Beschluss vom Oberlandesgericht Karlsruhe - 16 UF 181/03

Tenor

1. Die Beschwerde der Antragstellerin gegen das Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Mannheim vom 05.08.2003 (Az.: 4D F 285/02) wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Antragstellerin.

3. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

4. Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 791,28 EUR festgesetzt.

Gründe

 
I. Das Amtsgericht Mannheim hat mit Verbundurteil vom 05.08.2003 die Ehe der Parteien geschieden und den Versorgungsausgleich in der Weise geregelt, dass es von dem Versicherungskonto des Antragsgegners bei der BfA Berlin auf das Versicherungskonto der Antragstellerin bei der BfA Berlin monatliche Rentenanwartschaften in Höhe von 8,68 EUR, bezogen auf den 31.10.2002 übertragen hat. Dabei hat es bei der Berechnung des Versorgungsausgleichs zu Gunsten der Antragstellerin eine Versorgungsanwartschaft bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte in Berlin in Höhe von 904,45 EUR, eine Lebensversicherung bei der A. Versicherungsgesellschaft in Höhe von 131,98 EUR (insgesamt 1.036,34 EUR) und zu Gunsten des Antragsgegners eine Rentenanwartschaft bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte in Berlin in Höhe von 983,16 EUR sowie eine Zusatzversorgung bei der ZVK-KVBW in Höhe von 70,53 EUR (insgesamt 1.053,69 EUR) berücksichtigt. Aufgrund dieser - unstreitigen - Zahlen hat das Amtsgericht eine Differenz in Höhe von 17,35 EUR und eine Ausgleichspflicht des Antragsgegners gem. § 1587 a Abs. 1 BGB in Höhe von 8,68 EUR festgestellt. Gegen dieses ihr am 12.08.2003 zugestellte Urteil hat die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 11.09.2003 - eingegangen beim OLG am gleichen Tage - Beschwerde eingelegt, die zum Ziel hat, dass die Anwartschaften der Antragstellerin bei der A. Lebensversicherung in Höhe von 131,89 EUR nicht in den Versorgungsausgleich miteinbezogen werden. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Die Parteien haben sich im Jahre 1996 getrennt. Zu diesem Zeitpunkt befand sich im Vermögen der Antragstellerin ein Geldbetrag in Höhe von 44.000 DM. Im Jahre 2001 erhielt die Antragstellerin als Versicherungsnehmerin eines Lebensversicherungsvertrages bei der D. einen Auszahlungsanspruch über die Ablaufsumme in Höhe von 45.000 DM. Zum Ausgleich eines dem Antragsgegner insoweit vermeintlich oder tatsächlich zustehenden Zugewinnausgleichsanspruchs einigten sich die Parteien darauf, dass der Antragsgegner die Ablaufsumme aus dem Lebensversicherungsvertrag der D. erhalten sollte. Der Betrag wurde daraufhin an den Antragsgegner ausgezahlt.
Zeitnah zur Trennung der Parteien im Jahre 1996 richtete die Antragstellerin bei der A. Lebensversicherungs AG ein sogenanntes Beitragsdepot mit einer Einmalzahlung in Höhe von 44.000 DM ein, welches sukzessive bis zum 31.05.2001 mit einem jährlichen Beitrag in Höhe von 8.727 DM zum Auffüllen des in den Versorgungsausgleich miteinbezogenen Rentenversicherungsvertrages eingesetzt wurde. Die Antragstellerin war der Ansicht, dass die Berücksichtigung dieses Rentenversicherungsvertrages im Versorgungsausgleich zu einer unbilligen Benachteiligung führen würde, da der Antragsgegner die Ablaufsumme des bei der D. geführten Lebensversicherungsvertrages in Höhe von 45.000 DM ungeteilt erhalten hatte und nunmehr über den Versorgungsausgleich an dem gleichwertigen Vermögensbestandteil der Antragstellerin nochmals zur Hälfte partizipieren würde.
Die Parteien schlossen daher bei Amtsgericht Mannheim in der mündlichen Verhandlung am 05.08.2003 einen gerichtlich protokollierten Vergleich, der unter anderem folgenden Wortlaut hat:
