Beschluss vom Oberlandesgericht Koblenz (2. Strafsenat) - 2 Ws 137/14 (Vollz), 2 Ws 137/14 Vollz

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Tenor

1. Auf die Rechtsbeschwerde des Leiters der Justizvollzugs- und Sicherungsverwahrungsanstalt … wird der Beschluss der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Koblenz in Diez vom 30. Januar 2014 aufgehoben.

2. Der Antrag des Untergebrachten, die Anstalt zu verpflichten, die nach § 43 StVollzG erworbene Ausgleichsentschädigung an ihn auszuzahlen, wird zurückgewiesen.

3. Die Kosten der Rechtsbeschwerde werden dem Untergebrachten auferlegt (§§ 121 Abs. 4 StVollzG, § 473 Abs. 1 Satz 1 StPO).

4. Der Geschäftswert für die Rechtsbeschwerde wird auf 2.000 € festgesetzt (§§ 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8, 60, 52 GKG).

Gründe

I.

1

Der 55 Jahre alte Untergebrachte befindet sich seit dem 17. Juli 2008 in der Sicherungsverwahrung in der Justizvollzugs- und Sicherungsverwahrungsanstalt …. Bis zum 1. Juni 2013 hatte er 21 Freistellungstage gemäß § 43 Abs. 6 Satz 1 StVollzG erworben. Mit seinem Antrag auf gerichtliche Entscheidung vom 1. August 2013 begehrt er die Verpflichtung des Leiters der JVA …, die ihm nach seiner Ansicht anstelle der Freistellung zustehende Ausgleichsentschädigung nach § 43 Abs. 11 StVollzG in Höhe von nahezu 2000 € auszuzahlen. Nach Ablehnung des Antrags durch den Leiter der JVA … beantragte er eine gerichtliche Entscheidung über seinen Antrag.

2

Die Strafvollstreckungskammer hat mit ihrem angefochtenen Beschluss vom 30. Januar 2014 den Antrag für begründet erachtet und den Leiter der Justizvollzugsanstalt … verpflichtet, dem Antragsteller die beantragte Ausgleichsentschädigung auszuzahlen:

3

Der Untergebrachte habe bis zum Inkrafttreten des Landesgesetzes zur Weiterentwicklung von Justizvollzug, Sicherungsverwahrung und Datenschutz vom 8. Mai 2013 am 1. Juni 2013 insgesamt 21 Freistellungstage gemäß § 43 StVollzG erworben. Der entsprechende Ausgleichsanspruch sei auch am 1. Juni 2013 fällig geworden. Die Regelung über die aufschiebende Fälligkeit der Ausgleichsentschädigung nach § 43 Abs. 7 StVollzG sei am 1. Juni 2013 ohne eine entsprechende Regelung im Landesgesetz fortgefallen. Da auch keine Übergangsvorschriften geschaffen worden seien, richte sich die Fälligkeit nunmehr nach § 271 Abs. 1 BGB. Auf eine Fortgeltung des § 43 StVollzG könne sich nicht mehr berufen werden, da diese Vorschrift durch eine Entscheidung des Gesetzgebers ersatzlos gestrichen worden sei.

4

Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Leiters der Justizvollzugsanstalt ….

II.

1.

5

Die Rechtsbeschwerde ist zulässig und begründet.

6

Die statthafte und nach § 118 StVollzG form- und fristgerecht erhobene Rechtsbeschwerde genügt den besonderen Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 116 Abs. 1 StVollzG.

7

Zur Fortbildung des Rechts ist die Rechtsbeschwerde zulässig, wenn der Einzelfall Anlass gibt, bei der Auslegung von Rechtssätzen des materiellen oder formellen Rechts oder der rechtsschöpferischen Ausfüllung von Gesetzeslücken Leitsätze aufzustellen und zu festigen, wobei die richtungsweisende Beurteilung bestimmter Rechtsfragen und deren höchstrichterliche Durchsetzung im Vordergrund stehen (vgl. BGHSt 24, 15; OLG Bremen ZfStrVo 1991, 309; Callies-Müller-Dietz, StVollzG, 11. Aufl., § 116 Rdnr. 3). Das Rechtsbeschwerdegericht soll die Möglichkeit haben, seine Rechtsauffassung in einer für die nachgeordneten Gerichte richtungsgebenden Weise zum Ausdruck zu bringen oder durch die Vorlage nach § 121 Abs. 2 Nr. 2 GVG an den Bundesgerichtshof dessen Grundsatzentscheidung herbeizuführen. Dieser Zulässigkeitsgrund setzt voraus, dass die in Rede stehende Rechtsfrage von praktischer Bedeutung, entscheidungserheblich und klärungsbedürftig, also offen, zweifelhaft oder bestritten ist (vgl. OLG Düsseldorf, VRS 85, 373, 374, m.w.N.).

