Urteil vom Oberlandesgericht Köln - 6 U 195/18
Tenor
Die Berufung der Antragsgegnerin gegen das am 18.09.2018 verkündete Urteil der 33. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 33 O 5/18 - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass im Tenor der durch die angefochtene Entscheidung bestätigten einstweiligen Verfügung der Kammer vom 15.01.2018 (33 O 5/18) das zweite „insbesondere“ entfällt und es daher vor der Abbildung der konkreten Verletzungsform lautet:
„Die Antragsgegnerin hat es … zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr in der Bundesrepublik Deutschland das Zeichen „A B“ für (Einweg-)Geschirr … zu benutzen, insbesondere diese Waren unter dem Zeichen „A B“ herzustellen … oder diese Waren zu den vorgenannten Zwecken zu benutzen, wie nachfolgend abgebildet:
Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Antragsgegnerin auferlegt.
1
G r ü n d e
2I.
3Die Beteiligten vertreiben Einweggeschirr auf der Basis natürlicher Materialien.
4Die Antragstellerin, ein Unternehmen mit Sitz in der Schweiz, ist Inhaberin der IR-Unionsmarke (Wortmarke) „C“ mit Priorität zum 18.11.2005. Die Marke genießt Schutz für u.a. biologisch abbaubares Geschirr. Die Antragstellerin vertreibt unter dieser Marke u.a. in Deutschland über ihre Tochtergesellschaft D GmbH ein umfassendes Sortiment an biologisch abbaubaren Verpackungs- und Einwegprodukten.
5Die Antragsgegnerin bietet Einweggeschirr, Cateringutensilien und Lebensmittelverpackungen aller Art an, darunter ebenfalls ein großes Sortiment an Partyzubehör (Besteck, Becher, Schalen, Teller etc.). Seit 2003 erfolgt der Vertrieb ihrer Produkte unter Verwendung des Wortes „A“ in der Produktbezeichnung, wie etwa in den Produktfamilien „ABake“ und „APlastic“.
6Die Muttergesellschaft der Antragsgegnerin ist Inhaberin der am 29.03.2017 eingetragenen IR-Unionsmarke
7.
9Die Antragsgegnerin nutzte dieses Zeichen in ihrem Internetkatalog zum Vertrieb ihres Partyzubehörs wie folgt:
10Die Antragstellerin, die von dieser Werbung am 18.12.2017 Kenntnis erhalten hat, hält die Verwendung des Wort-Bild-Zeichens und der Domain für markenrechtswidrig. Es bestehe eine erhebliche Verwechslungsgefahr zu ihrem Zeichen.
12Die Antragsgegnerin hat unter dem 15.01.2018 gegen die Antragsgegnerin eine einstweilige Verfügung erwirkt, mit der der Antragsgegnerin antragsgemäß unter Androhung der üblichen Ordnungsmittel untersagt worden ist, im geschäftlichen Verkehr in der Bundesrepublik Deutschland das Zeichen „A B“ für (Einweg-)Geschirr pp. zu benutzen, insbesondere diese Waren unter dem Zeichen „A B“ herzustellen pp., insbesondere wie oben abgebildet.
