Beschluss vom Hamburgisches Oberverwaltungsgericht (2. Senat) - 2 Bs 38/16

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 9. März 2016 geändert.

Der Antrag vom 21. Dezember 2015, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragsteller gegen die Baugenehmigung vom 7. Dezember 2015 anzuordnen, wird abgelehnt.

Die Antragsteller tragen die Kosten des gesamten Verfahrens, mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt.

Der Streitwert wird auf 22.500,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Antragsteller wenden sich im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Errichtung einer Einrichtung zur Folgeunterbringung von Flüchtlingen und Asylbegehrenden.

2

Die Antragsteller sind Inhaber von Eigentumsrechten an Grundstücken im Geltungsbereich des Bebauungsplans O… 12 vom 31. März 2005 (HmbGVBl. S. 124), die dort jeweils als reines Wohngebiet ausgewiesen werden. Die Beigeladene beabsichtigt auf dem zu ihnen südöstlich gelegenen Grundstück (Teil des Flurstücks … der Gemarkung O…), für das der Bebauungsplan den besonderen Nutzungszweck "Anzuchtgarten (Hamburger Friedhöfe)" festsetzt, die Errichtung einer Flüchtlingsunterbringung mit 700 Plätzen als Folgeunterbringung. Unter dem 7. Dezember 2015 erteilte die Antragsgegnerin hierfür eine auf 10 Jahre befristete Baugenehmigung, die u.a. eine "Fachbehördliche Entscheidung" nach § 246 Abs. 14 BauGB für die Abweichungen vom Bebauungsplan hinsichtlich des Nutzungszwecks und der Baugrenzen enthält. Die Antragsteller erhoben gegen die Baugenehmigung am 15. Dezember 2015 Widerspruch.

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Auf den entsprechenden Antrag der Antragsteller hat das Verwaltungsgericht Hamburg mit Beschluss vom 9. März 2016 die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen die Baugenehmigung angeordnet. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass hinsichtlich der Baugenehmigung das Aussetzungsinteresse der Antragsteller das Vollzugsinteresse der Antragsgegnerin und der Beigeladenen überwiege, weil ihr Widerspruch voraussichtlich Erfolg haben werde. Nach summarischer Prüfung verletze die Baugenehmigung Normen, die die Antragsteller schützen sollten. So sei die bebauungsplanrechtliche Festsetzung der Vorhabenfläche als "Anzuchtgarten" nachbarschützend zugunsten aller Eigentümer von Grundstücken in dem nördlich und westlich der Vorhabenfläche festgesetzten reinen Wohngebiet. Grundintention der damaligen Plangeberin sei es gewesen, die Wohnnutzung einem besonderen Schutz zu unterstellen. Dies ergebe sich aus der Planzeichnung und -begründung, insbesondere wenn in letzterer ausgeführt werde, dass mit der Festsetzung für das Vorhabengrundstück "weitergehende gewerbliche Nutzungen, die zu nicht gewollten Störungen der bestehenden und neuen Wohngebiete führen könnten" vermieden würden. Diese Festsetzung schließe nicht nur besonders störende Nutzungen aus, sondern solle darüber hinaus zugunsten der neu festgesetzten Wohngebiete auch als Puffer zwischen ihnen und dem Friedhof dienen. Jene Intention der Plangeberin erweise sich als schlüssiges Ergebnis des Planungsprozesses, der von Anfang an darauf abgezielt habe, das neu zu schaffende Wohngebiet besonders zu schützen. Hiermit sei das geplante Vorhaben nicht zu vereinbaren, weil die getroffene Positivregelung gerade die Bedeutung habe, jede andere Nutzung als eine gärtnerische und friedhofsbezogene verlässlich auszuschließen. Zudem weise eine derartige Nutzung aus planungsrechtlicher Sicht ein geringeres Störpotential auf als ein Vorhaben zur Unterbringung von mehreren Hundert Asylsuchenden. Die Zweckbestimmung der Vorhabenfläche, die planerischen Festsetzungen und der darin zum Ausdruck kommende planerische Wille, sowie die örtliche Situation dürften im Übrigen dem Plangebiet eine typische Prägung verleihen, die das Vorhaben ebenfalls missachte, weil es sich qualitativ sowohl von der festgesetzten Nutzung wie auch der Kleinmaßstäblichkeit der reinen Wohnnutzung unterscheide.

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Die zur Rechtfertigung des Vorhabens erteilte fachbehördliche Abweichungsentscheidung sei rechtswidrig. Es fehle bereits an den Voraussetzungen für eine Abweichung. Bei § 246 Abs. 14 BauGB handele es sich um eine strikt subsidiäre Vorschrift, die Planabweichungen nur zulasse, wenn auf andere Weise im gesamten Gemeindegebiet dringende Unterbringungsbedarfe für Flüchtlinge und Asylbegehrende nicht gedeckt werden könnten. Diese Anforderungen seien nicht erfüllt, weil die Antragsgegnerin weder auf das gesamte Gemeindegebiet bezogene entsprechende Feststellungen getroffen habe noch ihre aktuellen Stellungnahmen dafür sprächen, dass die sonstigen Unterbringungsmöglichkeiten erschöpft wären. Weiterhin sei das Ermessen fehlerhaft ausgeübt worden, weil die Antragsgegnerin die hierfür relevanten Belange fehlerhaft ermittelt habe. So sei die fachbehördliche Abweichungsentscheidung zu einem Zeitpunkt ergangen, als das Vorhaben noch nicht die Form gehabt habe, in der es genehmigt worden sei. Zudem seien die möglichen Belastungen durch Lärm- und Lichtimmissionen sowie die sozialen Umfeldauswirkungen des Vorhabens nicht ermittelt und in die Ermessenserwägungen einbezogen worden. Angesichts ihrer planersetzenden Funktion hätte bei der Abweichungsentscheidung auch die Möglichkeit einer Reduzierung der Vorhabengröße in Betracht gezogen werden müssen.

