Beschluss vom Oberlandesgericht Koblenz (10. Zivilsenat) - 10 U 1120/10

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 16. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz vom 26. August 2010 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Gründe

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Der Senat hat mit Hinweisbeschluss gemäß § 522 Abs. 2 Satz 2 ZPO vom 28. Januar 2011 darauf hingewiesen, dass die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung habe, auch die Fortbildung des Rechts eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordere und die Berufung auch keine Aussicht auf Erfolg habe.

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Die Klägerin hat Einwendungen gegen die Zurückweisung der Berufung erhoben. Sie macht geltend, das Landgericht habe nur die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs aus dem Jahre 1983 angewandt und die neuere Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes von 1995 bei der Frage, ob die Klinik A. eine gemischte Anstalt sei, missachtet. Auch habe sich das Landgericht nicht mit allen Beweismitteln auseinandergesetzt, insbesondere nicht mit dem Grund des Verbandes der privaten Krankenversicherer für deren neuere Bewertung der Klinik A. als Krankenhaus und nicht mehr als gemischte Anstalt. Das Landgericht habe die Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Koblenz, dass ein Gericht aus eigener Sachkunde den Internetauftritt einer Klinik für die Frage des Vorliegens einer gemischten Anstalt bewerten könne, ohne die erforderliche Prüfung, ob diese Rechtsprechung auch für den vorliegenden Fall gelten könne, angewandt. Im Gegensatz zu dem dieser Senatsrechtsprechung zugrunde liegenden Fall seien im vorliegenden Rechtsstreit nämlich diverse Fachgutachten vorgelegt worden, die nach § 411 a ZPO hätten verwertet werden können und mit deren Inhalt sich das Landgericht nicht auseinandergesetzt habe.

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Bei der Klinik A. handele es sich tatsächlich nicht um eine gemischte Anstalt, da sie nur Patienten mit einem ärztlichen Attest für eine notwendige Krankenhausbehandlung und keine Rekonvaleszenten aufnehme und auch keine Kurbehandlungen durchführe. Die Wertung des Landgerichts, die Klinik weise auf ein umfassendes Kultur- und Sportprogramm hin, sei unzutreffend. So verfüge die Klinik nicht über einen Tennisplatz, sondern nur über einen Hochseilgarten, der jedoch kein Sportgerät sei, sondern der Durchführung von Verhaltenstherapie diene. Auch diverse Bewegungsangebote seien kein „Sportprogramm“, sondern gehörten als Bewegungstherapie zu einer normalen psychiatrischen Behandlung. Die auf der Internetseite der Klinik genannten Behandlungsformen seien in den somatischen Fachbereichen möglicherweise dem Rehabilitationsbereich zuzuordnen, jedoch für den Fachbereich „Allgemeine Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Neurologie“ als Krankenhausbehandlung notwendig und sogar gesetzlich vorgeschrieben. In der angefochtenen Entscheidung teile das Landgericht nicht mit, welche konkreten Behandlungsmaßnahmen es für Kurmaßnahmen halte.

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Die Rechtsfrage, ob es sich bei der Klinik A. um eine gemischte Anstalt im Sinne der Versicherungsbedingungen des Beklagten handele, könne erst nach Aufklärung der einer derartigen Wertung zugrunde liegenden Tatsachen beantwortet werden; diese Tatsachen könne das Gericht nicht aufgrund eigener Sachkunde entgegen den von der Klägerin vorgelegten Gutachten und ohne Einholung eines Sachverständigengutachtens feststellen. Dies gelte vor allem vor dem Hintergrund, dass sich aus den von der Klägerin vorgelegten Gutachten und Gerichtsurteilen ergebe, dass seit dem Jahre 2002 einheitlich die Auffassung vertreten werde, dass die von der Klinik A. angebotenen Behandlungen denen von Fachkrankenhäusern entsprächen und deshalb die Klinik A. keine gemischte Anstalt sei.

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Das Vorhandensein eines Seminarzentrums stehe dieser Wertung nicht entgegen, da die Seminare nicht für die Patienten angeboten würden, sondern der Schulung gesunder Menschen, wie Ärzten oder Therapeuten, dienten und Seminarräume auch in jedem Universitätskrankenhaus vorhanden seien.

