Beschluss vom Oberlandesgericht Stuttgart - 4 W 17/18

Tenor

1. Die sofortige Beschwerde der Verfügungsbeklagten gegen den Beschluss des Landgerichts Stuttgart vom 06.02.2018, Az. 11 O 22/18, wird verworfen.

2. Die Verfügungsbeklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

3. Streitwert: 15.000,00 EUR

Gründe

 
I.
Der Antragsteller begehrt eine einstweilige Verfügung wegen einer nach seiner Ansicht unberechtigten Löschung eines X.-posts. Im Antrag wurden als Zustellungsbevollmächtigte gemäß § 5 NetzDG die Rechtsanwälte Z. angegeben (Blatt 1). Nach Übersendung eines Empfangsbekenntnisses (Blatt 34) hat diese Kanzlei die empfangenen Dokumente zurückgeschickt, weil man nicht zustellungsbefugt sei, da sich die Dokumente nicht auf ein Verfahren nach § 5 NetzDG bezögen (Blatt 36). Das Landgericht hat darauf am 06.02.2018 die erneute Zustellung beschlossen, weil es sich um ein Gerichtsverfahren wegen der Verbreitung rechtswidriger Inhalte handle (Blatt 37 – 40). Darauf haben sich unter Bezugnahme auf den Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung und auch den Zustellungsbeschluss vom 06.02. die nun Prozessbevollmächtigten Q. legitimiert, die eine nicht wirksame Zustellung geltend machen, da das Verfahren keinen Zusammenhang zum NetzDG aufweise (Blatt 50 – 51). Am 26.02. hat die Antragsgegnerin sofortige Beschwerde eingelegt, mit der der Beschluss des Landgerichts aufgehoben und festgestellt werden soll, dass die Übermittlung an die Rechtsanwälte Z. keine Zustellung an die Antragsgegnerin bewirkte (Blatt 75 ff.). Der Antragsteller ist der Beschwerde entgegen getreten, da keine der in § 567 Abs. 1 ZPO genannten Konstellationen vorliege, eine Feststellung nicht möglich sei (Blatt 96 ff.).
Das Landgericht hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und diese dem Senat zur Entscheidung vorgelegt. Die Beschwerde sei nicht statthaft, im Übrigen nicht begründet (Blatt 106 f.).
II.
Es kann offen bleiben, ob wegen der weiten Formulierung in § 5 NetzDG – erfasst werden Gerichtsverfahren vor deutschen Gerichten wegen der Verbreitung rechtswidriger Inhalte – eine Zuständigkeit zu bejahen ist, denn die Beschwerde ist unzulässig.
Nach § 567 Abs. 1 ZPO findet die Beschwerde gegen die im ersten Rechtszug ergangenen Entscheidungen der Amts- und Landgerichte statt, wenn dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder es sich um eine mündliche Verhandlung nicht erfordernde Entscheidung handelt durch die ein das Verfahren betreffendes Gesuch zurückgewiesen worden ist. Die Vorschriften zur Zustellung, das NetzDG und das TMG enthalten keine ausdrückliche Bestimmung, wonach die Entscheidung angefochten werden kann, an wen zuzustellen ist (zu den Fällen einer ausdrücklichen Zulassung vergleiche MüKo/Lipp, ZPO, 5. Aufl. 2016, § 567 Rn. 6, 7). Nach der Generalklausel in § 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO kann auch dann Beschwerde eingelegt werden, wenn durch die Entscheidung ein das Verfahren betreffendes Gesuch zurückgewiesen worden ist, wobei mit Verfahren der Rechtsstreit schlechthin gemeint ist (RGZ 47, 364 [365]). Die Statthaftigkeit setzt aber voraus, dass die abgelehnte Entscheidung einen Antrag der Partei voraussetzt (MüKo/Lipp, ZPO, 5. Aufl. 2016, § 567 Rn. 10; Stein/Jonas/Jacobs, ZPO, 22. Aufl. 2012, § 567 Rn. 8). Der Beschwerdeweg ist deshalb nicht eröffnet, wenn das Gericht über die Anordnung der beantragten Maßnahme von Amts wegen zu entscheiden hat (BGH NJW 2005, 143 [144]; BGH NJW-RR 2009, 210 [211 Rn. 11]; BGH BeckRS 2010, 06500 Rn. 7; MüKo/Lipp, ZPO, 5. Aufl. 2016, § 567 Rn. 11; Stein/Jonas/Jacobs, ZPO, 22. Aufl. 2012, § 567 Rn. 8). Die Zustellung eines Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist jedenfalls bei einer beabsichtigten mündlichen Verhandlung wie bei der Klage von Amts wegen zu bewirken (§§ 253 Abs. 1, 166 Abs. 2 ZPO, anders nur im Falle des § 922 Abs. 2 ZPO), weshalb schon die ursprüngliche Entscheidung des Landgerichts zur Übermittlung des Verfügungsantrags an die Rechtsanwälte Z. und auch der Beschluss vom 06.02. keinen Antrag der Partei in diesem Sinne vorausgesetzt haben. Insbesondere das Schreiben vom 05.02.2018 (Blatt 36) ist danach kein Gesuch im Sinne des § 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO. Gerade die von Amts wegen gebotene verfahrenseinleitende Tätigkeit ist von einer Beschwerde ausgeschlossen (so zutreffend MüKo/Lipp, ZPO, 5. Aufl. 2016, § 567 Rn. 11; Stein/Jonas/Jacobs, ZPO, 22. Aufl. 2012, § 567 Rn. 8).
Im Übrigen hat das Landgericht zutreffend darauf hingewiesen, dass ein Zustellungsmangel auch in der Sache geheilt wäre (§ 189 ZPO), denn nach der Bezugnahme der neuen Prozessbevollmächtigten liegen diesen die maßgeblichen Schriftstücke vor.
III.
Kosten: § 97 Abs. 1 ZPO.

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