II.

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Die am 16. März 2016 fristgerecht (§ 147 Abs. 1 Satz 1 VwGO) eingelegte und am 5. April 2016 rechtzeitig (§ 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO) begründete Beschwerde der Antragsgegnerin hat Erfolg. Sie hat mit ihrer Beschwerdebegründung die erstinstanzliche Entscheidung erschüttert, soweit diese die Voraussetzungen für eine Abweichungsentscheidung nach § 246 Abs. 14 Satz 1 BauGB als nicht gegeben ansieht (1.). Die dadurch für das Beschwerdegericht eröffnete eigenständige Prüfung des Aussetzungsantrags ergibt, dass er unbegründet ist. Bei der gebotenen Abwägung hat das Aussetzungsinteresse der Antragsteller zurückzustehen, da sie durch die angefochtene Baugenehmigung vom 7. Dezember 2015 aller Voraussicht nach nicht in ihren Nachbarrechten verletzt werden (2.).

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1. Die mit der Beschwerde gemäß § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO dargelegten Gründe erschüttern die Auffassung des Verwaltungsgerichts, bei § 246 Abs. 14 BauGB handele es sich um eine strikt subsidiäre Vorschrift und die Antragsgegnerin habe nicht nachweisen können, dass nicht auf andere Weise im gesamten Gemeindegebiet der dringende Unterbringungsbedarf für Flüchtlinge und Asylbegehrende gedeckt werden könnte.

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Dem tritt die Antragsgegnerin schlüssig entgegen, in dem sie unter Hinweis auf die Entstehungsgeschichte und den Wortlaut jener Vorschrift deren Auffangcharakter betont und aufgrund dessen die in der erstinstanzlichen Entscheidung erhobenen Anforderungen an die Subsidiaritätsprüfung für zu weitgehend erachtet. So weist sie zutreffend darauf hin, dass bereits nach der Vorstellung des Gesetzgebers an die Vorgaben des § 246 Abs. 14 BauGB "schon angesichts der Dringlichkeit der Unterbringung keine übersteigerten Anforderungen gestellt werden" sollen (BT-Drs. 18/6185, S. 55). Auch kann nach dem Wortlaut der Vorschrift, was die Beschwerde hervorhebt, von der Abweichungsmöglichkeit bereits dann Gebrauch gemacht werden, wenn dringend benötigte Unterbringungsmöglichkeiten "nicht rechtzeitig bereitgestellt" werden können. Die Beantwortung der Frage, ob Unterkunftsmöglichkeiten rechtzeitig bereitgestellt werden können, hat dieses Zeitmoment zu berücksichtigen. Die Antwort muss dementsprechend so frühzeitig gegeben werden können, dass die notwendigen Unterkünfte, gegebenenfalls unter Anwendung des § 246  Abs. 14 BauGB, spätestens im Zeitpunkt der Entstehung des Unterkunftsbedarfs zur Verfügung stehen. Der damit verbundene zeitliche Vorlauf und die mit der darin liegenden Prognose verbundenen Unsicherheiten lassen es regelmäßig nicht zu, die Subsidiaritätsprüfung mit dem in der erstinstanzlichen Entscheidung geforderten Nachweis abzuschließen. Gegen einen derartigen, jegliche Zweifel ausschließenden Nachweis spricht zudem, dass die Einführung dieser Abweichungsmöglichkeit mit der Erwartung verbunden war, "angesichts der Dringlichkeit der Unterbringung" an ihre Anwendbarkeit "keine übersteigerten Anforderungen" zu stellen; damit kommt der Bedarfsdeckung ein höheres Gewicht zu als einer erschöpfenden Subsidiaritätsprüfung. Diese hat hinsichtlich ihres Abschlusses den durch die angestrebte Bedarfsdeckung gezogenen Zeithorizont und im Übrigen die Möglichkeiten der Verwaltung zu ihrer Durchführung zu berücksichtigen. Die dadurch bedingten Einschränkungen in der Begründungstiefe des Abschlusses der Subsidiaritätsprüfung hat das Verwaltungsgericht bei seiner Entscheidung nicht berücksichtigt.

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2. Hat das Vorbringen der Antragsgegnerin die tragende Begründung des angefochtenen Beschlusses zum fehlenden Nachweis der Voraussetzungen des § 246 Abs. 14 BauGB erschüttert, ist das Beschwerdegericht berechtigt und verpflichtet, ohne die Beschränkung des § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO über ihre Beschwerde zu entscheiden.

