| 1. [Ausführungen zur Verbindung von Verfahren, hier nicht abgedruckt] |
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| 2. Die Beschwerde des Beteiligten ist zulässig und begründet. |
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| a. Die Beschwerde ist zulässig. Der Notar hat, wie ausgeführt, die Beschwerde im Namen des Beteiligten eingelegt, der als Grundstückseigentümer durch die Entscheidung des Grundbuchamts beeinträchtigt und damit beschwerdeberechtigt ist. |
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| b. Die Beschwerde ist auch begründet. Das Grundbuchamt hat zu Unrecht den Antrag des Beteiligten auf Löschung der im Grundbuch von W., Blatt X1 und X2, in Abt. II unter lfd. Nr. 1 eingetragenen Nacherbenvermerke zurückgewiesen. |
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| (2) Der erforderliche Antrag wurde gestellt. Der Beteiligte ist als Eigentümer antragsberechtigt gemäß § 13 Abs. 1 Satz 2 GBO und hat seinen Löschungsantrag vom 30.07.2020 durch den Notar F. mit Schreiben vom 05.08.2020 dem Grundbuchamt übermittelt. Der Notar hat dabei keinen eigenen Antrag, sondern lediglich - aufgrund § 15 Abs. 2 GBO zulässigerweise - den Antrag im Namen des Eigentümers gestellt. |
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| Der Antrag lässt das Begehren einer Eintragung, den Antragsteller und den Inhalt der begehrten Eintragung erkennen. Er ist schriftlich gestellt und von dem Beteiligten als Eigentümer unterschrieben. Der Antrag selbst unterliegt nicht den Formvorschriften des § 29 GBO (Demharter, GBO, 32. Aufl., § 30 Rn. 5; Meikel/Hertel, GBO, 12. Aufl., § 30 Rn. 13). |
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| (2) Die im Grundbuch als Nacherben eingetragenen und damit von der Löschung des Nacherbenvermerks Betroffenen (A. W., S. N., geb. W., und C. W.) haben am 09.02.2016 gemäß §§ 19, 29 GBO die Löschung bewilligt. Die Bewilligungserklärungen sind öffentlich beglaubigt gemäß § 129 Abs. 1 Satz 1 BGB. Sie sind schriftlich abgefasst, die Unterschriften wurden von dem Notar beglaubigt. Ersatznacherben gibt es im vorliegenden Fall nicht. |
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| (2) Zu Unrecht hat das Grundbuchamt die Löschung mit der Begründung abgelehnt, eine sog. isolierte Löschungsbewilligung sei unzulässig, da sie zur Unrichtigkeit des Grundbuchs führe. Es folgt dabei ohne nähere Begründung der als solcher gekennzeichneten Einzelmeinung in der Kommentierung von Zeiser in BeckOK/Hügel, GBO, 40. Ed., § 51 Rn. 116f.. |
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| (a) Die ganz herrschende Meinung geht davon aus, dass ein Nacherbenvermerk nicht nur bei Führen des Unrichtigkeitsnachweises, sondern auch bei einer Bewilligung durch den Nacherben und den Ersatzerben gelöscht werden kann (vgl. z. B. BGH NJW 2014, 1593 - juris, Rn. 10; OLG Karlsruhe, FamRZ 2019, 925 - juris; Demharter, GBO, 32. Aufl., § 51 Rn. 37; Meikel/Böhringer, GBO, 12. Aufl., § 51 Rn. 177; Bauer/Schaub, GBO, 4. Aufl., § 51 Rn. 116), und zwar unabhängig davon, ob die Nacherbfolge materiell-rechtlich fortbesteht oder nicht (Keller/Munzig, KEHE Grundbuchrecht - Kommentar, 8. Aufl., § 51 Rn. 42). Denn der Nacherbenvermerk dient ausschließlich dem Schutz des Nacherben und des Ersatznacherben (OLG Hamm, Rpfleger 2015, 15 - juris, Rn. 9; BeckOGK/Küpper, BGB, Stand 01.10.2021, § 2100 Rn. 265). Durch den Verzicht auf die Eintragung des Nacherbenvermerks verzichtet der Nacherbe zunächst lediglich auf die Wirkung des Nacherbenvermerks, so dass ein gutgläubiger Dritter das Grundstück frei vom Nacherbenrecht erwerben könnte (OLG Hamburg, FamRZ 2020, 1132 - juris, Rn. 46; OLG München, FamRZ 2017, 1268 - juris, Rn. 11; OLG Hamm, Rpfleger 2015, 15 - juris, Rn. 10; Meikel/Böhringer, GBO, 12. Aufl., § 51 Rn. 177; Staudinger/Avenarius, BGB (2019), § 2100 Rn. 112 und § 2113 Rn. 39). Der Verzicht auf diesen Schutz ist möglich, da der Nacherbe nach herrschender Meinung auch bereits auf die anfängliche Eintragung des Nacherbenvermerks verzichten kann (vgl. nur Staudinger/Avenarius, BGB (2019), § 2113 Rn. 39; Münchener Kommentar/Lieder, BGB, 8. Aufl., § 2100 Rn. 74; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 16. Aufl., Rn. 3512, 3506). |
