Urteil vom Hanseatisches Oberlandesgericht (3. Zivilsenat) - 3 U 177/18
Tenor
1. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 28.09.2018 unter Zurückweisung der Anschlussberufung abgeändert:
Die Klage wird, soweit sie nicht bereits durch das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 28.09.2018 unter Teilaufhebung des Versäumnisurteils vom 27.06.2013 abgewiesen worden ist, unter weiterer vollständiger Aufhebung des Versäumnisurteils vom 27.06.2013 auch im Übrigen abgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen zu tragen, mit Ausnahme der Kosten der Säumnis, die dem Beklagten zur Last fallen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I.
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Wegen der tatsächlichen Feststellungen sowie der Anträge erster Instanz wird auf den Tatbestand des angegriffenen Urteils verwiesen.
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Im Berufungsverfahren wiederholen und vertiefen die Parteien ihren erstinstanzlichen Vortrag.
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Der Beklagte beantragt,
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unter Abänderung des am 28.09.2018 verkündeten Urteils des Landgerichts Hamburg, Az. 322 O 160/13, die Klage vollumfänglich abzuweisen.
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Die Klägerin beantragt,
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die Berufung des Beklagten zurückzuweisen,
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sowie weiter im Wege der Anschlussberufung,
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das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 28.09.2018, Az. 322 O 160/13, insoweit aufzuheben und das Versäumnisurteil auch insoweit herzustellen, als dass der Beklagte verurteilt wurde, Auskunft zu geben, wann und wem gegenüber er den Bericht „Hauttypenbestimmung mit technischer Unterstützung als Voraussetzung für die Erstellung individueller Bestrahlungspläne im Solarium“, Projekt-Nummer: 70397, zur Verfügung gestellt hat.
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Die Klägerin beantragt,
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die Anschlussberufung zurückzuweisen.
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Von der weiteren Darstellung eines Tatbestandes wird gemäß §§ 313 a Abs. 1 Satz 1, 540 Abs. 2 ZPO abgesehen.
II.
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Die zulässige Berufung der Berufung des Beklagten ist begründet, die zulässige Anschlussberufung der Klägerin dagegen nicht. Der Klägerin stehen die in der Berufungsinstanz noch streitigen Ansprüche nicht zu. Das Landgericht hat den Beklagten zu Unrecht nach dem gestellten Antrag zur Unterlassung verurteilt. Dabei kommt es entgegen der Handhabung der Sache in erster Instanz wegen der in der Berufungsinstanz noch anhängigen Ansprüche auf Unterlassung und Auskunft nicht darauf an, ob der von der Klägerin angegriffene Bericht des Beklagten inhaltlich mit Erfolg beanstandet werden kann oder nicht. Wegen des geltend gemachten Auskunftsanspruchs schon deshalb nicht, weil der Beklagte der Klägerin - wie das Landgericht richtig angenommen hat - etwa erforderliche Auskünfte bereits erteilt hat, so dass die Klage wegen des dennoch weiterhin aufrechterhaltenen Auskunftsanspruchs zu Recht abgewiesen worden ist. Die Klagabweisung wegen des Berichtigungsantrages ist nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens und damit rechtskräftig.
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1. Der Beklagte ist antragsgemäß verurteilt worden, den streitgegenständlichen Bericht zu veröffentlichen und/oder Dritten zugänglich zu machen. In diesem Umfang hat das Landgericht das Versäumnisurteil vom28.06.2013 durch das mit der Berufung angegriffene Urteil vom 28.09.2018 aufrechterhalten. Streitgegenstand des Unterlassungsanspruches der Klägerin ist damit die Weitergabe des Berichts an einen unbestimmten Empfängerkreis im Wege der Veröffentlichung und/oder an einzelne sonstige Dritte. Die wiederholte Weitergabe des Berichts an den - beschränkten - Empfängerkreis, an den der Bericht vom Beklagten bereits versandt worden ist, ist entgegen der vom Prozessbevollmächtigten der Klägerin in der Berufungsverhandlung vertretenen Auffassung weder vom Wortlaut des Antrags noch von der Anspruchsbegründung erfasst. Soweit der Unterlassungsanspruch danach aber allein auf das Verbot der Veröffentlichung des streitgegenständlichen Berichts und/oder dessen Weitergabe an Dritte gerichtet ist, fehlt es sowohl an einer für den geltend gemachten Unterlassungsanspruch erforderlichen Wiederholungsgefahr als auch an einer Erstbegehungsgefahr. Das steht dem begehrten Verbot entgegen.
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a) Das Charakteristische der angegriffenen Handlung des Beklagten besteht in der Erfüllung des diesem vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit erteilten Auftrages zur Überprüfung der zum Untersuchungszeitpunkt eingesetzten Hautmessgeräte in Bezug auf deren Geeignetheit, die UV-Empfindlichkeit der Haut zu bestimmen, durch Übersendung des Prüfberichts an den Auftraggeber und die beteiligten Unternehmen. Die vom Beklagten untersuchten Geräte hat dieser zum Zwecke der Auftragsdurchführung von fünf Geräteherstellern zur Verfügung gestellt bekommen, nachdem das Bundesamt für Strahlenschutz im Auftrag des Ministeriums an diese Hersteller mit einer entsprechenden Bitte herangetreten war. Nach der von ihm durchgeführten Untersuchung hat der Beklagte den angegriffenen Bericht, mithin auch sein Untersuchungsergebnis, lediglich seinem Auftraggeber, also dem Ministerium, und dessen vom Ministerium eingeschalteten Beauftragten, nämlich dem Bundesamt für Strahlenschutz, sowie den fünf Geräteherstellern (einschließlich der Klägerin) übersandt, deren Geräte der Beklagte von diesen zum Zwecke der Erstellung des Berichts erhalten und untersucht hatte.