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Dabei kann dahinstehen, ob die Antragsgegnerin zu Recht von der Abweichungsmöglichkeit des § 246 Abs. 14 BauGB Gebrauch gemacht hat. Sie hat zwar zum maßgeblichen Zeitpunkt der Genehmigungserteilung (vgl. OVG Hamburg, Beschl. v. 18.7.2014, 2 Bs 111/14, juris, Rn. 22 m.w.N.) in dem der Fachbehördlichen Entscheidung und damit der Genehmigung beigefügten Monitoringbericht die Dringlichkeit des Unterkunftsbedarfs dargelegt, doch finden sich weder dort noch anderweitig in den bereits vom Gericht beigezogenen Unterlagen nachvollziehbare Angaben zur Subsidiaritätsprüfung. Die im Monitoringbericht und dem weiteren Vorbringen der Antragsgegnerin enthaltene Behauptung, alle ihr zur Verfügung stehenden Flächen für die Bereitstellung von Unterbringungsmöglichkeiten zu nutzen und daher auf die Nutzung des Vorhabengrundstücks und dabei auf die Anwendung des § 246 Abs. 14 BauGB angewiesen zu sein, reicht nicht aus, um gerichtlicherseits von einer hinreichenden Darlegung einer Durchführung der Subsidiaritätsprüfung auszugehen. Einer entsprechenden Aufklärung durch das Gericht bedarf es dennoch nicht, weil die Beschwerde bereits aus anderen Gründen erfolgreich ist.

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Bei der gemäß §§ 80a Abs. 1 und 3, 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO gebotenen Interessenabwägung überwiegt das öffentliche Vollzugsinteresse, weil nach summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage subjektive Rechte der Antragsteller nicht verletzt werden, selbst wenn die Voraussetzungen des § 246 Abs. 14 BauGB nicht erfüllt sein sollten. Sie dürften durch die Baugenehmigung vom 7. Dezember 2015 nicht in ihren Rechten verletzt sein, weil ihnen weder ein Anspruch auf Einhaltung der Festsetzung "Anzuchtgarten" (a) noch auf Beibehaltung einer Gebietsprägung (b) zusteht. Das Vorhaben der Antragsgegnerin  ist ihnen gegenüber auch nicht rücksichtslos (c). Verfahrensrechte werden gleichfalls nicht verletzt (d).

11

a) Die Antragsteller können sich gegen die Baugenehmigung nicht mit der Begründung wenden, die Einrichtung der Beigeladenen stehe nicht in Übereinstimmung mit der im Bebauungsplan für das Vorhabengrundstück getroffenen Festsetzung "Anzuchtgarten". Sie können sich weder auf einen (baugebietsübergreifenden) Gebietserhaltungsanspruch berufen (aa) noch hat der Plangeber jene Festsetzung anderweitig drittschützend ausgestaltet (bb).

12

aa) Der drittschützende Gebietserhaltungsanspruch eines Grundstückseigentümers auf Wahrung der festgesetzten Nutzungsart besteht grundsätzlich nur dann, wenn sich sein Grundstück und dasjenige des Vorhabens in demselben Baugebiet innerhalb eines Bebauungsplans befinden (BVerwG, Urt. v. 16.9.1993, BVerwGE 94, 151, 155; Urt. v. 23.8.1996, BVerwGE 101, 364, 374; OVG Hamburg, Beschl. v. 16.11.2015, 2 Bs 165/15, juris, Rn. 32; Beschl. v. 5.3.2015, 2 Bs 33/15). Der bauplanungsrechtliche Nachbarschutz beruht auf dem Gedanken des wechselseitigen Austauschverhältnisses. Weil und soweit der Eigentümer eines Grundstücks in dessen Ausnutzung öffentlich-rechtlichen Beschränkungen unterworfen ist, kann er deren Beachtung grundsätzlich auch im Verhältnis zum Nachbarn durchsetzen (BVerwG, Urt. v. 11.5.1989, BVerwGE 82, 61, 75). Durch die Festsetzungen eines Bebauungsplans über die Art der zulässigen baulichen Nutzung werden die von diesem Plan Betroffenen im Hinblick auf die Nutzung ihrer Grundstücke zu einer rechtlichen Schicksalsgemeinschaft verbunden. Die Beschränkung der Nutzungsmöglichkeit des eigenen Grundstücks wird dadurch ausgeglichen, dass auch die anderen Grundstückseigentümer im Baugebiet diesen Beschränkungen unterliegen. Hieran fehlt es vorliegend, da das Vorhabengrundstück nicht zu dem reinen Wohngebiet gehört, in dem die Grundstücke der Antragsteller liegen. Es ist als Fläche für den besonderen Nutzungszweck "Anzuchtgarten (Hamburger Friedhöfe)" ausgewiesen.

