1. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Hechingen vom 30. Juni 2011 wird zurückgewiesen.
2. Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens und des Revisionsverfahrens vor dem Bundesgerichtshofs, Az. IX ZR 11/12.
3. Das Urteil des Landgerichts und dieses Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Zwangsvollstreckung der Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des vollstreckbaren Betrages abwenden, es sei denn, die Klägerin leistet vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120% des zu vollstreckenden Betrages.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
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| | Die klagende Bank verlangt von dem beklagten Insolvenzverwalter die Restzahlung aus einer Sicherheitenverwertung. Der Insolvenzverwalter rechnet mit Ansprüchen im Zusammenhang mit Lastschriftabbuchungen sowie dem Offenhalten einer Kontokorrentkreditlinie auf. |
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| | Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil wird gem. § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen. Ergänzend wird wegen des weiteren Sachverhalts auf das – vom Bundesgerichtshof, Az. XI ZR 11/12, aufgehobene - Urteil des Senats vom 21.12.2011, Az. 9 U 120/11, verwiesen. Zunächst hat der Beklagte vorgebracht, die von dem späteren Insolvenzschuldner – streitig – erteilten Genehmigungen von Lastschriften seien als Rechtshandlungen nach § 133 InsO wegen vorsätzlicher Gläubigerbenachteiligung anfechtbar. Das Landgericht habe berücksichtigen müssen, dass die Klägerin seit Oktober 2008, spätestens seit August 2009 Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit des Gemeinschuldners gehabt habe. Daher sei die Kenntnis der Klägerin von der Benachteiligungsabsicht des Schuldners gem. § 133 Abs. 1 S. 2 InsO zu vermuten. Ab diesem Zeitpunkt hätte sie daher Zahlungseingänge auf dem Girokonto des Gemeinschuldners nicht mehr mit Ausgängen verrechnen dürfen. |
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| | Der erkennende Senat hat in seinem Urteil vom 21.12.2011 (9 U 120/11) festgestellt, dass die streitgegenständlichen Lastschriften von dem Insolvenzschuldner genehmigt worden seien. Weiter hat der Senat eine Anfechtbarkeit der Genehmigungen verneint, weil er einen entsprechenden Gläubigerbenachteiligungsvorsatz weder im Verhältnis zum Zahlungsempfänger noch im Verhältnis zur klagenden Bank für feststellbar gehalten hat. Dieses Urteil hat der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 24.01.2013, IX ZR 11/12, aufgehoben und zur neuen Verhandlung und Entscheidung an den Senat zurückverwiesen. |
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| | Daraufhin hat der Beklagte wie folgt neu vorgetragen: |
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| | Die Klägerin sei in eine vom Gläubiger (richtig: Schuldner) angestrebte Gläubigerbenachteiligung eingebunden gewesen. Nach Rückführung der Kontokorrentkreditlinie durch Umschuldung auf 20.000 EUR habe die Klägerin in der Folgezeit eine Überschreitung der Kreditlinie zugelassen und dabei einzelne Zahlungsaufträge ausgeführt bzw. Lastschriften zugelassen, andere jedoch zurückgebucht. Dies betreffe beispielsweise Buchungen vom 01./02.09.2009. Demgegenüber hätte die Klägerin Ende Juni/Anfang Juli 2009 sämtliche Lastschriften nicht ausgeführt, die zu einer Überschreitung der Kreditlinie geführt hätten. Damit habe die Klägerin bestimmte Zahlungsempfänger bevorzugt und dies auch noch durch Zulassen des Überschreitens der vereinbarten Kreditlinie ermöglicht. Es handele sich nicht um Rückbuchungen auf Weisung des Schuldners, wie sich aus einem Mahnschreiben der Gläubigerin L. ergebe, die eine Lastschrift mit dem Vermerk der Klägerin "nicht bezahlt" zurückerhalten habe. Am 03.11.2009 habe die Klägerin einen Sollstand bis zum Betrag von 25.687,00 EUR zugelassen, ohne dass Rückbuchungen erfolgt seien. Damit habe die Klägerin selbstständig in die Zahlungsabläufe eingegriffen, so dass der Bank ein eigener Benachteiligungswille zuzurechnen sei. |