13Hiergegen hat die Antragsgegnerin Widerspruch eingelegt. Ein Verfügungsgrund liege nicht vor. Aufgrund offensichtlicher Schutzunfähigkeit der Antragsmarke fehle es an einem ausreichenden Rechtsschutzbedürfnis. Im Hinblick auf die erkennbare Intention, sie nach jahrelanger Koexistenz beim Eintritt mit neuen Produkten in den von der Antragstellerin nicht bedienten Privatkundenmarkt zu behindern, sei die Sache auch nicht dringlich. Ein Verfügungsanspruch bestehe ebenfalls nicht. Verwechslungsgefahr sei aufgrund der unterschiedlichen Produktmärkte und angesprochenen Verkehrskreise ohnehin ausgeschlossen und die Marke „C“ zudem nicht hinreichend kennzeichnungskräftig. Die streitgegenständlichen Zeichen seien einander auch nicht ähnlich. Das angegriffene Zeichen werde besonders durch seine grafische Gestaltung geprägt. Zudem enthalte es ein Apostroph, wodurch eine Verbindung zwischen den Wortbestandteilen „A“ und „B“ hergestellt werde und der Bestandteil „B“ das Zeichen gleichrangig mitpräge. Eine klangliche Ähnlichkeit zwischen den Zeichen bestehe nicht, da das angegriffene Zeichen ersichtlich englisch auszusprechen sei, während die Marke „C“ auf eine französische Wortherkunft hinweise. Zudem bestehe ein absolutes Schutzhindernis nach § 22 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG. Schließlich sei die Markenanmeldung bösgläubig unter Verletzung ihres vorherigen Besitzstandes erfolgt. Da sie bereits seit dem Jahr 2005 die Bezeichnungen „ABake“ und „APlastic“ verwende, seien etwaige Ansprüche der Verfügungsklägerin nach § 21 MarkenG verwirkt.
14Mit Urteil vom 18.09.2018, auf das gemäß § 540 Abs. 1 ZPO Bezug genommen wird, hat das Landgericht die einstweilige Verfügung vom 15.01.2018 bestätigt.
15Mit ihrer Berufung hält die Antragsgegnerin das erstinstanzliche Begehren auf Aufhebung der einstweiligen Verfügung und Zurückweisung des auf ihren Erlass gerichteten Antrages aufrecht. Das Landgericht habe sowohl die Kennzeichnungskraft der Antragsmarke als auch das angegriffene Zeichen falsch beurteilt und daher die Verwechslungsgefahr auf unrichtiger Grundlage beurteilt. Die Kennzeichnungskraft der Antragsmarke fehle ganz oder sei bestenfalls sehr gering. Das angegriffene Zeichen lese der Verkehr eindeutig als „A´s B“ mit Apostroph. Das Zeichen sei nicht allein durch den Bestandteil „A´s“ sondern ebenso durch den Bestandteil „B“ sowie grafische Elemente geprägt. Außerdem erhebt die Antragsgegnerin die Einrede der mangelnden rechtserhaltenden Nutzung. Sie bestreitet nunmehr, dass die Antragsmarke in den letzten fünf Jahren vor dem 29.03.2017, d.h. vor der Anmeldung der Verletzungsmarke, ernsthaft benutzt wurde. Schließlich rügt die Antragsgegnerin, dass im Antrag und Tenor das Zeichen so wie es verwendet werde, aufzunehmen sei.
16Die Antragsgegnerin beantragt,
17das Urteil des Landgerichts Köln vom 18.09.2018, Aktenzeichen 33 O 5/18, abzuändern, die einstweilige Verfügung des Landgerichts Köln vom 15.01.2018, Aktenzeichen 33 O 5/18, aufzuheben und den auf ihren Erlass gerichteten Antrag zurückzuweisen.
18Die Antragstellerin beantragt,
19die Berufung zurückzuweisen,
20mit der Maßgabe, dass im Verfügungsantrag zu 1) das Wort „insbesondere“ entfällt, so dass der verbal formulierte Antrag zum Schluss (vor Einblendung der konkreten Verletzungsform) nur lautet „… zu besitzen, wie nachfolgend abgebildet:“.
21Die Antragstellerin verteidigt die angefochtene Entscheidung.
22II.
23Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Das Landgericht hat dem Antrag zu Recht und mit zutreffender Begründung stattgegeben. Die angefochtene Entscheidung ist lediglich entsprechend dem von der Antragstellerin im Berufungsverfahren klarstellend umformulierten Antrag insoweit neu zu fassen, als im Untersagungstenor das Wort „insbesondere“ vor der eingeblendeten konkreten Verletzungsform entfällt.
