Beschluss vom Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern (2. Senat) - 2 L 229/08

Tenor

Der Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Greifswald - 6. Kammer - vom 25.09.2008 wird abgelehnt.

Die Beklagte trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf 23.445,04 Euro festgesetzt.

Gründe

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Der Kläger wendet sich gegen seine Entlassung aus dem Beamtenverhältnis auf Zeit. Er bekleidete seit dem 01.07.2003 das Amt des Bürgermeisters der Gemeinde X.. Nach Zusammenschluss der Gemeinden X., Y. und Z. zu einer einheitlichen amtsfreien Gemeinde verfügte der Beklagte - der nach Neubildung der Gemeinde gewählte Bürgermeister - am 28.06.2005 die Entlassung des Klägers aus dem Beamtenverhältnis.

2

Das Verwaltungsgericht hat die Klage des Klägers mit der Begründung abgewiesen, dass die Klage mangels Rechtsschutzbedürfnis unzulässig sei. Das durch den Kläger verfolgte Rechtsschutzziel des Fortbestehens des Beamtenverhältnisses könne mit der gegen die Entlassungsverfügung gerichteten Klage nicht erreicht werden, da der Kläger mangels einer dem Unterschriftenerfordernis genügenden Ernennungsurkunde nicht wirksam in das Beamtenverhältnis berufen worden sei.

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Der dagegen gerichtete Antrag der Beklagten auf Zulassung der Berufung bleibt ohne Erfolg.

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Der geltend gemachte Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO liegt, soweit er denn gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO hinreichend dargelegt ist, nicht vor. Ein auf den Zulassungsgrund nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gestützter Zulassungsantrag muss sich mit den entscheidungstragenden Annahmen des Verwaltungsgerichts auseinandersetzen und im Einzelnen darlegen, in welcher Hinsicht und aus welchen Gründen diese ernstlichen Zweifeln an ihrer Richtigkeit begegnen. Die Begründung des Zulassungsantrags muss an die tragenden Erwägungen des Verwaltungsgerichts anknüpfen und aufzeigen, weshalb sich diese aus der Sicht des Zulassungsantragstellers als nicht tragfähig erweisen bzw. aus welchen rechtlichen oder tatsächlichen Gründen die angefochtene Entscheidung unrichtig sein soll und geändert werden muss. Dies erfordert eine Prüfung, Sichtung und rechtliche Durchdringung des Streitstoffes und eine sachliche Auseinandersetzung mit den Gründen der erstinstanzlichen Entscheidung. Der Zulassungsantragsteller muss sich insofern an der Begründungsstruktur des angefochtenen Urteils orientieren. Geht er auf eine Erwägung nicht ein, kann das Oberverwaltungsgericht diese nicht von sich aus in Zweifel ziehen (stdg. Rspr. des Senats, z.B. Beschl. v. 28.08.2008 - 2 L 34/08).

5

Dies zugrunde gelegt, begründet das Zulassungsvorbringen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung.

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Gründe, wegen der der Kläger das mit dem Zulassungsantrag geltend gemachte Rechtsschutzbedürfnis auf Feststellung der Unwirksamkeit der Entlassungsverfügung auch bei fehlender Begründung des Beamtenverhältnisses haben solle, sind nicht ersichtlich und mit dem Zulassungsantrag auch nicht dargelegt. Ist ein Beamtenverhältnis nicht begründet worden, so entfaltet die Entlassungverfügung mangels vorhandenem Bezugsgegenstand keine Rechtswirkungen, deren Beseitigung mit einer gegen die Entlassungsverfügung gerichteten Klage erreicht werden könnte.

7

Die des Weiteren mit seinem Zulassungsantrag vertretene Rechtsauffassung des Klägers, wonach die ihm ausgehändigte Ernennungsurkunde aufgrund der auch durch das Verwaltungsgericht festgestellten Erfüllung der Voraussetzungen des § 7 Abs. 2 Satz 2 LBG M-V wirksam sei, setzt sich nicht hinreichend mit den Ausführungen des Verwaltungsgerichts zum Verhältnis der Rechtsvorschrift des § 7 Abs. 2 LBG M-V zu dem in § 38 Abs. 6 KV M-V geregeltem Unterschriftenerfordernis auseinander. Das Verwaltungsgericht hat in der angefochtenen Entscheidung darauf abgestellt, dass sich die Voraussetzungen der Wirksamkeit der Ernennung eines Bürgermeisters ergänzend zu § 7 LBG M-V auch aus § 38 Abs. 6 KV M-V ergeben, wonach beamtenrechtliche Urkunden u.a. der handschriftlichen Unterschrift sowohl des (noch amtierenden) Bürgermeisters sowie eines seiner Stellvertreter bedürfen. Dem kann die durch den Kläger geltend gemachte Vorrangigkeit des Landesbeamtengesetzes gegenüber den kommunalrechtlichen Vorschriften nicht entgegen gehalten werden, denn weder § 7 Abs. 2 LBG M-V noch sonstigen Vorschriften des Landesbeamtengesetzes kommt eine die Anwendbarkeit des § 38 Abs. 6 KV M-V verdrängende Wirkung zu. Das Wirksamkeitserfordernis einer den Aussteller erkennen lassenden Unterzeichnung folgt bereits aus dem Urkundsbegriff und ist damit auch durch § 7 Abs. 2 Satz 1 LBG M-V aufgestellt. Dies bedarf vorliegend keiner näheren Ausführung, zumal sich dem Zulassungsvorbringen nicht entnehmen lässt, dass der Kläger eine gegenteilige Auffassung vertritt. Welche(r) Funktionsträger zur Vertretung der zuständigen Ernennungsbehörde durch Unterschriftenleistung berufen ist, ist dagegen im Landesbeamtengesetz nicht geregelt, sondern folgt aus den für die Ernennungsbehörde geltenden Vertretungsvorschriften. Als solche findet § 38 Abs. 6 Satz 4 i.V.m. Satz 2 KV M-V Anwendung, wonach Ernennungsurkunden vom Bürgermeister und einem seiner Stellvertreter zu unterzeichnen sind.

