Auf die sofortige Beschwerde des Untergebrachten wird der Beschluss des Landgerichts Heidelberg vom 11.8.2016 aufgehoben.
Die Sache wird zu erneuter Befassung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an das Landgericht Heidelberg zurückverwiesen.
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| Durch Urteil des Landgerichts S vom 26.1.2011, rechtskräftig seit 15.4.2011, und erneut durch Urteil des Landgerichts R vom 25.11.2014, rechtskräftig seit 3.12.2014, wurde die Unterbringung von A in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet. Die Maßregel wurde - nach vorausgegangener einstweiliger Unterbringung - zunächst im Zentrum für Psychiatrie (ZfP) X und seit dem 21.8.2013 im Psychiatrischen Zentrum Y (PZY) - vollzogen. |
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| Mit dem angefochtenen Beschluss vom 11.8.2016 ordnete das Landgericht Heidelberg erneut die Fortdauer der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an. Gegen diesen seiner Verteidigerin am 27.9.2016 zugestellten Beschluss legte der Untergebrachte am 28.9.2016 sofortige Beschwerde ein. |
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| Das gemäß §§ 454 Abs. 3 Satz 1, 463 Abs. 3 Satz 1 StPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsmittel hat auch in der Sache (vorläufigen) Erfolg, weil das Verfahren vor dem Landgericht Heidelberg mit einem durchgreifenden Verfahrensmangel behaftet ist. |
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| 1. Entgegen der mehrfach vom Untergebrachten aufgestellten Behauptung hat das Landgericht Heidelberg allerdings seinen Befangenheitsantrag gegen das mit der mündlichen Anhörung des Untergebrachten beauftragt gewesene Kammermitglied Vorsitzende Richterin am Landgericht K nicht übergangen. Vielmehr wurde das Ablehnungsgesuch mit Beschluss vom 5.8.2016 zurückgewiesen. Dieser Beschluss wurde nach Aktenlage sowohl dem Untergebrachten selbst als auch seiner Verteidigerin bekanntgemacht. |
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| Ebenso wenig ist es zu beanstanden, dass das Landgericht Anträgen des Untergebrachten auf Erhebung von Beweisen nicht nachgekommen ist. Zwar darf die Strafvollstreckungskammer im Hinblick auf den auch im Vollstreckungsverfahren geltenden Amtsermittlungsgrundsatz bestrittenes Vorbringen eines Verfahrensbeteiligten nicht ungeprüft übernehmen und muss erhebliches Vorbringen des Untergebrachten schon im Hinblick auf dessen verfassungsrechtlich verbürgten Anspruchs auf rechtliches Gehör im Verfahren und bei seiner Entscheidung berücksichtigen (Senat, Beschlüsse vom 20.10.2016 - 2 Ws 319/16 - und vom 22.6.2016 - 2 Ws 177/16, jew. juris). Der Umfang der dadurch mitbestimmten gerichtlichen Aufklärungspflicht richtet sich indes nach den Umständen des Einzelfalls. Insoweit ist zunächst festzuhalten, dass sich das Vorbringen des Untergebrachten weitgehend in pauschalen Anwürfen gegen die ärztlichen Behandler im Maßregelvollzug richtet, die ohne tatsächliche Konkretisierung einer Aufklärung nicht zugänglich sind. Soweit der Untergebrachte die Anhörung pflegerischen Personals zu der Behauptung, mit diesen keine Probleme zu haben, beantragt hat, ergibt sich dies auch aus der gutachterlichen Stellungnahme des PZY vom 30.6.2016, so dass es insoweit einer Beweiserhebung nicht bedurfte. Soweit der Untergebrachte die Darstellung in der genannten gutachterlichen Stellungnahme bestreitet, er habe dem Oberarzt mehrfach durch das Fenster oder vom Hof aus hasserfüllt vulgäre Beleidigungen zugerufen, hat der Oberarzt bereits mit der Unterzeichnung der gutachterlichen Stellungnahme die Richtigkeit der Darstellung aus seiner Sicht bestätigt, so dass durch seine Anhörung keine weiteren Erkenntnisse zu erwarten waren. |
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| Danach soll im Rahmen der Überprüfung nach § 67e StGB nach fünf Jahren vollzogener Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus das Gutachten eines anstaltsexternen Sachverständigen eingeholt werden, der weder im Rahmen des Vollzugs mit der Behandlung des Untergebrachten befasst war noch in dem psychiatrischen Krankenhaus arbeitet, in dem sich der Untergebrachte befindet. |
