Beschluss vom Hamburgisches Oberverwaltungsgericht (5. Senat) - 5 So 72/17

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 6. Juni 2017 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beklagten, die diese selbst trägt.

Gründe

I.

1

Der Kläger wendet sich gegen die Versagung von Prozesskostenhilfe, die er im Hinblick auf seine beim Verwaltungsgericht anhängige Klage begehrt, mit der er das Ziel verfolgt, die Beklagte zu verpflichten, ihm einen Personalausweis mit einem Lichtbild auszustellen, welches ihn mit einem Dreispitz als „religiöser“ Kopfbedeckung zeigt.

2

Der Kläger „bekennt“ sich zur „Kirche des Fliegenden Spaghettimonsters“ bzw. zum „Glauben“ des „Pastafarianismus“. Danach werden Piraten als die eigentlichen Vorfahren des Menschen und als die ursprünglichen „Pastafaris“ verehrt. Insbesondere sei die sinkende Zahl von Piraten im Laufe der vergangenen Jahrhunderte die wesentliche Ursache für die globale Erwärmung und damit verbundene Naturkatastrophen; dies werde u. a. dadurch empirisch bewiesen, dass Somalia weltweit die höchste Piraten-Dichte und zugleich die niedrigste CO2-Emission aufweise. Dies begründe die Lebensmaxime „WWAPD?“ („What Would A Pirate Do?“). Die „religiöse“ Kopfbedeckung der „Pastafaris“ sei dementsprechend (nicht das in Österreich bei manchen „Pastafaris“ ebenfalls geschätzte Nudelsieb, sondern) eine „piratige Kopfbedeckung wie Dreispitz, Tuch oder Kappe“ (vgl. xxx).

3

Vor diesem Hintergrund beantragte der Kläger bei der Beklagten im Februar 2015 die Ausstellung eines Personalausweises und legte dafür Lichtbilder vor, die ihn mit Dreispitz als seiner „religiösen“ Kopfbedeckung zeigten. Nachdem laut seinen Angaben eine Mitarbeiterin der Beklagten ihm zunächst noch mit einer formlosen E-Mail vom 18. Februar 2015 mitgeteilt hatte, das Kundenzentrum werde in seinem neuen Personalausweis ein Lichtbild mit Kopfbedeckung akzeptieren, lehnte die Beklagte es mit Bescheid vom 14. Dezember 2015 dann doch ab, ihm einen Personalausweis mit einem Lichtbild auszustellen, auf dem er einen Dreispitz trage. Zur Begründung führte sie aus, nach eingehender Prüfung sei sie zu dem Ergebnis gelangt, dass der Fall des Klägers keine Ausnahme vom grundsätzlichen Gebot rechtfertige, nach dem der Inhaber eines Personalausweises auf dem dortigen Lichtbild ohne Kopfbedeckung dargestellt werde. Der Kläger habe nicht nachgewiesen, dass es sich bei dem „Pastafarianismus“ um eine Religion handele; ebenso wenig habe er einen Nachweis dafür erbracht, dass „die Glaubenslehre des Pastafarianismus“ das Tragen einer Kopfbedeckung in der Öffentlichkeit vorschreibe.

4

Nach erfolglosem Widerspruchsverfahren hat der Kläger beim Verwaltungsgericht Klage erhoben, mit der er sein Ziel weiter verfolgt, und hierfür die Bewilligung von Prozesskostenhilfe beantragt. Das Verwaltungsgericht hat diesen Antrag mit dem hier angefochtenen Beschluss abgelehnt: Eine religiös begründete Ausnahme gemäß § 7 Abs. 3 Satz 4 PAuswV vom Erfordernis der Verwendung eines kopfbedeckungsfreien Lichtbildes komme beim Kläger nicht in Betracht. Sein Bekenntnis zur „Kirche des Fliegenden Spaghettimonsters“ sei nicht mit einem Bekenntnis zu einer Religion oder Weltanschauung im Sinne des Art. 4 Abs. 1 GG verbunden, weil diese „Kirche“ keine selbst ernstgemeinten Anschauungen anbiete, sondern lediglich in verspottender Weise die von anderen Religionen oder Weltanschauungen angebotenen Aussagen nachahme. Im Übrigen verkünde der „Pastafarianismus“ gerade das Gegenteil jeglicher religiöser oder weltanschaulicher Verhaltensregeln. Dementsprechend begründe er auch kein religiös oder weltanschaulich motiviertes Gebot, eine Kopfbedeckung zu tragen. Soweit der Kläger sich zudem auf die formlose E-Mail einer Behördenmitarbeiterin vom 18. Februar 2015 berufe, greife dies nicht durch, da damit keine formwirksame Zusicherung im Sinne des § 38 Abs. 1 Satz 1 HmbVwVfG erteilt worden sei. Es fehle dabei an der erforderlichen Schriftform, da eine einfache E-Mail ohne qualifizierte elektronische Signatur im Sinne des Signaturgesetzes nicht der die Schriftform ersetzenden elektronischen Form gemäß § 3 a Abs. 2 Satz 2 HmbVwVfG genüge.

5

Hiergegen richtet sich die vorliegende Beschwerde des Klägers, zu deren Begründung er vorträgt, der Beschluss des Verwaltungsgerichts beruhe auf einer Verkennung der Sach- und Rechtslage.

II.

6

Die Beschwerde bleibt ohne Erfolg. Zu Recht hat das Verwaltungsgericht dem Kläger die Bewilligung von Prozesskostenhilfe versagt, weil die mit seiner dort anhängigen Klage (2 K 5234/16) beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i. V. m. § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

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1. Das Beschwerdegericht nimmt insoweit Bezug auf den angefochtenen Beschluss des Verwaltungsgerichts und auf das dort ausführlich in Bezug genommene Urteil des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 13. November 2015 (8 K 4253/13, juris), denen wenig hinzuzufügen ist.