§ 1
Der Antragsgegner verzichtet auf die Einbeziehung der Anwartschaften der Antragstellerin bei der A. Lebensversicherungs AG zu seinen Gunsten; die Antragstellerin nimmt diesen Verzicht an.
Die Parteien sind sich darüber einig, dass im Übrigen der öffentlich-rechtliche Versorgungsausgleich durchgeführt werden soll.
§ 2
...
Das Amtsgericht Mannheim hat bei seinem Urteil am 05.08.2003 gleichwohl - wie dargelegt - die Rentenanwartschaft der Antragstellerin bei der A. Lebensversicherungs AG in Höhe von 131,89 EUR berücksichtigt. Zur Begründung hat das Amtsgericht ausgeführt, die nach § 1587 o BGB erforderliche Genehmigung des Vergleiches durch das Familiengericht sei zu versagen, da eine Nichtberücksichtigung der Rentenanwartschaften der Antragstellerin bei der A. Lebensversicherungs AG gegen § 1587 o Abs. 1 S. 2 BGB verstoße. Nach dieser Vorschrift dürften Vereinbarungen der Parteien weder unmittelbar noch mittelbar Anwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung begründet oder übertragen werden. Die Nichtberücksichtigung der Anwartschaften der Antragstellerin bei der A. Lebensversicherungs AG führe jedoch zu einer Erhöhung der Ausgleichspflicht des Antragsgegners auf 74,62 EUR. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Begründung des Urteils Bezug genommen.
Hiergegen wendet sich die Antragstellerin mit ihrer Beschwerde. Sie verweist auf eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 11.03.1992 (FamRZ 1992, 770), der zufolge eine zwischen den Parteien getroffene Regelung über den Ausgleich des Zugewinns bei der Durchführung des Versorgungsausgleichs nicht unberücksichtigt bleiben dürfe, da die beim Ausgleich des Zugewinns getroffene Einigung der Parteien sonst nachträglich auf den Kopf gestellt würde. Es dürfe nicht zu einer doppelten Partizipation eines Ehegatten am Vermögen des anderen dadurch kommen, dass ein Vermögensgegenstand sowohl im Rahmen des Zugewinnausgleichs als auch beim Versorgungsausgleich Berücksichtigung finde. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze vom 13.10.2003, vom 18.12.2003 und vom 09. Januar 2004 verwiesen.
II. Die nach §§ 629 a Abs. 2 S. 1, 621 e Abs. 1 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und damit zulässige Beschwerde ist unbegründet.
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Zu Recht hat das Amtsgericht die Genehmigung der Vereinbarung der Parteien zum Versorgungsausgleich gem. § 1587 o Abs. 1 S. 2 BGB versagt, da - wie das Amtsgericht zutreffend dargelegt hat - die Nichtberücksichtigung der Rentenanwartschaft der Antragstellerin bei der A. Lebensversicherung zu einer Erhöhung der Ausgleichspflicht des Antragsgegners von 8,67 EUR auf 74,62 EUR führt. Die Vereinbarung der Parteien würde also dazu führen, dass der Antragsgegner in weiterem Umfang ausgleichspflichtig würde als dies bei Berücksichtigung der Anwartschaft der Antragstellerin der Fall wäre. Dem steht § 1587 o Abs. 1 S. 2 BGB entgegen, denn eine Vereinbarung darf auch nicht mittelbar dazu führen, dass der aufgrund der gesetzlichen Regelung gebotene Versorgungsausgleich zu Gunsten des Ausgleichsberechtigten erhöht wird (BGH, FamRZ 1990, 384, 386), wenn er, wie hier, durch Übertragung von Rentenanwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung erfolgt.
11 