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| | Die Klägerin habe weiterhin Darlehensteilauszahlungen am 30.09.2009 und 30.11.2009 veranlasst, wodurch dem Kontokorrentkonto Deckung zugeflossen sei, mit der der spätere Insolvenzschuldner Zahlungen habe ausführen können. Im Oktober 2009 sei eine Darlehensteilauszahlung nicht erfolgt, wohl weil die Kreditlinie nicht überschritten worden sei. Dies erfülle den Tatbestand des eigenmächtigen Eingreifens in den Geldverkehr zwischen Schuldner und dessen Gläubiger. Zudem sei zu berücksichtigen, dass durch die Darlehensauszahlungen auf das Girokonto es dem Schuldner möglich wurde, einzelne – nicht gesicherte – Forderungen zu befriedigen, die ansonsten nicht hätten ausgeglichen werden können. Dadurch würden ungesicherte Forderungen gegen gesicherte Forderungen der Bank ausgetauscht werden. Die Klägerin habe schon zu einem früheren Zeitpunkt Gespräche mit dem späteren Insolvenzschuldner geführt, ihm betriebswirtschaftliche Beratung empfohlen und erörtert, dass darauf zu achten sei, in jedem Fall die Sozialversicherungsbeiträge noch vor den Löhnen auszuzahlen. Die Klägerin habe im August 2009 bei der letzten Umschuldung darauf hingewiesen, dass dies die letzte Umschuldung sei und weitere Darlehen nicht vergeben würden, weshalb auch die Kontokorrentlinie auf dem Girokonto zwingend einzuhalten sei. Die Zahlungsempfehlung hinsichtlich der Sozialversicherungsbeiträge habe der Schuldner befolgt, weshalb seitens der Klägerin ein Eingriff in den Zahlungsverkehr des Schuldners vorgelegen habe. Zudem habe die Klägerin selbstständig dann weitere Darlehnsauszahlungen bzw. Kontokorrentkreditüberziehungen zugelassen, wenn es darum gegangen sei, Zins- und Tilgungsleistungen für ihre eigenen Darlehen zu buchen. Diese habe die Klägerin im Rahmen der Inkongruenzanfechtung zurückgewährt. |
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| | Das Urteil des Landgerichts Hechingen vom 30.06.2011 wird abgeändert. Die Klage wird abgewiesen und die Klägerin/Widerbeklagte verurteilt, an den Beklagten/Widerkläger 111.226,64 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz p.a. hieraus seit dem 11.10.2010 zu bezahlen. |
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| | Die Berufung wird zurückgewiesen. |
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| | Auf den neuen Vortrag des Beklagten hat sie wie folgt vorgetragen: |
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| | Die Klägerin habe dem Insolvenzschuldner – unstreitig – ein Darlehen mit der Nr. 600… über 170.000 EUR bewilligt. Hierbei habe es sich nicht nur um ein Umfinanzierungsdarlehen zur Rückführung des Kontokorrentkreditsaldos auf dem Girokonto gehandelt, sondern es seien echte zusätzliche Mittel durch die Finanzierung von vergangenen und zukünftigen Tilgungsraten zur Verfügung gestellt worden. Dieses Darlehen wurde – unstreitig – am 02.07.2009 mit verschiedenen Wertstellungstagen (30.03.2009: 134.511,34 EUR; 30.04.2009: 1.418,46 EUR; 30.05.2009: 1.424,03 EUR; 30.06.2009: 10.448,31 EUR) eingebucht. Auch die weiteren von dem Beklagten aufgeführten Auszahlungen der Darlehensvaluta an 30.09.2009 und am 30.11.2009 erfolgten aus diesem Darlehen. Die Nichtausführung von Lastschriften sei jeweils auf telefonische Weisung des späteren Insolvenzschuldners und ohne Eingriff der Klägerin erfolgt. |