8

Dem Zulassungsvorbringen des Klägers, dass die Gemeindevertretung durch ihre Anwesenheit bei der Übergabe der Ernennungsurkunde oder mit ihren Beschlüssen über die Gültigkeit der Wahl des Klägers die Ernennung gemäß § 38 Abs. 6 Satz 5 KV M-V genehmigt habe, mangelt es ebenfalls an einer hinreichender Auseinandersetzung mit den Entscheidungsgründen des angegriffenen Urteils. Das Verwaltungsgericht hat in der angefochtenen Entscheidung ausgeführt, dass die Beschlüsse vom 16.03.2003 und 19.06.2003 lediglich die Gültigkeit der Wahl und nicht die der beamtenrechtlichen Ernennung betrafen und die Anwesenheit der Gemeindevertreter bei Übergabe der Ernennungsurkunde bzw. Entgegennahme der Amtseidleistung keine kommunalrechtliche Beschlussfassung war. Diesen zutreffenden Ausführungen tritt der Kläger mit dem Zulassungsantrag nicht substantiiert entgegen. Soweit der Kläger darüber hinaus die Auffassung vertritt, dass in seinem Amtseid eine Heilung bzw. Genehmigung der Ernennung durch den Gemeinderat liege, ist die ihm nicht zu folgen. Zum einen wird die Genehmigung des Gemeinderats damit aus einer Handlung des Klägers hergeleitet. Zum anderen fehlt dem Gemeinderat das Bewusstsein der Genehmigungsbedürftigkeit. Außerdem würde auch wohl die Genehmigung allein wegen der beamtenrechtlichen Besonderheiten zur Heilung nicht ausreichen (vgl. Darsow u.a. Schweriner Kommentierung der Kommunalverfassung des Landes M-V, 3. Aufl. § 38 Rn. 9).

9

Für die mit dem Zulassungsantrag weiterhin geltend gemachte Heilung des Formmangels der Ernennungsurkunde besteht keine Rechtsgrundlage. Der durch den Kläger benannte § 7 Abs. 3 Satz 3 LBG M-V regelt in Ergänzung zu § 7 Abs. 3 Satz 2 LBG M-V die Rechtsfolgen, die sich daraus ergeben, dass bei der Begründung des Beamtenverhältnisses in der Ernennungsurkunde die Zusätze "auf Lebenszeit", "auf Zeit" mit Angabe der Zeitdauer, "auf Probe" oder "auf Widerruf" fehlen. Ein allgemeiner Rechtsgrundsatz dahingehend, dass auch andere Formmängel der Ernennungsurkunde überwunden werden könnten, lässt sich der speziellen Regelung des § 7 Abs. 3 Satz 3 LBG M-V nicht entnehmen.

10

Auch die mit dem Zulassungsantrag schließlich erhobene Einwendung des Klägers, wonach ein von den Beteiligten unerkannter Mangel der Ernennungsurkunde der Wirksamkeit der Begründung des Beamtenverhältnisses nach dem allgemeinen Rechtsgrundsatz des § 242 BGB nicht entgegen gehalten werden dürfe, begründet keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils. Die für die Ernennung nach § 7 Abs. 2 Satz 1 LBG M-V erforderliche Aushändigung einer Ernennungsurkunde ist ein für die Begründung des Beamtenverhältnisses konstitutiver Rechtsakt. Ohne wirksame Urkunde besteht damit kein Beamtenverhältnis. In welchem Umfang zwischen den Parteien etwaige sonstige Rechtsbeziehungen entstanden sind, deren Umfang gegebenenfalls nach dem Grundsatz von Treu und Glauben zu bestimmen ist, ist für die gegen die Entlassungsverfügung gerichtete Klage nicht maßgeblich. Sollte der Kläger Ansprüche aus einem sogenannten faktischen Beamtenverhältnis herleiten können, würde dies an der Unwirksamkeit der Ernennung nichts ändern (vgl. OVG Magdeburg, Urteil vom 18.12.1996 - 3 L 156/96 -, zit. nach juris).

11

Den weiterhin geltend gemachten Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 VwGO) hat der Kläger nicht hinreichend dargelegt. Der Zulassungsantrag führt weder aus, welche grundsätzlich klärungsbedürftige Rechts- oder Tatsachenfrage die Rechtssache nach Auffassung des Klägers aufwerfe, noch werfen die Einwendungen des Klägers grundsätzlich klärungsbedürftige Fragen auf.

12

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 GKG.

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Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124 a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

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