Beschluss vom Oberlandesgericht Hamm - 11 UF 127/13
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers vom 31.3.2011 gegen den Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Hamm vom 24.2.2011 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden dem Antragsteller auferlegt.
Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 3.000 € festgesetzt.
1
Gründe:
2I.
3Der Antragsteller begehrt die Anerkennung einer in der Ukraine ergangenen Adoptionsentscheidung.
4Er ist seit dem 28.1.2005 mit der Mutter der am ####1993 geborenen X verheiratet. Die Eheschließung erfolgte bereits kurz nach dem Kennenlernen Anfang Januar 2005 in der Ukraine. Der Antragsteller kehrte wenige Tage nach der Hochzeit nach Deutschland zurück. Seine Ehefrau folgte ihm etwa ein halbes Jahr später nach. Aus der Ehe sind keine gemeinsamen Kinder hervorgegangen.
5Das damals noch minderjährige Kind X blieb nach der Eheschließung des Antragstellers mit der Kindesmutter und deren Umzug nach Deutschland bei ihrem im Jahr 1952 geborenen Großvater (mütterlicherseits) in der Ukraine. Es stammt aus der am 4. 3.1997 rechtskräftig geschiedenen Ehe seiner Mutter mit Herrn H. Versuche des Antragstellers und seiner Ehefrau, ein Ausreisevisum für das Kind zu erhalten, schlugen fehl.
6In der ukrainischen Adoptionsentscheidung vom 26.5.2009 wird ausgeführt, dass das Kind in der Stadt Y im Hause ihres Großvaters zusammen mit ihrer Mutter und dem Antragsteller als Familie zusammenlebe. Die leiblichen Eltern des Kindes hätten in die Adoption eingewilligt. Es wird weiter ausgeführt, dass der Antragsteller, der bei der Adoptionsverhandlung nicht anwesend gewesen sei, die Pflichten eines Vaters gegenüber dem Kind in vollem Umfange erfülle und materiell ausreichend versorgt sei, um den Kindesunterhalt sicherzustellen. Darüber hinaus erlaube sein Gesundheitszustand die Adoption seiner Stieftochter. Er werde an seinem Wohnsitz positiv charakterisiert. Das ukrainische Gericht komme nach Durchsicht der vorgelegten Unterlagen und nach persönlicher Anhörung der Kindesmutter zu dem Ergebnis, dass der Antragsteller alle notwendigen Bedingungen zur Entwicklung und Erziehung des Kindes sicherstelle und dem Adoptionsantrag somit stattzugeben sei.
7In dieser Adoptionsentscheidung findet sich kein Hinweis darauf, dass der Antragsteller und die Kindesmutter in Deutschland leben und dort auch der Lebensmittelpunkt des Kindes nach der Adoption sein solle. In der Adoptionsentscheidung sind ausschließlich ukrainische Wohnanschriften der Beteiligten genannt und beschrieben. Der monatliche Verdienst des Antragstellers wird in ukrainischer Währung angegeben. Es wurde im Rahmen jenes Adoptionsverfahrens keine deutsche Fachstelle über die Elterneignung des Antragstellers befragt. Das ukrainische Gericht hat die Adoption als reine Inlandsadoption behandelt.
8Der Antragsteller hat die Anerkennung der Adoption in Deutschland durch das sachlich und örtlich zuständige Amtsgericht Hamm beantragt. Das Amtsgericht hat den Antragsteller und die Kindesmutter am 29.12.2010 angehört und eine Stellungnahme des C eingeholt.