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| (b) Die gegenteilige Auffassung, auf die sich das Grundbuchamt stützt, geht auf zwei Aufsätze von Bestelmeyer (Rpfleger 1994, 189ff. und 2015, 177ff.) zurück und wird im Wesentlichen nur von Zeiser in BeckOK/Hügel, GBO, 40. Ed. § 51 Rn. 116f. (ders. auch in Hügel, GBO, 4. Aufl., § 51 Rn. 116f.) vertreten. Diese Auffassung stützt sich auf die Überlegung, dass eine „isolierte Löschung des Nacherbenvermerks“ vor Eintritt des Nacherbfalls - also eine Löschung des Nacherbenvermerks trotz materiell-rechtlichen Fortbestehens der nacherbschaftlichen Bindung des betroffenen Grundstücks - zur Unrichtigkeit des Grundbuchs führe, dies jedoch einen Verstoß gegen das grundbuchverfahrensrechtliche Legalitätsprinzip darstelle und das Grundbuchamt hieran nicht mitwirken dürfe. Aus diesem Grund könne der Nacherbe weder anfänglich noch nachträglich auf die Eintragung des Nacherbenvermerks verzichten. |
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| (c) Im vorliegenden Fall kann offen bleiben, ob der unter (b) dargelegten Auffassung grundsätzlich nicht zu folgen ist. Jedenfalls werden im Regelfall deren Anknüpfungspunkte, nämlich dass es sich um eine isolierte Löschungsbewilligung handelt, durch deren Vollziehung das Grundbuch unrichtig wird, nicht mit den im Grundbuchverfahren geltenden Grundsätzen festzustellen sein. Dies gilt auch im vorliegenden Verfahren. |
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| (1) Zwar ist zutreffend, dass das Grundbuchamt nicht nur zur Beachtung der förmlichen Eintragungsvoraussetzungen, sondern auch zur Wahrung der Richtigkeit des Grundbuchs verpflichtet ist, und deshalb keine Eintragungen vornehmen darf, deren Unrichtigkeit ihm bekannt ist (BGHZ 106, 108 - juris, Rn. 22). Es darf daher einem Eintragungsersuchen nicht entsprechen, wenn schon aus den dem Ersuchen beigefügten Unterlagen hervorgeht, dass die begehrte Eintragung das Grundbuch unrichtig machen würde (BGH a. a. O.; vgl. auch Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 16. Aufl., Rn. 209; Demharter, GBO, 32. Aufl., Einl. Rn. 1; Meikel/Böttcher, GBO, 12. Aufl., § 19 Rn. 17). |
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| Dies bedeutet jedoch zum einen, dass die Zurückweisung eines Eintragungsantrags die sichere Kenntnis voraussetzt, dass das Grundbuch durch die beantragte Eintragung tatsächlich unrichtig wird (Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 16. Aufl., Rn. 209a; Meikel/Böttcher, GBO, 12. Aufl., Einl. D Rn. 68; § 19 Rn. 18). Bloße Vermutungen, dass die beantragte Grundbucheintragung zu einer dauernden Grundbuchunrichtigkeit führen könnte, rechtfertigen dagegen keine Beanstandung durch das Grundbuchamt (Demharter, GBO, 32. Aufl., Anh. zu § 13 Rn. 41; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 16. Aufl., Rn. 209a; Meikel/Böttcher, GBO, 12. Aufl., Einl D Rn. 73 und § 19 Rn. 20). |
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| Zum anderen sind Beurteilungsgrundlage für diese Feststellung zunächst neben dem Inhalt des Grundbuchs nur die eingereichten oder in Bezug genommenen Eintragungsunterlagen, wenn auch daneben Umstände, die dem Grundbuchamt auf andere Weise bekannt geworden sind oder auf der Lebenserfahrung beruhen, zu berücksichtigen sein können (vgl. BGHZ 35, 135 - juris, Rn. 13; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 16. Aufl., Rn. 209b). Mangels konkreter durch Tatsachen begründeter Zweifel besteht im Übrigen aber weder ein Recht noch die Pflicht des Grundbuchamts, die Übereinstimmung der Eintragung mit dem materiellen Recht zu prüfen (vgl. Demharter, GBO, 32. Aufl., Einl. Rn. 1, ders., § 13 Rn. 5 und Anhang zu § 13 Rn. 41; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 16. Aufl., Rn. 209b f. m. w. N.; Meikel/Böttcher, GBO, 12. Aufl., Einl D Rn. 73). Die Grundsätze des grundbuchrechtlichen Verfahrens gebieten die Beschränkung des Prüfungsmaßstabes auf eine Evidenzkontrolle. Nur so wird der Aufgabenverteilung zwischen dem Grundbuchamt und den Zivilgerichten hinreichend Rechnung getragen. Für eine umfassende Tatsachenaufklärung ist im Grundbuchverfahren kein Raum, materiell-rechtliche Fragen sind in einem Zivilprozess zwischen den Beteiligten abschließend zu klären (OLG Düsseldorf, FGPrax 2020, 256 - juris, Rn. 21 unter Verweis auf BGH NJW 2020, 610 - juris, Rn. 20 zu dem auf eine Evidenzkontrolle beschränkten Prüfungsmaßstab des Notars in Bezug auf die materiell-rechtliche Wirksamkeit einer beurkundeten Willenserklärung im Rahmen von § 53 BeurkG). Die GBO stellt mit der Normierung der §§ 19, 29 GBO das Interesse an einer beschleunigten Eintragung höher als das Interesse an einer vollständigen Richtigkeit des Grundbuchs (Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 16. Aufl., Rn. 209). |