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Zudem erfordere die Einheitlichkeit der Rechtsprechung eine Entscheidung des Senats durch Urteil und die Zulassung der Revision, weil das Oberlandesgericht Köln hinsichtlich der Frage, ob die Klinik A. eine gemischte Anstalt sei, andere Beweisregeln festgelegt habe als das Oberlandesgericht Koblenz in seiner von dem Landgericht herangezogenen Entscheidung (veröffentlicht in Versicherungsrecht 2008, 108). Die Rechtssache habe auch grundsätzliche Bedeutung, da eine Vielzahl gleich gelagerter und bereits rechtshängiger Fälle von der Frage der Einordnung der Klinik A. als gemischte Anstalt betroffen sei. Von grundsätzlicher Bedeutung sei auch, dass die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs aus dem Jahre 1983 naturgemäß nicht die medizinische Weiterentwicklung berücksichtige, die nunmehr auch die Psychotherapie als Heilbehandlung anerkenne.

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Der Senat sieht keine Veranlassung zu einer abweichenden Beurteilung. Er hält an seinem Hinweis fest und nimmt auf ihn auch zur Begründung seiner abschließenden Entscheidung Bezug (§ 522 Abs. 2 Satz 3 ZPO).

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Die Einwendungen der Klägerin gegen den Hinweisbeschluss des Senats stellen überwiegend eine Wiederholung ihres bisherigen Sachvortrags dar, insbesondere die Rügen, dass das Landgericht Beweisangebote übergangen habe, sich mit den vorgelegten Gutachten nicht auseinandergesetzt habe und fehlerhaft die Klinik A. aufgrund eigener Wertung als gemischte Anstalt im Sinne des § 4 Nr. 5 MB/KK 94 angesehen habe. Da insoweit kein neuer Sachvortrag der Klägerin vorliegt, wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Ausführungen des Senats im Hinweisbeschluss Bezug genommen. Ergänzend wird nochmals darauf hingewiesen, dass eine Auseinandersetzung des erkennenden Gerichts nicht mit jedem Detail des Parteivortrags zu erfolgen hat und das Landgericht die von der Klägerin vorgelegten Unterlagen, insbesondere die zahlreichen Gutachten und Gerichtsurteile, bei seiner Gesamtschau mit einbezogen hat. Dass gleichwohl das Landgericht zu einer anderen Bewertung der Klinik A. gelangt ist als die Klägerin und die Sachverständigen der von ihr vorgelegten Gutachten, rechtfertigt nicht die Annahme, das Landgericht habe sich mit den vorgelegten Gutachten nicht (hinreichend) inhaltlich auseinandergesetzt.

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Die Klägerin weist zutreffend darauf hin, dass es sich bei der Frage, ob die Klinik A. eine so genannte gemischte Anstalt im Sinne des § 4 Nr. 5 MB/KK 94 ist, um eine Rechtsfrage handelt, die somit vom Gericht selbst und nicht von einem Sachverständigen zu beantworten ist. Richtig ist zwar, dass es für die Beantwortung dieser Rechtsfrage der Ermittlung von Tatsachen bedarf, aufgrund deren die Rechtsfrage erst beantwortet werden kann. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist für die Ermittlung dieser Tatsachengrundlage die Einholung eines Sachverständigengutachtens aber nicht zwingend notwendig, wenn die Tatsachen, die für die Beantwortung der Rechtsfrage heranzuziehen sind, dem Gericht ohne weiteres zugänglich sind. So liegt der Fall hier. Aufgrund der zahlreichen Gutachten, die beide Parteien im vorliegenden Rechtstreit zu den Akten gereicht haben, sind ohne Weiteres die verschiedenen Tatsachen ersichtlich, aufgrund derer die jeweiligen Sachverständigen zu ihrem Ergebnis gelangten, dass die Klinik A. eine oder keine gemischte Anstalt sei. Das Landgericht hat in Kenntnis dieser umfangreichen Unterlagen in Verbindung mit dem Internetauftritt der Klinik A. – der mittels einer CD-Rom zu den Akten gereicht wurde – zu Recht eine eigenständige Wertung des sich aus einer Gesamtschau aller Unterlagen ergebenden Erscheinungsbildes des Klinik vorgenommen.