8

Das am 1. Juni 2013 in Kraft getretene Landessicherungsverwahrungsvollzugsgesetz (LSVVollzG GVBl. S. 79) sieht eine nichtmonetäre Komponente des Arbeitsentgelts nicht mehr vor. Das Landesgesetz zur Weiterentwicklung von Justizvollzug, Sicherungsverwahrung und Datenschutz hat nach Art. 125 a Abs. 1 Satz 2 GG in seinem Geltungsbereich das Strafvollzugsgesetz mit den in Artikel 4 genannten Ausnahmen ersetzt; eine (Übergangs-)Regelung für die Fälle der nach § 43 StVollzG bereits erworbene Freistellungstage wurde darin nicht getroffen.

9

Es bedarf daher einer obergerichtlichen Klärung der - über den Einzelfall hinaus bedeutsamen - Frage, wie in Rheinland-Pfalz nach Inkrafttreten des Landessicherungsverwahrungsvollzugsgesetzes am 1. Juni 2013 mit Freistellungstagen, die bis zum 31. Mai 2013 gemäß (§ 130 i.V.m.) § 43 StVollzG erworben wurden, zu verfahren ist, insbesondere wie diese abzugelten sind.

2.

10

Die Rechtsbeschwerde ist begründet.

11

Der Untergebrachte hat keinen nach § 271 BGB fälligen Anspruch, für die erworbenen Freistellungstage eine Ausgleichsentschädigung zu erhalten. Für die Abgeltung der bis zum 31. Mai 2013 in Rheinland-Pfalz erworbenen Freistellungstage ist nach wie vor § 43 StVollzG maßgebend.

12

a) Die angefochtene Entscheidung erkennt zutreffend, dass aus Gründen des Vertrauensschutzes die gesetzliche Neuregelung nicht zu einem Wegfall der bis zum 31. Mai 2013 nach § 43 StVollzG bereits erworbenen Freistellungstage führen kann. In § 60 LSVVollzG ist weder geregelt, dass die bis zum 31. Mai 2013 erworbenen Ansprüche ersatzlos wegfallen sollen, noch werden sie inhaltlich umgestaltet. Auch die Vollzugsbehörde geht davon aus, dass aus Vertrauensgesichtspunkten keine erworbenen Ansprüche des Strafgefangenen nach § 43 StVollzG wegfallen dürfen.

13

b) Da allerdings die erworbenen Rechtsansprüche einer Ausgestaltung bedürfen und der Landesgesetzgeber in seiner Neuregelung die Anwendbarkeit des § 43 StVollzG auf Fälle vor seinem Inkrafttreten zum 1. Juni 2013 nicht ausgeschlossen hat, bleibt diese Vorschrift für die Ausgestaltung der bis zum 31. Mai 2013 erworbenen Anwartschaften oder Ansprüche anwendbar; eine Regelungslücke besteht insofern nicht.

14

Aus der Begründung zum Landesgesetz zur Weiterentwicklung von Justizvollzug, Sicherungsverwahrung und Datenschutz ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass der Landesgesetzgeber das System des § 43 StVollzG zur Abgeltung bereits erworbener Freistellungstage abschaffen oder verändern wollte. Dies wird gerade in der Zusammenschau mit der Neuregelung des § 60 LSVVollzG zur Höhe des Arbeitsentgelts für ab dem 1. Juni 2013 geleistete Arbeit deutlich. Dort ergibt sich aus der Gesetzesbegründung, dass der Landesgesetzgeber eine bewusste Entscheidung für den Wegfall der nichtmonetären Komponente im Hinblick auf die neue Vollzugskonzeption unter Aufgabe der Arbeitspflicht ab dem 1. Juni 2013 getroffen hat (vgl. Drs. 16 - 1910, Begründung, B. zu den einzelnen Bestimmungen, zu Art. 2 - Landessicherungsverwahrungsvollzugsgesetz zu § 60 (Vergütung). Erwägungen zum Umgang mit bereits erworbenen Freistellungstagen finden sich in der Gesetzesbegründung hingegen nicht.

