Beschluss vom Oberlandesgericht Karlsruhe - 2 UF 10/05

Tenor

Der Klägerin wird ratenfreie Prozesskostenhilfe für die beabsichtigte Berufung gegen das Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Baden-Baden vom 17.12.2004 (6 F 58/04) bewilligt, soweit sie einen Anspruch auf Trennungsunterhalt in Höhe von 511 EUR monatlich geltend macht.

Ihr weiter gehendes Prozesskostenhilfegesuch wird zurückgewiesen.

Im Umfang der Bewilligung wird ihr RA ... beigeordnet.

Gründe

 
I. Gegenstand des Verfahrens sind Ansprüche der Klägerin auf Trennungsunterhalt und Unterhalt für das gemeinsame Kind A., geboren am ... 1994. Aus der Ehe ist ein weiteres Kind K., geboren am ... 1991, hervorgegangen. In Abweichung von einer ursprünglichen Vereinbarung, dass jeder Elternteil ein Kind betreuen sollte, betreuen die Eltern im Wechsel jeweils beide Kinder zusammen.
Das Amtsgericht hat den Beklagten zur Zahlung von 224 EUR Trennungsunterhalt und 124,50 EUR Kindesunterhalt für A. monatlich verurteilt. Dabei hat es der Klägerin ein fiktives Einkommen aus zumutbarer Halbtagstätigkeit in Höhe von 800 EUR netto zugerechnet.
Die Klägerin beabsichtigt, gegen dieses Urteil Berufung einzulegen, um ihre Forderung auf 710 EUR Trennungsunterhalt und 252 EUR Kindesunterhalt für A. weiter zu verfolgen.
Der Beklagte hat gegen dieses Urteil Berufung eingelegt und erstrebt die Abweisung der Klage.
II . Die Berufung der Klägerin hat nur teilweise Aussicht auf Erfolg im Sinne von § 114 ZPO.
Nach dem bisherigen Sach - und Streitstand ist von hälftiger Betreuung der Kinder durch beide Elternteile und damit einem echten Wechselmodell auszugehen. Beide Parteien haben deshalb im gleichen Umfang für den Barunterhalt und den Betreuungsunterhalt der Kinder aufzukommen.
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Fraglich ist, wie sich das Wechselmodell auf den Kindesunterhalt auswirkt, der bei der Berechnung des Ehegattenunterhalts vorweg abzuziehen ist. Grundsätzlich besteht – bei Leistungsfähigkeit beider Elternteile - eine anteilige Barunterhaltspflicht beider Elternteile. Überwiegend wird es in diesen Fällen als i. d. R. angemessen angesehen, den Bedarf des Kindes zunächst wie beim Volljährigen, der noch bei einem Elternteil lebt, aus dem zusammengerechneten Einkommen beider Eltern zu ermitteln und eine anteilige Haftung nach § 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB durchzuführen. Sodann wird berücksichtigt, dass das minderjährige Kind - eben im Unterschied zum Volljährigen - von jedem Elternteil bereits Naturalunterhalt in gleichem Umfang erhält; dieser in Natur gedeckte Anteil des Unterhaltsbedarfs wird geschätzt und auf den zuvor berechneten Haftungsanteil jeweils angerechnet (so OLG Düsseldorf NJW 2001, 3344; auf diese Entscheidung Bezug nehmend Wendl/Scholz, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 6. Aufl., § 2 Rdnr. 316b; ebenso wohl FA-FamR/Gerhardt, 5. Aufl., 6. Kap. Rdnr. 154 i.V . Rdnr. 159, Lösung Fall c). Der Senat präferiert demgegenüber eine Berechnungsmethode, die sich unmittelbar an der Methode zur Bemessung des Kindesunterhalts im klassischen Modell – ein ausschließlich (§ 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB) betreuender Elternteil und nur ein barunterhaltspflichtiger Elternteil – orientiert. Hier ist allgemein anerkannt, dass die für die Unterhaltsbemessung nach § 1610 Abs. 1 BGB entscheidende Lebensstellung des Kindes von der Lebensstellung des barunterhaltspflichtigen Elternteils abgeleitet ist, sodass für die Bemessung des Barunterhalts auf die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des barunterhaltspflichtigen Elternteils abgestellt wird (vgl. u.a. Wendl/Scholz, a.a.O., 2 Rdnr. 108/109). Sind nun beim Wechselmodell beide (leistungsfähigen) Elternteile barunterhaltspflichtig, erscheint es dem Senat naheliegend, die Barunterhaltsverpflichtung beider Elternteile direkt aus dem sich aus ihrem jeweiligen Einkommen ergebenden hälftigen Tabellenunterhalt abzuleiten. Diese Berechnungsmethode entspricht – wie ausgeführt – systematisch der Berechnung im klassischen Modellfall und vermeidet darüber hinaus die Notwendigkeit der (mit vielen Schätzungsunwägbarkeiten belasteten) Wertbemessung des jeweils geleisteten Naturalunterhalts. Da bei entsprechender Wertbemessung des geleisteten Naturalunterhalts beide Berechnungsmethoden im Ergebnis nicht wesentlich differieren dürften, wird die Klägerin im Rahmen des Prozesskostenhilfeverfahrens durch die Senatsberechnung nicht unzulässig benachteiligt.
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