Beschluss vom Oberlandesgericht Köln - 11 U 116/13

Tenor

I.

Der Senat beabsichtigt, die Berufung nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil die Voraussetzungen in § 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 4 ZPO vorliegen.

Das Rechtsmittel hat offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, weil eine Verletzung der Bauüberwachungspflicht des Beklagten nicht bewiesen hat.

Der die Bauaufsicht führende Architekt ist nicht verpflichtet, sich ständig auf der Baustelle aufzuhalten. Er muss jedoch die Arbeiten in angemessener und zumutbarer Weise überwachen und sich durch häufige Kontrollen vergewissern, dass seine Anweisungen sachgerecht erledigt werden. Bei wichtigen oder bei kritischen Baumaßnahmen, die erfahrungsgemäß ein hohes Mängelrisiko aufweisen, ist der Architekt zu erhöhter Aufmerksamkeit und zu einer intensiveren Wahrnehmung der Bauaufsicht verpflichtet. Besondere Aufmerksamkeit hat der Architekt auch solchen Baumaßnahmen zu widmen, bei denen sich im Verlauf der Bauausführung Anhaltspunkte für Mängel ergeben (vgl. etwa BGH NJW 2001, 965 = NZBau 2001, 213; OLG Köln NZBau 2013, 375, 377). Der Beweis für die Pflichtverletzung obliegt grundsätzlich dem Auftraggeber. Allerdings kann der Nachweis einer Pflichtverletzung durch einen  Anscheinsbeweis erleichtert werden (BGH NJW 2002, 2708). Dies ist dann der Fall, wenn im Hinblick auf Art, Schwere und Erkennbarkeit der Mängel ein typischer Geschehensablauf anzunehmen ist, der dafür spricht, dass die Überwachung durch den Architekten mangelhaft ist (BGH NJW 2009, 582 Rn. 13; OLG Köln NZBau 2013, 375 = BauR 2013, 832 jew. m.w.N.). Dann ist es Sache des Architekten, diesen Anscheinsbeweis zu erschüttern und darzutun, dass er hinreichende Überwachungsleistungen erbracht hat.

Unter Anwendung dieser Grundsätze hat das Landgericht eine Schadensersatzverpflichtung des Beklagten mit zutreffender Begründung verneint. Zwar war die von dem Beklagten zu überwachende Dachsanierung eine kritische und risikoträchtige Bauleistung, die einer intensiven Überwachung bedurfte. Der Beklagte macht aber geltend, er sei während der Sanierungsarbeiten ganztäglich auf der Baustelle anwesend gewesen und habe regelmäßig den Fortgang der Dachsanierungsarbeiten begutachtet. Dabei habe er keinerlei Anlass zu Beanstandungen der Arbeitsweise gefunden. Die Klägerin meint demgegenüber, sie brauche nicht darzulegen, inwieweit es der Beklagte im Einzelnen konkret an der erforderlichen Überwachung habe fehlen lassen, für eine Verletzung der Bauüberwachungspflicht spreche ein Anscheinsbeweis. Die von dem sachverständigen Zeugen Q festgestellten Ausführungsmängel gestatten nach ihrer Art, Schwere und Erkennbarkeit jedoch nicht den Beweis eines ersten Anscheins dafür, dass der Beklagte seiner Bauüberwachungspflicht nicht ausreichend nachgekommen wäre. Das hat das Landgericht unter Würdigung der Ausführungen des Sachverständigen T im Einzelnen ausgeführt. Die Berufung zeigt keine konkreten Anhaltspunkte auf, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit dieser Beweiswürdigung begründen könnten (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Nach der überzeugenden, an die Feststellungen des sachverständigen Zeugen Q anknüpfenden Ausführungen des Sachverständigen T kann nicht angenommen werden, dass die Wasserblasen und der Verschub der Dämmplatten zum Zeitpunkt der Bauarbeiten oder der Abnahme erkennbar waren. Die von den sachverständigen Zeugen Q dokumentierten Verklebungs- und Verschweißungsmängel sind nicht in einer Häufung aufgetreten, die den Schluss gestatten würde, der Beklagte habe die ihm obliegende Bauaufsicht verletzt. Nach der überzeugenden Einschätzung des Sachverständigen T genügt bei einer Baumaßmahme, mit der  – wie  hier – eine Fachfirma beauftragt gewesen ist, dass sich der Architekt die Arbeiten etwa zweimal täglich ansieht, wobei er  erkannten Fehlern freilich unverzüglich nachgehen muss. Er könne – so der Sachverständige  - nach den Angaben des sachverständigen Zeugen Q nicht feststellen, dass schon während der Durchführung der Arbeiten erkennbare Mängel vorhanden gewesen seien und dem Beklagten hätte auffallen müssen, dass nicht vollflächig verklebt bzw. an manchen Stellen nicht geschweißt worden sei. Hiergegen erinnert die Berufung nichts Erhebliches. Der sachverständige Zeuge Q hat – worauf auch das Landgericht richtig verweist - nur punktuelle Feststellungen vorgenommen, die zur Anknüpfung eines Anscheinsbeweises nicht ausreichen. Der Hinweis in der Berufungsbegründung, der sachverständige Zeuge Q habe an dreizehn verschiedenen Stellen der unteren Dachebene Mängel festgestellt, trägt schon deshalb nicht, weil es sich um punktuelle und verschiedenartige Mängel handelt, von denen sich gerade nicht feststellen lässt, dass sie bereits bei der Bauüberwachung erkennbar gewesen sein müssten. Unter diesen Umständen hat der Beklagte die  Erfüllung der gebotenen Bauüberwachung hinreichend dargetan, so dass es Sache der Klägerin gewesen wäre, die Verletzung einer Bauüberwachungspflicht konkret zu belegen.

II.

Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb von drei Wochen seit Zugang dieses Beschlusses. Die Frist kann nach § 224 Abs. 2 ZPO nur verlängert werden, wenn der Gegner zustimmt oder erhebliche Gründe glaubhaft gemacht werden. Auf die Möglichkeit einer kostengünstigeren Zurücknahme des Rechtsmittels wird hingewiesen (Nr. 1222 Kostenverzeichnis zu § 3 Abs. 2 GKG).


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