Urteil vom Hanseatisches Oberlandesgericht (5. Zivilsenat) - 5 U 38/14

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 08.04.2014, Az. 312 O 356/13, wird zurückgewiesen.

2. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 08.04.2014, Az. 312 O 356/13, wird zurückgewiesen.

3. Von den Kosten des Berufungsverfahrens haben der Kläger 1/3 und die Beklagte 2/3 zu tragen.

4. Dieses Urteil und das angegriffene Urteil des Landgerichts Hamburg sind vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung aus den Ziffern I.1. und I.2. des Tenors des angegriffenen Urteils durch Sicherheitsleistung in Höhe von jeweils € 15.000,- abwenden, wenn nicht der Kläger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Im Übrigen kann die Beklagte die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

5. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

1

Der Kläger nimmt die Beklagte auf wettbewerbsrechtlicher Grundlage auf Unterlassung und auf Zahlung von Auslagenerstattung in Anspruch.

2

Der Kläger ist der bundesweit tätige Dachverband aller 16 Verbraucherzentralen der Bundesländer und weiterer 26 verbraucher- und sozialorientierter Organisationen in Deutschland. Er verfolgt satzungsgemäß den Zweck, die Verbraucherinteressen wahrzunehmen und den Verbraucherschutz zu fördern. Der Kläger ist seit dem 16.7.2002 unter der Reg. Nr... e.V. in die ursprünglich beim Bundesverwaltungsamt und mittlerweile beim Bundesjustizamt geführte Liste gemäß § 4 UKlaG eingetragen. Die Beklagte betreibt als Zweigniederlassung der in London ansässigen ... PLC in der Bundesrepublik Deutschland Bankgeschäfte, insbesondere im Kreditkartengeschäft.

3

Der Kläger wurde im Jahr 2013 durch eine Beschwerde auf eine Werbung der Beklagten für ihre Kreditkarte „... GOLD VISA“ aufmerksam, welche in Briefform an den Verbraucher Dr. ... am 17.1.2013 übersandt worden war. Beigefügt war dem Anschreiben ein Antragsformular sowie ein Informationsblatt, überschrieben mit „Vorvertragliche Informationen für Zahlungsvorgänge mittels Kreditkarte“ (Anlagen Antrag 1 bis 3). Der Kläger, der die Werbung für in Teilen rechtswidrig hielt, forderte die Beklagte durch Schreiben vom 31.5.2013 zur Abgabe einer Unterlassungserklärung und zur Zahlung von Auslagenerstattung auf (Anlage K 2). Die Beklagte gab lediglich eine Teilunterlassungserklärung ab. In Bezug auf die im vorliegenden Rechtsstreit gerügten Wettbewerbsverstöße gab die Beklagte auch in der Folgezeit nach erneuter Aufforderung durch den Kläger die geforderte Erklärung nicht ab (Anlagen K 7 bis K 9).

4

Der Kläger hat behauptet, die auf der Vorderseite des Anschreibens blickfangmäßig hervorgehobene Angabe „0 € Bargeldabhebungsgebühr mit der Kreditkarte - Bargeld an jedem Automaten im Inland und Ausland“ erwecke beim Verbraucher die Vorstellung, dass beim Einsatz der Karte für Barabhebungen keine Kosten entstünden. Diese Vorstellung sei unzutreffend, da an Automaten außerhalb der Euro-Zone mit Gebühren zu rechnen sei. Die rückseitigen Hinweise seien nicht Teil der Blickfangwerbung auf der Vorderseite. Die rückseitigen Erklärungen seien daher nicht geeignet, die Fehleinschätzung des Verbrauchers zu verhindern. Zudem sei auch dem rückseitigen Hinweis eine Überschrift vorangestellt, die wiederum auf eine weltweite kostenlose Einsatzmöglichkeit hinweise.

5

Die Beklagte verwende zur Verbraucheraufklärung über Verbraucherkredite nicht das gesetzlich vorgeschriebene Muster (Anlage 3 zu Artikel 247 § 2 EGBGB). Der Beklagten stehe kein Gestaltungsspielraum bei der Formulargestaltung zu.

6

Die auf der Rückseite des Schreibens unter der Überschrift „Bequeme Teilzahlung“ gegebenen Hinweise, wonach der Verbraucher selbst bestimmen könne, auf welche Weise das Konto auszugleichen sei, nämlich „auf einen Schlag oder in flexiblen Teilbeträgen“, widerspräche der vorformulierten Erklärung auf dem Antragsformular. Dort sei vorgesehen, dass der Rechnungsausgleich mittels Lastschrift in Höhe von 2% am Fälligkeitstag erfolge. Der Verbraucher müsse gesondert initiativ werden, um eine höhere Ausgleichzahlung zu erbringen. Damit erfolge formularmäßig eine Art Automatismus zur Inanspruchnahme eines Verbraucherkredits. Die Formulargestaltung sei mit der werblichen Hervorhebung und dem Hinweis auf eine „Zahlung auf einen Schlag“ und mit „flexiblen Teilbeträgen“ nicht in Einklang zu bringen. Es werde mit Nichtwissen bestritten, dass der Verbraucher bei Vorlage der jeweiligen Abrechnung nochmals gesondert auf die Möglichkeit der Sofortzahlung hingewiesen werde. Auch die Gestaltung des Kontoauszuges gemäß Anlage B 6 werde mit Nichtwissen bestritten.

