die Kosten des Netzbetriebs grundsätzlich als ansatzfähig. Dieser allgemeine Grundsatz gilt für die gesamte Kostenrechnung nach § 4 ff. GasNEV. Damit ist nicht vereinbar, dass derselbe Sachverhalt im Rahmen der Ermittlung des betriebsnotwendigen Eigenkapitals nach § 7 GasNEV hinsichtlich seiner Netzbezogenheit unterschiedlich beurteilt wird. Der Bundesgerichtshof (BGH, Beschluss vom 23.06.2009, EnVR 76/07 Rn. 13) hat bereits entschieden, dass die Wertansätze von Aktiva und Passiva denselben zeitlichen Vorgaben unterworfen sein müssen, um eine angemessene Verzinsung nach § 21 Abs. 1 EnWG zu gewährleisten. Dies gilt erst Recht für den sachlichen Maßstab, hier die Netzbezogenheit der Kosten.
68IV. Soweit sich die Beschwerde auch gegen die pauschale Kürzung des Umlaufvermögens auf 1/12 der Netzkosten gerichtet hat, verfolgt die Betroffene diesen Beschwerdepunkt nicht weiter.
69V. Die Festlegung der Erlösobergrenzen für die zweite Regulierungsperiode ist insoweit rechtswidrig, als die Bundesnetzagentur bei der Ermittlung des Ausgangsniveaus nach § 6 Abs. 1 ARegV im Rahmen der Berechnung der kalkulatorischen Eigenkapitalverzinsung bei Neuanlagen, die erstmals im Basisjahr aktiviert wurden, den Jahresanfangsbestand der kalkulatorischen Restwerte gemäß § 7 Abs. 1 Satz 4 GasNEV mit Null ansetzt.
701.1. Das nach § 7 GasNEV zu verzinsende betriebsnotwendige Eigenkapital ermittelt sich nach den Vorgaben des § 7 Abs. 1 Satz 2 GasNEV. Für Neuanlagen bestimmt § 7 Abs.1 Satz 2 Nr. 3 GasNEV, dass die kalkulatorischen Restwerte des Sachanlagevermögens der Neuanlagen bewertet zu historischen Anschaffungs- und Herstellungskosten unter Abzug des Abzugskapitals und des verzinslichen Fremdkapitals in die Verzinsungsbasis einzustellen sind. Nach § 7 Abs. 1 Satz 4 GasNEV ist jeweils der Mittelwert aus Jahresanfangs- und Jahresendbestand anzusetzen.
711.2. Die Vorgaben des § 7 GasNEV hat die Bundesnetzagentur zwar grundsätzlich beachtet. Zu Unrecht setzt sie jedoch den Jahresanfangsbestand der kalkulatorischen Restwerte des Sachanlagevermögens für Neuanlagen, die erstmals im Basisjahr aktiviert wurden, bei der Mittelwertbildung mit Blick auf die Schlussbilanz des vorhergehenden Geschäftsjahres mit Null an. Wie der Senat bereits entscheiden hat (Beschluss vom 27.05.2015, VI-3 Kart 115/14) verstößt diese Vorgehensweise gegen die Vorgaben in 7 Abs. 1 GasNEV und damit gleichzeitig gegen den Anspruch des Netzbetreibers nach § 21 Abs. 2 Satz 1 EnWG auf eine angemessene Verzinsung seines eingesetzten Kapitals. Denn entgegen der Ansicht der Bundesnetzagentur ist der Jahresanfangsbestand i.S.d. § 7 Abs. 1 Satz 4 GasNEV nicht mit dem Wertansatz in der Eröffnungsbilanz und dieser über § 252 Abs. 1 Nr. 1 HGB mit dem Wertansatz des Jahresendbestandes des vorhergehenden Geschäftsjahres gleichzusetzen. Zwar müssen nach dem in § 252 Abs. 1 Nr. 1 HGB normierten Grundsatz der Bilanzidentität die Wertansätze in der Eröffnungsbilanz des Geschäftsjahres mit denen der Schlussbilanz des vorhergehenden Geschäftsjahres übereinstimmen. Maßgebend für die Bestimmung der Eigenkapitalverzinsung sind jedoch nicht der Jahresabschluss oder bilanzrechtliche Grundsätze, sondern allein die kalkulatorische Rechnung, die für die Eigenkapitalverzinsung nach den Vorgaben des § 7 GasNEV durchzuführen ist. Danach ist bei der Ermittlung der kalkulatorischen Restwerte einer Neuanlage der Jahresanfangsbestand im Anschaffungsjahr mit den vollen ansetzbaren Anschaffungs- und Herstellungskosten zu berücksichtigen. Dies ergibt eine Auslegung der Norm nach Systematik sowie Sinn und Zweck (so auch OLG Dresden, Beschluss vom 18.07.2014, Kart 8/13, Rn. 45 ff. bei juris; OLG Stuttgart, Beschluss vom 05.05.2014, 202 EnWG 6/13, S. 11 ff.; Theobald/Zenke/Lange in Schneider/Theobald, Recht der Energiewirtschaft, 4. Auflage, § 17 Rn. 124; a.A. OLG Schleswig, Beschluss vom 02.04.2015, 16 Kart 2/14, S. 8 ff. BA.; Beschluss vom 04.12.2014, 16 Kart 1/14, Rn. 37 ff. bei juris; OLG Thüringen, Beschluss vom 02.06.2015, 2 Kart 6/13 (2), S. 4 ff. BA).