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| | Die Berufung des Beklagten ist auch nach dem neuen Vorbringen, das gem. § 531 Abs. 2 ZPO zulässig ist, nicht begründet. |
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| | 1. Wie der Senat bereits in seiner Entscheidung vom 21.12.2011, 9 U 120/11, ausgeführt hat, wurden die Lastschriften von dem späteren Insolvenzschuldner genehmigt. Auf die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen. Diese Würdigung wurde von dem Beklagten nach Abschluss des Revisionsverfahrens Az. XI ZR 11/12 nicht mehr angegriffen und war offenbar auch nicht Gegenstand des Revisionsverfahrens. Der Senat hält daran fest. |
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| | 2. Zu Gunsten des Beklagten ist davon auszugehen, dass der spätere Insolvenzschuldner in dem Zeitraum, in dem die streitgegenständlichen Lastschriften und Zahlungen ausgeführt wurden, zahlungsunfähig war und er daher mit Gläubigerbenachteiligungsvorsatz gehandelt hat (BGH, Urt. v. 22.11.2012 – IX ZR 62/10). |
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| | 3. Die von der Klägerin ausgeführten Lastschriften bzw. Zahlungsaufträge sind dennoch nicht anfechtbar, weil ihr unter Beachtung der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eine Kenntnis von dem Gläubigerbenachteiligungsvorsatz ihres Kunden nicht nachgewiesen werden kann. |
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| | a. Zwar kann bei der klagenden Bank unterstellt werden, dass sie die drohende Zahlungsunfähigkeit ihres Kunden im maßgeblichen Zeitraum kannte. Dennoch greift nicht die Vermutung des § 133 Abs. 1 S. 2 InsO, wonach sie deswegen auch Kenntnis von dem Gläubigerbenachteiligungsvorsatz hatte. Hier ist die besondere Situation zu berücksichtigen, dass die Bank als Zahlungsdienstleister vertraglich und - gem. § 675o Abs. 2 BGB seit 31.10.2009 - gesetzlich zur Ausführung von Zahlungsaufträgen verpflichtet ist (Omlor in: Staudinger [2012] § 675o BGB Rn. 3f.; Casper in: Münchener Kommentar, BGB, 6. Aufl., § 675o Rn. 5). Es macht dann keinen Unterschied, ob die Bank die Leistung an den Schuldner selbst oder an einen von diesem benannten Dritten erbringt. Entsprechendes gilt im Lastschriftverfahren. Setzt die Schuldnerbank als Zahlstelle die Erledigung von Aufträgen des Schuldners lediglich zahlungstechnisch um, kommt deshalb eine Vorsatzanfechtung ihr gegenüber auch bei Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners regelmäßig nicht in Betracht, weil es sich bei der Abwicklung des Zahlungsverkehrs durch ein Kreditinstitut um alltägliche Geschäftsvorgänge handelt, denen ein Wille des Überweisenden, seine Gläubiger zu benachteiligen, für die Bank regelmäßig nicht zu entnehmen ist. Denn für das Kreditinstitut sind verschiedene Konstellationen denkbar, bei denen trotz Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners dessen Zahlungsaufträge keinen anfechtungsrechtlichen Bedenken begegnen (BGH, Urt. v. 26.04.2012 – IX ZR 74/11 – Tz. 23f.; Urt. v. 24.01.2013 – IX ZR 11/12, Tz. 30f.). |
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| | b. Der Bundesgerichtshof macht von dieser grundsätzlichen Unanfechtbarkeit von Zahlungsdienstleistungen der Zahlstelle lediglich dann eine Ausnahme und nimmt eine Kenntnis der Bank vom Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners an, wenn die Zahlstelle im Zuge der Verfolgung eigener Interessen in eine vom Schuldner angestrebte Gläubigerbenachteiligung eingebunden ist (BGH, Urt. v. 26.04.2012 – IX ZR 74/11 – Tz. 26; Urt. v. 24.01.2013 – IX ZR 11/12 - Tz. 32, Urt. v. 25.04.2013 - IX ZR 