9Das Amtsgericht hat die Anerkennung abgelehnt und zur Begründung ausgeführt, die ukrainische Adoption sei nicht anerkennungsfähig. Die Anerkennung scheitere daran, dass das ukrainische Gericht von dem Antragsteller hinsichtlich der Voraussetzungen für eine Adoption nach den ukrainischen Adoptionsbestimmungen – bewusst oder unbewusst – getäuscht worden sei. Aus dem Beschluss ergebe sich, dass das Gericht offensichtlich davon ausgegangen sei, dass der Antragsteller in der Ukraine lebe. Es finde sich kein Hinweis darauf, dass der Antragsteller und seine Ehefrau in Deutschland lebten und dass das Kind mit nach Deutschland genommen werden solle. Durch dieses falsche Vorbringen gegenüber dem ukrainischen Gericht sei dort der Eindruck erweckt worden, dass es sich um eine rein inländische – sprich ukrainische – Adoption handele. Soweit der Antragsteller in seiner mündlichen Anhörung erklärt habe, er sei sehr wohl bei Gericht gewesen und habe auch mit dem Richter gesprochen, welcher auch über seine Lebensumstände in Deutschland informiert gewesen sei, stehe diese Erklärung im Widerspruch zu den Entscheidungsgründen der ukrainischen Adoptionsentscheidung. Ob das ukrainische Gericht die Adoption auch ausgesprochen hätte, wenn es davon Kenntnis gehabt hätte, dass das Kind aus seinem Umfeld gelöst und mit nach Deutschland genommen werden sollte, erscheine fraglich. Die getroffenen Feststellungen des Gerichts über die persönlichen Verhältnisse des Antragstellers bezögen sich ausschließlich auf die Lebensumstände, die das Gericht für den Antragsteller in der Ukraine erkannt habe und hätten demzufolge nichts mit den tatsächlichen Lebensumständen in Deutschland zu tun. Daran ändere sich auch nichts durch den Umstand, dass die Mutter des Kindes mit dem Antragsteller verheiratet sei und in Deutschland wohne, so dass das Kind dann zu seiner Mutter komme. Denn dieser Umstand allein rechtfertige nicht per se auch die Elterneignung des Antragstellers. Eine auf solche Art zustande gekommene, also auf falschen Voraussetzungen beruhende ausländische Adoption für den deutschen Rechtsbereich anzuerkennen, hieße, einen Rechtszustand in Deutschland herzustellen, der nicht auf einer tragfähigen Grundlage einer ausländischen Entscheidung beruhe.
10Gegen diese Entscheidung wendet sich der Antragsteller mit seiner form- und fristgerecht eingelegten Beschwerde. Er führt aus, der Beschluss des Familiengerichts Hamm vom 24.02.2011 sei rechtsfehlerhaft. Das Gericht sei fehlerhaft davon ausgegangen, dass ein Anerkennungshindernis gem. § 109 Abs. 1 Nr. 4 FamFG gegeben sei.
11Nach dieser Vorschrift sei die Anerkennung einer ausländischen Entscheidung nur ausgeschlossen, wenn diese zu einem Ergebnis führe, das mit wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts offensichtlich unvereinbar sei, insbesondere wenn die Anerkennung mit den Grundrechten unvereinbar sei. Daraus sei erkennbar, dass nicht jeder Fehler dazu führen müsse, dass die Adoptionsentscheidung nicht anerkannt werde. Aus dem Beschluss des Amtsgerichts gehe nicht hervor, aus welchem Grund das Ergebnis des Adoptionsverfahrens in der Ukraine mit wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts offensichtlich unvereinbar sein solle. Das Gericht beschränke sich darauf festzustellen, dass sich Widersprüchlichkeiten in der Adoptionsentscheidung fänden. Derartige Widersprüchlichkeiten seien zwar gegeben, änderten aber nichts daran, dass die Voraussetzungen für eine Anerkennung der Entscheidung vorlägen. Das Gericht spekuliere lediglich, dass die Fehlerhaftigkeit der ukrainischen Urteilsbegründung nur dadurch erklärbar sei, dass der Antragsteller das Gericht offensichtlich getäuscht habe. Auch wenn sich aus der ukrainischen Entscheidung kein Hinweis darauf ergebe, dass der Antragsteller mit seiner Ehefrau und dem Kind in Deutschland