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Aus der dargelegten Grundlage des Gebietserhaltungsanspruchs folgt zugleich, dass er grundsätzlich kein baugebietsübergreifendes Abwehrrecht gegen gebietsfremde Nutzungen im angrenzenden Plangebiet vermittelt (BVerwG, Beschl. v. 18.12.2007, Buchholz 406.12 § 1 BauNVO Nr. 32 Rn. 6; OVG Hamburg, Beschl. v. 10.9.2008, 2 Bs 152/08; Beschl. v. 5.3.2015, 2 Bs 33/15; VGH München, Beschl. v. 31.3.2008, 1 ZB 07.1062, juris, Rn. 11; OVG Münster, Beschl. v. 28.11.2002, BRS 66 Nr. 168 S. 722, 723). Gleiches gilt auch, soweit es sich um Nutzungen in einem angrenzenden Baugebiet desselben Bebauungsplans handelt. Zwar kann ausnahmsweise im Einzelfall auch die Festsetzung einer anderen Nutzungsart, z.B. als Grünfläche, Teil eines Austauschverhältnisses sein, wenn mit der Festsetzung die spezifische Qualität des Plangebiets und damit dessen Gebietscharakter begründet werden soll. Das setzt jedoch die konzeptionelle Einbindung einer derartigen Ausweisung in den Bebauungsplan voraus, d.h. es muss eine konzeptionelle Wechselbezüglichkeit der Grundstücksflächen gegeben sein (vgl. BVerwG, Beschl. v. 21.12.1994, 4 B 261/94, juris, Rn. 10; OVG Hamburg, Beschl. v. 2.9.2010, NordÖR 2011, 84, 85).

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Diese Voraussetzung ist hier nicht gegeben. Die Festsetzungen des reinen Wohngebiets und der Fläche mit dem besonderen Nutzungszweck "Anzuchtgarten (Hamburger Friedhöfe)" sind nicht darauf gerichtet, die Planbetroffenen im Hinblick auf die Nutzung ihrer Grundstücke zu einer rechtlichen Schicksalsgemeinschaft zu verbinden. Die Festsetzung "Anzuchtgarten" dient im Bebauungsplan auf der verbleibenden Restfläche der Sicherung der bereits zuvor ausgeübten Nutzung als dienende Einrichtung für den angrenzenden Hauptfriedhof …. Eine konzeptionelle Zuordnung im Verhältnis zur Wohnbebauung auf den früher in gleicher Weise genutzten Flächen ist weder typischerweise zu erwarten noch vorliegend aufgrund besonderer Umstände ersichtlich. Denn die neue Wohnbebauung ist nach Lage und Umfang nicht auf eine Fortsetzung dieses Nutzungszwecks angewiesen, etwa um andere städtebaulich relevante Belastungen auszugleichen. Genauso wenig begründet die neue Wohnbebauung für die Fortnutzung als "Anzuchtgarten" einen städtebaulichen Vorteil.

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bb) Zwar ist der Plangeber nicht daran gehindert, weitergehend den "Gebietsnachbarn" einen einseitigen Anspruch auf Einhaltung einer Gebietsfestsetzung einzuräumen. Doch liegen keine Anhaltspunkte für die Annahme vor, der Plangeber habe der Festsetzung "Anzuchtgarten" eine nachbarschützende Wirkung beigegeben. Ein Bebauungsplan dient mit Rücksicht auf seine städtebauliche Ordnungsfunktion für das Plangebiet zunächst nur öffentlichen Interessen. Ob darüber hinaus eine Festsetzung nachbarschützenden Charakter hat, muss im Einzelfall für die jeweilige Ausweisung durch Auslegung ermittelt werden (vgl. OVG Hamburg, Beschl. v. 26.9.2007, NordÖR 2008, 73; Urt. v. 17.1. 2002, NordÖR 2002, 454, 455). Aus dem Zuschnitt und den Festsetzungen des Bebauungsplans, seiner Begründung oder seiner Entstehungsgeschichte ergeben sich keine hinreichenden Anhaltspunkte für eine nachbarschützende Wirkung der Festsetzung "Anzuchtgarten".

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Der Zuschnitt von Plangebieten und die Arrondierung ihrer Grenzen als solche sagen nichts aus über den Drittschutz einer Festsetzung. Dies gilt für den Bebauungsplan O… 12 im Besonderen, dessen räumlicher Umfang sich zwanglos aus dem Anlass der Planung ergibt (Planbegründung Ziff. 2., S. 2). Hiernach benötigte der Friedhof … nicht mehr die gesamte Fläche seines Anzuchtgartens, was die Möglichkeit schuf, diesen Bereich zu überplanen. Schon daraus ergab sich ein hinreichender Grund für die Einbeziehung des verbleibenden Teils des Anzuchtgartens in das Plangebiet. Dass dieses noch um weitere Infrastrukturflächen – wie z.B. für eine Schule – erweitert wurde, ergab sich aus der gewünschten Wohnnutzung, weil der angestrebte Bevölkerungszuwachs deren Erweiterung notwendig machte. Diese sinnvolle Erweiterung des Plangebiets machte es aber umgekehrt nicht notwendig, das Plangebiet an anderer Stelle zu beschneiden, denn es gibt keine planerische Anforderung, dass alle überplanten Flächen einem einzigen – hier wohnbezogenen – Funktionszusammenhang folgen müssen. Die Festsetzung "Anzuchtgarten" steht insoweit nicht in einem Nutzungszusammenhang zu dem Wohngebiet. Sie hat gleichermaßen keine das Wohngebiet schützende Pufferfunktion gegenüber anderen das reine Wohngebiet potentiell beeinträchtigenden Nutzungsarten. Schon der sich dahinter anschließende Friedhof … macht eine derartige Pufferfunktion nicht notwendig.