7

Der Kläger hat beantragt:

8

I. Unterlassungsanspruch

9

Die Beklagte wird verurteilt, es bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250,000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu unterlassen, im Rahmen geschäftlicher Handlungen

10

1. an Verbraucher Werbeschreiben für eine „... wie das als Anlage Antrag 1 beigefügte, in dem es heißt:

11

€ Bargeldabhebungsgebühr mit der Kreditkarte-
Bargeld an jedem Automaten im Inland und Ausland
und
0 Bargeldabhebungsgebühr weltweit

12

zu versenden und/oder versenden zu lassen wenn bei Barhebung in einem Land außerhalb der „Euro-Zone" sogenannte Auslandseinsatzgebühren anfallen können.

13

und/oder

14

2. Verbrauchern Formulare zur Bestellung einer „... Gold Visa" Karte mit Kreditfunktion zu übermitteln und/oder übermitteln zu lassen und die „Europäischen Standardinformationen für Verbraucherkredite" in der Form wie aus Anlage Antrag 2 ersichtlich beizufügen.

15

und/oder

16

3. in einem an Verbraucher gerichteten Schreiben wie das als Anlage Antrag 1 beigefügten für eine ,,... Gold Visa" Karte mit der Erklärung

17

„Bestimmen Sie selbst, wie Sie Ihr Konto ausgleichen: auf einen Schlag oder in flexiblen Teilbeträgen"

18

zu werben und/oder werben zu lassen, wenn das gleichzeitig übermittelte Formular zur Bestellung einer solchen Karte wie als Anlage Antrag 3 gestaltet ist und die vorformulierte Erklärung

19

Der Rechnungsausgleich erfolgt mittels Lastschrift in Höhe von 2% des jeweiligen Betrags (mindestens jedoch € 15,-) am Fälligkeitstag von dem untenstehend angegebenen Bankkonto. Sollte ich einen höheren Prozentsatz wünschen, kann ich dies ... jederzeit mitteilen.

20

enthält.

21

II. Zahlungsanspruch

22

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 107,00 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 7. September 2013 zu zahlen.

23

Die Beklagte hat beantragt,

24

die Klage abzuweisen.

25

Die Beklagte hat vorgetragen, eine etwaige Unklarheit der Verbraucher über Kosten bei Abhebung von Geld mittels der Kreditkarte werde durch die Klarstellung auf der Rückseite in ausreichend großer Schrift beseitigt, da Vorder- und Rückseite eine Einheit bildeten und naturgemäß nicht alle erforderlichen Angaben bereits auf der Vorderseite aufgeführt werden könnten. Maßstab sei auch nicht ein flüchtiger Leser, sondern ein durchschnittlich informierter, situationsadäquat aufmerksamer und verständiger Durchschnittsverbraucher. In Deutschland unterschieden alle namhaften Anbieter von Kreditkarten zwischen Gebühren für die Bargeldabhebung und dem Einsatz der Kreditkarte im Ausland. Der BGH habe bereits im Jahr 1997 festgestellt, dass der Umstand, dass alle namhaften Kreditkartenherausgeber für den Auslandseinsatz ihrer Karten ein besonderes, umsatzbezogenes Entgelt verlangten, im Gegenteil eher dafür spreche, dass diejenigen Interessenten, die sich über die Entgeltfrage überhaupt Gedanken machten, in aller Regel damit rechneten, für einen Auslandseinsatz der Kreditkarte ein zusätzliches Entgelt entrichten zu müssen (BGH NJW 1998, 383 Tz. 17). Dem informierten Durchschnittsverbraucher sei also schon in den Anfangsjahren der Kreditkarten klar gewesen, dass der Einsatz im Ausland Gebühren unterliege. Zudem sei die Tatsache, dass eine Auslandseinsatzgebühr zu zahlen sei, nicht geeignet, den Kaufentschluss des Kunden für ihr Kreditkartenangebot zu beeinflussen. Denn die Werbung richte sich an in Deutschland ansässige Interessenten. Ohnehin käme es nur zu einer unerheblichen Beeinträchtigung.

26

Hinsichtlich des verwendeten Informationsblattes hat die Beklagte vorgetragen, es komme allein auf den Inhalt und nicht auf die Form der zu erteilenden Informationen an. Sollte es auf die sklavische Einhaltung der rein äußeren Form ankommen, hätte der Gesetzgeber dies klarer zum Ausdruck bringen müssen. Es erscheine willkürlich, die Gitterform als zwingend anzusehen. Der Artikel 247 § 2 EGBGB unterliege zudem nicht der Kompetenz der Klägerin nach dem UKlaG.