241. Die von Amts wegen zu prüfende internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte folgt aus Art. 125 Abs. 1 UMV. Die Antragsgegnerin ist im Inland ansässig.
252. Die Ausführungen des Landgerichts zum Bestehen eines Verfügungsgrundes werden mit der Berufung zu Recht nicht angegriffen. Entgegen der in erster Instanz vertretenen Ansicht der Antragsgegnerin fehlt es weder am Rechtsschutzbedürfnis noch an der Dringlichkeit, auch nicht unter dem Gesichtspunkt eines Rechtsmissbrauchs. Der umfassende Vortrag der Antragsgegnerin zu einem ihrer Ansicht nach unlauteren Verhalten der Antragstellerin ist für das vorliegende Markenverletzungsverfahren ohne Belang. Die Antragstellerin hat von der Verwendung der angegriffenen Zeichen erst am 18.12.2017 Kenntnis erhalten. Der Eilantrag ist, nach erfolgloser Abmahnung, bei Gericht am 12.01.2018 eingegangen.
263. Der Verfügungsanspruch folgt aus Art. 9 Abs. 2 lit. b) UMV. Danach hat der Inhaber einer eingetragenen Unionsmarke unbeschadet der von Inhabern vor dem Prioritätstag der Unionsmarke erworbenen Rechte das Recht, Dritten zu verbieten, ohne seine Zustimmung im geschäftlichen Verkehr ein Zeichen für Waren zu benutzen, wenn das Zeichen mit der Unionsmarke identisch oder ihr ähnlich ist und für Waren benutzt wird, die mit denjenigen identisch oder ihnen ähnlich sind, für die die Unionsmarke eingetragen ist, und für das Publikum die Gefahr einer Verwechslung besteht, die die Gefahr einschließt, dass das Zeichen mit der Marke gedanklich in Verbindung gebracht wird. Sind die Voraussetzungen des Art. 9 Abs. 2 UMV erfüllt, so kann insbesondere verboten werden, das Zeichen auf Waren oder deren Verpackung anzubringen sowie das Zeichen in der Werbung zu benutzen, Art. 9 Abs. 3 lit. a) und e) UMV.
27a) Soweit die Antragsgegnerin richtig darauf hinweist, dass in Antrag und Tenor das angegriffene Zeichen so wie es verwendet wird aufzunehmen ist, hat die Antragstellerin im Berufungsverfahren ihren Antrag klarstellend korrigiert und das Wort „insbesondere“ vor der Einblendung der konkreten Verletzungsform ausdrücklich herausgenommen. Damit hat die Antragstellerin ihrem von Anfang an erkennbaren tatsächlichen Begehren Rechnung getragen, die Verwendung der angegriffenen Zeichen so untersagen zu lassen, so wie sie in der konkreten Verletzungsform wiedergegeben sind, d.h. als Domain „AB.com“ und als Wort-Bild-Zeichen . Eine Teilantragsrücknahme ist mit der Streichung des „insbesondere“ nicht verbunden.
b) Die Antragstellerin ist Inhaberin der eingetragenen Unionsmarke „C“ mit Prioritätsdatum 18.11.2005. Die Marke genießt vorrangigen Schutz gegenüber der erst später angemeldeten und im März 2017 eingetragenen Unionsmarke der Muttergesellschaft der Antragsgegnerin .
c) Die Verwendung von „A B“ in der angegriffenen Werbung erfolgte markenmäßig im geschäftlichen Verkehr. Dies betrifft sowohl die Domain „AB.com“ als auch das Wort-Bild-Zeichen .
d) Zwischen der Antragsmarke und dem angegriffenen Zeichen besteht Verwechslungsgefahr.