235/12 - Tz. 30). Dabei macht der Bundesgerichtshof die – gegebenenfalls festzustellende – Kenntnis der Bank nicht nur von deren Wahrnehmung von Tatsachen, sondern auch von deren Interessenverfolgung abhängig. Dies wird besonders deutlich in der Entscheidung vom 26.04.2012 (a.a.O., Tz. 26f.), in der er vorrangig, nicht ausschließlich, auf ein kollusives Zusammenwirken zwischen dem Schuldner und seiner Bank abstellt. Unabhängig von der dogmatischen Begründung (kritisch hierzu z.B. Enzenhofer, NZI 2013, 251 m.w.N.) kommt es bei dieser Rechtsprechung entscheidend darauf an, ob die Bank ihre Funktion als reine Zahlstelle missbraucht oder überschreitet, oder ob sie sich lediglich an ihre rechtlichen Verpflichtungen hält. |
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| | Dies entspricht der bisherigen Rechtsprechung des IX. Zivilsenats zur Unanfechtbarkeit des Bargeschäfts: Danach ist es unschädlich, wenn ein Kreditinstitut nur noch einzelne Belastungsbuchungen zulässt, sofern hierbei das Bestimmungsrecht des Schuldners gewahrt wird (BGH, Urt. v. 26.04.2012 - IX ZR 67/09 - Tz. 13; Urt. v. 01.10.2002 - IX ZR 360/99; Ganter, NZI 2013, 209 [225]). Entscheidend ist somit, ob das Kreditinstitut in das Bestimmungsrecht ihres Kunden eingreift, also in die Auswahl der begünstigten Gläubiger. Dies wird sie regelmäßig nur dann vornehmen, wenn sie daran ein eigenes Interesse hat, beispielsweise weil sie mit bestimmten Gläubigern verbunden oder selbst gleichzeitig Gläubigerin ist. Daher verlangt der Bundesgerichtshof für eine Anfechtbarkeit von Rechtshandlungen gegenüber der Zahlstelle als zusätzliches Kriterium ausdrücklich, dass diese über die reine Erfüllung ihrer vertraglichen Verpflichtungen hinaus Sonderinteressen verfolge. |
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| | In diesem Lichte ist die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auch interessengerecht. Während die Anfechtbarkeit von Rechtshandlungen gegenüber Zahlungsempfängern oder Leistungsmittlern bei der Vorsatzanfechtung sowohl hinsichtlich des Gläubigerbenachteiligungsvorsatzes als auch hinsichtlich der Kenntnis des Anfechtungsgegners teilweise auf schwer widerlegbaren Vermutungen, Beweisanzeichen und Annahmen beruhen (vgl. BGH, Urt. v. 24.01.2013 - IX ZR 11/12, Tz. 23 m.w.N.; § 133 Abs. 1 S. 2 InsO), stehen der Bank bei der Frage, ob sie wegen der möglichen Anfechtbarkeit der Rechtshandlung eine Überweisung oder Lastschrift nicht ausführen darf oder sich wegen unberechtigter Verweigerung gegenüber ihrem Kunden schadensersatzpflichtig macht und gar deswegen dessen Insolvenz verursacht, keine derartigen Vermutungen und Erfahrungssätze zur Seite. In der Kürze der ihr für die Ausführung zur Verfügung stehenden Zeit, zumal auf der operativen Ebene ohne Rechtsberatung, wird sie daher häufig nicht in der Lage sein, die Anfechtbarkeit der Rechtshandlung verlässlich einzuschätzen. Eine Unsicherheit der Bank hinsichtlich der finanziellen Situation ihres Kunden und der Anfechtbarkeit der Rechtshandlung könnte zudem dazu führen, dass sie berechtigte Zahlungsanweisungen oder Lastschriften wegen Unzumutbarkeit gem. § 275 Abs. 3 BGB verweigert (Bernau/Dimmling, BKR 2012, 473). Dies widerspräche dem europarechtlich verfolgten Zweck der Zahlungsdiensterichtlinie (Richtlinie 2007/64/EG vom 13.11.2007) einer einheitlichen, zügigen Abwicklung von Zahlungen (vgl. § 675s BGB, Burghardt in: Ellenberger/ Findeisen/ Nobbe, Zahlungsverkehrsrecht, § 675s Rn. 1). Zudem ist bei Zahlungsdienstleistern und Kreditinstituten, die vertraglich zur Abwicklung des gesamten Zahlungsverkehrs der Schuldner verpflichtet sind, das Haftungsrisiko im Fall einer Fehleinschätzung