721.2.1. Die Bundesnetzagentur kann sich für ihre gegenteilige Auffassung nicht auf den Wortlaut des § 7 Abs. 1 Satz 4 GasNEV stützen. § 7 Abs. 1 Satz 4 GasNEV gibt lediglich vor, dass jeweils der Mittelwert aus Jahresanfangs- und Jahresendbestand anzusetzen ist. Er enthält jedoch keine Definition des Begriffs „Jahresanfangsbestand“. Nach seinem Wortsinn beschreibt der Begriff zunächst nur die Anzahl/Wertigkeit einer (Mengen-)Einheit zum Stichtag 1. Januar eines Jahres. Die in § 252 Abs. 1 Nr. 1 HGB enthaltenen Begriffe „Wertansatz der Eröffnungsbilanz“ oder „Wertansatz der Schlussbilanz“ werden nicht verwendet. Der Schluss, der Begriff „Jahresanfangsbestand“ sei mit dem „Wertansatz in der Schlussbilanz“ bedeutungsgleich, ist auch nicht zwingend. So verwendet § 5 Abs. 2 Satz 2 ARegV ebenfalls den Begriff „Jahresanfangsbestand“. Da das Regulierungskonto jedoch eine rein kalkulatorische Größe darstellt, welche nicht auf tatsächlichen Geldflüssen beruht (Held in Holznagel/Schütz, ARegV, § 5 Rn. 55), stellt auch der Jahresanfangsbestand im Rahmen des § 5 ARegV eine rein kalkulatorische Größe dar, für die es keine Entsprechung in der Schlussbilanz gibt.
73Die Anwendbarkeit handelsrechtlicher Vorgaben bei der Ermittlung des Jahresanfangsbestands einer im Basisjahr aktivierten Neuanlage folgt auch nicht aus § 4 Abs. 2 Satz 1 GasNEV. Danach ist lediglich „ausgehend“ von den Gewinn- und Verlustrechnungen für die Gasversorgung des letzten abgeschlossenen Geschäftsjahres zur Bestimmung der Netzkosten eine kalkulatorische Rechnung zu erstellen. Damit wird nicht auf die Rechtsnormen des Handelsrechts verwiesen, vielmehr dient die Handelsbilanz lediglich als Datenquelle für die kalkulatorische Rechnung („ausgehend“). Aus ihr lassen sich nur die Kostenstruktur und Erlössituation des Netzbetreibers erkennen. Der Rückgriff auf bilanzielle Ansätze ist im Übrigen nur zulässig, wenn dies in der Verordnung ausdrücklich angeordnet wird, wie beispielsweise in § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 GasNEV (BGH, Beschluss vom 14.08.2008, KVR 39/07, Rn. 36 f. – Vattenfall; Beschluss vom 07.04.2009, EnVR 6/08, Rn. 18 - Verteilnetzbetreiber Rhein-Main-Neckar; Schütz/Schütte in Holznagel/Schütz, ARegV, § 4 StromNEV/GasNEV Rn. 25 f.; Bartsch/Meyer/Pohlmann in Säcker, BerlKommEnR, 2. Auflage, § 24 EnWG Anh. B, § 4 StromNEV, Rn. 9). Bei §§ 6, 7 GasNEV handelt es sich um ein eigenständiges Regelwerk, das die Eigenkapitalverzinsung losgelöst vom Handelsrecht normiert (BGH, Beschluss vom 14.08.2008, KVR 39/07, Rn. 36f. – Vattenfall; Beschluss vom 07.04.2009, EnVR 6/08, Rn. 18 - Verteilnetzbetreiber Rhein-Main-Neckar; vgl. auch BGH, Beschluss vom 18.02.2014, EnVR 67/12, Rn. 24; Schütz/Schütte in Holznagel/Schütz, ARegV, § 4 StromNEV/GasNEV Rn. 25 f.; Bartsch/Meyer/Pohlmann in Säcker, BerlKommEnR, 2. Auflage, § 24 EnWG Anh. B, § 4 StromNEV, Rn. 9). Demzufolge kann der Wert des Jahresanfangsbestands auch nur anhand dieses Regelwerks bestimmt werden (OLG Dresden, a.a.O., Rn. 49 bei juris).
741.2.2. Dass der Jahresanfangsbestand bei der Ermittlung des Mittelwerts der kalkulatorischen Restwerte von Neuanlagen, die im Basisjahr aktiviert wurden, mit den vollen Anschaffungs- und Herstellungskosten anzusetzen ist, ergibt sich aus der systematischen Auslegung des § 7 GasNEV (a.A. OLG Schleswig, Beschluss vom 02.04.2015, 16 Kart 2/14, S. 11 f. BA.; Beschluss vom 04.12.2014, 16 Kart 1/14, Rn. 46 f. bei juris; OLG Thüringen, Beschluss vom 02.06.2015, 2 Kart 6/13 (2), S. 5 BA).