leben wollte, so habe der Antragsteller dies sehr wohl dem ukrainischen Gericht mitgeteilt. Dies ergebe sich bereits daraus, dass er dem ukrainischen Gericht Gehaltsabrechnungen vorlegen musste, die dann in ukrainische Währung umgerechnet worden seien. Aus den Gehaltsabrechnungen sei hervorgegangen, dass er eine Arbeitsstelle in Deutschland habe mit der Folge, dass er seinen Wohnsitz nicht in der Ukraine haben konnte. Er habe auch - entgegen der Protokollierung durch das ukrainische Gericht - an der Verhandlung teilgenommen. Dies ergebe sich auch aus den Feststellungen der ukrainischen Entscheidung selbst. Es sei nämlich der Entscheidung zu entnehmen, dass der Annehmende über den Gesundheitszustand des Kindes, das er adoptieren will, informiert worden sei. Desweiteren seien ihm die Bedingungen der Adoption erklärt worden. Derartige Aufklärungen könnten nur erfolgen, wenn er, der Antragsteller, tatsächlich persönlich anwesend gewesen sei. Zutreffend sei, dass er auf Frage des ukrainischen Gerichts geantwortet habe, dass er einen Wohnsitz in der Ukraine habe, jedoch auch darauf hingewiesen habe, dass er diesen nur für die Dauer des Verfahrens nehme. Dies sei von Seiten des ukrainischen Gerichts nicht entsprechend gewürdigt worden. Das Amtsgericht Hamm habe letztlich offengelassen, wie das Verfahren in der Ukraine ausgegangen wäre, wenn der geplante Wohnortwechsel angegeben worden wäre. Es stelle somit gerade nicht fest, dass die ukrainische Entscheidung – und damit ihre Anerkennung in der Bundesrepublik - zu einem Ergebnis führe, das mit wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts offensichtlich unvereinbar sei. Das Gericht halte es vielmehr nur für möglich, dass das Verfahren nach ukrainischem Recht anders ausgegangen wäre, wenn die oben geschilderten Ungereimtheiten, die tatsächlich nicht bestanden hätten, aufgelöst worden wären. Es sei daher festzustellen, dass eine Anerkennung der Entscheidung keine Unvereinbarkeit mit wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechtes bringen würde.
12Der Antragsteller beantragt,
13den Beschluss des Amtsgerichts- Familiengericht- Hamm vom 24.02.2011 abzuändern und die durch das Ywskyj Bezirksgericht des Y2-Gebietes in der Stadt Y/Ukraine am 26.05.2009 ausgesprochene Adoption des Kindes für den deutschen Rechtskreis anzuerkennen und die rechtlichen Wirkungen der Adoption festzustellen.
14Das C verteidigt die angefochtene Entscheidung und führt zur Beschwerde des Antragstellers u.a. aus:
15Die Beschwerde sei nach § 58 FamFG statthaft und zulässig. Allerdings sei das betroffene Kind - entgegen § 7 FamFG – bislang nicht am Verfahren beteiligt worden. In der Sache sei die Entscheidung des Amtsgerichts nicht zu beanstanden. Wie bereits in der erstinstanzlichen Stellungnahme vom 8. November 2010 ausgeführt, sei unstreitig, dass die leibliche Mutter und Ehefrau des Antragstellers die Zustimmung des leiblichen Vaters mit einer Zahlung von 2.000 US-Dollar erkauft habe. Der Beschwerdeführer habe dem ukrainischen Gericht vorenthalten, dass er bereits in dritter Ehe verheiratet sei und zwei Kinder aus vorangegangenen Ehen habe. Auch dies sei unstreitig. Nach den ausdrücklichen Feststellungen des ukrainischen Gerichts sei der Antragsteller bei der Gerichtsverhandlung nicht anwesend gewesen. Die Anwesenheit der damals 15jährigen Tochter der Ehefrau sei ebenfalls nicht erwähnt. Aus der Entscheidung ergebe sich nicht, dass sie zu der Adoption gehört worden sei. Hier habe der Beschwerdeführer zwar entgegenstehende eidesstattliche Versicherungen vorgelegt. Die Formulierungen in der Entscheidung seien jedoch so eindeutig, dass sie nach Auffassung des C in der Vermutung ihrer Richtigkeit nicht erschüttert werden könnten. Das ukrainische Gericht habe danach das Adoptionsverfahren offensichtlich als Inlandsadoption angesehen.