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Aus der Begründung zum Bebauungsplan ergibt sich nichts anderes. Zur Festsetzung "Anzuchtgarten" heißt es dort unter Ziffer 5.3:

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"Die im Südosten des Plangebiets verbleibende ca. 1,8 ha. große Fläche für den Anzuchtgarten des ...Friedhofs wird als Fläche für den besonderen Nutzungszweck 'Anzuchtgarten' mit einer GRZ von 0,4 ausgewiesen. Das vorhandene Verwaltungsgebäude ist ebenso wie die vorhandenen Gewächshäuser maximal eingeschossig festgesetzt. § 2 Nummer 16 regelt, dass auf der Fläche für den besonderen Nutzungszweck 'Anzuchtgarten' nur gärtnerische und friedhofsbezogene Nutzungen (Gewächshäuser, Betriebsräume) sowie Stellplätze zulässig sind. Damit sollen weitergehende gewerbliche Nutzungen, die zu nicht gewollten Störungen der bestehenden und neuen Wohngebiete führen könnten, vermieden werden."

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Aus dem letzten Satz kann entgegen der Auffassung der Antragsteller nicht mehr gefolgert werden, als dass der Plangeber im Interesse der Wohnruhe in den angrenzenden reinen Wohngebieten einen Bereich schaffen wollte, von dem nicht mehr an Störungen ausgehen sollte als bislang. Die Beschwerdebegründung weist insoweit zutreffend darauf hin, dass es der Planungspraxis der Antragsgegnerin nicht entspreche, derartigen objektiv-rechtlichen Überlegungen zum Schutz von Nutzungsgebieten ohne weiteres subjektive Nachbarrechte beizugeben. Tatsächlich bedarf es hierfür des von der Beschwerdebegründung für notwendig erachteten Individualbezuges der Schutzwirkung. Nicht anders  als bei anderen Normen des öffentlichen Rechts (vgl. BVerwG, Urt. v. 24.9.1998, BVerwGE 107, 215, 220) hängt die drittschützende Wirkung einer bauplanerischen Festsetzung davon ab, ob sie ausschließlich objektiv-rechtlichen Charakter hat und nur dem öffentlichen Interesse dient oder ob sie – zumindest auch – dem Schutz von Individualinteressen derart zu dienen bestimmt ist, dass die Träger der Individualinteressen die Einhaltung der Festsetzung sollen verlangen können. Dabei ist entscheidend, dass sich aus individualisierenden Tatbestandsmerkmalen der Norm – bzw. der planerischen Festsetzung – ein Personenkreis entnehmen lässt, der sich von der Allgemeinheit unterscheidet (BVerwG, Urt. v. 16.9.1993, BVerwGE 94, 151, 158). An einer entsprechenden Individualisierung fehlt es hier. Für die Annahme des notwendigen Individualbezugs reicht es nicht aus,  dass die Bewohner des reinen Wohngebiets durch die beschränkte Nutzbarkeit der Vorhabenfläche objektiv begünstigt werden. Zudem nimmt die Planbegründung nicht nur die durch den Bebauungsplan ausgewiesenen und damit klar erkennbaren "neuen Wohngebiete" sondern auch die umliegenden und nicht näher bestimmten "bestehenden" Wohngebiete in den Blick. Für die Auffassung der Beschwerdeerwiderung, dies sei nur beiläufig geschehen, gibt es keinen Anhaltspunkt. Gerade weil der Umfang der "bestehenden" Wohngebiete nicht abgegrenzt wird, bleibt der Kreis der womöglich geschützten Grundstücksinhaber völlig im Unklaren.

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Nicht anderes ergibt sich aus Ziffer 5.1 der Begründung zur Festsetzung des reinen Wohngebiets, wenn es dort heißt:

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"Die festgesetzte GRZ und GFZ entspricht der städtebaulichen Zielsetzung, das unter Berücksichtigung des benachbarten Landschaftsraumes der Anteil an offenen Bodenflächen möglichst groß gehalten werden soll bzw. die Verdichtung auf ein der Naturnähe verträgliches Maß beschränkt wird."

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Auch hieraus lässt sich nicht ableiten, die Festsetzung "Anzuchtgarten" erfülle eine Pufferfunktion zwischen dem Friedhof und dem Wohngebiet. Jene Passage bezieht die Naturnähe der Bebauung lediglich auf das Maß der baulichen Nutzung im reinen Wohngebiet und trifft damit schon vom Wortlaut her keine Aussage zur Nutzung der Vorhabenfläche.