751.2.2.1. Nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 GasNEV sind für das betriebsnotwendige Eigenkapital die kalkulatorischen Restwerte des Sachanlagevermögens der Neuanlagen zugrunde zu legen. Die kalkulatorischen Restwerte bestimmen sich nach den historischen Anschaffungs- und Herstellungskosten unter Berücksichtigung der kalkulatorischen Abschreibungen. Wie die kalkulatorischen Abschreibungen und damit die kalkulatorischen Restwerte ermittelt werden, ergibt sich allerdings nicht unmittelbar aus § 7 GasNEV, sondern ausschließlich aus § 6 GasNEV. Insoweit sind §§ 6 und 7 GasNEV systematisch miteinander verknüpft. Dies zeigt im Übrigen auch der Verweis in § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2 GasNEV auf § 6 Abs. 2 GasNEV. § 6 Abs. 5 Satz 3 GasNEV bestimmt, dass die kalkulatorischen Abschreibungen jahresbezogen zu ermitteln sind. Nach § 6 Abs. 5 Satz 4 GasNEV ist dabei jeweils ein Zugang des Anlagengutes zum 1. Januar des Anschaffungsjahres zugrunde zu legen. Diese beiden Sätze sind aufgrund des Beschlusses des Bundesrates vom 09.07.2010 zur Verordnung zur Neufassung und Änderung von Vorschriften auf dem Gebiet des Energiewirtschaftsrechts sowie des Bergrechts eingefügt worden, um damit die komplexere, auf unterjährige Zeiträume abstellende Ermittlung der kalkulatorischen Abschreibungen auszuschließen und so die Handhabbarkeit und Prüfbarkeit der Kostenrechnung zu erleichtern (BR-Drs. 312/10 (Beschluss) vom 09.07.2010, S. 11, 12). Diese Intention des Verordnungsgebers beansprucht aber nicht nur Geltung für die Ermittlung der Abschreibungen im Rahmen des § 6 GasNEV, sondern auch für die Berechnung der Verzinsungsbasis. Denn gilt die Zugangsfiktion im Rahmen des § 7 GasNEV nicht, kann im Zugangsjahr einer Investition wegen des inneren Zusammenhangs der Sätze 3 und 4 des § 6 Abs. 5 GasNEV auch nicht eine Jahresabschreibung, sondern nur der monatsscharfe Abschreibungsbetrag in Ansatz gebracht werden. Auch die Bundesnetzagentur legt im Zugangsjahr der Neuanlage entsprechend § 6 Abs. 5 Satz 3, Satz 4 GasNEV eine Jahresabschreibung zugrunde. Dies ist aber nur möglich, weil § 6 Abs. 5 Satz 4 GasNEV die Aktivierung einer Investition – abweichend von den handelsrechtlichen und etwaigen tatsächlichen Gegebenheiten – auf den Jahresbeginn fingiert. Damit ist dem Rückgriff auf die Handelsbilanz und insbesondere auf den Grundsatz der Bilanzidentität nach § 252 Abs. 1 Nr. 1 HGB jedoch der Boden entzogen.
76Dass in § 6 Abs. 5 Satz 4 GasNEV von „Zugang“, in § 7 Abs. 1 Satz 4 GasNEV hingegen von „Jahresanfangsbestand“ die Rede ist, steht dem Auslegungsergebnis nicht entgegen. Die Fiktion des Zugangs eines Anlagenguts zum Jahresbeginn hat denknotwendig zur Folge, dass der für § 7 Abs. 1 Satz 3 GasNEV maßgebliche Jahresanfangsbestand mit den vollen Anschaffungs- und Herstellungskosten in Ansatz zu bringen ist. Denn der Jahresanfangsbestand der kalkulatorischen Restwerte des Sachanlagevermögens wird jeweils durch Addition der Restwerte des Sachanlagevermögens zum Ende eines bestimmten Jahres und der Jahresabschreibung dieses bestimmten Jahres errechnet (Schütz/Schütte in Holznagel/Schütz, ARegV, § 7 StromNEV/GasNEV, Rn. 68). Der Restwert einer Neuanlage zum Ende des ersten Abschreibungsjahrs zuzüglich der Abschreibung im Anschaffungs- oder Herstellungsjahr führt rechnerisch jedoch zu einem Jahresanfangsbestand in Höhe des Anschaffungs- oder Herstellungspreises. Dass es sich dabei nicht um einen „Restwert“ im engeren Sinn, also um einen unter Berücksichtigung von Abschreibungen unterhalb des Anschaffungs- oder Herstellungspreises liegenden Wert handelt, ist logische Folge der Vorgaben in § 6 Abs. 5 Satz 3 und 4 GasNEV, die eine Abschreibung des vollen Jahresbetrages bereits im Anschaffungs- oder Herstellungsjahr verlangen. Eine Überdehnung des Wortlauts des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 GasNEV ist damit nicht verbunden. Dieser spricht zwar von „kalkulatorischen Restwerten“, nimmt gleichzeitig aber auch auf die Anschaffungs- und Herstellungskosten Bezug. Diese sind der Ausgangspunkt der Jahresabschreibung und definieren damit auch zwangsläufig den Jahresanfangsbestand im ersten Abschreibungsjahr. Dies korrespondiert mit § 6 Abs. 4 GasNEV, wonach die kalkulatorischen Abschreibungen der Neuanlagen ausgehend von den jeweiligen historischen Anschaffungs- und Herstellungskosten zu ermitteln sind.
