Beschluss vom Oberlandesgericht Naumburg (12. Zivilsenat) - 12 Wx 22/15

Tenor

Auf die Beschwerde des Beteiligten zu 7) wird die Zwischenverfügung des Amtsgerichts Wernigerode - Grundbuchamt - vom 21. Januar 2015 aufgehoben.

Das Grundbuchamt wird angewiesen, den Vollzug des Antrages auf teilweise Löschung des Vorkaufsrechts nicht aus den Gründen der Zwischenverfügung vom 21. Januar 2015 zu verweigern.

Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren beträgt bis zu 5.000,00 €.

Gründe

I.

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Mit einem von dem Notar P. in B. beurkundeten Grundstücksüberlassungsvertrag vom 12. Januar 1995 ist den Beteiligten zu 2) bis 7) ein Vorkaufsrecht an dem im Grundbuch von I. Blatt ..., Gemarkung I., Flurstück … der Flur, eingetragenen Grundstück bestellt worden. Die vertragliche Regelung lautet:

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„Des weiteren räumen die Erschienenen zu 1) bis 3) den Erschienenen zu 4) und 5) [dies sind hier die Beteiligten zu 6) und zu 2)] und deren Ehegatten sowie Abkömmlingen, nämlich

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a) Frau C. K. geb. L., geb. am 16.07.1947, S. Straße 43, M.,
b) Herrn G. R., geb. am 03.07.1947, K. Straße 5, I.,
c) Herrn F. R., geb. am 23.08.1973, K. Straße 5, I.,
d) Herrn P. R., geb. am 17.10.1977, K. Straße 5, I.,

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ein Vorkaufsrecht ein. Das Vorkaufsrecht gilt für alle Verkaufsfälle.

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Die Erschienenen bewilligen und beantragen:

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die Eintragung dieses Vorkaufsrechts im Grundbuch an rangbereiter Stelle.

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Das Vorkaufsrecht wirkt insoweit auch gegen Rechtsnachfolger des Erschienenen zu 2) [dies ist hier der Beteiligte zu 1)]. Bei einem Verkauf des Grundstücks sind die Vorkaufsberechtigten berechtigt, das Vorkaufsrecht zu einem Preis auszuüben, der 25 v.H. unter dem mit dem Dritten vereinbarten Kaufpreis liegt.

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Das Vorkaufsrecht soll nicht gelten für Fälle, in denen der Erschienene zu 2) seiner Ehefrau und/oder seinen Abkömmlingen das Grundstück bzw. ideelle Teile davon im Wege der Schenkung, ehebedingten Zuwendung oder vorweggenommenen Erbfolge überträgt.“

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Im Anschluss daran wurde in Abteilung 2 des Grundbuchs von I. Blatt ... unter laufender Nr. 3 eingetragen:

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„Vorkaufsrecht für alle Verkaufsfälle für H. K. wohnhaft in M. (geboren am 7. August 1946), R. R. geborene K. wohnhaft in I. (geboren am 15. März 1949), C. K. geborene L. wohnhaft in M. (geboren am 16. Juli 1947), G. R. wohnhaft in I. (geboren am 3. Juli 1947), F. R. wohnhaft in I. (geboren am 23. August 1973) und P. R. wohnhaft in I. (geboren am 17. Oktober 1977). Gemäß Bewilligung vom 12. Januar 1995 (UR.Nr. 3/95 des Notars P. ) gleichrangig mit dem Recht Abt.II Nr.2 und mit Vorrang vor den Rechten Abt.III Nr.8 und Nr.9 eingetragen am 23.12.1995.“

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Der Verfahrensbevollmächtigte Notar Prof. Dr. Z. hat mit Schriftsatz vom 9. Oktober 2014 die Löschung des Vorkaufsrechts im Wege des Teilvollzugs für die Beteiligten zu 2) bis 4) unter Vorlage einer entsprechenden Löschungsbewilligung vom 1. Oktober 2014 beantragt.