besonders hoch, weil sie dann anfechtungsrechtlich für den gesamten Umsatz des Schuldners haften könnten (Cranshaw, jurisPR-InsR 14/2012 Anm. 1), während im Regelfall lediglich der jeweilige Zahlungsempfänger für einzelne Verfügungen haftet. Dies würde die gerade in Krisensituationen und unter Sanierungsgesichtspunkten wichtige Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit des bargeldlosen Zahlungsverkehrs beeinträchtigen (Enzenhofer, NZI 2013, 251 [252] m.w.N.). Insbesondere können zurück gegebene Lastschriften oder nicht ausgeführte Zahlungen die Bonität eines Unternehmens bei ihren Kunden beeinträchtigen und geschäftsschädigend wirken. |
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| | c. Der Beklagte hat nicht nachgewiesen, dass die Klägerin ihre Rolle als reine Zahlstelle überschritten oder missbraucht hat und im Zuge der Verfolgung eigener Interessen in eine vom Schuldner angestrebte Gläubigerbenachteiligung eingebunden war. |
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| | aa. Die Klägerin hat ihre Rolle als Zahlstelle nicht verlassen, indem sie dem Girokonto des Schuldners durch die sukzessive Auszahlung des im Juni 2009 vereinbarten Umschuldungs- und Tilgungserstreckungsdarlehen Liquidität zugeführt hat, so dass der Schuldner zur Ausführung von Zahlungen an Gläubiger in der Lage war. |
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| | Der Beklagte übersieht, dass der Darlehensvertrag bereits im Juni 2009 geschlossen war, zum Auszahlungszeitpunkt der Schuldner also einen Auszahlungsanspruch hatte. Zweck des Darlehens war es, laufende andere Darlehensverpflichtungen, darunter ein Förderdarlehen, zu erfüllen. Letztendlich handelt es sich um eine Umschuldung, die regelmäßig zum Ziel hat, den Schuldner von den hohen Kontokorrentkreditzinsen zu entlasten. Die Zinssätze haben die Parteien allerdings nicht vorgetragen. Die Auffassung des Beklagten, eine Bank dürfe einem zahlungsausfallgefährdeten Kunden generell kein neues Darlehen gewähren oder aus einem bereits vereinbarten Darlehen die Valuta auszuzahlen, um zu verhindern, dass der Schuldner die dadurch erlangte Liquidität dazu nutzt, zur Benachteiligung der Gläubigergesamtheit einzelne Gläubiger zu befriedigen, widerspricht der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. BGH, Urt. v. 24.01.2013 – IX ZR 11/12, Tz. 15; Urt. v. 07.05.2009 - IX ZR 140/08; Urt. v. 15.11.2007 - IX ZR 212/06). Es besteht kein Unterschied, ob eine Bank einem Kunden gestattet, eine vorhandene Kontokorrentkreditlinie auszuschöpfen, oder ein bewilligtes Darlehen dergestalt abzurufen, dass die Valuta einem debitorischen Girokonto zur Aufrechterhaltung der dort benötigten Liquidität gutgeschrieben wird. In beiden Fällen wird die Höhe der Gesamtkreditlinie nicht verändert und dem Kunden lediglich der vertraglich geschuldete Kredit gewährt. |
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| | Entgegen der Ansicht des Beklagten stellt die Zulassung von Lastschriften oder die Ausführung von Überweisungen über die vereinbarte Kreditlinie hinaus, also die geduldete Kontoüberziehung, nicht grundsätzlich einen Vorgang dar, bei dem die Bank über ihre Funktion als reine Zahlstelle hinausgeht (BGH, Urt. v. 26.04.2012 – IX ZR 74/11 – Tz. 25). Auch bei diesem Vorgang ist entscheidend, ob die Zahlstelle mit der Duldung, die eine vertragliche Erweiterung der Kreditlinie darstellt, Sonderinteressen verfolgt, beispielsweise weil sie mit der geduldeten Zahlung die Befriedigung eines bestimmten Gläubigers erreichen will (BGH, a.a.O., Tz. 27). |