77Da der Bezug von § 7 GasNEV auf § 6 GasNEV und damit auch auf § 6 Abs. 5 Satz 4 GasNEV schon durch die Berechnungsmodalitäten der in § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 GasNEV vorausgesetzten „kalkulatorischen Restwerte“ hergestellt wird, ist unerheblich, dass § 7 Abs. 1 Satz 4 GasNEV keine § 6 Abs. 5 Satz 4 GasNEV entsprechende Regelung oder Klarstellung enthält und auch nicht ausdrücklich auf die Vorschrift verweist. Vor diesem Hintergrund kann auch aus dem Fehlen eines Hinweises des Verordnungsgebers in der Verordnungsbegründung trotz der entsprechenden damaligen Regulierungspraxis der Bundesnetzagentur bei der Mittelwertbildung nichts hergeleitet werden. Hinzu kommt, dass § 6 Abs. 5 GasNEV a.F. auch nur eine monatsscharfe Abschreibung vorsah (BGH, Beschluss vom 07.04.2009, EnVR 6/08, Rn. 15 ff.; Beschluss vom 23.06.2009, EnVR 76/07, Rn. 17 ff.). Dies führte dazu, dass die Abschreibungen einer unterjährig aktivierten Investition kleiner als eine volle Jahresscheibe waren. Damit war auch noch im letzten Jahr der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer ein Restwert vorhanden, der erst unterjährig abgeschrieben wurde und damit als Jahresanfangsbestand noch verzinst werden konnte.
781.2.2.2. Aus der Systematik der Absätze 1 und 2 des § 7 GasNEV ergibt sich nichts Gegenteiliges, insbesondere erfordert der Zusammenhang zwischen § 7 Abs. 1 und Abs. 2 GasNEV nicht, den Grundsatz der Bilanzidentität im Rahmen der Mittelwertbildung anzuwenden.
79Ausweislich der Verordnungsbegründung ging es dem Verordnungsgeber mit der Einfügung der Mittelwertbildung im Rahmen des § 7 Abs. 1 GasNEV darum, bei der Berechnung der Verzinsung auf das beim Netzbetreiber im Durchschnitt des Jahres vorhandene Kapital abzustellen und so eine Vereinheitlichung bei der Ermittlung der Aktiva und Passiva zu gewährleisten (vgl. BR-Drs.417/07 (Beschluss) vom 21.09.2007). Eine Mittelwertbildung sah § 7 Abs. 2 Satz 2 GasNEV a.F. bis dahin lediglich für die Passiva vor, während die Bundesnetzagentur für die Aktiva auf bilanzielle Jahresendwerte abstellte. Aus der Vorgabe, für Aktiva und Passiva jeweils auf Mittelwerte abzustellen, lässt sich jedoch nicht ableiten, wie der Jahresanfangswert zu bestimmen ist. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der von der Bundesnetzagentur zitierten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Beschluss vom 23.06.2009, EnVR 76/07), wonach auch bei der Bestimmung des betriebsnotwendigen Eigenkapitals nach § 7 Abs. 1 GasNEV a.F. eine Mittelwertbildung vorzunehmen war. Soweit der Bundesgerichtshof dies damit begründete, dass die Ermittlung der Wertansätze nach Absatz 1 und Absatz 2 einheitlich erfolgen müsse, um eine angemessene Verzinsung i.S.d. § 21 Abs. 1 EnWG zu gewährleisten, beschränken sich seine Ausführungen auf das Erfordernis der gleichen zeitlichen Vorgaben für die Wertansätze nach Absatz 1 und 2. Aus der Entscheidung geht hingegen nicht hervor, wie der Jahresanfangs- oder Jahresendwert zu bestimmen ist.