15

Für eine Anwendung des § 271 BGB, der eine allgemeine Fälligkeitsregelung (Leistungszeit) für zivilrechtliche Ansprüche darstellt, auf die erworbenen Anwartschaften bzw. Ansprüche des Gefangenen nach § 43 StVollzG bis zum 31. März 2013 besteht kein Raum.

16

Gefangenenarbeit erfolgt in einem öffentlich-rechtlichen Verhältnis zwischen den Strafgefangenen bzw. Untergebrachten und der Anstalt, nicht in einem privatrechtlichen Verhältnis. Entstehung und Ausgestaltung der Ansprüche für geleistete Arbeit richten sich daher nach dem Gesetz. Demgemäß kann auch der Untergebrachte Vergütung für geleistete Arbeit nur in der Form beanspruchen, wie sie das Gesetz zur Zeit der Leistungserbringung vorgesehen hat. Für Arbeit, die bis zum 31. Mai 2013 erbracht worden ist, richtet sich die Vergütung daher auch nach Inkrafttreten der gesetzlichen Neuregelung nach § 43 StVollzG.

17

aa) Dies bedeutet vorliegend, dass der Untergebrachte für die bis zum 31. Mai 2013 erworbenen Freistellungstage zurzeit noch keinen fälligen Auszahlungsanspruch nach § 43 Abs. 11 VollzG hat.

18

Zum System der nichtmonetären Vergünstigung für geleistete Arbeit eines Strafgefangenen hat das Ministerium der Justiz für Verbraucherschutz in seiner Stellungnahme vom 7. April 2014 ausgeführt:

19

„Es handelt sich um ein gestuftes Gesamtsystem, nach dessen Systematik die Vorverlegung des Entlassungszeitpunktes gemäß § 43 Abs. 9 StVollzG den Regelfall der nichtmonetären Arbeitsanerkennung darstellt. Auf Antrag kann stattdessen eine Freistellung nach § 43 Abs. 6 StVollzG oder ein Arbeitsurlaub nach § 43 Abs. 7 StVollzG in Anspruch genommen werden; in diesen Fällen werden für diese Zeiten die zuletzt gezahlten Bezüge weiter gewährt (§ 43 Abs. 8 i.V.m. § 42 Abs. 3 StVollzG).

20

Eine Ausgleichsentschädigung gemäß § 43 Abs. 11 S. 1 StVollzG ist nur dann und nur insoweit zu zahlen, als zuvor keine Freistellung nach § 43 Abs. 6 StVollzG und kein Arbeitsurlaub nach § 43 Abs. 7 StVollzG in Anspruch genommen wurden und eine Anrechnung der Freistellungstage auf den Entlassungszeitpunkt wegen Vorliegens eines der Ausnahmefälle des § 43 Abs. 10 StVollzG ausgeschlossen ist.

21

Es besteht somit gerade kein Wahlrecht zwischen der Anrechnung von Freistellungstagen auf den Entlassungszeitpunkt und der Zahlung einer Ausgleichsentschädigung, da die Ausgleichsentschädigung nur das Surrogat für den Regelfall der nichtmonetären Anerkennung der Arbeitsleistung durch Anrechnung auf den Entlassungszeitpunkt ist [vgl. Arloth, StVollzG, 3. Aufl. 2011, § 43 Rdnr. 30]. Die Ausgleichsentschädigung ist somit nach der Gesetzessystematik gegenüber allen anderen Abgeltungsvarianten nachrangig.

22

Der Anspruch auf Ausgleichszahlung entsteht gemäß § 43 Abs. 11 S. 2 StVollzG erst mit der Entlassung; nach § 43 Abs. 11 S. 3 StVollzG wird in den Fällen des § 43 Abs. 10 Nr. 1 StVollzG die Ausgleichszahlung bereits nach Verbüßung von jeweils zehn Jahren zum Eigengeld gutgeschrieben, soweit nicht vor diesem Zeitpunkt die Entlassung erfolgt. Die Zehnjahresfrist stellt somit eine anspruchsbegründende Frist dar.