27

Zum Unterlassungsantrag zu I. 3. hat die Beklagte vorgetragen, der Kunde werde in jedem Kontoauszug darauf hingewiesen, dass keine Zinsen anfallen, wenn der Sollsaldo zum Fälligkeitsdatum vollständig ausgeglichen werde (Anlage B 6). Auch in den ebenfalls auf der Rückseite des Kreditkartenantrags abgedruckten AGB werde ausdrücklich vereinbart, dass der ausstehende Betrag auch voll ausgeglichen werden könne. Auch dieser Aspekt sei allerdings für den Kaufentschluss des Verbrauchers nicht entscheidend, es entstünde zudem allenfalls eine unerhebliche Beeinträchtigung des Wettbewerbs.

28

Das Landgericht Hamburg hat der Klage durch Urteil vom 8.4.2014 hinsichtlich des Unterlassungsantrages zum Teil und in Bezug auf den Zahlungsantrag vollständig stattgegeben. Wegen der Einzelheiten wird auf das Urteil Bezug genommen.

29

Das landgerichtliche Urteil wird von beiden Parteien mit der Berufung angegriffen.

30

Der Kläger wendet sich mit seiner Berufung gegen die Zurückweisung des Antrags zu I. 3. Der Verbraucher verstehe die werbliche Aussage dahin, dass ihm eine Art Optionsrecht eingeräumt werde. Anstatt der üblichen Zahlungsweise, nämlich der vollständigen Erstattung, bestehe die Möglichkeit, flexible Teilzahlungen zu leisten. Diese Darstellung von der Vollzahlung als Regelfall und der Teilzahlung als besondere Ausnahme entspreche der üblichen Erwartung des angesprochenen Verkehrs. Der Kläger verweist hierzu auf Veröffentlichungen der Deutschen Bundesbank (Anlage B1). Hiernach seien von 2008 bis 2012 nur rund 3% aller Karten mit Zahlungsfunktion mit einer konkreten Kreditfunktion verbunden gewesen. Der angesprochene Verkehr verbinde mit Kreditkarten Abrechnungen, die von der Beklagten mit „auf einen Schlag“ beworben worden seien. Beispielhaft verweist der Kläger auf Bedingungen der „Lufthansa Miles & More Credit Card“ und der „Amazon.de Visacard“. Die typische Verfahrensweise, an die der Verbraucher gewöhnt sei, bestehe also in der Zahlung „auf einen Schlag“. Dementsprechend verstehe der Verbraucher die werbliche Aussage dahin, dass er eine gesonderte Erklärung abzugeben habe, sofern er flexible Teilbeträge zahlen wolle. Tatsächlich sei die Abrechnung über die Kreditkarte der Beklagten so gestaltet, dass die Kreditfunktion der Regelfall sei. Der Verbraucher müsse aktiv werden, wenn er an dieser Option nicht interessiert sei. Dies habe das Landgericht verkannt. Das Antragsformular der Beklagten enthalte keinen Hinweis, dass der Verbraucher gegen die Kreditfunktion optieren könne. Er könne lediglich mitteilen, ob er einen höheren Prozentsatz wünsche. Unklar bleibe, ob auch ein 100%iger Ausgleich erfolgen könne, wie in dem Werbeschreiben angeboten. Die Irreführung sei relevant. Durch das Antragsformular werde der Verbraucher nicht aufgeklärt.

31

In Bezug auf die Berufung der Beklagten verteidigt der Kläger das landgerichtliche Urteil. Der Kläger trägt vor, das Landgericht habe völlig zu Recht darauf hingewiesen, dass die Erläuterungen auf der Rückseite nicht an dem blickfangmäßig erweckten Eindruck auf der Vorderseite teilnähmen. Es erfolge kein Verweis, auch räumlich seien die Aussagen erheblich voneinander getrennt. Es sei zu bestreiten, dass der Verbraucher zwischen Auslandseinsatzgebühr und Bargeldabhebungsgebühr zu differenzieren wisse. Hierauf komme es jedoch auch nicht an, da die Beklagte mit dem Wort „weltweit“ werbe. Hinsichtlich der Gestaltung des Informationsblattes handele es sich keineswegs um reinen Formalismus. Vielmehr habe der Gesetzgeber den Zugang zu den maßgeblichen Informationen durch eine Standardisierung erleichtern wollen.

32

Der Kläger beantragt,

33

1. die Beklagte unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Hamburg vom 8.4.2014 - Az.: 312 O 356/13 – zu verurteilen, es bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250,000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu unterlassen, im Rahmen geschäftlicher Handlungen in einem an Verbraucher gerichteten Schreiben wie das als Anlage 1 beigefügte für eine „... Gold Visa“ mit der Erklärung

34

„Bequeme Teilzahlung
Bestimmen Sie selbst, wie Sie Ihr Konto ausgleichen: auf einen Schlag oder in flexiblen Teilbeträgen"

35

zu werben und/oder werben zu lassen, wenn das gleichzeitig übermittelte Formular zur Bestellung einer solchen Karte wie als Anlage Antrag 3 gestaltet ist und die vorformulierte Erklärung

36

Der Rechnungsausgleich erfolgt mittels Lastschrift in Höhe von 2% des jeweiligen Betrags (mindestens jedoch € 15,-) am Fälligkeitstag von dem untenstehend angegebenen Bankkonto. Sollte ich einen höheren Prozentsatz wünschen, kann ich dies ... jederzeit mitteilen.