801.2.3. Darüber hinaus sprechen auch der Sinn und Zweck des § 7 GasNEV für die Einbeziehung der vollen ansatzfähigen Anschaffungs- und Herstellungskosten einer Neuanlage im Anschaffungsjahr in den Jahresanfangsbestand. Die kalkulatorische Eigenkapitalverzinsung als die kalkulatorische Verzinsung des eingesetzten betriebsnotwendigen Eigenkapitals soll gemäß der gesetzlichen Vorgabe in § 21 Abs. 2 Satz 1 EnWG sicherstellen, dass der Netzbetreiber eine angemessene, wettbewerbsfähige und risikoangepasste Verzinsung des eingesetzten Kapitals erzielt (vgl. (BR-Drs. 245/05 vom 14.04.2005, S. 35; BGH, Beschluss vom 23.06.2009, EnVR 76/07, Rn. 21; Schütz/Schütte in Holznagel/Schütz, ARegV, § 7 StromNEV/GasNEV, Rn. 34; Säcker/Meinzenbach in Säcker, BerlKommEnR, 3. Aufl., § 21 EnWG, Rn. 96). Eine angemessene Verzinsung des für Neuanlagen aufgewendeten Kapitals wird jedoch nicht erreicht, wenn die Anlage im Jahr der Aktivierung mit einem Jahresanfangsbestand von Null in Ansatz gebracht wird. Denn auf diese Weise wird der rechnerische Mittelwert der Investition im Zugangsjahr, dem Basisjahr, halbiert. Dies hat eine Kürzung der Verzinsungsbasis und damit eine erhebliche Reduzierung der kalkulatorischen Eigenkapitalverzinsung zur Folge, die auch nicht mehr über die Nutzungs- und Abschreibungsdauer ausgeglichen wird.
81Dabei führt gerade der Umstand, dass die aus dem Basisjahr abgeleiteten Werte über die gesamte Regulierungsperiode fortgeführt werden, zu einer erheblichen Reduzierung der kalkulatorischen Eigenkapitalverzinsung. Denn die Kürzung der Verzinsungsbasis für Neuanlagen bleibt nicht nur, wie bei genehmigten Investitionsmaßnahmen nach § 23 ARegV, bei denen die Erlösobergrenzen jährlich angepasst werden, auf ein Jahr beschränkt, sondern wird auf die gesamte Regulierungsperiode prolongiert. Der Netzbetreiber erhält über die Halbierung des Mittelwertes nur einen Bruchteil der ihm eigentlich nach § 6 ARegV i.V.m. § 7 StromNEV über die gesamte Regulierungsperiode zustehenden kalkulatorischen Eigenkapitalverzinsung. Eine angemessene Verzinsung des eingesetzten Kapitals kann dadurch nicht erreicht werden.
821.2.4. Die vom Senat befürwortete Handhabung führt auch bei einer Gesamtbetrachtung der bilanziellen Vorgänge nicht zu unangemessenen Ergebnissen. § 7 GasNEV soll gewährleisten, dass das durchschnittlich gebundene Kapital angemessen verzinst wird. Diesem pauschalierenden Ansatz ist es immanent, dass die Wirklichkeit nicht immer 1:1 abgebildet wird. Dies kann dazu führen, dass die kalkulatorische Eigenkapitalverzinsung im Einzelfall höher oder niedriger liegen kann als es beim betroffenen Netzbetreiber unter Wettbewerbsbedingungen der Fall wäre. Um eine unangemessene Eigenkapitalverzinsung annehmen zu können, kommt es jedoch darauf an, ob der Netzbetreiber durch die vom Senat befürwortete Methode regelmäßig begünstigt würde (vgl. OLG Dresden, a.a.O., Rn. 54 bei juris). Davon kann nach dem Vortrag der Bundesnetzagentur und dem von ihr gebildeten Beispielsfall jedoch nicht ausgegangen werden. Im Einzelnen gilt folgendes:
831.2.4.1. Grundsätzlich geht die Bundesnetzagentur zutreffend davon aus, dass der Anschaffungsvorgang einer Neuanlage die Höhe des Eigenkapitals als Residualgröße aus Vermögen und Schulden nicht beeinflusst. Die Finanzierung der Neuanlage erfolgt entweder durch einen Aktivtausch oder durch zusätzlich Aufnahme von Fremdkapital. Diese rein bilanzielle Sichtweise lässt jedoch keine Rückschlüsse auf das Vorliegen einer Doppelverzinsung zu. Denn die Berechnung der Eigenkapitalverzinsung nach § 7 GasNEV erfolgt losgelöst von bilanziellen Grundsätzen nach rein kalkulatorischen Maßstäben (vgl. nur BGH, Beschluss vom 18.02.2014, EnVR 67/12, Rn. 24). Dabei wird jeweils das einzelne Anlagengut in den Blick genommen. Dies ergibt sich schon daraus, dass der kalkulatorische Restwert des Sachanlagevermögens nach § 7 Abs. 1 Nr. 3 GasNEV nur anlagenindividuell bestimmt werden kann. Die von der Bundesnetzagentur durch die Berücksichtigung der vollen Anschaffungs-/Herstellungskosten behauptete Doppelverzinsung setzt daher voraus, dass der Wert der konkreten Neuanlage sowohl in dem Jahresanfangsbestand des Restwerts der Sachanlage (voller Wert) als auch in einer weiteren Bilanzposition enthalten ist und diese ebenfalls in die Verzinsungsbasis der kalkulatorischen Eigenkapitalverzinsung eingeht. Die Bundesnetzagentur hat dazu in der Beschwerdeerwiderung einen Beispielsfall gebildet, bei dem eine Anlage unter Fälligwerden von Abschlagszahlungen in drei Abschnitten errichtet und aus dem Umlaufvermögen sowie durch Aufnahme von Fremdkapital finanziert werden soll. Dieser Beispielsfall vermag eine regelmäßige Doppelverzinsung jedoch nicht zu belegen.