23

Die Sonderregelung für Sicherungsverwahrte resultiert daraus, dass eine Anrechnung auf den Entlassungszeitpunkt zwar nicht von vornherein ausgeschlossen, jedoch auch das übermäßige Ansparen von Freistellungstagen vermieden werden sollte [vgl. Arloth, StVollzG, 3. Aufl. 2011, § 43 Rdnr. 25 zum Gesetzgebungsverfahren]. Zugleich sollte den Sicherungsverwahrten ein greifbarer Vorteil dauerhafter Arbeit zu einem angemessenen Zeitpunkt vor Augen geführt werden [vgl. Gesetzesentwurf des Bundesrates (Drs. 14/4452), Begründung B. Zu den einzelnen Vorschriften Zu Nummer 2].

24

Zweck der Zehnjahresfrist des § 43 Abs. 11 S. 3 StVollzG ist aber, damit nicht nur eine Begrenzung des Anrechnungsumfangs sicherzustellen, sondern auch eine Begrenzung der Höhe der Ausgleichsentschädigung dadurch zu gewährleisten, dass in diesen Fällen während des Zehnjahreszeitraums andere Abgeltungsvarianten, einschließlich der Anrechnung auf den Entlassungszeitpunkt, vorrangig sind.

25

Für Sicherungsverwahrte bedeutet dies {s. Arloth, StVollzG, 3. Aufl. 2011, § 43 Rdnr. 25]: „Nach zehn Jahren (…) Verbüßungsdauer erhalten (…) Sicherungsverwahrte, die ihre Freistellungstage nicht in der Anstalt verbringen wollen und Urlaub nicht erhalten, gemäß Abs. 11 Satz 3 die Gutschrift einer Ausgleichsentschädigung. Damit sind die bis dahin angefallenen Freistellungstage verbraucht und können auch nach Festlegung des Entlassungszeitpunktes nicht etwa aufleben; dies meint der Ausschlusstatbestand in Abs. 10 Nr. 1. Wenn jedoch der Entlassungszeitpunkt feststeht, (…) können die seit dem letzten Zehnjahres-Abschnitt angesparten Freistellungstage 8…) zu einer vorzeitigen Entlassung verwendet werden, soweit nicht im Einzelfall eine punktgenaue Entlassung nach Abs. 10 Nr. 3 angeordnet ist oder die Anrechnung praktisch nicht mehr möglich ist (Abs. 10 Nr. 2).“

26

Dieser Vorrang der nichtmonetären Abgeltung ist in dem angefochtenen Beschluss der Strafvollstreckungskammer ebenso wie in den Ausführungen des KG Berlin im Beschluss vom 21.10.2013 (2 Ws 451/13 Vollz) zum Wegfall der Zehnjahresfrist und der sofortigen Fälligkeit des Anspruchs auf Ausgleichsentschädigung nicht berücksichtigt.

27

Würde man die Abgeltungsvarianten des § 43 Abs. 6 bis 11 StVollzG weder direkt noch analog auf die bereits erworbenen Freistellungstage anwenden, hätte dies zur Folge, dass bis zum 31.05.2013 erworbene Freistellungsansprüche ausschließlich in Form der Ausgleichsentschädigung zu gewähren wären. Die in § 43 StVollzG - auch für die Sicherungsverwahrten - vorrangig vorgesehenen Abgeltungsvarianten in Form von Freistellung von der Arbeit, Urlaub aus der Haft sowie Anrechnung auf den Entlassungszeitpunkt würden damit generell ausgeschlossen, was der gesetzgeberischen Intention widerspräche.“

28

bb) Dem schließt sich der Senat an.

29

Bei Anwendung des § 43 Abs. 11 StVollzG für die bereits geleisteten Arbeiten des Untergebrachten sind Ansprüche auf Ausgleichszahlungen zurzeit noch nicht entstanden (siehe auch Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg, Beschluss vom 08.04.2010, 3 Ws 8/10(Vollz)); insbesondere ist die Zehnjahresfrist des § 43 Absatz 11 Satz 3 StVollzG noch nicht abgelaufen. Gleichwohl hat der Gefangene ein Anwartschaftsrecht auf entsprechende Ausgleichszahlungen, die aber frühestens zum 10. November 2019 fällig werden, wenn nicht zuvor nichtmonetäre Vergütungen gewährt werden.