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Es handelt sich vor diesem Hintergrund um einen geschlossenen Empfängerkreis des Berichts, der durch die Erfüllung des Gutachtenauftrages und die Übermittlung des Gutachtenergebnisses an den Auftraggeber und an die beteiligten Hersteller charakterisiert ist. Da die Aussendung des Berichts an diesen Empfängerkreis bereits erfolgt ist, besteht insoweit weder Wiederholungsgefahr noch würde ein erneutes Versenden des Berichts etwaige Interessen der Klägerin zusätzlich beeinträchtigen.
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Dafür dass der Beklagte den Bericht bereits veröffentlicht oder außerhalb des beschriebenen geschlossenen Empfängerkreises an Dritte weitergegeben hätte, gibt es auch sonst keine konkreten tatsächlichen Anhaltspunkte. Die dazu von der Klägerin mit der Anschlussberufung vorgetragenen Umstände lassen einen solchen Schluss nicht zu. Die Klägerin legt den Beklagtenvortrag insoweit unzutreffend aus. Darauf weist der Beklagte zu Recht hin.
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Wegen der streitgegenständlichen Veröffentlichung des Berichts und/oder der Weitergabe des Berichts an sonstige Dritte fehlt es angesichts dessen an einer Wiederholungsgefahr, weil der Beklagte eine solche Handlung nicht bereits begangen hat. Eine derartige Veröffentlichung oder Weitergabe des Berichts stellt einen gegenüber der Weitergabe des Berichts an den Auftraggeber und die an der Untersuchung beteiligten Unternehmen eigenständigen Handlungszusammenhang dar, weshalb die bereits geschehene Weitergabe des Berichts nicht schon eine Wiederholungsgefahr für darüber hinausgehende Nutzungshandlungen begründet.
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b) Es fehlt auch an einer Erstbegehungsgefahr. Sie ergibt sich - wie ausgeführt - nicht schon aus dem Umstand, dass der Beklagte den Bericht an das Ministerium und die beteiligten Hersteller versendet hat. Das begründet nicht schon die Gefahr der Weiterverwertung des Gutachtens im Wege der sonstigen Kundgabe. Bei der Annahme des Landgerichts, es bestehe insoweit eine Gefahr, handelt es sich um eine bloß unbelegte Vermutung, für die es an den notwendigen konkreten tatsächlichen Anhaltspunkten mangelt. Fernliegend erscheint insoweit die Annahme des Landgerichts, bereits der Name des Beklagten, der sich der dermatologischen Prävention „verschwiegen“ (gemeint ist wohl „verschrieben“) habe, spreche für die Gefahr, dass der Beklagte den Bericht auch weiteren Dritten auf Anfrage zur Verfügung stellen werde.
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Hinzu kommt, dass eine - unterstellte - Erstbegehungsgefahr bereits dadurch ausgeräumt werden kann, dass der - unterstelltermaßen - Verpflichtete ernsthaft von einem möglichen Vorhaben dieser Art Abstand nimmt. Das ist im Streitfall schon dadurch geschehen, dass die Beklagtenseite erklärt hat, dass sie den Bericht nicht weitergeben werde, was sich im Übrigen auch aus dem gesamten Verteidigungsvorbringen des Beklagten erschließt. Außerdem begründen Ausführungen im gerichtlichen Verfahren zum Zwecke der Rechtsverteidigung nicht schon per se eine Begehungsgefahr. Die Tatsache allein, dass sich ein Beklagter gegen die Klage verteidigt und dabei die Auffassung äußert, zu dem beanstandeten Verhalten berechtigt zu sein, ist nicht schon als eine Berühmung zu werten, die eine Erstbegehungsgefahr begründet. Das kann nur dann der Fall sein, wenn nicht nur der eigene Rechtsstandpunkt vertreten wird, um sich die bloße Möglichkeit eines entsprechenden Verhaltens für die Zukunft offenzuhalten, sondern den Erklärungen bei Würdigung der Einzelumstände des Falls auch die Bereitschaft zu entnehmen ist, sich unmittelbar oder in naher Zukunft in dieser Weise zu verhalten (BGH, WRP 2019, 1025, Rn. 32 - Bring mich nach Hause). Dabei ist eine ausdrückliche Erklärung dahin, sich nicht wie beanstandet verhalten zu wollen, grundsätzlich nicht, sondern nur in Ausnahmefällen erforderlich, wenn konkrete tatsächliche Umstände Anlass zu der Annahme geben, dass das beanstandete Verhalten tatsächlich aufgenommen werden soll (BGH, GRUR 2014, 1013, Rn. 18 - Original Bachblüten). Solche Umstände liegen im Streitfall nicht vor. Einem Beklagten, der sich gegen einen Anspruch, den er für unbegründet hält, verteidigt, kann nicht ohne weiteres unterstellt werden, er werde selbst eine gerichtliche Entscheidung, mit der die Rechtslage geklärt worden ist, nicht beachten (BGH, GRUR 2001, 1174 (1175) - Berühmungsaufgabe).
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c) Da zwischen den Parteien der bisherige Empfängerkreis unstreitig ist, die Klägerin also um die bisherigen Empfänger des streitgegenständlichen Berichts weiß, ist der Auskunftsanspruch - wie ausgeführt - schon deshalb unbegründet. Das hat das Landgericht zutreffend entschieden und begründet. Die Anschlussberufung hat auch deshalb keinen Erfolg.
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2. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91 Abs. 1, 344 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Ziff. 10, 713 ZPO.
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