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Letztlich ergeben sich auch aus der Entstehungsgeschichte des Bebauungsplans O….. 12 keine Anhaltspunkte für eine drittschützende Funktion der Festsetzung "Anzuchtgarten". Soweit die Antragsteller in ihrer Beschwerdeerwiderung auf Aussagen der Stadtentwicklungsbehörde sowie anderer Behörden in einer Besprechung am 9. September 2002 verweisen, handelt es sich nicht um die für die Willensbildung der Plangeberin maßgeblichen Organe. Es obliegt allein der Bezirksamtsleitung einen Bebauungsplan festzustellen und zuvor die nach § 1 Abs. 7 BauGB gebotene Abwägung der öffentlichen und privaten Belange vorzunehmen (vgl. OVG Hamburg, Beschl. v. 5.3.2015, NordÖR 2015, 454, 455). Von dieser Seite her ist keine Aussage bekannt, die annehmen ließe, jene Festsetzung solle über ihre objektiv schützende Wirkung hinaus eine subjektiv-rechtliche Funktion haben. Dem Bezirksamtsleiter lagen auch keine Unterlagen vor, die eine entsprechende Annahme stützen würden. Richtig ist, dass es stets ein erklärtes Ziel der Planung war, Wohnflächen zu schaffen. Diese Zielsetzung sagt aber ebenso wenig etwas über den nachbarschützenden Charakter anderer Nutzungsfestsetzungen aus, wie die Beschreibung des Wohngebiets als "besonders hochwertig". Diese lediglich dessen Lage hervorhebende Einordnung in einem ersten Entwurf der Planbegründung wird zudem im weiteren Planungsprozess nicht – auch nicht in den vom angefochtenen Beschluss angeführten Schriftstücken – in Verbindung gebracht mit etwaigen abzuwehrenden Störungen durch die Nutzung des verbleibenden "Anzuchtgartens". Es spricht daher nichts dafür, dass das neu geschaffene Wohngebiet über den üblichen Schutz vor Gewerbeemissionen hinaus als gesteigert schutzbedürftig angesehen wurde.

24

b) Ferner steht den Antragstellern kein Anspruch auf Aufrechterhaltung einer Gebietsprägung zu, den das Vorhaben der Beigeladenen verletzen könnte. Soweit der angefochtene Beschluss einen derartigen Anspruch in Anlehnung an § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO für das gesamte Plangebiet bejaht, dehnt er den Gedanken der Gebietsprägung über das jeweilige Baugebiet hinaus aus, in dem die Antragsteller belegen sind. Die Vorschrift des § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO vermittelt jedoch nur innerhalb eines Baugebiets Nachbarn einen Anspruch auf Aufrechterhaltung einer typischen Prägung desselben, wenn ein im Baugebiet seiner Art nach allgemein zulässiges Vorhaben genehmigt wird, obwohl es im Einzelfall nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widerspricht (OVG Hamburg, Beschl. v. 4.5.2009, NordÖR 2009, 308, 309 f.; Beschl. v. 5.6.2009, NordÖR 2009, 310, 312; Beschl. v. 30.7.2015, NordÖR 2015, 542, 543). Die in einem reinen Wohngebiet belegenen Antragsteller können sich daher  auf jenen Anspruch nur gegenüber Vorhaben berufen, die im selben Baugebiet, nicht aber wie das angegriffene Vorhaben in einem anderen Nutzungsbereich des Plangebiets gelegen sind. Für eine Ausdehnung auf das gesamte Plangebiet lässt der an das konkrete Baugebiet anknüpfende Wortlaut des § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO keinen Raum.

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c) Mit der Einrichtung einer Folgeunterbringung für Flüchtlinge und Asylbegehrende sind keine Störungen verbunden, die die Antragsteller in der Nutzung ihrer Grundstücke rücksichtslos beeinträchtigen.

26

Ungeachtet der Frage, ob die Fachbehördliche Entscheidung vom 17. November 2015 im Übrigen allen Anforderungen des § 246 Abs. 14 BauGB entspricht, waren bei der Entscheidung die nachbarlichen Interessen der Antragsteller zu berücksichtigen. Die Abweichungsvorschrift des § 246 Abs. 14 BauGB ersetzt bei Unterkünften für Flüchtlinge oder Asylbegehrende temporär den § 37 BauGB (§ 246 Abs. 14 Satz 9 2. Halbsatz BauGB), an dessen Struktur sie anknüpft (BT-Drs. 18/6185, S. 55). Vergleichbar zu einer Entscheidung nach § 37 Abs. 1 BauGB (vgl. BVerwG, Urt. v. 14.2.1991, BVerwGE 88, 35, 40; Beschl. v. 10.7.1991, Buchholz 406.11 § 37 BBauG Nr. 5), sind bei der Prüfung des erforderlichen Umfangs der Abweichung die widerstreitenden Belange, einschließlich der nachbarlichen Interessen, gegenüberzustellen und zu gewichten (BT-Drs. 18/6185, S. 55). Wie bei § 37 Abs. 1 BauGB (vgl. dazu OVG Münster, Beschl. v. 9.9.2003, NVwZ-RR 2004, 175; Rieger in: Schrödter, Baugesetzbuch, 8. Aufl. 2015, § 37 Rn. 21; Spannowsky/Uechtritz, Baugesetzbuch, 2. Aufl. 2014, § 37 Rn. 27; Brügelmann/Dürr, BauGB, Stand: Dez. 2015, § 37 Rn. 35) lässt sich dabei die Bedeutung der nachbarlichen Interessen den Grundsätzen zu § 31 Abs. 2 BauGB entnehmen, der trotz seiner strukturellen Unterschiede zu § 37 BauGB ebenfalls ein Absehen von planerischen Festsetzungen ermöglicht. Hiernach kommt bei der Abweichung von – wie hier – nicht nachbarschützenden Festsetzungen eines Bebauungsplans eine Verletzung subjektiver Rechte benachbarter Grundeigentümer nur bei einem Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot in Betracht (so zu § 31 Abs. 2 BauGB BVerwG, Beschl. v. 8.7.1998, Buchholz 406.19 Nachbarschutz Nr. 153; Rieger in: Schrödter, a.a.O., § 31 Rn. 44).