37

enthält;

38

2. die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

39

Die Beklagte beantragt,

40

1. die Berufung des Klägers zurückzuweisen,

41

2. das am 8.4.2014 verkündete Urteil des Landgerichts Hamburg, Az.: 312 O 356/13, insoweit aufzuheben und die Klage abzuweisen, als die Beklagte dazu verurteilt wurde, es bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250,000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu unterlassen, im Rahmen geschäftlicher Handlungen

42

1. an Verbraucher Werbeschreiben für eine „...“ wie das als Anlage Antrag 1 beigefügte, in dem es heißt:

43

€ Bargeldabhebungsgebühr mit der Kreditkarte
Bargeld an jedem Automaten im Inland und Ausland
und
0 € Bargeldabhebungsgebühr weltweit

44

zu versenden und/oder versenden zu lassen, wenn bei Barabhebung in einem Land außerhalb der „Euro-Zone“ sogenannte Auslandseinsatzgebühren anfallen können,

45

und/oder

46

2. Verbrauchern Formulare zur Bestellung einer „... Gold Visa“ Karte mit Kreditkartenfunktion zu übermitteln und/oder übermitteln zu lassen und die „Europäischen Standardinformationen für Verbraucherkredite“ in der Form wie aus Anlage Antrag 2 ersichtlich beizufügen.

47

Die Beklagte rügt, dass eine vom Landgericht angenommene Irreführung hinsichtlich der Kreditkartengebühren nicht gegeben sei. Die hypothetisch unterstellte Irreführung beträfe allenfalls einen völlig unmaßgeblichen, nebensächlichen Punkt des Angebots, nämlich, dass ein in Deutschland ansässiger Kunde außerhalb der Eurozone Bargeld abhebe. Eine hierfür entstehende Gebühr sei nicht geeignet, den Kaufentschluss für ihr Kreditangebot zu beeinflussen. Durch die Klarstellungen auf der Rückseite des Werbeschreibens würden etwaige Unklarheiten beseitigt. Die Informationen stünden auf einem Blatt. Maßstab sei ein durchschnittlich informierter, situationsadäquat aufmerksamer und verständiger Durchschnittsverbraucher. Dieser könne nach Durchsicht von Vorder- und Rückseite keinem Irrtum unterliegen. Die Beklagte wiederholt ihren erstinstanzlichen Vortrag zur BGH-Entscheidung NJW 1998, 383. Seit 1997 sei somit klar, dass der Einsatz der Karte im Ausland einer gesonderten Gebühr unterliege. Auch der Antrag des Klägers zu I. 2. sei unbegründet. Inhaltlich habe sie - die Beklagte - die vom Gesetzgeber geforderten Informationen gegeben. Der Unterschied bestehe lediglich im Layout des Informationsblattes.

48

In Bezug auf die Berufung des Klägers verteidigt die Beklagte das landgerichtliche Urteil. Ihre Werbeaussage beziehe sich auf jeden monatlichen Saldo und nicht auf eine einmalige Wahlmöglichkeit. Der Antrag stelle eine inhaltliche Wiederholung der Werbeaussage dar. Es komme auch nicht darauf an, was andere Banken mit ihren Kunden vereinbarten. Ein durchschnittlich informierter, situationsadäquat aufmerksamer und verständiger Durchschnittsverbraucher orientiere sich über die Rückzahlungsmodalitäten bei seiner Bank und nicht bei anderen Banken. Die gerügte wettbewerbliche Irreführung sei auch nicht geeignet, den Kaufentschluss des Verbrauchers zu beeinflussen.

49

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen, auf das Sitzungsprotokoll des Landgerichts vom 25.2.2014 sowie auf das Protokoll der Senatssitzung vom 22.3.2017 Bezug genommen.

II.

50

Die zulässigen Berufungen beider Parteien sind unbegründet. Die vom Landgericht ausgesprochene Verurteilung der Beklagten zur Unterlassung und zur Zahlung von Abmahnkosten sowie die Klageabweisung im Übrigen erfolgte zu Recht und mit zutreffender Begründung. Das Berufungsvorbringen der Parteien rechtfertigt keine abweichende Entscheidung.

51

Im Einzelnen:

1.

52

Die Berufung des Klägers bleibt ohne Erfolg. Rechtsfehlerfrei hat das Landgericht hinsichtlich des Unterlassungsantrages zu Ziffer I. 3. einen klägerischen Anspruch verneint.