31Die Prüfung der Verwechslungsgefahr erfordert eine Beurteilung des Gesamteindrucks des Zeichens aus der Sicht der angesprochenen Verkehrskreise. Die Frage, ob eine markenrechtliche Verwechslungsgefahr vorliegt, ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu beurteilen. Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen den in Betracht zu ziehenden Faktoren, insbesondere der Identität / Ähnlichkeit der Zeichen und der Identität / Ähnlichkeit der mit ihnen gekennzeichneten Waren sowie der Kennzeichnungskraft der älteren Marke, so dass ein geringer Grad der Ähnlichkeit der Waren durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Zeichen oder durch eine erhöhte Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt (ständige Rechtsprechung, s. z.B. BGH GRUR 2018, 461 - form-strip II, juris-Tz. 23, m.w.N.).
32Angesprochene Verkehrskreise für die Produkte der Parteien sind jeweils nicht nur die gewerblichen Zwischenhändler, sondern ebenso die Durchschnittsverbraucher, zu denen auch die Mitglieder des Senats gehören. Beide Beteiligte vertreiben ihre Waren auch an private Endabnehmer. Gegen die entsprechenden Feststellungen des Landgerichts, die auf den von der Antragstellerin zur Akte gereichten Unterlagen beruhen, sind mit der Berufung keine Einwände erhoben.
33aa) Die Antragsmarke „C“ steht in Kraft, so dass ihr nicht jegliche Kennzeichnungskraft abgesprochen werden kann. Entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin ist die Kennzeichnungskraft der Antragsmarke auch nicht nur äußerst gering, sondern vielmehr von Hause aus als durchschnittlich anzusehen. Der in der Phantasiebezeichnung „C“ für den angesprochenen Verkehrskreis erkennbar enthaltene Begriff „Natur“ ist für Verpackungs- und Einwegprodukten normal unterscheidungskräftig und auch dann nicht glatt beschreibend, wenn es sich um Produkte aus biologisch abbaubaren, besonders naturnahen Stoffen handelt. Wegwerfprodukte wie Einweggeschirr und Einwegbesteck stehen nämlich zunächst einmal im Gegensatz zum Begriff der Natur, und das Hervorrufen von Assoziationen durch den Begriff „Natur“ hinsichtlich der Merkmale der Ware stellt noch keinen unmittelbaren und sofortigen Zusammenhang zwischen dem als Marke eingetragenen Zeichen und der Ware her (vgl. insoweit EuGH GRUR-Int. 2012, 754 - E F Natur hat immer Stil / F selection, Rn. 78 f.). Für andere Produkte wie z.B. Körperpflegemittel oder Nahrungsmittel mag die Kennzeichnungskraft von „Natur“ im Zeichen anders zu beurteilen sein. Insoweit kann aus den von der Antragsgegnerin angeführten Beispielen für das vorliegende Verfahren nichts hergeleitet werden. Diese Verfahren betreffen jeweils andere Marken und andere Waren. Im Übrigen sind in den von der Antragsgegnerin angeführten Beispiele die Markenanmeldungen nicht im Wesentlichen deshalb zurückgewiesen worden, weil sie auf dem Begriff „Natur“ basierten, sondern weil es sich um sprachüblich gebildete Begriffe/Begriffskombinationen handelte mit einem unmittelbar erfassbaren Sinngehalt und einem konkreten Bezug zum angemeldeten Schutzbereich. Bei „C“ handelt es sich dagegen unstreitig um ein Phantasiewort. Dieses erlangt Unterscheidungskraft für die in Rede stehende Ware Einweggeschirr pp. nicht nur durch die ersten beiden Silben (NATUR), sondern auch die letzten beiden Silben (C); das Phantasiewort kann insgesamt die vage Assoziation „natürlich Cn“ erwecken.
34Für eine nachträgliche Schwächung oder Stärkung der Kennzeichnungskraft der Antragsmarke ist nichts dargetan oder sonst ersichtlich. Keine der von der Antragsgegnerin vorgetragenen Marken mit „A´s …“ kommt der Antragsmarke näher als die Verletzungsmarke und wird in der gleichen Branche benutzt.