30

cc) Der Senat teilt nicht die von der Strafvollstreckungskammer zitierte abweichende Rechtsmeinung des Kammergerichts Berlin.

31

Das Kammergericht Berlin differenziert in seinem Beschluss vom 21. Oktober 2013 (2 Ws 451/13 Vollz) nicht zwischen bereits erworbenen Anwartschaften bis zum 31. Mai 2013 und neuen Ansprüchen ab dem 1. Juni 2013 und ist der Ansicht, dass aufgrund der gesetzlichen Neuregelung kein Bedürfnis mehr für eine Fristenregelung bestehe, da diese nur dem Zweck diene, den Anrechnungsumfang und die Höhe des Ausgleichsanspruchs im Voraus zu begrenzen. Dem ist entgegenzuhalten, dass das Kammergericht für bis zum 31. Mai 2013 erworbene Anwartschaften ebenfalls ein geschütztes Anwartschaftsrecht anerkennt. Insoweit ist seine Argumentation inkonsequent, wenn es einerseits die Anwendung des § 43 StVollzG ab dem 1. Juni 2013 gänzlich ablehnt, andererseits nach der alten Regelung erworbene Ansprüche auch für die Zukunft bestehen lässt. Der gesetzlichen Neuregelung für die nichtmonetäre Vergütung lässt sich nicht entnehmen, dass entgegen den vorgenannten Grundsätzen nunmehr alle bis zum 31. Mai 2013 erworbenen Ansprüche ausschließlich in Form der Ausgleichsentschädigung zum 1. Juni 2013 fällig werden sollen. Eine Inanspruchnahme der Arbeitsvergütung in Form von Freistellung von Arbeit, Urlaub aus der Haft (Langzeitausgang) sowie Anrechnung auf den Entlassungszeitpunkt wäre somit generell ausgeschlossen. Wenn aber die bereits zum 31. Mai 2013 erworbenen Ansprüchen nicht verfallen sollen, muss für deren Abgeltung weiterhin die alte Rechtslage gelten.

32

Der Senat sieht auch ein Bedürfnis für die Fortgeltung der alten Regelung zur Ausgestaltung dieser Altansprüche. Wie bereits ausgeführt soll die Sonderregelung der Sicherungsverwahrung bezwecken, dass eine Anrechnung auf den Entlassungszeitpunkt zwar nicht von vornherein ausgeschlossen, jedoch auch das übermäßige Ansparen von Freistellungstagen vermieden wird. Zugleich sollte den Sicherungsverwahrten ein greifbarer Vorteil dauerhafter Arbeit zu einem angemessenen Zeitpunkt vor Augen geführt werden. Der Zweck der Zehnjahresfrist ist es deswegen nicht nur, eine Begrenzung des Anrechnungsumfangs sicherzustellen, sondern auch eine Begrenzung der Höhe der Ausgleichsentschädigung zu gewährleisten, da andere Abgeltungsvarianten vorrangig sind. Dies kann aber nur mit der Fortgeltung der alten Abgeltungsregeln gewährleistet werden.

3.

33

Die abweichende Auffassung des Kammergerichts Berlin gibt keine Veranlassung, die Sache gem. § 121 Abs. 2 Nr. 2 GVG dem Bundesgerichtshof vorzulegen, da das Kammergericht seine Rechtsmeinung nur in Form eines Hinweises für die weitere Sachbehandlung durch die Strafvollstreckungskammer geäußert, jedoch nicht in entscheidungserheblicher Weise zur Geltung gebracht hat (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt § 121 GVG Rn. 10).

4.

34

Soweit der Untergebrachte des Weiteren angeführt hat, dass die neue, ab dem 1. Juni 2013 geltende gesetzliche Regelung verfassungswidrig sei, kommt es auf diese Frage entscheidungserheblich nicht an, da der Senat im vorliegenden Fall die Neuregelung zur nichtmonetären Vergütung gar nicht anwendet.

35

Hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit der neu geregelten Gefangenenvergütung in § 65 Abs. 1 Nr. 3 LJVollzG wird im Übrigen auf die Entscheidung des Senats 2 Ws 17/14 (Vollz) vom 19. März 2014 verwiesen.

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