27

Ein derartiger Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot ist nicht ersichtlich. Von der Rücksichtslosigkeit eines Vorhabens kann nur dann die Rede sein, wenn die mit dem Vorhaben verbundenen Beeinträchtigungen bei der Nutzung des eigenen Grundstücks bzw. Sondereigentums bei einer Abwägung, in der die Schutzwürdigkeit des Betroffenen, die Intensität der Beeinträchtigungen und die Interessen des Bauherrn zu berücksichtigen sind, für den Nachbarn billigerweise unzumutbar erscheinen (vgl. nur BVerwG, Urt. v. 5.8. 1983, BVerwGE 67, 334, 339 und Beschl. v. 10.1.2013, BauR 2013, 934, 935; OVG Hamburg, Beschl. v. 26.9.2007, NordÖR 2008, 73 f. und v. 4.2.2009, 2 Bs 242/08, juris, Rn. 10). Eine derart unzumutbare Beeinträchtigung der Antragsteller in der Nutzung ihres Grundeigentums zu Wohnzwecken durch das Vorhaben der Beigeladenen lässt sich nicht feststellen. Maßgeblich sind dabei vor allem etwaige unmittelbare Beeinträchtigungen bei der Nutzung des eigenen Grundstücks, weshalb die von den Antragstellern hervorgehobenen Auswirkungen des Vorhabens durch eine intensivere Nutzung der Verkehrsflächen von vorneherein weniger ins Gewicht fallen. Zudem wird die Erschließung der Unterbringungseinrichtung für den Fahrzeugverkehr über die nicht durch das Plangebiet führende Straße G….. H…. erfolgen, so dass eine Zunahme an KfZ-Bewegungen die Antragsteller nicht tangieren kann. Die Nutzung der Straße ……………… durch die Fahrzeuge der Stadtreinigung wird ohnehin schon durch die Antragsteller und die anderen Anwohner ausgelöst; die Fahrzeugbewegungen der Feuerwehr fallen nicht ins Gewicht.

28

Eine unzumutbare Nutzungsbeeinträchtigung der Grundstücke der Antragssteller durch von dem Vorhabengrundstück ausgehende Lärmimmissionen, wie sie die Antragsteller in ihrer Beschwerdeerwiderung nochmals hervorheben, ist nicht zu erwarten. Eine Einrichtung der Folgeunterbringung lässt aufgrund ihrer wohnähnlichen Struktur unzumutbare Lärmemissionen nicht typischerweise erwarten (vgl. OVG Hamburg, Beschl. v. 6.11.2013, 2 Bs 286/13; Beschl. v. 12.1.2015, 2 Bs 247/14; Beschl. v. 5.3.2015, 2 Bs 33/15; vgl. im Übrigen Urt. v. 10.4.1997, NordÖR 1999, 354, 359; nachgehend: BVerwG, Urt. v. 17.12.1998, NordÖR 1999, 351, 354). Die Geräuschimmissionen spielender Kinder auf dem vorgesehenen Spielplatz, die allgemeinen Lebensäußerungen der Bewohner und ggf. die Einsichtsmöglichkeiten in die Gärten der Antragsteller erreichen aufgrund der bestehenden räumlichen Abstände – die weit über jene Mindestentfernungen hinausgehen, die der Gesetzgeber in der Hamburgischen Bauordnung auch zur Wahrung des Sozialabstandes festgelegt hat – keinen unzumutbaren Umfang. Sie wären auch in einem festgesetzten (reinen) Wohngebiet hinzunehmen (vgl. OVG Hamburg, Beschl. v. 6.11.2013, 2 Bs 286/13). Ebenso weicht die Höhe der Bauten nicht wesentlich von jener der Nachbarbebauung ab. Zudem wird das Vorhabengrundstück im Wesentlichen nicht intensiver bebaut werden als das nördlich gelegene Wohngebiet. Die Geschossflächenzahl des Vorhabens bleibt mit 0,64 hinter den entsprechenden Festsetzungen des reinen Wohngebiets zurück, die in seinem Kern 0,7 erreichen. Dies und der Umstand, dass jedem Bewohner der Einrichtung etwas mehr als 12 qm Wohnfläche zur Verfügung stehen, lassen nicht erwarten, dass sich die Belegungsdichte der Einrichtung wesentlich von der Einwohnerdichte eines Wohngebiets unterscheiden wird; keinesfalls wird sie, wie von den Antragstellern befürchtet, um den Faktor 7 über derjenigen der Umgebung liegen.

