Beschluss vom Oberlandesgericht Karlsruhe - 2 Ws 48/15

Tenor

Der Antrag des Anzeigeerstatters M. vom 4. Februar 2015 auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts betreffend den Bescheid der Generalstaatsanwaltschaft K. vom 21. Januar 2015 - 7 Zs 2314/14 - wird als unzulässig verworfen.

Gründe

 
I.
Der Anzeigeerstatter beantragt mit Schreiben vom 04.02.2015, ihm für den beabsichtigten Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach § 172 Abs. 2 Satz 1 StPO gegen den Bescheid der Generalstaatsanwaltschaft K. vom 21.01.2015 Prozesskostenhilfe zu bewilligen sowie Rechtsanwalt M. aus L. beizuordnen. Hintergrund der Anzeige ist ein notarieller Kaufvertrag vom 04.02.2011 zwischen dem Anzeigeerstatter (Käufer) und der unter Betreuung stehenden B. (Verkäuferin) über ein Grundstück in R. Nachdem die Verkäuferin verstorben war, wurde der Beschuldigte, Rechtsanwalt Dr. R., im Nachlassinsolvenzverfahren zum Insolvenzverwalter bestellt. Dieser machte von seinem Wahlrecht Gebrauch, den Kaufvertrag mit dem Anzeigeerstatter nicht zu erfüllen. Infolgedessen kam es zu Streitigkeiten mit dem Beschuldigten, da er an dem Kaufvertrag festhalten wollte. Nachdem er den Beschuldigten des Betruges und der Unterschlagung bezichtigt hatte, fand gegen den Anzeigeerstatter am 14.02.2014 und 26.02.2014 beim Amtsgericht F. (35 Cs 220 Js 33881/12) eine Hauptverhandlung wegen des Vorwurfs der üblen Nachrede statt. Das Verfahren wurde in der Berufungsinstanz durch Beschluss des Landgerichts F. vom 29.09.2014 - 10 Ns 220 Js 33881/12 - nach § 153 Abs. 2 StPO eingestellt.
In dem letztgenannten Verfahren soll sich der Beschuldigte strafbar gemacht haben. Das Ermittlungsverfahren gegen ihn wurde durch Verfügung der Staatsanwaltschaft F. vom 10.12.2014 nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt.
II.
1. Der - nach §§ 114 ff. ZPO iVm § 172 Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 2 StPO grundsätzlich statthafte - Antrag ist bereits nach dem eigenen Vorbringen des Antragstellers unzulässig, da er selbst mitteilt, prozessunfähig zu sein. Diese Selbsteinschätzung ist - zu einer möglichen vermeintlichen verfahrensrechtlichen Besserstellung - nicht etwa vorgeschoben, sondern hinreichend wahrscheinlich objektiviert.
a) Das dem Senat vorliegende psychiatrische Gutachten des Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapie Prof. Dr. E., Universitätsklinikum F., vom 14.05.2014 (Verfahren Landgericht W. 4 T 11/13) kommt u.a. zu folgender Bewertung (Ziffer 4.4. des Gutachtens):
„Die Störung kann als psychiatrische Krankheit im juristischen Sinne, auch im Sinne des Betreuungsrechtes, verstanden werden. Im Rahmen der querulatorischen Entwicklung ist Herr M. nicht in der Lage, sich um Rechtsangelegenheiten zu kümmern. Er ist bezüglich dieser rechtlichen Handlungen geschäftsunfähig, da er sich nicht kritisch und perspektivisch auch mit dem Gegenüber auseinandersetzen kann, von der Idee des Rechthabens eingenommen ist und hierzu keine kritische Stellung beziehen kann und so auch nicht selbstreflektiert handeln kann.“
b) In guter Übereinstimmung hiermit steht des Weiteren das psychiatrische Gutachten des Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. M., V., vom 29.06.2014 (Verfahren Amtsgericht K. 31 Cs 2070 Js 59114/13). Aufgrund dieses Gutachtens wurde der Anzeigeerstatter durch Urteil des Amtsgerichts K. vom 15.07.2014, rechtskräftig seit dem 23.07.2014, vom Vorwurf des Vortäuschens einer Straftat (§ 145d StGB) wegen sicherer Feststellung seiner Schuldunfähigkeit freigesprochen. Das Gericht kam unter Berücksichtigung des psychiatrischen Gutachtens zu der Feststellung, dass der Anzeigeerstatter an einer fortschreitenden, sich intensivierenden wahnhaften Störung leide, die sich mittlerweile als sogenannter Querulantenwahn (ICD 10: F 22.0) etabliert habe. Aufgrund dieser Störung, die sich aus einer paranoid gefärbten Persönlichkeitsstörung entwickelt habe, leide der Anzeigeerstatter an einem Verlust des Realitätsbezuges. Er verliere sich in Details und verarbeite Informationen verzerrt, wobei er Dinge uminterpretiere, sodass sie nicht mehr der Realität entsprächen. Er sei jedoch von dem, was er sage, überzeugt. Dabei habe er keine Zweifel an eigenen Vorstellungen und verstricke sich in Verschwörungstheorien. Auch sei er nicht in der Lage, seine Ideen einer objektivierenden Prüfung zu unterziehen und daraus entsprechende Schlussfolgerungen zu ziehen.