16Dem Beschwerdeführer sei darin zuzustimmen, dass ausländische Gerichtsentscheidungen grundsätzlich in Deutschland anzuerkennen seien, wenn nicht eines der Anerkennungshindernisse des § 109 FGG gegeben seien. Auch sei ihm darin zuzustimmen, dass § 109 FGG als Ausnahmevorschrift eng auszulegen sei und nur dann zur Ablehnung der Anerkennung führe, wenn die Fehlerhaftigkeit des ausländischen Verfahrens im Inland zu einem nicht hinnehmbaren Ergebnis führe. Fest stehe aber auch, dass die Ausrichtung am Kindeswohl oberster Grundsatz der Adoption sei. Im Bereich der Auslandsadoption regele u. a. die Kinderrechtskonvention der Vereinten Nationen, dass dem Kindeswohl die höchste Bedeutung zuzumessen sei.
17Es sei selbstverständlich, dass eine an der Bedeutung des Grundrechtseingriffs ausgerichtete und dem Rechnung tragende Prüfung der Adoptionsvoraussetzungen verlangt werden müsse. Diesem Prüfungsbedürfnis könne aber nicht Rechnung getragen werden, wenn der Entscheidungsträger von einem Sachverhalt ausgehe, der wesentliche Prüfungsschritte ausblende. Zum Einen wären die Prüfung der Elterneignung am Lebensmittelpunkt des Annehmenden erforderlich gewesen, um dem Gericht ein Bild von den künftigen Lebensumständen zu vermitteln, die das Kind erwarte. Zum Anderen verlange auch und insbesondere das Alter der Angenommenen eine tiefe Befassung mit dem Entstandensein bzw. der Erwartbarkeit eines Eltern-Kind-Verhältnisses. Eine Befassung des Gerichts in der Ukraine mit den notwendigen Gesichtspunkten sei nicht erkennbar, was nach den sonstigen aufgeführten Erwägungen offensichtlich damit zusammenhänge, dass das Gericht davon ausgegangen sei, dass der Beschwerdeführer mit seiner Familie in der Ukraine wohne und sich nicht nur vorübergehend dort aufhalte und dass nach Ausspruch der Adoption die Familie nicht ihren dauerhaften Wohnsitz in Deutschland zu nehmen beabsichtige.
18Das Amtsgericht hat am 14.11.2012 die persönliche Anhörung des angenommenen Kindes nachgeholt. Es hat der Beschwerde aber nicht abgeholfen, weil sich auch daraus keine Gesichtspunkte ergeben hätten, die die Anerkennung der Auslandsadoption rechtfertigen könnten (Beschluss vom 17./27.5.2013).
19II.
20Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde des Antragstellers ist unbegründet. Das Amtsgericht hat der in der Ukraine ausgesprochenen Adoption zu Recht die Anerkennung gem. § 109 Abs.1 FamFG versagt. Zur Vermeidung von Wirderholungen wird deshalb zunächst auf die zutreffende Begründung der Beschlüsse vom 24.2.2011 und vom 17./27.5.2013 sowie auf die Stellungnahmen der Bundeszentralstelle für Auslandsadoptionen vom 8.11.2010, 18.8.2011, 6.2.2013 und 26.6.2013 Bezug genommen.
21Nach § 109 Abs. 1 Nr. 4 FamFG ist eine Anerkennung ausgeschlossen, wenn sie zu einem Ergebnis führen würde, das mit wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts (ordre public) offensichtlich unvereinbar ist.
221.
23Für die Anerkennungsfähigkeit einer ausländischen Adoptionsentscheidung ist zwingend erforderlich, dass diese sich mit der Frage auseinandergesetzt hat, ob die konkrete Adoption dem Kindeswohl entspricht, ob also ein Adoptionsbedürfnis vorliegt, die Elterneignung der Annehmenden gegeben und eine Eltern-Kind-Beziehung bereits entstanden bzw. ihre Entstehung zu erwarten ist. Von einer verkürzten und unzureichenden Kindeswohlprüfung ist hingegen immer dann auszugehen, wenn sich in der anzuerkennenden Adoptionsentscheidung keine Hinweise darauf befinden, dass sich die mit der Entscheidung befassten ausländischen Gerichte und Behörden des internationalen Charakters der Adoption überhaupt bewusst gewesen sind. Schließlich scheidet die Anerkennung einer ausländischen Adoptionsentscheidung auf jeden Fall aus, wenn im ausländischen Adoptionsverfahren eine zureichende Kindeswohlprüfung ersichtlich überhaupt nicht erfolgt ist, weil diese nach ausländischem Recht bei der Entscheidung über die Adoption gar nicht vorgesehen war oder eine nach ausländischem Recht vorgesehene Prüfung von den Beteiligten umgangen worden ist. Dies gilt insbesondere dann, wenn sich in der anzuerkennenden Adoptionsentscheidung schon keine Hinweise darauf befinden, dass sich die mit der Entscheidung befassten ausländischen Gerichte oder Behörden des internationalen Charakters der Adoption überhaupt bewusst gewesen sind (OLG Celle, Beschluss vom 13.05.2013 - 17 UF 227/12 -, juris m.w.N.).