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a) Die vom Kläger mit der Beschwerde vorgetragenen Gründe bieten keinen Anlass für eine andere Einschätzung der Rechtslage. Soweit er dort den Vergleich mit dem Kopftuch muslimischer Frauen anstellt, bei denen im Einzelfall aus religiösen Gründen eine Ausnahme vom Gebot des kopfbedeckungsfreien Ausweisbildes (vgl. § 7 Abs. 4 Satz 1 und 4 der Personalausweisverordnung) möglich sein kann, geht dies fehl. Denn in solchen Fällen geht es um Personen, die glaubhaft und ernsthaft nach ihrer religiösen oder weltanschaulichen Überzeugung stets eine Kopfbedeckung tragen müssen und denen ein innerer Konflikt wegen eines Verstoßes gegen dieses Gebot erspart werden soll. Dies zeigt gerade auch die von dem Kläger in dem Anlagenkonvolut K 1 selbst zitierte Entscheidung des Verwaltungsgerichts Berlin (VG Berlin, Urt. v. 18.1.1989, NVwZ 1990, 100; siehe dazu auch die nachfolgende Berufungsentscheidung des OVG Berlin, Urt. v. 20.3.1991, 1 B 21.89, juris), deren Leitsatz lautet:

9

„Hat eine Frau, obgleich sie weder einem Orden noch einer Religionsgemeinschaft angehört, ernsthaft die christliche Glaubensüberzeugung, sich in der Öffentlichkeit nur mit Kopfbedeckung zeigen zu dürfen, so kann sie einen Anspruch auf Ausstellung eines Personalausweises mit einem Lichtbild haben, das sie mit Kopfbedeckung zeigt.“ (Hervorhebung durch das Beschwerdegericht)

10

Von einer solchen „Ernsthaftigkeit“ kann demgegenüber bei den Anhängern des „Pastafarianismus“ bzw. der „Kirche des Fliegenden Spaghettimonsters“ keine Rede sein. Dass es sich bei dem dortigen „Glaubensbekenntnis“ und den weiteren Bekundungen um nichts anderes als um eine satirische Religionsparodie handelt, ist offensichtlich.

11

b) Davon abgesehen ergibt sich bereits aus der Selbstdarstellung dieser „Kirche“, dass sie gerade keinerlei Gebote gegenüber ihren Mitgliedern aufstellt:

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„Das einzige Dogma, das unser Glauben an das fliegende Spaghettimonster gebietet, ist die Ablehnung sämtlicher Dogmen. Es gibt keine strikten Regeln und Gebote; Rituale und Gebete müssen nicht auswendig gelernt werden. Jedes Mitglied ist gleichberechtigt zu sagen, was diese Kirche bedeutet und wie sie sich entwickeln wird.“ xxx

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Auch das Tragen einer Piratenkopfbedeckung ist schon nach den eigenen Regelungen dieser „Kirche“ kein striktes Gebot, das auf ihrer „religiösen“ oder „weltanschaulichen“ Überzeugung selbst beruhen würde. Aus § 3 Abs. 3 und 4 der Satzung der „Kirche des Fliegenden Spaghettimonsters Deutschland e. V.“ in der am 9. Mai 2015 beschlossenen Fassung ergibt sich vielmehr, dass die Mitglieder damit lediglich „ihre Zugehörigkeit zum Pastafaritum … zu erkennen geben“ sollen (Abs. 3), und dies auch nur dann, wenn sie „durch dieses öffentliche Bekenntnis“ keinerlei Nachteile befürchten (Abs. 4). Auch die „Zentralen Glaubensinhalte“, insbesondere die acht „Mir wär`s wirklich lieber, du würdest nicht …“, schreiben das Tragen einer Piratenkopfbedeckung nicht als Gebot vor (vgl. die diesbezügliche Wiedergabe in: xxx, auf die die „Kirche“ in ihrer ebenfalls im Internet veröffentlichten Selbstdarstellung: xxx verweist). Schließlich ist bereits nach der Eigendarstellung der “Kirche“ auch die Perspektive aller Mitglieder und Anhänger für das Jenseits („Biervulkan und Stripperfabrik“) nicht davon abhängig, dass sie in ihrem irdischen Dasein die – nicht vorhandenen – Dogmen und Regeln beachtet hätten. Dementsprechend wird dies auch dann gelten, wenn sie (aufgrund des staatlichen Ordnungsrechts) ein Ausweisbild ohne Kopfbedeckung verwenden (müssen).

14

Soweit der Kläger schließlich seine Auffassung wiederholt, dass ihm die Beklagte bereits eine verbindliche Zusicherung im Hinblick auf die Ausstellung eines Personalausweises mit einem Lichtbild mit Kopfbedeckung gegeben habe, trifft dies aus den bereits vom Verwaltungsgericht genannten Gründen nicht zu. Diese Gründe entsprechen der Gesetzeslage; der „Eindruck“ des Klägers, „dass die wirksame Zusicherung vorliegend mit Begrifflichkeiten wegdiskutiert werden soll“, ist falsch.

15

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO und auf § 166 VwGO i. V. m. § 127 Abs. 4 ZPO.

16

Eine Streitwertfestsetzung ist für das vorliegende PKH-Beschwerdeverfahren nicht veranlasst, da sich die Höhe der von dem Kläger für die Gerichtsverfahrenskosten geschuldeten Gebühr in solchen Fällen nicht nach einem Streitwert bemisst, sondern pauschal 60,00 Euro beträgt (vgl. Nr. 5502 des Kostenverzeichnisses, Anl. 1 zu § 3 Abs. 2 GKG).

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