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| | bb. Es lässt sich nicht feststellen, dass die Klägerin bei der Ausführung der Zahlungsaufträge bzw. Lastschriftbuchungen Sonderinteressen verfolgt hat und dadurch in eine vom Schuldner angestrebte Gläubigerbenachteiligung eingebunden war. Insbesondere lässt sich dies nicht aus der schon länger zurück liegenden Empfehlung der Bank ableiten, vorrangig die Sozialversicherungsbeiträge zu bezahlen. Diese allgemeine Empfehlung dürfte lediglich einen Hinweis auf die Strafbarkeit des Vorenthaltens von Arbeitsentgelt gem. § 266a StGB darstellen. Der Beklagte hat jedenfalls keinen konkreten Zusammenhang zu einer einzelnen Zahlung bzw. Abbuchung dargelegt oder einen Sachverhalt vorgetragen, wonach es der Klägerin aus eigenen Interessen auf die Abführung der Sozialversicherungsbeiträge angekommen wäre. |
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| | cc. Der Beklagte konnte nicht nachweisen, dass die Klägerin in den Zahlungsverkehr des Schuldners eingegriffen und dabei Sonderinteressen verfolgt hat. |
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| | Es ist nicht zu beanstanden, wenn die Bank auch bei Überschreiten der Kontokorrentkreditlinie zunächst sämtliche Lastschriften zu Lasten des Kontos bucht und im Anschluss daran am Folgetag diejenigen Lastschriften zurückbucht, die zu einer Überschreitung der Kontokorrentkreditlinie geführt haben, während sie andere Lastschriften nicht storniert, beispielsweise weil sie nach der Stornierung früherer Lastschriften nicht mehr eigenständig zu einer Überschreitung des Kreditlimits führen. Dieses Bild ergibt sich beispielsweise aus den von dem Beklagten beanstandeten Lastschriften und Stornierungen vom 01.09.2009 und 02.09.2009. Ausweislich der Kontoauszüge sowie der Darstellung der Klägerin (Anlage zum Schriftsatz vom 15.05.2013, GA 221) führten von den 9 Lastschriften am 01.09.2009 erst die 7. und die 8. Lastschrift (M. Leasing GmbH und L. AG) zu einer Überschreitung des Limits. Daher war es konsequent, diese Lastschriften zu stornieren und die 9. Lastschrift stehen zu lassen. Die vorherigen Lastschriften lagen im Limit und nach Stornierung der Lastschriften, die das Limit überschritten lag die 9. Lastschrift wieder innerhalb des Limits. Auf die buchungstechnische Abwicklung der Zahlungsvorgänge kommt es nämlich nicht an. So ist es unschädlich, wenn eine Bank aufgrund der Gestaltung ihrer Datenverarbeitung oder ihrer Buchhaltung, aber auch zum Nachweis gegenüber ihrem Kunden, Belastungsbuchungen grundsätzlich unabhängig von dem Überschreiten der Kreditlinie bucht und später storniert. Entscheidend sind nicht die Buchungen bzw. Buchungstage, sondern die Wertstellung. Ausweislich der Kontoübersicht erfolgten die Belastungsbuchungen und die Rückbelastungen wertstellungsneutral, unabhängig von den differierenden Buchungstagen. Im Übrigen ist es bei eingehenden Lastschriften während des Buchungstages noch ungewiss, ob später Gutschriften noch eingehen, die zu einem Tagessaldo innerhalb des Limits führen, so dass kein Anlass zu einer sofortigen Verweigerung einer Belastungsbuchung besteht. |
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| | Eine Bank überschreitet auch dann nicht ihre Funktion als reine Zahlstelle, wenn sie im Falle des Überschreitens der Kontokorrentkreditlinie durch Lastschriften nicht automatisiert, sondern auf konkrete Anweisung ihres Kunden einzelne Rückbuchungen vornimmt. Hier ist zu beachten, dass die Bank grundsätzlich verpflichtet ist, ihren Kunden die vereinbarte Liquidität zur Verfügung zu stellen. Wie der Kunde seine Liquidität sicherstellt, erhält und über sie verfügt, obliegt seiner Verantwortung, nicht in derjenigen der Bank. Es macht keinen Unterschied, ob die Bank diese Liquidität unmittelbar an