242.
25So verhält es sich hier. Aus der Adoptionsentscheidung des ukrainischen Gerichts ergibt sich nicht, dass dieses einen Auslandsbezug überhaupt in Erwägung gezogen hat. Mit der Frage, ob ein Verlassen des bisherigen Lebensmittelpunkts im Haushalt des Großvaters in der Ukraine zugunsten eines Aufenthalts bei der Mutter und dem Annehmenden in Deutschland kindeswohlförderlich ist, setzt es sich nicht auseinander.
26a)
27So wurden zur Eignung des Annehmenden und den Lebensverhältnissen der Familie nur das Kinderamt und das Standesamt des Y2 Gebiets (schriftlich) angehört. Das ist ein deutlicher Hinweis darauf, dass das ukrainische Gericht davon ausging, dass der Annehmende und seine Ehefrau dauerhaft in der Ukraine leben und auch mit dem Kind dort bleiben würden. Jedenfalls ist festzustellen, dass die Absicht des Antragstellers, mit dem Kind künftig in Deutschland zu leben, ausweislich der Beschlussgründe nicht in das Verfahren vor dem ukrainischen Adoptionsgericht eingeführt worden ist, weshalb dieser Umstand auch nicht in die dortige Kindeswohlprüfung einbezogen werden konnte, und weitere Ermittlungen, auch zum Lebensumfeld des Antragstellers und seiner Ehefrau in Deutschland, nicht veranlasst waren und nicht vorgenommen wurden. Dazu hätte auch gehört, dass die Belange der beiden leiblichen Kinder des Antragstellers aus früheren Ehen gewürdigt werden. Damit genügt die der Entscheidung vorangegangene Kindeswohlprüfung insgesamt den Mindestanforderungen nicht (vgl. hierzu auch OLG Köln, Beschluss vom 17.10.2012 - 4 UF 171/12 -, juris m.w.N.).
28b)
29Es kommt für die Anerkennungsfähigkeit der Adoption in Deutschland nicht darauf an, warum das ukrainische Gericht sich in seinem Beschluss nicht mit dem geplanten Umzug des Kindes nach Deutschland befasst hat (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 12. Oktober 2011 – 17 UF 98/11 –, FamRZ 2012, 1226). Schon deshalb ist der Einwand des Antragstellers, im Rahmen der Anhörung vor dem ukrainischen Gericht seien seine Lebensverhältnisse in Deutschland erörtert worden, unbeachtlich. Selbst wenn das aber der Fall gewesen wäre, kann sich der von dem ukrainischen Gericht festgestellte Sachverhalt dann nur aus dem Annahmeantrag ergeben haben, der falsche Angaben enthalten haben muss. Denn in dem Annahmebeschluss wird das soziale Umfeld des angenommenen Kindes in der Ukraine so ausführlich und detailreich beschrieben, dass das Gericht diese Angaben nicht lediglich aus der von den Beteiligten angegebenen Wohnanschrift in der Ukraine geschlossen haben kann.
30c)
31Aus seiner Sicht hatte das ukrainische Gericht auch keinen Anlass, sich im Rahmen der Kindeswohlprüfung mit der Frage auseinanderzusetzen, ob ein Eltern-Kind-Verhältnis entstanden bzw. zu erwarten ist, oder ob es das vorrangige Motiv der Beteiligten war, den Nachzug des Kindes zur Mutter nach Deutschland zu ermöglichen. Sowohl in dem ukrainischen als auch in dem vorangegangenen deutschen Annahmeverfahren (AG Dortmund - 307 XVI 2/05) sowie in dem vorliegenden Anerkennungsverfahren wurden teils widersprüchliche, unvollständige oder falsche Angaben gemacht, je nachdem wie es für die Beteiligten günstig war. Darin kann ein Hinweis darauf erblickt werden, dass die Schaffung der Voraussetzungen für eine Einreise der Angenommenen nach Deutschland im Vordergrund stand, unabhängig von ihrem persönlichen Verhältnis zum Ehemann der Mutter.