53

Ein Unterlassungsanspruch des nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UKlaG und § 8 Abs. 3 Nr. 3 UWG klagebefugten sowie anspruchsberechtigten Klägers aus § 2 Abs. 1 UKlaG i.V.m. §§ 5 Abs. 1 Nr. 1, 3 Abs. 1, 8 Abs. 1 UWG alte und neue Fassung ist nicht gegeben. Da der Unterlassungsanspruch auf die Abwehr künftiger Rechtsverstöße gerichtet ist, ist er nur begründet, wenn auf der Grundlage des zum Zeitpunkt der Entscheidung geltenden Rechts Unterlassung verlangt werden kann. Zudem muss die Handlung zum Zeitpunkt ihrer Begehung wettbewerbswidrig gewesen sein, weil es anderenfalls an der Wiederholungsgefahr fehlt (st. Rspr. des BGH, vgl. GRUR 2015, 504 Tz. 8 – Kostenlose Zweitbrille; GRUR 2012, 193 Tz. 14 - Sportwetten im Internet II, jeweils m.w.N.).Der Irreführungstatbestand des § 5 UWG wurde ausdrücklich auf den Schutz sonstiger Marktteilnehmer erstreckt und erhielt eine dem Art. 6 der Richtlinie 2005/29/EG vom 11. Mai 2005 (UGP-Richtlinie) angepasste Relevanzklausel. Bei der Anwendung des § 5 Abs. 1 UWG ist nunmehr auch die Eignung der Handlung, die geschäftliche Entscheidung des Verbrauchers (oder sonstigen Marktteilnehmers) zu beeinflussen, zusätzlich zu prüfen (Köhler, NJW 2016, 593 ff.). Eine entsprechende Prüfung sah bisher § 3 Abs. 2 UWG a.F. vor.

54

In der vom Kläger beanstandeten Werbung ist keine irreführende geschäftliche Handlung gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 1 UWG alte und neue Fassung zu sehen. Nach dieser Vorschrift handelt unlauter, wer eine irreführende geschäftliche Handlung vornimmt, die geeignet ist, den Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte. Eine geschäftliche Handlung ist hiernach u.a. irreführend, wenn sie hinsichtlich der wesentlichen Merkmale der Dienstleistung unwahre Angaben enthält oder sonstige zur Täuschung geeignete Angaben. Die Frage, auf welche Weise bei einer Kreditkarte der Kontoausgleich erfolgt, ratenweise oder im Wege der Einmalzahlung, betrifft ein wesentliches Merkmal des beworbenen Kreditkartenvertrages und unterfällt daher dem Grunde nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 UWG. Eine Irreführung in Bezug auf dieses wesentliche Merkmal liegt indes nicht vor.

55

Dabei kann dahinstehen, ob das vom Kläger behauptete Verkehrsverständnis, wonach die angesprochenen Verkehrskreise bei Kreditkartenverträgen üblicherweise davon ausgehen, dass die Abrechnung der Kreditkarte im Wege der Vollzahlung erfolgt, zutreffend ist. Denn selbst wenn die angesprochenen Verkehrskreise üblicherweise erwarten, dass bei einer Kreditkarte die abzurechnenden Umsätze im Wege der Einmalzahlung abgerechnet werden und die Teilzahlung nur eine besondere Ausnahme hiervon darstellt, wird der Verkehr im vorliegenden Fall durch die Formulierungen im Werbeschreiben und im Antragsformular nicht in die Irre geführt.

56

Der inkriminierte Teil des Werbeschreibens lautet:

57

„Bequeme Teilzahlung
Bestimmen Sie selbst, wie Sie Ihr Konto ausgleichen: auf einen Schlag oder in flexiblen Teilbeträgen."

58

Die mit diesem Abschnitt korrespondierende Passage im Antragsformular hat folgenden Wortlaut:

59

„Der Rechnungsausgleich erfolgt mittels Lastschrift in Höhe von 2% des jeweiligen Betrags (mindestens jedoch € 15,-) am Fälligkeitstag von dem untenstehend angegebenen Bankkonto. Sollte ich einen höheren Prozentsatz wünschen, kann ich dies ... jederzeit mitteilen.“

60

Eine Irreführung der Verbraucher über die Art der Abrechnung vermag der Senat mit dem Landgericht hierin nicht zu erkennen. Durch die Überschrift über der Werbeaussage wird dem Verbraucher nicht nur mitgeteilt, dass vorliegend eine Teilzahlung möglich ist, durch die Überschrift wird diese Funktion geradezu hervorgehoben. Sie erscheint als anzustrebender Regelfall. Die sodann im Werbeschreiben erfolgte Ankündigung, der Verbraucher könne selbst bestimmen, auf welche Weise sich der Kontoausgleich vollziehe - auf einen Schlag oder in Teilbeträgen -, wird durch die Regelung im Antragsformular in nicht zu beanstandender Weise umgesetzt. Dort ist zunächst eine Teilzahlung in Höhe von 2% des jeweiligen Betrages vorgegeben, allerdings wird zugleich ausdrücklich und unmissverständlich darauf hingewiesen, dass ein höherer Prozentsatz jederzeit gewählt werden könne. Folglich ist auch eine 100%-ige Zahlung und damit die im Anschreiben beworbene Zahlung auf einen Schlag möglich und wählbar. Entsprechend der konkreten Ausgestaltung von Werbeankündigung und Antragsformular besteht zugunsten des Verbrauchers ein echtes Wahlrecht. Ein vom Kläger gerügtes unzulässiges „Opt-out-Verfahren“, welches vom Bundesgerichtshof im Zusammenhang mit einer formularmäßig erklärten Einwilligung in Werbung und eines hiermit einhergehenden Verstoßes gegen § 7 UWG angenommen worden ist, liegt hier nicht vor. Die Ausübung des Wahlrechts durch einen gesonderten Akt mag für den Verbraucher umständlich sein, eine irreführende geschäftliche Handlung der Beklagten ist hierin indes nicht zu sehen.