12

Mit Beschluss vom 21. Januar 2015 hat der Rechtspfleger des Grundbuchamtes darauf hingewiesen, dass der beantragten Löschung bzw. Teillöschung Abt. II Nr. 3 ein Hindernis entgegenstehe und hat zur formgerechten Behebung eine Frist von einem Monat bestimmt. Nach seiner Ansicht war das Vorkaufsrecht schon nicht entstanden, weil ein gemeinschaftliches Vorkaufsrecht unzulässig sei, unabhängig davon, ob ein Gemeinschaftsverhältnis angegeben wurde. Nach dem Inhalt des zugrunde liegenden Vertrages sei ein solches auch nicht vorgesehen gewesen und damit eine rechtsgeschäftliche Löschung ausgeschlossen. Nach Anhörung der Rechtsinhaber sei daher die Löschung von Amts wegen beabsichtigt.

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Mit seinem hiergegen erhobenen Widerspruch vom 3. Februar 2015 hat sich der Beteiligte zu 7) gegen die angekündigte vollständige Löschung des Vorkaufsrechts von Amts wegen gewendet.

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Das Grundbuchamt hat der Beschwerde nicht abgeholfen und diese dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt.

II.

15

Der Widerspruch des Beteiligten zu 7) ist als Beschwerde nach § 71 Abs. 1 GBO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Sie ist auch begründet und führt zur Aufhebung der Zwischenverfügung vom 21. Januar 2015.

16

Soweit das Grundbuchamt darauf abgestellt hat, dass es nur eine Löschung des Vorkaufsrechts insgesamt aber keine Teillöschung vornehmen könne, besteht dieses Eintragungshindernis nicht.

17

Die Eintragung des Vorkaufsrechts zu Gunsten der Beteiligten zu 2) bis 7) war zulässig, eine Löschung von Amts wegen kommt daher nicht in Betracht. Der Senat hat auf der Grundlage der Bestellungsurkunde und der darauf gestützten Eintragung keinen Zweifel daran, dass das Vorkaufsrecht allen sechs Beteiligten gemeinschaftlich bestellt worden ist. Die vertraglichen Regelungen geben jedenfalls keinen Hinweis darauf, dass den Beteiligten jeweils ein eigenes Vorkaufrecht an demselben Grundstück eingeräumt werden sollte.

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Eine gemeinschaftliche Bestellung war auch zulässig. Denn es ist überwiegend anerkannt, dass ein subjektiv-persönliches Vorkaufsrecht für mehrere Berechtigte bestellt werden kann. Soweit nichts anderes vereinbart ist, bestimmt sich das Rechtsverhältnis zwischen mehreren Berechtigten nach §§ 472, 1098 Abs. 1 Satz 1 BGB mit der Folge, dass sie das Recht nicht in Teilen, sondern nur im Ganzen ausüben können. Es liegt insoweit eine Art Gesamthandsverhältnis vor (z. B. BGH, NJW 1997, 3235; OLG Frankfurt, NJW-RR 1999, 17; beide Entscheidungen noch zu dem bis zum 31. Dezember 2001 geltenden § 513 BGB als Vorgängervorschrift des § 472 BGB; Morvilius, in: Meikel, GBO, 11. Aufl., Einl. B Rdn. 500; Kohler, in: Bauer/von Oefele, GBO, 3. Aufl., AT III Rdn. 134; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 15. Aufl., Rdn. 1406).

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Ob auf der Grundlage der jüngeren Rechtsprechung des BGH - in Abkehr von der bis dahin in Rechtsprechung und Literatur vertretenen Auffassung - (vergl. BGH NJW 1997, 3235; OLG Frankfurt, NJW-RR 1999, 17) nunmehr nach § 47 Abs. 1 GBO in das Grundbuch ein Vermerk einzutragen wäre, dass die Regelung des § 472 BGB auf das Vorkaufsrecht Anwendung findet, braucht der Senat nicht zu entscheiden. Denn ein solcher Mangel wäre jedenfalls kein Anlass für eine von Amts wegen vorzunehmende Löschung des hier eingetragenen Vorkaufsrechts.

III.

20

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst, weil der Beteiligte zu 7) mit seiner Beschwerde obsiegt hat und Gebühren und Auslagen insoweit nicht erhoben werden (§ 25 Abs. 1 GNotKG). Die Festsetzung des Geschäftswertes für das Beschwerdeverfahren beruht auf §§ 79 Abs. 1, 61 Abs. 1, Abs. 2, 36 Abs. 1, Abs. 3 GNotKG.


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