Beschluss vom Oberlandesgericht Naumburg (1. Zivilsenat) - 1 W 34/13

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Landgerichts vom 13.8.2013 (6 OH 15/12) abgeändert:

In Ergänzung des Beschlusses soll auch über die Fragen

3. Welche Ursache haben die unter Nr. 1 und Nr. 2 aufgeführten Mängel an der Oberkiefer- oder Unterkieferprothese.

6. Welche Ursache hat der unter Nr. 5 aufgeführte krankhafte Zustand der Antragstellerin.

Beweis erhoben werden.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Antragstellerin.

Gründe

1

Die sofortige Beschwerde (§ 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO) ist statthaft und auch im Übrigen zulässig. Grundsätzlich kann die Zurückweisung des Gesuchs auf Anordnung eines selbständigen Beweisverfahrens mit der sofortigen Beschwerde gemäß § 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO angefochten werden (Zöller/Herget ZPO, 29. Aufl., § 490, Rn. 4), wobei dies auch dann gilt, wenn das Gesuch – wie vorliegend – nur teilweise zurückgewiesen wurde (OLG Frankfurt Beschluss vom 30.7.2013 – 4 W 30/13 – [IBR 2013, 585]; hier: zitiert nach juris). Soweit die Antragsgegnerin in der Beschwerdeerwiderung die Rechtzeitigkeit der Beschwerdeeinlegung rügt, ergibt sich aus der Gerichtsakte, dass die Zustellung des angefochtenen Beschlusses an die Antragsgegnerin ausweislich des unterzeichneten Empfangsbekenntnisses am 23.8.2013 erfolgte (Bl. 100) und die am 5.9.2013 beim Landgericht eingegangene sofortige Beschwerde somit noch innerhalb der Frist aus § 569 Abs. 1 S. 1 ZPO eingelegt wurde.

2

Die sofortige Beschwerde ist auch begründet. Der Senat hat in dem zitierten Beschluss vom 1.4.2004 (1 W 4/04) ausgeführt, dass im selbständigen Beweisverfahren Fragen nach einem Behandlungsfehler und der Kausalität nicht gestellt und beantwortet werden können, im Einklang mit dem Wortlaut von § 485 Abs. 2 Nr. 2 ZPO aber sehr wohl Fragen nach der Ursache eines Schadens. Soweit das Landgericht die Fragen, die Gegenstand des Beschwerdeverfahrens sind, für zu unbestimmt hält und von einer unzulässigen Erhebung eines Ausforschungsbeweises ausgeht, kann dem nicht gefolgt werden. Wenn man – mit dem Bundesgerichthof – grundsätzlich von der Zulässigkeit eines selbständigen Beweisverfahrens auch in Arzthaftungsprozessen ausgeht, können an die im Rahmen von § 485 Abs. 2 ZPO überhaupt zulässigen Fragen keine weitergehenden Substanziierungsanforderungen gestellt werden, als im Haftungsprozess selbst. Dies schon deshalb nicht, weil ein im selbständigen Beweisverfahren eingeholtes Sachverständigengutachten ansonsten seinen Zweck (§ 493 Abs. 1 ZPO) nicht erfüllen könnte. In Arzthaftungsprozessen selbst sind die Anforderungen an die Substanziierungslast nach der – wiederum - Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs denkbar gering. Die Anforderungen an die Aufklärungspflicht des Gerichts können dabei bis in den Bereich der Amtsermittlung reichen. Vor diesem Hintergrund kann den Fragen, die Gegenstand des Beschwerdeverfahrens sind, ihre Zulassung für das selbständige Beweisverfahren nicht verwehrt werden.

3

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.


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