61

Entgegen dem klägerischen Vorbringen besteht auch nicht die Gefahr, dass der Verbraucher den Hinweis im Antragsformular übersieht. Der Hinweis auf die Bestimmbarkeit eines höheren Prozentsatzes findet sich im Antragsformular weder an versteckter Stelle noch ist er sonst schwer erkennbar. Ein durchschnittlicher Verbraucher gemäß § 3 Abs. 4 UWG n.F., welcher angemessen informiert, situationsadäquat aufmerksam und verständig ist, wird aufgrund der bei Bankgeschäften anzuwendenden Aufmerksamkeit den vorliegend betroffenen Abschnitt schon allein deshalb zur Kenntnis nehmen, weil dort eigene Eintragungen vorzunehmen sind. Der hier streitgegenständliche Hinweis steht unmittelbar über den Leerfeldern und neben der Überschrift. Er ist klar formuliert und an prominenter Stelle abgedruckt, daher besteht auch die vom Kläger in der Berufungsverhandlung skizzierte Überrumpelungsgefahr nicht.

2.

62

Die Berufung der Beklagten gegen das landgerichtliche Urteil bleibt ebenfalls ohne Erfolg.

63

a. Zu Recht hat das Landgericht einen Unterlassungsanspruch aus § 2 Abs. 1 UKlaG i.V.m. §§ 5 Abs. 1 Nr. 1, 3 Abs. 1, 8 Abs. 1 UWG alte und neue Fassung des anspruchsberechtigten Klägers als begründet angesehen, soweit die Beklagte auf der Vorderseite des Werbeschreibens hervorgehoben und blickfangmäßig damit wirbt:

64

„0 € Bargeldabhebungsgebühr mit der Kreditkarte-
Bargeld an jedem Automaten im Inland und Ausland“
und
„0 Bargeldabhebungsgebühr weltweit“

65

Diese Werbung ist irreführend, da sie zur Täuschung geeignete Angaben über ein wesentliches Merkmal der Dienstleistung enthält. Die Regelungen zum Gebührenanfall und zur Gebührenhöhe bei Bargeldabhebungen im In- und Ausland sind für Verbraucher von zentraler Bedeutung und betreffen damit ein wesentliches Merkmal der Dienstleistung i.S.v. § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 UWG. Der angesprochene Verkehr geht nach dem Inhalt des Werbeschreibens der Beklagten davon aus, dass beim Einsatz der Kreditkarte zur Bargeldabhebung im In- und Ausland keinerlei Gebühren anfallen und zwar auch keine Auslandseinsatzgebühren. Denn maßgebliche Teile des angesprochenen Verkehrs werden bei einer Werbung mit „0 € Bargeldabhebungsgebühr“ im In- und Ausland keine Abgrenzung zur Auslandseinsatzgebühr vornehmen. In dieser Annahme wird der Verbraucher bestärkt durch die hervorgehobene Darstellung im unteren „Gutschein-Teil“ des Anschreibens, welcher „0 € Bargeldabhebungsgebühr weltweit“ verspricht. Maßgebliche Teile des angesprochenen Verkehrs, zu denen auch die Mitglieder des Senats zählen, werden die Begriffe der Bargeldabhebungsgebühr und Auslandseinsatzgebühr gleichsetzen und die angegriffene Werbung dahingehend verstehen, dass beim Einsatz der Karte zum Abheben von Bargeld weltweit keine Gebühren entstehen.

66

Tatsächlich fallen hingegen Auslandseinsatzgebühren außerhalb der Euro-Zone an, wie sich aus den Erläuterungen auf der Rückseite des Anschreibens ergibt. Diese Erläuterungen sind nicht geeignet, die Irreführung, welche durch die Mitteilung auf der Vorderseite ausgelöst wird, zu beseitigen. Hierfür wäre erforderlich gewesen, die Erläuterungen in geeigneter Weise schon auf der Vorderseite in Bezug zu nehmen, beispielsweise durch einen Störer oder einen hervorgehobenen Hinweis auf die rückseitigen Angaben. Der Verbraucher geht nach Inhalt und Aufmachung des Anschreibens nämlich davon aus, dass ihm die wesentlichen Merkmale der beworbenen Dienstleitung komprimiert und auf einen Blick bereits auf der Vorderseite präsentiert werden. Die Werbung auf der Vorderseite vermittelt dem Verbraucher den unzutreffenden Eindruck, er zahle auch beim Einsatz der Karte im Ausland keinerlei Gebühren.

