1. Als örtlich zuständiges Gericht wird das Amtsgericht - Familiengericht - Waiblingen bestimmt.
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| Die Antragstellerin/Kindesmutter und der Antragsgegner/Kindesvater sind die Eltern der Kinder ..., geb. ...2006, und ..., geb. ...2008. Beide Kinder haben sowohl die deutsche als auch die bulgarische Staatsangehörigkeit. Die Kindeseltern leben seit September 2012 voneinander getrennt. Die Kindesmutter beabsichtigte im Jahr 2014 aus beruflichen Gründen mit den Kindern für einen befristeten Zeitraum in die USA überzusiedeln. Im Verfahren 12 F 525/14 vor dem Amtsgericht -Familiengericht- Waiblingen schlossen die Kindeseltern am 03.06.2014 eine Vereinbarung, wonach der Kindesmutter das Aufenthaltsbestimmungsrecht für beide Kinder für die Zeit vom 17.08.2014 bis einschließlich 31.08.2018 übertragen wurde. In dieser Vereinbarung verpflichtete sich die Kindesmutter unter anderem, ab 01.09.2016 den Aufenthalt der Kinder innerhalb Europas zu bestimmen. Seit Sommer 2014 leben die Kinder mit der Kindesmutter in Florida. Zum Kindesvater bestehen Umgangskontakte. |
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| Am 10.03.2016 beantragte die Kindesmutter beim Amtsgericht -Familiengericht- Waiblingen, ihr im Wege der einstweiligen Anordnung das Aufenthaltsbestimmungsrecht für beide Kinder zu übertragen (Az. 12 F 277/16). Sie begründete diesen Antrag damit, ihre berufliche Entwicklung mache eine Verlängerung des Aufenthalts in den USA um weitere drei Jahre notwendig. Beide Kinder seien in den USA gut integriert und wünschten, mit der Mutter in den USA bleiben zu können. Der Kindesvater verweigere aber seine Zustimmung und wolle die Kinder in Schulen in Stuttgart anmelden. Es entspreche dem Kindeswohl und dem Wunsch der Kinder, mit der Mutter weiter in den USA leben zu können. |
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| Am 29.03.2016 ging beim Amtsgericht Stuttgart-Bad Cannstatt ein Antrag des Kindesvaters auf Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts für beide Kinder ein (Az. 4 F 479/16). Der Kindesvater begründet seinen Antrag damit, ein Verbleib der Kinder in den USA entspreche nicht dem Kindeswohl. Die Schulausbildung in Deutschland sei besser als die in den USA und die Kinder würden allmählich die deutsche Sprache verlernen. Zudem sei die politische Lage in Deutschland stabiler. |
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| Mit Beschluss vom 25.03.2016 hat das Amtsgericht -Familiengericht- Waiblingen sich im Verfahren 12 F 277/16 unter Hinweis auf den Aufenthalt der Kinder in den USA und den Wohnort des Vaters im Zuständigkeitsbezirk des Amtsgerichts Bad Cannstatt für örtlich unzuständig erklärt und das Verfahren an das Amtsgericht - Familiengericht - Stuttgart Bad-Cannstatt abgegeben. Das Amtsgericht -Familiengericht- Stuttgart-Bad Cannstatt hat unter Az. 4 F 484/16 mit Beschluss vom 20.04.2016 das Verfahren auf Antrag der Antragstellerin an das Amtsgericht -Familiengericht- Waiblingen verwiesen. Die Verweisung hat es damit begründet, das Familiengericht Waiblingen verfüge hinsichtlich der betroffenen Familie über besondere Sachnähe und Sachkenntnis, da dort bereits das Verfahren 12 F 525/14 geführt worden sei, in dem zwischen den Kindeseltern eine Regelung zur elterlichen Sorge getroffen wurde. |
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| Mit Verfügung vom 28.04.2016 hat das Amtsgericht - Familiengericht - Waiblingen (jetzt unter Az. 12 F 444/16) die Sache dem Senat zur Zuständigkeitsbestimmung vorgelegt. Ergänzend hat es nochmals auf den Wohnort des Kindesvaters im Bezirk des Amtsgericht Stuttgart-Bad Cannstatt verwiesen. |
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| Die Voraussetzungen für eine Zuständigkeitsbestimmung durch den Senat liegen vor. |
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| Das Amtsgericht - Familiengericht - Waiblingen ist nach § 152 Abs. 3 FamFG örtlich zuständig. |
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| Der Senat ist gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 4 FamFG zur Bestimmung des zuständigen Gerichts berufen, da sich das Familiengericht in Waiblingen und das Familiengericht in Stuttgart-Bad Cannstatt jeweils örtlich für unzuständig erklärt haben. |