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| Vorliegend befindet sich der Untergebrachte seit der Rechtskraft des Urteils des Landgerichts S vom 26.1.2011 und damit seit mehr als fünf Jahren im Maßregelvollzug. Eine Begutachtung durch einen den Vorgaben des § 463 Abs. 4 Satz 2 StPO entsprechenden Sachverständigen ist in diesem Zeitraum nicht erfolgt. Soweit Überprüfungen nach § 67e StGB stattfanden, wurden jeweils nur gutachterliche Stellungnahmen der jeweiligen Maßregelvollzugseinrichtung eingeholt. Im Verfahren vor dem Landgericht Ravensburg wurde das psychiatrische Gutachten von Dr. Dr. F - Oberarzt im PZY, in dem sich der Untergebrachte seinerzeit befand - erstattet. |
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| Aus der Begründung des später verabschiedeten Regierungsentwurfs zum Gesetz zur Sicherung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus und in einer Entziehungsanstalt vom 16.7.2007 (BGBl. I S. 1327), durch das die Vorschrift des § 463 Abs. 4 StPO eingefügt wurde, ergibt sich zwar, dass damit Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 70, 297, 308; Kammerbeschluss vom 14.1.2005 - 2 BvR 983/04, EuGRZ 2005, 181; vgl. in neuerer Zeit auch NStZ 2013, 116; NStZ-RR 2014, 222) aufgegriffen wurde, die es unter dem Gebot der bestmöglichen Sachaufklärung für angezeigt hielt, von Zeit zu Zeit anstaltsfremde Sachverständige hinzuzuziehen, wenn sich die untergebrachte Person seit langer Zeit in ein und demselben Krankenhaus befindet (BT-Drs. 16/1110 S. 12). Die dann gegebene Gefahr von Routinebeurteilungen besteht zwar nicht in gleichem Maße, wenn der Untergebrachte - wie vorliegend - in verschiedenen Maßregeleinrichtungen untergebracht war und die Voraussetzungen der Unterbringung nochmals in einem Erkenntnisverfahren geprüft wurden. Der Gesetzgeber hat sich indes dafür entschieden, ungeachtet der näheren Umstände der Unterbringung nach fünf Jahren regelmäßig eine Begutachtung durch einen anstaltsexternen Sachverständigen vorzuschreiben. In der Begründung des Gesetzentwurfs wird dabei hervorgehoben, dass „erst die Hinzuziehung einer oder eines bisher nicht mit ihr [der untergebrachten Person] befassten Sachverständigen die nötige kritische Distanz zu den bisherigen Gutachten schaffen und damit die Prognosesicherheit des Gerichts entscheidend verbessern kann“ (Bt-Drs. 16/1110 S. 19). Nach dieser gesetzgeberischen Grundentscheidung vermag die gutachterliche Beurteilung des Untergebrachten durch Angehörige zweier verschiedener Krankenhäuser innerhalb von fünf Jahren seit dem Beginn der Unterbringung ein Abgehen von der Vorgabe des § 463 Abs. 4 Satz 1 und 2 StPO nicht zu rechtfertigen. |
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| Im Hinblick auf die nach der Einholung des Gutachtens eines anstaltsexternen Sachverständigen gesetzlich vorgeschriebenen mündlichen Anhörungen (§§ 454 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 Satz 3, 463 Abs. 3 Satz 3 StPO) ist die Sache deshalb unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses entgegen § 309 Abs. 2 StPO an das Landgericht zurückzuverweisen (Senat, Die Justiz 2011, 10; NStZ-RR 2016, 355). |
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| Für das weitere Verfahren weist der Senat darauf hin, dass - ungeachtet der oben skizzierten Reichweite der gerichtlichen Aufklärungspflicht - der Anspruch auf rechtliches Gehör gebietet, sich in den Gründen der Fortdauerentscheidung mit erheblichem Vorbringen des Untergebrachten auseinanderzusetzen. Werden die Darstellung der Maßregeleinrichtung zum Verlauf der Unterbringung von ihm bestritten oder die ärztlichen Bewertungen in Frage gestellt und will das Gericht gleichwohl der gutachterlichen Stellungnahme der Anstalt folgen, ist dies daher - in einem von den Umständen des Einzelfalls bedingten Umfang - zu begründen. Außerdem sind die maßgeblich durch verfassungsgerichtliche Rechtsprechung geprägten Anforderungen an die Darstellung und Begründung der Gefahrenprognose (BVerfGE 70, 297; FamRZ 2010, 532; NStZ-RR 2013, 72 ; RuP 2014, 50; StV 2014, 148) zu beachten, denen der angefochtene Beschluss nicht vollständig genügt. |
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