Beschluss vom Oberlandesgericht Hamm - 12 WF 49/19
Tenor
Die Beschwerde der Kindesmutter gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Kamen vom 15.01.2019 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden der Mutter auferlegt.
Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 520,00 € festgesetzt.
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G r ü n d e
2I.
3Das Kind, vertreten durch das Jugendamt als Beistand, hat die Feststellung der Vaterschaft des Beteiligten Q beantragt. Dieser hat mit Schriftsatz vom 06.08.2018 Geschlechtsverkehr mit der Kindesmutter während der Empfängniszeit nicht in Abrede gestellt, gleichzeitig aber erklärt, dass er und die Kindesmutter keine feste Beziehung gehabt hätten. Zuletzt hätten nur noch „sporadische Treffen mit gelegentlichem Beischlaf“ stattgefunden. Während dieser Treffen habe die Kindesmutter ihm von zahlreichen anderen Männerbekanntschaften berichtet. Er habe deshalb Zweifel an seiner Vaterschaft gehabt und vorgeschlagen, nach der Geburt einen Abstammungstest zu machen. Das habe die Mutter abgelehnt. Dieses Schreiben des Herrn Q ist dem Jugendamt und der Kindesmutter mit Gelegenheit zur Stellungnahme übersandt worden. Eine Reaktion erfolgte nicht.
4Das Amtsgericht hat daraufhin zunächst ein Abstammungsgutachten eingeholt. Anschließend hat es die Vaterschaft des Beteiligten Q festgestellt. Wegen dessen unbestrittenen Ausführungen zu der Beziehung hat es die Kosten des Verfahrens gem. § 81 Abs. 1 FamFG den Kindeseltern zu je ½ auferlegt.
5Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Mutter. Das Amtsgericht habe seiner Kostenentscheidung unsubstantiierte Behauptungen des Beteiligten Q zu Grunde gelegt. Dessen Ausführungen seien jedoch völlig absurd und würden mit Nachdruck bestritten. Sie habe dem Beteiligten Q zu keinem Zeitpunkt Anlass gegeben, seine biologische Vaterschaft in Zweifel zu ziehen.
6Der Beteiligte Q verteidigt die angefochtene Kostenentscheidung. Er wiederholt seinen Vortrag, dass er keine feste Beziehung mit der Kindesmutter gehabt habe. Da zwischen den Treffen größere Zeiträume gelegen hätten, habe er nicht ausschließen können, dass möglicherweise auch ein anderer Mann als Erzeuger in Betracht komme. Insofern sei ein Vaterschaftstest zwingend erforderlich gewesen.
7Das Jugendamt hat sich im Beschwerdeverfahren nicht gemeldet.
8II.
9Die gem. §§ 58 ff. FamFG zulässige Kostenbeschwerde ist nicht begründet.
101. Die Kostenentscheidung in Vaterschaftsfeststellungsverfahren richtet sich nach § 81 Abs. 1 FamFG, da § 183 FamFG auf diese Abstammungsverfahren keine Anwendung findet. Die Kosten sind danach den Beteiligten ganz oder zum Teil aufzuerlegen, wobei die Verteilung nach billigem Ermessen zu erfolgen hat. Das Gericht hat dabei in jedem konkreten Einzelfall die Kostenentscheidung unter Berücksichtigung sämtlicher maßgeblicher Umstände zu treffen (BGH, FamRZ 2014, 744). Beteiligte des Abstammungsverfahrens sind gem. § 172 FamFG das Kind, die Mutter und der Vater.
112. Hier hat das Amtsgericht seine Kostenentscheidung richtigerweise auf § 81 FamFG gestützt und mitgeteilt, von welchen Tatsachen es sich bei seiner Entscheidung hat leiten lassen. Entgegen der Ansicht der Kindesmutter hat das Amtsgericht dabei keine unsubstantiierten Behauptungen des Kindesvaters zu Grunde gelegt. Der Kindesvater hat in seinem Schreiben vom 06.08.2018 dargelegt, weshalb er Zweifel an seiner Vaterschaft hatte. Dieses Schreiben ist der Kindesmutter mit Gelegenheit zu Stellungnahme übersandt worden und augenscheinlich auch zugegangen. Indem sie von ihrer Gelegenheit zur Stellungnahmen keinen Gebrauch gemacht hat, hat sie die Angaben des Kindesvaters auch nicht in Abrede gestellt, so dass das Amtsgericht insoweit von einem unstreitigen Sachverhalt ausgehen durfte.