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Soweit die Antragsteller die Unzumutbarkeit der Folgeunterkunft aus den Ausführungen des Senats in seinem Beschluss vom 28. Mai 2015 (2 Bs 23/15, NordÖR 2015, 427, 430 f.) herleiten wollen, lassen sie außer Acht, dass jenen Ausführungen ein anderer Entscheidungsmaßstab zugrunde lag und sie deshalb im Rahmen des Rücksichtnahmegebots nicht herangezogen werden können. In jenem Verfahren ging es um die Frage, inwieweit eine Unterbringungseinrichtung für Flüchtlinge und Asylbegehrende ihrer Art nach in einem besonders geschützten Wohngebiet eines Baustufenplans nach den Maßstäben der Baupolizeiverordnung von 1938 regelhaft zulässig ist. Dass sich die Antwort hierauf aufgrund einer typisierenden, abstrakten Betrachtung der Nutzungsform ergab, ist eine Folge der in jener Rechtsgrundlage angelegten städtebaulichen Ordnung innerhalb des festgesetzten Baugebiets. Anders gelagert ist hingegen die Betrachtungsweise beim Rücksichtnahmegebot. Hier ist in einem ersten Schritt ein konkretes Vorhaben nur mit seinen spezifischen, nachteiligen Auswirkungen auf die konkrete Nutzung anderer Grundstücke zu betrachten und sind in einem zweiten Schritt die dabei festzustellenden Beeinträchtigungen mit den Interessen des Bauherrn abzuwägen. Erst wenn danach festzustellen ist, dass das Vorhaben in seiner konkreten Gestalt unzumutbar auf benachbarte Grundstücke einwirkt, kann dessen Ansiedlung unterbunden werden.

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Mit ihrem Verweis darauf, dass eine Unterbringungseinrichtung besondere polizeiliche Gefahren mit sich bringen könnte, lassen die Antragsteller nicht nur die gegenüber einer Erstaufnahmeeinrichtung großzügigeren räumlichen Verhältnisse einer Folgeunterbringung außer Acht, die potentiellen Konflikten entgegenwirken. Ferner ist die allgemeine Gefahr von Eigentumsstraftaten, die ihrer Art nach typischerweise jeden Nutzer von Grundstücken in jedem Baugebiet treffen kann, nicht geeignet, einen städtebaulichen Belang von Gewicht und die planungsrechtliche Unzumutbarkeit der der Beigeladenen genehmigten Grundstücksnutzung zu begründen. Derartigen Gefahren kann typischerweise nur durch polizeiliche Maßnahmen begegnet werden (OVG Hamburg, Beschl. v. 5.3.2015, 2 Bs 33/15).

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Die von den Antragstellern pauschal geltend gemachte Grundstückswertminderung ist weder als solche eine Rechtsverletzung noch begründet sie eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots. Wertminderungen als Folge der Verwirklichung eines Bauvorhabens bilden für sich genommen keinen Maßstab dafür, ob Beeinträchtigungen im Sinne des Rücksichtnahmegebots zumutbar sind oder nicht. Entscheidend ist vielmehr, wie schutzwürdig die baurechtliche Stellung des Betroffenen ist (siehe BVerwG, Beschl. v. 6.12. 1996, Buchholz 406.19 Nachbarschutz Nr. 140).

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d) Bereits aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass Beteiligungsrechte der Antragsteller nicht verletzt worden sind, da ihre geschützten nachbarlichen Belange durch das Vorhaben der Antragsgegnerin nicht berührt werden. Zudem können sie sich nicht mit Erfolg auf eine Verletzung des § 71 Abs. 3 HBauO berufen. Zwar kann sich ein Beteiligungsrecht in einen vom materiellen Recht unabhängigen, im Sinne eines subjektiven Rechtes selbständig durchsetzbaren Anspruch auf Verfahrensteilhabe verdichten. Dafür bedarf es aber einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung, aus der sich ergibt, dass eine solche selbständige verfahrensrechtliche Rechtsposition vermittelt werden soll (vgl. BVerwG, Urt. v. 29.4.1993, BVerwGE 92, 258, 261; Schmitz in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 13 Rn. 4 m.w.N.). Für § 71 Abs. 3 HBauO ist dergleichen nicht ersichtlich. Schon der entsprechenden Regelung des § 68 Abs. 4 HBauO 1986 kam nach ständiger Rechtsprechung des Beschwerdegerichts keine nachbarschützende Wirkung zu (vgl. nur OVG Hamburg, Urt. v. 17.1.2002, NordÖR 2002, 454, 455 m.w.N.). Hieran hat sich mit der Hamburgischen Bauordnung vom 14. Dezember 2005 (HmbGVBl. S. 525, 563) in der Sache nichts geändert. Aufgrund des ausdrücklich erklärten Willens des Gesetzgebers vermittelt sie Nachbarn subjektive Rechte nur in den Grenzen des § 71 Abs. 2 HBauO (vgl. Bü-Drs. 18/2549 S. 68; OVG Hamburg, Beschl. v. 28.7.2009, NordÖR 2010, 72). Aus den weiteren Regelungen der Bauordnung lässt sich grundsätzlich kein Nachbarschutz entnehmen. Das gilt auch für § 71 Abs. 3 HBauO (vgl. OVG Hamburg, Beschl. v. 17.1. 2011, 2 Bs 278/10; Beschl. v. 4.2.2009, 2 Bs 242/08, juris, Rn. 16).

III.

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Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG.

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