den Schuldner auszahlt, der damit – möglicherweise anfechtbar – einzelne Gläubiger befriedigt, oder ob sie im Auftrag des Schuldners die Auszahlung an einen Dritten vornimmt. Auch stellen die Ausführung von Überweisungen, Daueraufträgen und Lastschriften im wirtschaftlichen Ergebnis denselben Vorgang dar. So kann ein Schuldner einen Dauerauftrag an eine Leasinggesellschaft kündigen und die Bezahlung der periodisch fällig werdenden Raten je nach verfügbarer Liquidität durch Einzelaufträge vornehmen. Daher sind Barauszahlungen, Zahlungsaufträge und Lastschriften grundsätzlich gleich zu behandeln. Auch wenn sich möglicherweise aufdrängt, dass der Schuldner durch die selektive Ausführung von Zahlungsaufträgen oder Genehmigung von Lastschriften einzelne Gläubiger bevorzugt, führt dies nicht grundsätzlich zu einer Anfechtbarkeit gegenüber der Leistungsmittlerin. Entscheidend ist, dass diese über ihre reinen vertraglichen Verpflichtungen hinaus in den Zahlungsverkehr des Schuldners im Zuge der Verfolgung eigener Interessen eingegriffen hat. |
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| | Der für das Vorliegen der Anfechtbarkeit darlegungs- und beweisbelastete Beklagte hat die Behauptung der Klägerin nicht widerlegt, dass der Schuldner selbst im Falle der Überschreitung der Kontokorrentkreditlinie durch Lastschriftabbuchungen in Telefongesprächen mit einem Mitarbeiter der Klägerin jeweils entschieden hat, welche Abbuchungen zu stornieren seien. Ein eigenmächtiges Handeln der Bank lässt sich nicht feststellen. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem von dem Beklagten zum Beweis vorgelegten Schreiben der Gläubigerin L. vom 03.09.2009 (Anlage B33). Die Rückbuchung der Leasingrate mit dem Verwendungszweck "nicht bezahlt" lässt keinen Schluss darauf zu, ob die Rückbuchung auf Veranlassung des Schuldners oder der Bank erfolgt ist. |
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| | dd. Unerheblich ist der Umstand, dass durch die Ausführung einzelner Zahlungen bzw. Belastungsbuchungen möglicherweise eine ungesicherte Forderung des Leistungsempfängers getilgt wird, während das Kreditinstitut durch die Ausführung einen Aufwendungsersatzanspruch in gleicher Höhe erwirbt und dadurch den Kontokorrentkredit valutiert, der durch eine Grundschuld oder auch nur das allgemeine AGB-Pfandrecht gesichert ist. Für die Zahlstelle ist regelmäßig nicht überprüfbar, ob und in welcher Höhe der Zahlungsempfänger, beispielsweise durch Sicherungseigentum oder Forderungsabtretungen gesichert ist. Zudem lässt sich der Wert der eigenen Sicherheiten des Kreditinstituts häufig nicht zuverlässig bestimmen und kann unter dem Nominalwert liegen. Unter diesen Umständen ist bereits ein darauf gerichteter Gläubigerbenachteiligungsvorsatz fraglich, jedenfalls eine Kenntnis der Bank hiervon nicht anzunehmen. |
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| | ee. Soweit mit der zur Verfügung gestellten Liquidität Darlehensforderungen der Klägerin teilweise getilgt wurden, unterlagen diese Rechtshandlungen einer eigenen Anfechtung und sind entweder, wegen vorheriger freiwilliger Rückgewähr, nicht streitgegenständliche oder wurden bereits erstinstanzlich zu Gunsten des Beklagten berücksichtigt. |
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| | 4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Revision war nicht gem. § 543 Abs. 2 ZPO zuzulassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erfordern. Die Entscheidung weicht nicht von Entscheidungen anderer Obergerichte oder des Bundesgerichtshofs ab und beruht im Wesentlichen auf den Umständen des Einzelfalls. |
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