123. Zudem führen auch die Ausführungen in der Beschwerdeschrift zu keiner anderen Bewertung: Auch wenn die Mutter in ihrer Beschwerdeschrift erklärt hat, während der Empfängniszeit ausschließlich mit dem Beteiligten Q sexuell verkehrt zu haben, so dass sie selbst von dessen Vaterschaft überzeugt war, hatte dieser damals nachvollziehbare Zweifel an seiner Vaterschaft. Der Beteiligte Q hat in seiner Stellungnahme vom 06.08.2018 nämlich unter anderem angegeben, dass er keine richtige Beziehung mit der Kindesmutter geführt, sondern diese nur sporadisch getroffen und gelegentlichen Beischlaf mit ihr gehabt habe. Diesen Ausführungen sind bis heute weder die Mutter noch das Kind, vertreten durch das Jugendamt, entgegengetreten. Aus Sicht eines vernünftigen Betrachters war dem Beteiligten Q damit schon aufgrund der Qualität der Beziehung nicht zuzumuten, ohne vorherige Klärung seine Vaterschaft urkundlich nach §§ 1594 Abs. 1, 1597 BGB anzuerkennen.
13Vor diesem Hintergrund entspricht es auch der Billigkeit, die Kosten dieses Feststellungsverfahrens den Eltern zu gleichen Teilen aufzuerlegen.
144. Das Kind war dagegen nicht mit Kosten zu belasten. Zwar kann das Kind grundsätzlich an den Kosten eines Abstammungsverfahrens beteiligt werden, da Abstammungssachen gem. § 169 FamFG keine Kindschaftssachen sind und § 81 Abs. 3 FamFG auf sie dementsprechend keine Anwendung findet.
15Zu beachten ist aber, dass das Kind einen aus Art. 2 Abs. 1 GG folgenden Anspruch auf Klärung seiner Abstammung hat. Bestehen - wie hier - Unklarheiten darüber, wer sein Vater ist, begründet dies eine gemeinsame Verantwortung der in Frage kommenden Eltern für die Klärung der Vaterschaft des Kindes. Ergreifen gleichwohl weder die Mutter noch der potentielle Vater die Initiative, die Vaterschaft (kostengünstiger) außergerichtlich zu klären, ist das Kind gezwungen, ein Verfahren zur Klärung seiner Abstammung einzuleiten. In so einer Konstellation entspricht es nicht der Billigkeit, das Kind mit den daraus entstehenden Kosten zu belasten. Der Senat schließt sich insofern unter Aufgabe seiner bisherigen Rechtsprechung (OLG Hamm, NZFam 2015, 522) der herrschenden Meinung in Rechtsprechung (OLG Naumburg, FamRZ 2018, 1020; OLG Frankfurt, FamRZ 2017, 1415; OLG Oldenburg, FamRZ 2013, 601) und Literatur (Feskorn in: Prütting/Helms, FamFG, 4. Aufl. 2018, § 81 FamFG Rn. 27; Wittenstein in: Bahrenfuss, FamFG, 3. Aufl. 2017, § 81 Rn. 27; Musielak/Borth/Grandel, FamFG, 5. Aufl., § 81, Rn 15) an.
164. Die Kostenentscheidung zum Beschwerdeverfahren beruht auf § 84 FamFG. Der Wertfestsetzung liegt § 40 FamFGKG zu Grunde.
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Referenzen
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- § 40 FamFGKG 1x (nicht zugeordnet)
- FamFG § 84 Rechtsmittelkosten 1x
- FamFG § 183 Kosten bei Anfechtung der Vaterschaft 1x
- FamFG § 172 Beteiligte 1x
- FamFG § 81 Grundsatz der Kostenpflicht 3x
- FamFG § 169 Abstammungssachen 1x
- §§ 58 ff. FamFG 1x (nicht zugeordnet)
- BGB § 1594 Anerkennung der Vaterschaft 1x