67

Aus der von der Beklagten benannten Entscheidung des Bundesgerichtshofs (NJW 1998, 383 Tz. 17) folgt für den hier zu beurteilenden Fall nichts anderes. Insoweit hat das Landgericht zutreffend ausgeführt, dass sich aus der von der Beklagten herangezogenen Passage nicht ergibt, dass der Durchschnittsverbraucher zwischen einer Bargeldabhebungsgebühr und einer Auslandseinsatzgebühr unterscheidet. Der Entscheidung des Bundesgerichtshofs kann auch nicht entnommen werden, es sei generell zu unterstellen, die Mehrheit der Verbraucher mache sich über die Entgeltfrage keine Gedanken. Jedenfalls dann, wenn die Werbung - wie vorliegend - die Entgeltfrage in den Mittelpunkt stellt, kann dieser Grundsatz keine Geltung beanspruchen.

68

Die Irreführung ist gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 UWG n.F. auch geeignet, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er anderenfalls nicht getroffen hätte. Die Beklagte kann nicht damit gehört werden, der beanstandete Teil der Werbung betreffe nur einen nebensächlichen Aspekt des beworbenen Angebots. Für den angesprochenen Verkehr ist die Frage der Nutzbarkeit einer Kreditkarte bei einem beruflich bedingten oder privaten Aufenthalt außerhalb des EU-Raums und die hierbei entstehenden Gebühren von einiger Bedeutung. Ein Kreditkartenangebot, welches eine weltweite Gebührenlosigkeit von Bargeldabhebungen verspricht, ist für den Verbraucher überaus attraktiv und geeignet einem Anbieter erhebliche Wettbewerbsvorteile gegenüber anderen Anbietern zu verschaffen. Die Irreführung ist damit objektiv geeignet, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er anderenfalls nicht getroffen hätte.

69

Das vorgenannte rechtsverletzende Handeln der Beklagten indiziert die nach § 8 Abs. 1 UWG für die Zuerkennung eines Unterlassungsanspruches erforderliche Wiederholungsgefahr.

70

b. Zu Recht hat das Landgericht im Hinblick auf die von der Beklagten gemäß Anlage Antrag 2 verwendeten „Europäischen Standardinformationen für Verbraucherkredite“ auch dem Klageantrag zu Ziffer I.2. entsprochen und die Beklagte zur Unterlassung verurteilt. Der Kläger hat insoweit einen Anspruch gegen die Beklagte aus § 2 Abs. 1 UKlaG i.V.m. §§ 4 Nr. 11 a.F, 8 Abs. 1 UWG i.V.m. Artikel 247 § 2 Abs. 1 EGBGB a.F. bzw. § 2 Abs. 1 UKlaG i.V.m. §§ 3a UWG n.F., 8 Abs. 1 UWG i.V.m. Art. 247 § 2 Abs. 2 EGBGB n.F. Nach der nunmehr einschlägigen Norm des Art. 247 § 2 Abs. 2 EGBGB ist das Muster in Anlage 4 zu verwenden, wohingegen nach der alten Fassung das Muster der Anlage 3 zu verwenden war. Inhaltlich handelt es sich um das gleiche Musterformular.

71

Der Rechtsbruchtatbestand des bisherigen § 4 Nr. 11 UWG 2008 wurde in einen neuen § 3a UWG überführt und um die bisher in § 3 Abs. 1 UWG enthaltene Spürbarkeitsklausel ergänzt (Köhler, NJW 2016, 593 ff.).

72

Die Vorschriften zur Verbraucherinformation aus Art. 247 § 2 Abs. 1 EGBGB a.F. bzw. Art. 247 § 2 Abs. 2 EGBGB n.F. stellen Verbraucherschutzgesetze im Sinne von § 2 Abs. 1 UKlaG dar. Diese unterfallen als Vorschriften des Bürgerlichen Rechts § 2 Abs. 2 Nr. 1 UKlaG. Hierzu zählen u.a. die Vorschriften zu Verbraucherdarlehensverträgen nach §§ 491 ff. BGB (Köhler in Köhler/Bornkamm, UWG, 35. Aufl., § 2 UKlaG Rz. 4). Die Vorschrift des § 491a Abs. 1 BGB verweist hinsichtlich der vorvertraglichen Informationspflichten auf Artikel 247 EGBGB.

73

Es handelt sich bei den in Rede stehenden Vorschriften zu den vorvertraglichen Informationspflichten um Marktverhaltensregeln gemäß § 4 Nr. 11 UWG a.F. bzw. § 3a UWG n.F. Soweit das Bürgerliche Recht vorvertragliche Informationspflichten aufstellt, handelt es sich um Marktverhaltensregeln, dies gilt auch für Informationspflichten bei Verbraucherdarlehensverträgen nach Art. 247 §§ 1-17 EGBGB (Köhler in Köhler/Bornkamm, UWG, 35. Aufl., § 3a UWG Rz. 1.311, 1.320).

