Beschluss vom Oberlandesgericht Köln - 5 U 71/14
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 8. April 2014 verkündete Urteil der 25. Zivilkammer des Landgerichts Köln – 25 O 208/11 - wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Kläger auferlegt.
Das angefochtene Urteil und dieser Beschluss sind vorläufig vollstreckbar.
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G r ü n d e :
2Die Berufung des Klägers wird gemäß § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO zurückgewiesen, weil sie keine Aussicht auf Erfolg hat, weil der Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung zukommt und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Senats aufgrund mündlicher Verhandlung nicht erfordern, und weil auch aus sonstigen Gründen eine Entscheidung aufgrund mündlicher Verhandlung nicht geboten ist. Zur Begründung wird auf den Senatsbeschluss vom 10. November 2014 (Bl. 208 ff. d. A.) Bezug genommen (§ 522 Abs. 2 Satz 3 ZPO).
3Mit seiner Stellungnahme vom 10. Dezember 2014 (Bl. 218 = 217 d. A.) wiederholt der Kläger teilweise – wenn auch mit etwas modifizierter Akzentuierung – seinen bisherigen Vortrag, mit dem sich der Senat bereits umfassend in seinem Hinweisbeschluss befasst hat. Insoweit und auch unter Berücksichtigung der zusätzlich von dem Kläger vorgetragenen neuen Gesichtspunkte und nach nochmaliger eingehender Prüfung des gesamten Akteninhalts rechtfertigt die Stellungnahme eine abweichende Beurteilung der Sach- und Rechtslage nicht und bietet lediglich Veranlassung für folgende ergänzende Anmerkungen:
4Soweit der Kläger sich gegen die Beurteilung wehrt, dass sein Antrag auf mündliche Anhörung des Sachverständigen der Prozessverschleppung diene, ist sein Vorbringen nicht nachvollziehbar. Denn auf Prozessverschleppung hat der Senat in seinem Hinweisbeschluss vom 10. November 2014 nicht abgestellt. Vielmehr hat der Senat in dem Beschluss vom 10. November 2014 darauf hingewiesen, dass er den Antrag des Klägers auf ergänzende mündliche Anhörung des Sachverständigen für rechtsmissbräuchlich hält. Gegen diese Beurteilung wehrt sich der Kläger in seiner Stellungnahme vom 10. Dezember 2014 ohne Erfolg:
5Denn Gerichte sind zwar in der Tat nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung grundsätzlich verpflichtet, dem Antrag einer Prozesspartei auf ergänzende mündliche Anhörung des von ihm [dem Gericht] beauftragten Sachverständigen nach schriftlicher Gutachtenerstattung zu entsprechen [vgl. statt vieler Entscheidungen etwa: BVerfG Beschluss vom 6. März 2013, 2 BvR 2918/12, NJW-RR 2013, 626, Juris-Rn. 19 – 21; BGH, Beschluss vom 22. Mai 2007, VI ZR 233/06, NJW-RR 2007, 1294, Juris-Rn. 3 – st. Rspr.]. Entgegen der beim Kläger offenbar bestehenden Vorstellung bedeutet dies indes nicht gewissermaßen automatisch, dass dem Anhörungsantrag einer Prozesspartei ausnahmslos immer entsprochen werden müsste. Vielmehr ist dies nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung dann nicht der Fall, wenn der Antrag rechtsmissbräuchlich ist oder der Prozessverschleppung dient [BVerfG und BGH, jeweils a. a. O.]. Und ein solcher Ausnahmefall liegt hier vor. Zwar war der Antrag des Klägers nicht durch die Absicht, den Prozess zu verschleppen, motiviert. Aus den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung ist der Anhörungsantrag des Klägers indes rechtsmissbräuchlich. Nach seinem eigenen Vorbringen in seinem erstinstanzlichen Schriftsatz vom 23. Dezember 2013 ist es dem Kläger darum gegangen, dass seine Eltern dem Gericht die Vorgänge in der Nacht vom 15. auf den 16. Juni 2007 aus ihrer Sicht schildern, damit nicht ausschließlich die Behandlungsdokumentation der Beklagten, sondern auch die