841.2.4.2. Die vorherige Aktivierung von „geleisteten Anzahlungen und Anlagen im Bau“ sowie die Finanzierung aus Umlaufvermögen führen weder zu einer Veränderung der Höhe des Eigenkapitals noch zu einer Doppelverzinsung. Die gegenteilige Darstellung der Bundesnetzagentur beruht auf einer rein bilanziellen Sichtweise. Maßgebend ist aber eine kalkulatorische Betrachtungsweise. Denn entgegen ihrer Behauptung verzinst sie gerade nicht unabhängig von der Fallkonstellation immer denselben Eigenkapitalbetrag – in ihrem Beispiel 200 Geldeinheiten. Vielmehr findet eine Verzinsung des Umlaufvermögens in Höhe der Finanzierungsbeträge nicht statt. Es kommt ausgehend von ihrem Beispiel mithin bereits unter diesem Aspekt zu einer Verringerung des zu verzinsenden Eigenkapitalbetrags (im Beispiel um 100 Geldeinheiten des UV). Eine weitere Reduzierung ergibt sich aus dem Ansatz eines Jahresanfangsbestands der Neuanlage von Null. Demgegenüber kommt es bei einem Ansatz der vollen Anschaffungs- und Herstellungskosten im Jahresanfangsbestand nicht zu einer Erhöhung des Eigenkapitals, da „geleistete Anzahlungen und Anlagen im Bau“ bereits auf diesen Wert anzurechnen sind und das mit der Finanzierung der Neuanlage im Zusammenhang stehende Umlaufvermögen mangels Betriebsnotwendigkeit ebenfalls nicht in Ansatz gebracht wird.
85Wie bereits ausgeführt, kann für die Berechnung der kalkulatorischen Eigenkapitalverzinsung nach § 7 Abs. 1 GasNEV gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 GasNEV nur das betriebsnotwendige Umlaufvermögen berücksichtigt werden. Die bilanziell in Ansatz gebrachten Werte für das Umlaufvermögen sind daher gegebenenfalls nach dem Maßstab der Betriebsnotwendigkeit zu korrigieren. Die Umstände, aus denen sich die Betriebsnotwendigkeit ergibt, hat der Netzbetreiber im Rahmen seiner Mitwirkungspflichten darzulegen und zu beweisen. Soweit die Bundesnetzagentur 1/12 des Jahresumsatzes (anerkannten Netzkosten) per se als betriebsnotwendig ansieht, bedeutet das für den Netzbetreiber lediglich, dass seine Nachweispflicht bis zu dieser Grenze erleichtert ist (BGH, Beschluss vom 05.10.2010, EnVR 49/09, Rn. 16, 18; Beschluss vom 03.03.2009, EnVR 79/07, Rn. 8 ff. - SWU-Netze).
86Bei der Betroffenen hat die Bundesnetzagentur deren Investitionstätigkeit – im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. BGH, Beschluss vom 03.03.2009, EnVR 79/07, Rn. 26 f. - SWU-Netze) - nicht als Anlass für einen betriebsnotwendigen höheren Bestand des Umlaufvermögens angesehen (vgl. S. 26 Anlage I-NB1 des angefochtenen Beschlusses). Damit steht fest, dass in dem anerkannten Umlaufvermögen die Werte für die im Basisjahr aktivierten Neuanlagen nicht enthalten sind, so dass schon deswegen eine Doppelfinanzierung ausscheidet.
87Dies gilt nicht nur mit Blick auf das konkrete Umlaufvermögen der Betroffenen, sondern generell. Die Bundesnetzagentur geht ausweislich der Beschlussbegründung davon aus, dass das Umlaufvermögen keine Sparbuchfunktion hat. Auch der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass langfristige und erhebliche Investitionen bei einem im Wettbewerb stehenden Unternehmen nicht aus dem Umlaufvermögen finanziert werden und dementsprechend auch nicht als betriebsnotwendig anerkannt werden können. Eigenkapital im Hinblick auf zukünftige Investitionen bildet ein im Wettbewerb stehendes Unternehmen über das Anlagevermögen, indem es Finanzanlagen bildet, die eine Verzinsung des eingesetzten Kapitals ermöglichen. Dies gilt im besonderen Maße für Finanzmittel, die erst in der folgenden Kalkulationsperiode benötigt werden. Bei entsprechend langfristigen Investitionen wird ein im Wettbewerb stehendes Unternehmen eine möglichst lukrative Verzinsung des Eigenkapitals anstreben. Die Zinsen wären dann nach § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 GasNEV kostenmindernd gegenzurechnen. Der Netzeigentümer kann nicht, um sich eine Anrechnung von Zinsen zu ersparen, Umlaufvermögen ansammeln und dafür eine Eigenkapitalverzinsung geltend machen (BGH, Beschluss vom 03.03.2009, EnVR 79/09 Rn. 27- SWU-Netze).