35bb) Die hier kollidierenden Zeichen werden unstreitig für identische Waren benutzt.
36cc) Sowohl das Wort-Bildzeichen als auch die Domain „AB.com“ sind der Antragsmarke „C“ hochgradig ähnlich.
(1) Zu vergleichen sind die Zeichen „C“ und „A“ / „A“.
38Der Zusatz „.com“ in der Domain bleibt im Rahmen der Prüfung der Verwechslungsgefahr außer Betracht. Der angesprochene Verkehr erkennt ohne weiteres, dass die Top-Level-Domain nur eine technisch-funktionale Bedeutung hat.
39Bei Wort-Bildmarken orientiert sich der Verbraucher regelmäßig am Wortbestandteil und nicht an rein dekorativen bildlichen Elementen. Dies gilt auch hier. Soweit das angegriffene Zeichen grafische Elemente enthält, handelt es sich um einfache, wenig auffallende Verzierungen. Die schwachen Bildelemente sind für den kennzeichnenden Charakter unbedeutend und treten aus Sicht der Verbraucher hinter den Wortbestandteil vollständig zurück. Der Verbraucher merkt sich zur Individualisierung des Anbietenden weder die dünne farblich gestaltete gestrichelte Linie unter dem Wort „A“ noch dessen leicht bogenförmige Gestaltung noch das grüne Blatt oberhalb der Buchstaben „e“ und „s“.
40Insoweit, aber auch wegen des fehlenden Abstandes zwischen den Buchstaben „e“ und „s“ geht der Verbraucher nicht von einem Apostroph im Wort „A“ aus. Die Domain „AB.com“ enthält ohnehin kein Apostroph.
41Die Domain wird durch das fett hervorgehobene Wort „A“ geprägt, hinter dem „B“ zurücktritt. Entsprechendes gilt für die Wort-Bild-Marke. Das Wort „B“ tritt auch dort im Gesamt- und Erinnerungseindruck so in den Hintergrund, dass es bei der Prüfung der Verwechslungsgefahr außen vor zu bleiben hat. Der Begriff „B“ mag für Einweggeschirr/-besteck zwar nicht glatt beschreibend sein, hat aber jedenfalls so stark beschreibende Anklänge, dass der Verbraucher in dieser Angabe für Einweggeschirr keinen Hinweis mehr auf die Herkunft aus einem bestimmte Unternehmen sieht.
42Dass „B“ nicht das von der Antragsgegnerin angebotene Produkt Einweggeschirr pp. als solches umschreibt, sondern nur eine von mehreren seiner Verwendungsmöglichkeiten, steht der Feststellung des beschreibenden Charakters nicht entgegen. Beschreibend ist ein Zeichenbestandteil u.a. dann, wenn er im Verkehr zur Bezeichnung der Bestimmung oder sonstiger Merkmale der Ware dienen kann (s. Art. 7 Abs. 1 c) EGV 40/94 / § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG). Bestimmungsangaben sind Angaben über die typischerweise vorgesehene Verwendung der Ware, wobei es unerheblich ist, ob es sich um die einzige Nutzungsmöglichkeit handelt oder daneben weitere in Betracht kommen (Eichelberger in: Kur / v. Bomhard / Albrecht, Markenrecht, 2. Aufl., § 8 Rn. 199; Ströbele in: Ströbele/Hacker, MarkenG, 12. Aufl., § 8 Rn. 438). Als für den Verkehr bedeutsame und damit sonstige Merkmale der betroffenen Waren oder Dienstleistung kommen vor allem Umstände in Betracht, die sich auf positiv besetzte Vorstellungen des Publikums beziehen, worunter ebenfalls insbesondere Angaben zur Verwendbarkeit der betreffenden Ware fallen (Ströbele in: Ströbele/Hacker, MarkenG, 12. Aufl., § 8 Rn. 487; vgl. auch BPatG GRUR 1998, 719 - THE OUTDOOR CHANNEL, juris-Tz. 17). Im vorliegenden Fall bezeichnet „B“ aus Sicht des Verkehrs unmittelbar und ohne weiteres die bestimmungsgemäße Verwendung der von der Antragsgegnerin angebotenen Einwegprodukte für die Bewirtung bei Bs und Feierlichkeiten. Die Antragsgegnerin hat selbst ausgeführt, dass ihre neue Marke für eine Produktpalette von Tellern, Servierschalen, Essbesteck pp. für Picknicks, Empfänge, Feiern und Feste stehe, und sie hat diese Produktpalette ausdrücklich mit „G“ beworben.