74

Die Regelungen in Art. 247 § 2 Abs. 1 EGBGB a.F. bzw. in Art. 247 § 2 Abs. 2 EGBGB n.F. sehen die obligatorische Verwendung der Europäischen Standardinformationen für Verbraucherkredite vor. Die Verwendung dieses Musters ist für die vorliegend betroffenen Allgemein-Verbraucherdarlehen zwingend (Palandt/Weidenkaff, BGB, 76. Auflage 2017, Artikel 247 § 2 EGBGB Rz. 3). Hierfür spricht auch der Umstand, dass der Gesetzgeber es dem Darlehensgeber in Artikel 247 § 2 Abs. 3 EGBGB freistellt, das Musterformular zu verwenden. In Artikel 247 § 2 Abs. 2 EGBGB fehlt hingegen eine solche Regelung.

75

Unstreitig hat die Beklagte das Muster nicht der äußeren Form nach verwendet. Sie hat zwar inhaltlich die nach dem Vordruck zu erteilenden Informationen abgedruckt, allerdings hat sie nicht die ebenfalls zwingend vorgegebene tabellarische Form des Vordrucks beachtet. Damit ist ein Verstoß gegen Art. 247 § 2 Abs. 1 EGBGB a.F. bzw. Art. 247 § 2 Abs. 2 EGBGB n.F. gegeben.

76

Obgleich die Beklagte lediglich in der äußeren Gestaltung gegen das Gebot verstoßen hat, liegt ein spürbarer Verstoß gemäß § 3a UWG n.F. vor.

77

Eine unterbliebene, unzutreffende oder unzureichende Information ist nach § 3a UWG n.F. unlauter, soweit das Verhalten geeignet ist, die Interessen der Verbraucher spürbar zu beeinträchtigen (Köhler in Köhler/Bornkamm, UWG, 35. Aufl., § 3a Rz. 1.311 m.w.N.). Ob eine Eignung zur spürbaren Interessenbeeinträchtigung besteht, beurteilt sich nach dem jeweiligen Schutzzweck der verletzten Marktverhaltensregelung. Bei der Prüfung der Spürbarkeit der Interessenbeeinträchtigung sind die Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen. Stets ist zu berücksichtigen, welche Gruppe von Verbrauchern oder sonstigen Marktteilnehmern von der Regelung geschützt wird. Der Verstoß gegen eine Marktverhaltensregelung indiziert im Regelfall die Eignung zur spürbaren Beeinträchtigung der Interessen der Marktteilnehmer, an die sich die Handlung richtet (Köhler in Köhler/Bornkamm, UWG, 35. Aufl., § 3a Rz. 1.99, 1.104, 1.112).

78

Hiervon ausgehend ist die Spürbarkeit des Verstoßes zu bejahen. Die hier in Rede stehenden vorvertraglichen Informationspflichten haben den Zweck, dem Verbraucher frühzeitig die Informationen zu erteilen, die er benötigt, um verschiedene Angebote zu vergleichen und eine fundierte Entscheidung treffen zu können (Palandt/Weidenkaff, BGB, 76. Auflage 2017, Artikel 247 § 2 EGBGB Rz. 2). Dieser Zweck wird auch durch die vom Gesetzgeber vorgeschriebene tabellarische Form gefördert. Die mitzuteilenden Informationen werden übersichtlich in thematisch angeordneten Blöcken dargeboten. Durch eine flächendeckende einheitliche Verwendung dieser Gestaltung wird für den Verbraucher der Vergleich unterschiedlicher Angebote entscheidend erleichtert. Zu Recht hat daher auch das Landgericht in der angefochtenen Entscheidung darauf verwiesen, dass ein einheitlicher Informationsstandard bei der Zulassung verschiedener Gestaltungsmöglichkeiten nicht mehr zu erreichen wäre. Vorliegend spricht auch gerade der Umstand, dass der Gesetzgeber in Artikel 247 § 2 Abs. 3 EGBGB im Gegensatz zu Absatz 2 derselben Vorschrift für bestimmte Fälle die fakultative Verwendung eines Formulars vorsieht, dafür, den gesetzgeberischen Willen nicht durch eine Absenkung des Spürbarkeitserfordernisses zu konterkarieren.

79

Das rechtsverletzende Handeln der Beklagten indiziert wiederum die für den Unterlassungsanspruch nach § 8 Abs. 1 UWG erforderliche Wiederholungsgefahr.

80

c. Zu Recht hat das Landgericht dem Kläger auch die beantragten Abmahnkosten aus § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG i.V.m. § 5 UKlaG zugesprochen.

3.

81

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 1 ZPO.

4.

82

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

5.

83

Der Rechtsstreit bietet dem Senat keine Veranlassung, die Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO zuzulassen. Der Rechtsstreit hat keine grundsätzliche Bedeutung, sondern beschränkt sich auf die Anwendung feststehender Rechtsgrundsätze auf den konkreten Einzelfall. Einer Entscheidung des Revisionsgerichts bedarf es auch nicht zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung.

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