c) Ein bei der Staatsanwaltschaft F. gegen den Anzeigeerstatter anhängiges Ermittlungsverfahren wegen des Vorwurfes der Verleumdung - 260 Js 22135/12 - wurde mit Verfügung vom 03.02.2015 nach § 170 Abs. 2 StPO ebenfalls wegen Schuldunfähigkeit eingestellt.
2. Einen Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe kann nur ein Prozessfähiger stellen, da es sich um eine Prozesserklärung handelt, die nach den anzuwendenden Regeln der ZPO Rechtswirkungen nur bei Abgabe durch eine prozessfähige Person auslösen kann (§ 51 Abs. 1 ZPO; Senat, Beschluss vom 05.12.2014 - 2 Ws 431-432/14); mithin müsste der gesetzliche Vertreter handeln (OLG Düsseldorf wistra 1989, 120; OLG Hamburg NJW 1966, 1934; KG Berlin JR 1960, 29; SK-StPO/Wohlers, 4. Aufl., § 172 Rn. 65; LR-Graalmann-Scheerer, StPO, 26. Aufl., § 172 Rn. 46; KK-Moldenhauer, StPO, 7. Aufl., § 172 Rn. 17; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 57. Aufl., § 172 Rn. 21a; vgl. auch OLG Stuttgart NStZ 2010, 654).
Diese Rechtsauffassung steht - jedenfalls bei der vorliegenden Konstellation - nicht im Widerspruch zur Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 06.12.2013 - V ZR 8/13 (FamRZ 2014, 553). Danach muss das Prozessgericht einer prozessunfähigen Person, die keinen gesetzlichen Vertreter hat, ihr Gelegenheit geben, für eine ordnungsgemäße Vertretung zu sorgen, bevor es ihre Klage als unzulässig abweist; dabei hat es auf das Fehlen ihrer ordnungsgemäßen Vertretung (§ 51 ZPO) und die Möglichkeit zur Behebung des Mangels durch die Bestellung eines Betreuers nach § 1896 BGB hinzuweisen, dessen Aufgabenkreis auf die Führung des Rechtsstreits beschränkt werden kann (BGH, aaO, juris Rn. 20).
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Im Unterschied zu jener Entscheidung steht vorliegend schon nach dem eigenen Vorbringen des Anzeigeerstatters fest, dass diesem seit längerer Zeit bekannt ist, dass es bei ihm an der Prozessfähigkeit fehlt. Auch in früheren bei dem Senat anhängigen Klageerzwingungsverfahren hat er diesen Umstand bereits ausdrücklich vorgetragen. Angesichts dessen hätte für ihn schon zuvor Anlass bestanden, sich für diesen Rechtsstreit vorsorglich um die Bestellung eines Betreuers zu bemühen (vgl. BGH, aaO, juris Rn. 22). Dabei kommt hinzu, dass der Anzeigeerstatter früher schon einmal unter Betreuung gestanden hat (Amtsgericht S., Verfahren XVII 49/12), sodass ihm dieses Rechtsinstitut wohlvertraut ist. Aus diesem Grund war es im Unterschied zur Sach- und Rechtslage in dem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall nicht geboten, den Anzeigeerstatter zunächst auf die Möglichkeit der Bestellung eines Betreuers hinzuweisen.
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Im Hinblick darauf kann dahin gestellt bleiben, ob sich der Anzeigeerstatter einer möglichen Bestellung eines Betreuers für dieses Verfahren nicht ohnehin widersetzen würde (vgl. BGH, aaO, juris Rn. 23). Dies läge keineswegs fern, nachdem es in dem gegenwärtig anhängigen Verfahren des Amtsgerichts S. XVII 1/15 immerhin der Fall ist. Berücksichtigt man darüber hinaus das Vorbringen des Anzeigeerstatters unter Heranziehung der Aktenlage wäre darüber hinaus höchstwahrscheinlich anzunehmen, dass ein Betreuer einen Antrag in einem Klageerzwingungsverfahren ohnehin nicht genehmigen würde (vgl. hierzu BGHZ 110, 294, juris Rn. 20).
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3. Die obligatorische Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse wird nicht vorgelegt (§ 117 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 4 ZPO iVm § 172 Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 2 StPO), was ebenfalls zur Unzulässigkeit des Antrages führt (KK-Moldenhauer, aaO, Rn. 51 a.E.).
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4. Der Antrag entspricht auch nicht den inhaltlichen Darlegungsanforderungen. Wenngleich diese beim Prozesskostenhilfeantrag im Vergleich zum Klageerzwingungsantrag reduziert sind, muss gleichwohl auch hier das Streitverhältnis unter Angabe der Beweismittel dargestellt werden (§ 117 Abs. 1 Satz 2 ZPO iVm § 172 Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 2 StPO). Es müssen also, damit der Senat die Erfolgsaussicht der beabsichtigten Rechtsverfolgung beurteilen kann, der Sachverhalt in knapper Form wiedergegeben und die Beweismittel genannt werden (SK-StPO, aaO, § 172 Rn. 64; KK-Moldenhauer, aaO, Rn. 51; Meyer-Goßner/Schmitt, aaO, Rn. 21a a.E.). Dies ist bei dem gestellten Antrag ersichtlich nicht der Fall.

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