Sicht seiner Eltern Grundlage der Begutachtung und Entscheidung wird. Dieses Anliegen ist für sich genommen durchaus legitim. Es nötigt indes nicht zwingend zu einer Anhörung des Sachverständigen. Denn dieser kann zu der Klärung der Frage, wie sich die Dinge in der fraglichen Nacht zugetragen haben, nichts beitragen. Es ist vielmehr Aufgabe des Gerichts, dem Sachverständigen insoweit die Anknüpfungstatsachen für seine Begutachtung vorzugeben. Dabei ist grundsätzlich von den Behandlungsunterlagen des behandelnden Arztes auszugehen. Denn diesen ist Vertrauen zu schenken, wenn sie zeitnah erstellt worden und vollständig sind und keine Umstände vorliegen, die Zweifel an ihrer Zuverlässigkeit begründen [BGH, VersR 1978, 542, Juris-Rn. 24 – st. Rspr.; vgl. hierzu auch etwa BGH, NJW 1981, 2002, Juris-Rn. 19; BGH, VersR 1978, 542]. Solche Umstände, die Zweifel an der Zuverlässigkeit der Behandlungsunterlagen der Beklagten hätten begründen können, lagen zunächst nicht vor, so dass es korrekt war, dass das Landgericht dem Sachverständigen in dem Beweisbeschluss vom 14. September 2012 vorgegeben hat, die Begutachtung auf der Basis der Behandlungsunterlagen vorzunehmen. Ebenso war es auf den Schriftsatz des Klägers vom 23. Dezember 2013 hin korrekt, dass das Landgericht die Mutter des Klägers zu den Vorgängen in der Nacht vom 15. auf den 16. Juni 2007 persönlich angehört hat. Denn aus dieser persönlichen Anhörung hätten sich durchaus Zweifel an der Zuverlässigkeit der Behandlungsdokumentation der Beklagten und die Notwendigkeit ergeben können, dem Sachverständigen andere Anknüpfungstatsachen für seine Begutachtung vorzugeben und ihn um ergänzende Begutachtung auf der Basis dieser neuen Anknüpfungstatsachen zu bitten. Aus der persönlichen Anhörung der Mutter des Klägers haben sich indes auch für den Senat – ebenso wie für das Landgericht – keine Anhaltspunkte ergeben, die Zweifel an der Zuverlässigkeit der Behandlungsdokumentation der Beklagten hätten begründen können. Vielmehr stimmen die Dokumentation und die Bekundungen der Mutter des Klägers in einer Reihe von wesentlichen Punkten überein. Soweit die Darstellungen divergieren, besteht keine Veranlassung, an der Zuverlässigkeit der Dokumentation der Beklagten zu zweifeln. Vielmehr dürften diese Diskrepanzen auf der verständlichen und nachvollziehbaren nervlichen Anspannung der Mutter des Klägers in der konkreten, für den Kläger selbst und für seine Mutter sicherlich nicht einfachen Situation beruhen, worauf das Landgericht bereits zu Recht hingewiesen hat. So ist es insbesondere verständlich und gut nachvollziehbar, dass die Mutter des Klägers nach ihrem eigenen Bekunden die erfolgte Verabreichung von Schmerzmedikamenten nicht so genau mitbekommen hat. Bestanden aber auch nach der persönlichen Anhörung der Mutter des Klägers weiterhin keine Zweifel an der Zuverlässigkeit der Behandlungsdokumentation der Beklagten, war bzw. ist diese auch weiterhin der sachverständigen Begutachtung und rechtlichen Beurteilung zugrunde zu legen mit der Folge, dass es einer ergänzenden Befragung des Sachverständigen nicht bedurfte bzw. bedarf, weil dieser seine Begutachtung auf der Basis der Behandlungsdokumentation der Beklagten erstellt hat.
6Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 708 Nr. 10, §§ 711, 713 ZPO.
7Berufungsstreitwert: 8.000,00 Euro
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Referenzen
- ZPO § 711 Abwendungsbefugnis 1x
- ZPO § 713 Unterbleiben von Schuldnerschutzanordnungen 1x
- ZPO § 522 Zulässigkeitsprüfung; Zurückweisungsbeschluss 2x
- ZPO § 97 Rechtsmittelkosten 1x
- 25 O 208/11 1x (nicht zugeordnet)
- 2 BvR 2918/12 1x (nicht zugeordnet)
- VI ZR 233/06 1x (nicht zugeordnet)