88Eine Doppelverzinsung scheidet auch im Hinblick auf eine etwaige vorherige Aktivierung von „geleisteten Anzahlungen und Anlagen im Bau“ aus. Denn insoweit wird – notfalls durch eine von der Bundesnetzagentur vorgenommenen Korrektur - für die im Basisjahr fertig gestellte Neuanlage nicht der volle Anschaffungs- und Herstellungswert einer Neuanlage beim Jahresanfangsbestand in Ansatz gebracht, sondern nur der um die Position „geleistete Anzahlungen und Anlagen im Bau“ reduzierte Wert oder – entsprechend der Vorgehensweise der Beschlusskammer 4 der Bundesnetzagentur bei Investitionsmaßnahmen (vgl. Senat, Beschluss vom 11.09.2013, VI-3 Kart 198/12 (V), S. 9 BA) – die Position „Anlagen im Bau“ mit einem Jahresanfangsbestand von Null und die Sachanlage mit einem Jahresanfangsbestand in Höhe des vollen Anschaffungswertes.
89Unzutreffend setzt die Bundesnetzagentur in ihrem Beispielsfall zusätzlich den Rückfluss aus der verdienten Abschreibung (30 Einheiten) an. Die Mittelzuflüsse aus den Abschreibungen auf die Zugänge des Basisjahres entstehen jedoch nicht im Basisjahr selbst, sondern erst mit der Festsetzung der Erlösobergrenze und der darauf basierenden Netzentgeltbildung ab dem Jahr 2013. Mittelzuflüsse aus dem Anlagenbestand vor 2010 sind für die Finanzierung der Neuanlagen ebenfalls irrelevant, denn bei einer Mittelverwendung für die Neuinvestition hätte der Jahresendbestand insoweit mit Null in Ansatz gebracht werden müssen. Eine Doppelverzinsung kann damit ebenfalls nicht verbunden sein. Dies gilt auch, soweit die Bundesnetzagentur darauf hinweist, dass der Aktivtausch nicht mit dem Umlaufvermögen erfolge, sondern mit den im Jahresanfangsbestand enthaltenen Restwerten des Anlagenbestands vor 2010. Richtig ist zwar, dass der Jahresanfangsbestand der Altanlagen wertmäßig die Jahresabschreibungen des laufenden Jahres enthält. Insoweit ist jedoch zwischen Abschreibungen und Einnahmen, bilanzieller und kalkulatorischer „Welt“ zu unterscheiden. Einnahmen aus Abschreibungen von Altanlagen über die Netzentgelte können sich im Jahresanfangsbestand des Basisjahres nur im Umlaufvermögen befinden. Soweit die wiederverdienten Abschreibungen zur Finanzierung der Neuanlagen verwendet werden, werden sie von der Bundesnetzagentur im Rahmen des Umlaufvermögens jedoch nicht anerkannt. Der Jahresanfangsbestand der Altanlagen gibt ausschließlich den Wert des Altbestands wieder, der zu Jahresbeginn naturgemäß um den Jahresabschreibungsbetrag höher liegt als am Jahresende. Dem Netzbetreiber steht für diese Altanlagen eine Verzinsung der Restwerte nach den Vorgaben des § 7 GasNEV zu. Mit dem Jahresanfangswert der Neuanlage hat dies nichts zu tun.
90Angesichts dessen kommt es auch nicht darauf an, dass der Betroffenen erhebliche Rückflüsse aus Abschreibungen zur Verfügung stehen. Dass der Netzbetreiber grundsätzlich in der Lage ist, Investitionen aus den verdienten Abschreibungen zu tätigen, rechtfertigt keine Kürzung der Verzinsungsbasis. Diese bestimmt sich ausschließlich nach § 7 GasNEV. Letztlich zielt das Vorgehen der Bundesnetzagentur darauf ab, für den Netzbetreiber einen Anreiz zu schaffen, die Einkünfte, die er durch Abschreibungen verdient hat, wieder umgehend zu reinvestieren. Weder aus § 6 GasNEV noch aus § 7 GasNEV ergibt sich jedoch eine Verpflichtung des Netzbetreibers, das mit den Abschreibungen verdiente Kapital zu einem bestimmten Zeitpunkt wieder zu investieren.
911.2.4.3. Schließlich vermag auch eine Finanzierung der Neuanlage durch eine im Laufe des Basisjahres stattfindende Fremdkapitalaufnahme eine regelmäßige Überverzinsung nicht zu belegen.