Dieser Beurteilung steht die Entscheidung des BGH vom 11.03.1992 (FamRZ 1992, 770; siehe auch OLG Köln, FamRZ 1996, 1549 für einen ähnlichen Sachverhalt) entgegen der Ansicht der Antragstellerin nicht entgegen. Der BGH hat in jener Entscheidung entschieden, dass Rentenanwartschaften beim Versorgungsausgleich in analoger Anwendung des § 1587 Abs. 1 S. 2 BGB nicht zu berücksichtigen sind, wenn sie mit Hilfe eines Vermögens begründet oder aufrecht erhalten worden sind, „über das der Zugewinnausgleich stattfindet“. Dieser Entscheidung lag zugrunde, dass die Ehefrau vor und nach Zustellung des Scheidungsantrages Rentenanwartschaften durch Zahlung freiwilliger Beträge erworben hatte. Hierfür setzte sie einen Geldbetrag ein, den ihr der Ehemann während der Ehezeit als vorzeitigen Zugewinnausgleich zur Verfügung gestellt hatte. Aus der Systematik des Zugewinnausgleiches ergab sich damit zwangsweise, dass ein Teil des wirtschaftlichen Wertes dieses Geldbetrages dem Ehemann über den Versorgungsausgleich wieder zugeflossen wäre, wenn die von der Ehefrau mit ihm erworbenen Rentenanwartschaften in den Versorgungsausgleich einzubeziehen gewesen wären. Dies hat den BGH veranlasst, solcherart erworbene Versorgungsanwartschaften in den Versorgungsausgleich gar nicht erst einzubeziehen.
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Indessen liegt der vorliegende Fall anders. Die Antragstellerin hat ihre Rentenanwartschaften bei der A. Versicherungs AG nicht mit Mitteln erworben, die ihr im Wege des vorzeitigen Zugewinnausgleichs zugeflossen sind. Abgesehen davon dass nach dem Vortrag der Antragstellerin die Parteien nicht einen vorzeitigen Zugewinnausgleich nach §§ 1385, 1386 BGB durchgeführt haben, ist nach der Darstellung der Antragstellerin davon auszugehen, dass sie sich selbst für zugewinnausgleichspflichtig gehalten hat. Die von ihr beanstandete wirtschaftliche Benachteiligung liegt im vorliegenden Fall darin, dass die Parteien eine außergerichtliche Vermögensauseinandersetzung vorgenommen haben, nachdem die Antragstellerin bereits ihre Rentenanwartschaften bei der A. Lebensversicherungs AG begründet hatte - dies geschah in den Jahren 1996 bis 31.05.2001 - und die Antragstellerin dabei möglicherweise nicht bedacht hat, dass im Falle der Scheidung ihre Rentenanwartschaften bei der A. Lebensversicherungs AG in den Versorgungsausgleich miteinbezogen werden würden.
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Die Begründung der Rentenanwartschaft der Antragstellerin bei der A. Lebensversicherung erfolgte daher bereits vor einer Vermögensauseinandersetzung der Parteien und nicht mit Mitteln, die sie als Zugewinnausgleich erhalten hat. Vielmehr haben die Parteien eine von ihnen als Zugewinnausgleich angesehene Vermögensauseinandersetzung vorgenommen, in welche sie auch ein dem Versorgungsausgleich unterfallendes Anrecht einbezogen haben und diese mit dem Vergleich vom 05.08.2003 bekräftigt. Damit haben sie gegen eine Gegenleistung der Antragstellerin von 45.000 DM ein dem Versorgungsausgleich unterliegendes Anrecht aus diesem herauszunehmen versucht. Dies ist, wie erwähnt, aber nur dann möglich, wenn es nicht zu einer Erhöhung des Ausgleichsbetrages der in der gesetzlichen Rentenversicherung zu übertragenden Anrechte führt. Möglich wäre eine solche Vereinbarung nur, wenn sie zu einer Herabsetzung des Ausgleichsbetrages führen würde (und die Gegenleistung geeignet und angemessen ist; § 1587 o Abs. 2 S. 4 BGB). Die vom BGH vorgenommene ausdehnende Auslegung des § 1587 Abs. 1 S. 2 BGB ist deshalb auf den vorliegenden Sachverhalt nicht anwendbar.
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Die Beschwerde war daher mit der Kostenfolge des § 97 ZPO zurückzuweisen
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Die Festsetzung des Gegenstandswertes beruht auf § 17 GKG [(74,62 - 8,68) * 12 = 791,28 EUR].

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