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Unerheblich ist deshalb, ob einzelne Behandlungsmaßnahmen, wie zum Beispiel einzelne Bewegungstherapien oder die Verhaltenstherapie in einem Hochseilgarten, tatsächlich zu den ärztlichen Heilbehandlungsmaßnahmen eines psychiatrischen Krankenhauses gehören. Maßgebend für die Einordnung einer Klinik als gemischte Anstalt ist vielmehr ihr Erscheinungsbild nach außen, da gerade die oft schwierige Abgrenzung von ärztlichen Heilbehandlungsmaßnahmen zu Kur- und Sanatoriumsbehandlungen im Einzelfall vermieden werden soll. Wie bereits in dem Hinweisbeschluss ausgeführt, ist die Gesamtwertung des Landgerichts aufgrund der vorzunehmenden Gesamtschau der Präsentation der Klinik A. nach außen nicht zu beanstanden. Deshalb kommt es auch nicht darauf an, ob das Seminarzentrum tatsächlich Patienten nicht zugänglich ist, sondern nur der Ausbildung von Ärzten und sonstigen Therapeuten dient. Die Art, wie auf dieses Seminarzentrum hingewiesen wird, bestätigt den von dem Landgericht in der angefochtenen Entscheidung dargelegten Gesamteindruck, dass die in der Klinik A. angebotenen Therapiemaßnahmen auch Bereiche einer Kur- und Sanatoriumsbehandlung beinhalten. Allein auf dieses äußere Erscheinungsbild kommt es jedoch, wie bereits mehrfach ausgeführt, an.

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Die Klägerin rügt zudem zu Unrecht, es sei lediglich die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs aus dem Jahre 1983 im Rahmen der Frage, wann eine gemischte Anstalt vorliegt, berücksichtigt worden und nicht die neuere Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs von 1995 hierzu und die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts. Die von der Klägerin herangezogene Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs aus dem Jahre 1995 (NJW 1995, 3057 und wohl auch NJW 1995, 1040) betrifft jedoch nicht die hier maßgebliche Frage der gemischten Anstalt im Sinne des § 4 Nr. 5 MB/KK 94, sondern ist nur zu der Frage, ob die konkrete Behandlung eine Krankenhausbehandlung oder eine Kur- oder Sanatoriumsbehandlung im Sinne des § 5 Nr. 1 lit. d MB/KK darstellen, ergangen. Es handelt sich insoweit um unterschiedlich zu beurteilende Sachverhalte, da es bei § 5 Nr. 1 lit. d MB/KK darauf ankommt, wie die konkrete Therapiemaßnahme einzuordnen ist, während es im Gegensatz dazu bei § 4 Nr. 5 MB/KK 94 gerade nicht auf die einzelne Behandlungsmaßnahme ankommt, sondern auf das Erscheinungsbild der Klinik nach außen aufgrund einer Gesamtbewertung aller hierbei zu berücksichtigenden Tatsachen. Dementsprechend ist auch die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts für die hier relevante Frage einer gemischten Anstalt im Sinne des § 4 Nr. 5 MB/KK 94 nicht maßgeblich.

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Dem vorliegenden Rechtsstreit kommt auch keine grundsätzliche Bedeutung zu. Die Frage, ob eine bestimmte Klinik als gemischte Anstalt im Sinne des § 4 Nr. 5 MB/KK 94 einzustufen ist, mag zwar für eine Vielzahl von Fällen relevant sein, ist jedoch nicht einheitlich für alle Fälle zu beantworten, da die Einordnung von dem jeweiligen äußeren Erscheinungsbild der Klinik abhängt, das sich ohne Weiteres ändern kann. Nicht ersichtlich ist im Übrigen, inwieweit das Oberlandesgericht Köln andere Beweisregeln als der erkennende Senat festgelegt hätte, so dass es auch nicht zur Herbeiführung einer einheitlichen Rechtsprechung der Zulassung der Revision bedarf. Der Senat sähe sich entsprechend auch bei Entscheidung durch Urteil an einer Zulassung der Revision gehindert, weshalb gemäß § 26 Nr. 8 EGZPO für die Klägerin ebenso wie nach § 522 Abs. 3 ZPO eine weitere Instanz nicht eröffnet wäre.

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Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

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Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 7.397,39 € festgesetzt.

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