92Nach § 7 Abs. 1 Satz 2 GasNEV ist von der Summe der in Ziffern 1 bis 4 aufgeführten, das betriebsnotwendige Eigenkapital bildenden Positionen u.a. das verzinsliche Fremdkapital abzuziehen. Eine teilweise Überverzinsung kann sich zwar dadurch ergeben, dass der Mittelwert der Fremdfinanzierung aus dem Jahresanfangsbestand von Null und dem entsprechenden Endbestand gebildet wird, während die Neuanlage einen Jahresanfangsbestand in Höhe der vollen Anschaffungskosten aufweist. Da es sich bei der vollständigen Fremdfinanzierung um einen in der Praxis kaum vorkommenden Ausnahmefall handelt, kann jedoch nicht von einer regelmäßigen Überverzinsung ausgegangen werden. Aber auch mit Blick auf eine teilweise Fremdfinanzierung ist eine generelle Kürzung der Verzinsungsbasis, die noch dazu über fünf Jahre perpetuiert wird, nicht gerechtfertigt. Die Kürzung hat nämlich zur Folge, dass die Betroffene fünf Jahre lang eine erheblich reduzierte Verzinsung erhält. Darüber hinaus wäre eine etwaige Überverzinsung auch Folge der mit § 7 GasNEV vorgegebenen unscharfen Berechnungsmethode, die die wirtschaftliche Entwicklung des Netzbetreibers unter Wettbewerbsbedingungen rechnerisch simulieren soll (vgl. OLG Dresden, a.a.O., Rn. 54 bei juris).
93VI. Der Umstand, dass die Bundesnetzagentur den angefochtenen Beschluss nach Schluss der mündlichen Verhandlung wegen eines Rechenfehlers beim Effizienzvergleich aufgehoben hat, steht der Entscheidung nicht entgegen. Maßgebender Zeitpunkt für die Beurteilung, ob sich ein Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt hat, ist der Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (BVerwG, Urteil vom 03.11.1998, 9 C 51-97 (Münster), NVwZ-RR 1999, 277). Aus diesem Grund scheidet auch eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung aus.
94C.
95Die Kostenentscheidung beruht auf § 90 S. 1 EnWG.
96I. Zwar hat die Beschwerde teilweise Erfolg und führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und Neufestsetzung der Erlösobergrenzen. Dabei ist aber eine Anerkennung höherer Pachtkosten nicht in dem mit der Beschwerde begehrten Umfang vorzunehmen. Besonderheiten des Geschäftsjahres und die Kongruenz des sachlichen Maßstabes bei der Behandlung von Mehr-/Mindermengen im Umlaufvermögen bzw. im Abzugskapital werden zu berücksichtigen sein. Auch ist die Ermittlung des Ausgangsniveaus nach § 6 Abs. 1 ARegV ist im Rahmen der Berechnung der kalkulatorischen Eigenkapitalverzinsung bei Neuanlagen, die erstmals im Basisjahr aktiviert wurden, der Jahresanfangsbestand der kalkulatorischen Restwerte gemäß § 7 Abs. 1 Satz 4 zu korrigieren. Angesichts dieses Verfahrensausgangs ist ein überwiegendes Obsiegen einer Beteiligten nicht feststellbar, so dass eine hälftige Kostenteilung der Billigkeit entspricht.
97II. Die Festsetzung des Gegenstandswerts für das Beschwerdeverfahren beruht auf
98§ 50 Abs. 1 Nr. 2 GKG, § 3 ZPO. Das mit der Beschwerde verbundene Interesse der Betroffenen beträgt ausweislich ihrer von der Bundesnetzagentur nicht in Abrede gestellten Angaben … EUR.
99D.
100Der Senat hat die Rechtsbeschwerde an den Bundesgerichtshof gegen diese Entscheidung zugelassen, weil die streitgegenständlichen Fragen grundsätzliche Bedeutung i.S.d. § 86 Abs. 2 Nr. 1 EnWG haben und die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs entsprechend § 86 Abs. 2 Nr. 2 EnWG erfordert.
101Rechtsmittelbelehrung:
102Die Rechtsbeschwerde kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf
103einer Verletzung des Rechts beruht (§§ 546, 547 ZPO). Sie ist binnen einer Frist von einem Monat schriftlich bei dem Oberlandesgericht Düsseldorf, Cecilienallee 3, 40474 Düsseldorf, einzulegen. Die Frist beginnt mit der Zustellung dieser Beschwerdeentscheidung. Die Rechtsbeschwerde ist durch einen bei dem Beschwerdegericht oder Rechtsbeschwerdegericht (Bundesgerichtshof) einzureichenden Schriftsatz binnen eines Monats zu begründen. Die Frist beginnt mit der Einlegung der Beschwerde und kann auf Antrag von dem oder der Vorsitzenden des Rechtsbeschwerdegerichts verlängert werden. Die Begründung der Rechtsbeschwerde muss die Erklärung enthalten, inwieweit die Entscheidung angefochten und ihre Abänderung oder Aufhebung beantragt wird. Rechtsbeschwerdeschrift und -begründung müssen durch einen bei einem deutschen Gericht zugelassenen Rechtsanwalt unterzeichnet sein. Für die Regulierungsbehörde besteht kein Anwaltszwang; sie kann sich im Rechtsbeschwerdeverfahren durch ein Mitglied der Behörde vertreten lassen (§§ 88 Abs. 4 Satz 2, 80 Satz 2 EnWG).
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