(2) Zwischen den Zeichen „C“ und „A“ / „A“ besteht eine hochgradige Ähnlichkeit, sowohl in bildlicher Hinsicht als auch in klanglicher Hinsicht, wobei Ähnlichkeit in auch nur einem Wahrnehmungsbereich genügt, um die Zeichenähnlichkeit insgesamt zu bejahen.
44Die Zeichen sind in bildlicher Hinsicht in den ersten sieben Buchstaben und den ersten drei Silben identisch; das angegriffene Zeichen ist in der Antragsmarke vollständig enthalten. Die Zeichen unterscheiden sich nur in der Endung, d.h. den letzten beiden Buchstaben bzw. der letzten Silbe.
45In klanglicher Hinsicht sind die beiden Zeichen nahezu identisch. Der Verbraucher hat keine Veranlassung das Zeichen „A“ englisch und das Zeichen „C“ französisch auszusprechen. Bei deutscher Aussprache ist der Unterschied in der Endung - einem klanghaften „es“ bzw. „C“ mit mehr oder weniger scharfem „s“ - minimal. Dabei kommt die Ähnlichkeit sowohl in den ersten beiden Silben „NATUR“ als auch in der die Unterscheidungskraft der Antragsmarke mit begründende Endung „C“ zum Ausdruck. Insoweit geht der Einwand der Antragsgegnerin, ihr könne gemäß der „pjur/pure“ - Entscheidung des BGH (GRUR 2012, 1040, juris-Tz. 42), nicht untersagt werden, das Wort „Natur“ zu verwenden, schon im Ansatz fehl. Die Antragstellerin hat zudem in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ausdrücklich klargestellt, dass es ihr nicht darum gehe, der Antragsgegnerin generell die Benutzung oder Bezugnahme auf das Wort „Natur“ oder „A“ zu untersagen. Sie hat ausgeführt, sich gerade an der von den früheren Verwendungen (NaturBake, NaturPlastic) abweichenden Endung „es“ gestört zu haben.
46dd) Bei durchschnittlicher Kennzeichnungskraft der Antragsmarke, Warenidentität und hoher Zeichenähnlichkeit ist ohne weiteres Verwechslungsgefahr gegeben.
47e) Die von der Antragsgegnerin im Berufungsverfahren erhobene Einrede der mangelnden rechtserhaltenen Nutzung greift nicht. Die Antragstellerin hat schlüssig vorgetragen und durch eidesstattliche Versicherung ihres Geschäftsführers Eser vom 23.01.2019 glaubhaft gemacht, dass sie die Marke „C“ in der Europäischen Union seit dem Jahr 2006 bis heute für ein umfassendes Sortiment an Lebensmittelverpackungen und Einweggeschirr, insbesondere biologisch abbaubare Teller, Schalen, Platten, Becher, Tafelbesteck und Papierservierten benutzt, und dass die Bundesrepublik Deutschland zu einem der Hauptabsatzländer gehört.
48III.
49Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Das Urteil ist gemäß § 542 Abs. 2 ZPO mit seiner Verkündung rechtskräftig.
50Gegenstandswert für das Berufungsverfahren: 80.000 €
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