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| (2) Auf dieser Grundlage wird jedoch in der Regel nicht mit Sicherheit festzustellen sein, ob es sich überhaupt um eine „isolierte Löschungsbewilligung“ handelt, durch deren Vollziehung das Grundbuch unrichtig wird. |
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| Das Vorliegen einer isolierten Löschung kann nicht schon dann angenommen werden, wenn aus der eingereichten Löschungsbewilligung und gegebenenfalls weiteren eingereichten Unterlagen deren Grund nicht hervorgeht. Daraus würde folgen, dass - wie hier im Ergebnis vom Grundbuchamt - mit der Löschungsbewilligung eine Darlegung der materiellen Rechtslage zu erwarten wäre, aus der der materiell-rechtliche Wegfall des Nacherbenrechts folgt. Dies widerspricht jedoch dem formellen Konsensprinzip. Dieses kommt in § 19 GBO zum Ausdruck kommt und entbindet das Grundbuchamt grundsätzlich von der Prüfung, ob die zum Eintritt einer Rechtsänderung notwendigen sachlichrechtlichen Erklärungen der Beteiligten vorliegen (Demharter, GBO, 32. Aufl., § 19 Rn. 1). Ein vom Grundbuchamt geforderter Vortrag würde in der Folge eine materiell-rechtliche Prüfung des Grundbuchamts gebieten, die hiermit nicht zu vereinbaren ist. Auch ein Erfahrungssatz, dass bei fehlender Darlegung eines Grundgeschäfts eine Löschungsbewilligung stets „isoliert“, also trotz fortbestehenden Nacherbenrechts, abgegeben wird, lässt sich nicht aufstellen. Im Gegenteil, es ist davon auszugehen, dass dem Löschungsantrag häufig eine Vereinbarung zwischen Vor- und Nacherbe zugrunde liegt, sei es über die Freigabe des Grundstücks aus der Nacherbenbeschränkung, sei es eine Zustimmung des Nacherben zu künftigen Veräußerungen. Nicht ohne Grund wird teilweise angenommen, dass mit der Bewilligung der Löschung des Nacherbenvermerks zugleich schlüssig die Einwilligung zu künftigen entgeltlichen Verfügungen erklärt wird (vgl. Staudinger/Avenarius, BGB (2019), § 2100 Rn. 112). |
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| Ebenso wenig kann angenommen werden, dass durch Vollziehung einer nicht mit Vortrag zu ihrem materiell-rechtlichen Hintergrund versehenen Löschungsbewilligung stets das Grundbuch unrichtig wird. Ebenso gut kann es sein, dass der Löschungsbewilligung z. B. eine zwischen Vor- und Nacherbe vereinbarte Freigabe des Grundstücks aus der Nacherbenbeschränkung zugrunde liegt. In diesem Fall würde das Grundbuch gerade nicht durch die Löschung des Nacherbenvermerks unrichtig; vielmehr wäre das Grundbuch bereits unrichtig geworden und das Grundbuchamt würde diesen Zustand bei Ablehnung der Löschung perpetuieren. |
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| (3) Auch im vorliegenden Fall verkennt das Grundbuchamt, indem es der unter (b) dargelegten Auffassung folgt und die Löschung mit der Begründung ablehnt, die vorgelegte Bewilligung schweige zur materiellen Rechtslage, den regelmäßigen Prüfungsumfang des Grundbuchamts sowie die Beweislastverteilung und überspannt damit die Anforderungen an den Inhalt der Löschungsbewilligung. Aus den vorgelegten Unterlagen ergeben sich gerade keine Anhaltspunkte, die den sicheren Schluss zulassen, dass die Nacherben lediglich eine isolierte Löschung erklärt haben und das Grundbuch durch die beantragte Löschung unrichtig wird. |
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| (2) Da die Voraussetzungen der Löschung vorliegen, wird daher das Amtsgericht - Grundbuchamt - Mannheim angewiesen, die in Ziff. 2 des Tenors genannten Nacherbenvermerke zu löschen. |
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