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| In Anwendung des § 5 Abs. 1 Nr. 4 FamFG ist das angerufene Oberlandesgericht - Familiensenat - als das für die Familiengerichte in Waiblingen und Stuttgart-Bad Cannstatt zuständige nächsthöhere gemeinsame Gericht zur Entscheidung über die Zuständigkeit berufen. Das zuständige Gericht wird dabei durch den Senat bestimmt, wenn verschiedene Gerichte, von denen eines für das Verfahren zuständig ist, sich rechtskräftig für unzuständig erklärt haben. Diese Voraussetzungen liegen hier im Ergebnis vor. Die beteiligten Familiengerichte in Waiblingen und Stuttgart-Bad Cannstatt haben ihre Zuständigkeit jeweils ausdrücklich verneint. |
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| Die Zuständigkeit des Amtsgerichts -Familiengericht- Waiblingen folgt aus § 152 Abs. 3 FamFG. |
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| Das deutsche Recht ist vorliegend gemäß § 99 FamFG anwendbar, da eine vorrangige Zuständigkeit ausländischer Gerichte gemäß § 97 FamFG trotz des gewöhnlichen derzeitigen Aufenthalts der Kinder in den USA nicht gegeben ist. Eine solche folgt nicht aus Art. 8 EuEheVO, da die Kinder ihren gewöhnlichen Aufenthalt nicht in einem Mitgliedsstaat der EU haben. Auch aus Art. 61 EuEheVO in Verbindung mit den Vorschriften des KSÜ ergibt sich keine abweichende internationale Zuständigkeit, da die USA kein Vertragsstaat des KSÜ sind. Daher sind gemäß Art. 14 EuEheVO die Vorschriften des FamFG anwendbar. Es besteht somit gemäß § 99 FamFG eine Zuständigkeit der deutschen Gerichte. |
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| Eine Zuständigkeit eines der in Betracht kommenden Familiengerichte lässt sich im vorliegenden Fall nicht aus § 152 Abs. 2 FamFG herleiten, da die Kinder ihren gewöhnlichen Aufenthalt nicht in Deutschland, sondern in den USA haben. |
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| Lässt sich ein gewöhnlicher Aufenthalt nach § 152 Abs. 2 FamFG im Zuständigkeitsbereich eines inländischen Gerichts nicht bejahen, ist gemäß § 152 Abs. 3 FamFG dasjenige Gericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk das Bedürfnis der Fürsorge bekannt wird. |
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| Bei dieser Vorschrift handelt es sich um einen weit auszulegenden Auffangtatbestand, der nicht auf den Begriff der konkreten Fürsorge für eine Person eingeschränkt werden kann. Denn die Vorschrift dient dem Ziel, eine bestehende Lücke zur Zuständigkeit nach § 152 Abs. 1 und 2 FamFG zu schließen und ist weit auszulegen (vgl. OLG Hamm, MDR 2016, 333, Rz. 24; Musielak/Borth, Familiengerichtliches Verfahren, 5. Auflage 2015, § 152 FamFG Rz. 7). Ein Bedürfnis der Fürsorge besteht überall da, wo das Kind der Fürsorge durch das Familiengericht bedarf und dies dem Gericht amtlich bekannt wird (vgl. OLG Hamm, MDR 2016, 333, Rz. 24). Tritt das Bedürfnis der Fürsorge i.S.v. § 152 Abs. 3 FamFG an verschiedenen Orten hervor, ist die Zuständigkeit verschiedener Familiengerichte im Rahmen einer Gesamtschau nach Zweckmäßigkeitsgesichtspunkten zu bestimmen (vgl. OLG Hamm MDR 2016, 333, Rz. 24; Lorenz in Zöller, ZPO, 31. Auflage, § § 152 FamFG Rz. 3). |
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| Unter Zweckmäßigkeitsgesichtspunkten ist danach das Amtsgericht - Familiengericht - Waiblingen als zuständiges Familiengericht zu bestimmen. |
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| Zum einen war das Amtsgericht -Familiengericht- Waiblingen aufgrund des am 10.03.2016 eingegangenen Antrags der Kindesmutter im Verfahren 12 F 444/16 zuerst mit der Sache befasst. Darüber hinaus war das Amtsgericht -Familiengericht- Waiblingen mit der Frage der Regelung des Sorgerechts für die Kinder ... und ... auch bereits in der Vergangenheit im Rahmen des Verfahrens 12 F 525/14 befasst und verfügt daher bereits über Kenntnis der Beteiligten. Auch das Jugendamt Rems-Murr-Kreis war an diesem Vorverfahren beteiligt. Demgegenüber ergibt sich ein Bezug des Amtsgerichts -Familiengericht- Stuttgart-Bad Cannstatt zur Sache allein über den Wohnort des Kindesvaters und dessen dort am 29.03.2016 eingegangenen Antrag. Daher erscheint es dem Senat gemäß § 152 Abs. 3 FamFG zweckmäßig, dass das Verfahren vor dem Amtsgerichts -Familiengericht- Waiblingen fortgesetzt wird. |
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