32So bestehen Zweifel an der Richtigkeit der Angaben des Antragstellers zum Inhalt seiner persönlichen Anhörung durch das ukrainische Gericht. Auch in seinem an das Amtsgericht Dortmund gerichteten Annahmeantrag vom 14.11.2005 (UR-Nr. ###/2005 des Notars D in D2) hatte der Antragsteller seinerzeit erklärt, dass sich das angenommene Kind seit seiner Eheschließung mit der Kindesmutter im ehelichen Haushalt (in Deutschland) befunden habe und als gemeinschaftliches Kind „gehalten“ worden sei, was unstreitig nicht der Fall war. Die Feststellungen des ukrainischen Annahmebeschlusses weisen deutlich darauf hin, dass entweder in dem zugrunde liegenden Annahmeantrag oder in der persönlichen Anhörung durch das ukrainische Gericht zu Unrecht behauptet wurde, sämtliche Beteiligte lebten auf Dauer in der Ukraine. Damit konnten sie die Erwartung verbinden, dass das Annahmeverfahren schneller zum Abschluss kommt als bei Unterbreitung des wahren Sachverhalts. Soweit der Antragsteller sich darauf beruft, dass er nach vorangegangenen Ehen und daraus hervorgegangenen Kindern nicht gefragt worden sei und diesen Umstand deshalb für unbeachtlich gehalten habe, ist dem entgegen zu halten, dass er auch diesen Umstand in dem 2005 beim Amtsgericht Dortmund eingeleiteten Adoptionsverfahren anfangs verschwiegen hat, sich aus dem Bericht des dort beteiligten Jugendamts vom 18.5.2006 dessen Bedeutsamkeit aber eindeutig ergibt. Schließlich haben die Beteiligten in den Anhörungen im Anerkennungsverfahren unterschiedliche und teils widersprüchliche Angaben zu Art und Häufigkeit der persönlichen Kontakte des Annehmenden zu dem angenommenen Kind gemacht: Der Annehmende hat eingeräumt, persönlich nur höchstens drei Mal in der Ukraine gewesen zu sein (Januar 2005: Kennenlernen und Eheschließung mit der Kindesmutter; ein Mal zwischen 2005 und 2009; zuletzt im Mai 2009: anlässlich der Adoption). Er halte den Kontakt zur Adoptivtochter per Telefon und Internet. Diese hat hingegen erklärt, der Annehmende sei häufig in der Ukraine zu Besuch gewesen, anfangs zwei oder drei Mal im Jahr, zuletzt seltener, etwa seit Ende 2010 gar nicht mehr. Von telefonischem Kontakt oder Kontakt über das Internet hat sie nichts erwähnt. Der Annehmende spricht nicht russisch, die Angenommene nur ganz wenig deutsch. Gespräche können demnach allenfalls durch die Kindesmutter vermittelt werden.
333.
34Wegen der dargestellten Mängel der Kindeswohlprüfung ist der Entscheidung zu Recht die Anerkennung versagt worden. Diese Mängel sind nicht im vorliegenden Verfahren zu beheben. Denn es ist nicht Sinn des Anerkennungsverfahrens, das Adoptionsverfahren zu ersetzen. Könnte die vom ukrainischen Gericht unzureichend durchgeführte Kindeswohlprüfung im Anerkennungsverfahren nachgeholt werden, würde das Anerkennungsverfahren einer Wiederholungsadoption gleichkommen, die nur in einem gesonderten Verfahren durchgeführt werden kann (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 27.07.2012 - 1 UF 82/11 -, FamRZ 2013, 714 m.w.N.; OLG Celle, s.o., FamRZ 2012, 1226 m.w.N.).
35Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 FamFG.
36Dieser Beschluss ist unanfechtbar. Gründe für die Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 70 Abs. 2 FamFG sind nicht gegeben.
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