Beschluss vom Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern (2. Senat) - 2 M 163/11

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts A-Stadt – 6. Kammer – vom 24. August 2011 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens; jedoch trägt der Beigeladene seine außergerichtlichen Kosten selbst.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 23.844,99 € festgesetzt.

Gründe

1

Der Antragsteller begehrt im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes, dem Antragsgegner bis zu einer bestandskräftigen Entscheidung im Hauptsacheverfahren zu untersagen, die Stelle eines Präsidenten bei dem (BesGr. R 5 BBesO) zu besetzen.

2

Mit Beschluss vom 24. August 2011 hat das Verwaltungsgericht den Eilantrag des Antragstellers abgelehnt. Der Antragsteller habe keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht (§ 123 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 920 ZPO). Die Auswahlentscheidung zu Gunsten des Beigeladenen sei verfahrensfehlerfrei zustande gekommen. Mit dem in der Stellenausschreibung (AmtsBl. M-V 2010, S. 802) festgelegten Anforderungsprofil für das Amt einer Präsidentin/eines Präsidenten des Finanzgerichts seien rechtsfehlerfrei objektive Kriterien festgelegt worden, die der Antragsteller nicht erfülle. Er habe sich – im Gegensatz zum Beigeladenen – weder in der Justizverwaltung besonders bewährt noch sei er im Hinblick auf Verwaltungsgeschick, organisatorische Fähigkeiten und Führungsverhalten im Rahmen einer Tätigkeit in einer obersten Landesbehörde der Justizverwaltung erfolgreich erprobt. Der Antragsteller sei bereits aus diesem Grund im Auswahlverfahren nicht zu berücksichtigen gewesen.

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Die dagegen fristgerecht eingelegte und begründete Beschwerde (§§ 147 Abs. 1, 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO) hat keinen Erfolg.

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Die vom Antragsteller dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), rechtfertigen nicht die Änderung des angegriffenen Beschlusses.

5

Der Antragsteller hat auch mit seinem Beschwerdevorbringen einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht. Nach der durch das Gebot effektiven Rechtsschutzes nach Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG i.V.m. Art. 33 Abs. 2 GG gebotenen nicht nur summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage (vgl. BVerwG, Beschl. v. 4. November 2010 - 2 C 16.09 -, zit. nach juris Rn. 32 m.w.N.; BVerwG, Beschl. v. 17. August 2005 - 2 C 37.04 -, zit. nach juris Rn. 29) ist nach dem gegenwärtigen Stand der Erkenntnisse überwiegend wahrscheinlich, dass die Auswahlentscheidung des Antragsgegners zu Gunsten des Beigeladenen den Bewerbungsverfahrensanspruch des Antragstellers nicht verletzt. Sie trägt vielmehr dem in Art. 33 Abs. 2 GG und Art. 9 BeamtStG verankerten Leistungsprinzip hinreichend Rechnung.

6

Die Auswahl unter mehreren Bewerbern um ein richterliches Beförderungsamt liegt im pflichtgemäßen Ermessen des Dienstherrn. Die im Rahmen der Ermessensentscheidung vorzunehmende Beurteilung von Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung ist ein (prognostischer) Akt wertender Erkenntnis. Die gerichtliche Nachprüfung von Personalauswahlentscheidungen ist inhaltlich darauf beschränkt, die Einhaltung ihrer Grenzen zu kontrollieren, insbesondere darauf, ob der Dienstherr den anzuwendenden Begriff oder den gesetzlichen Rahmen der Beurteilungsermächtigung verkannt hat, von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, allgemeingültige Wertmaßstäbe nicht beachtet, sachfremde Erwägungen angestellt oder gegen Verfahrensvorschriften verstoßen hat. Dem pflichtgemäßen Ermessen des Dienstherrn bleibt es überlassen, welchen (sachlichen) Umständen er bei seiner Auswahlentscheidung das größere Gewicht beimisst, sofern nur das Prinzip des gleichen Zugangs zu jedem öffentlichen Amt nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung (Art. 33 Abs. 2 GG, Art. 9 BeamtStG) selbst nicht in Frage gestellt ist (vgl. Beschl. des Senats v. 2. September 2009 - 2 M 97/09 -, zit. nach juris Rn. 12).

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Danach ist die Auswahlentscheidung des Antragsgegners vom 29. Juli 2011 weder in verfahrensrechtlicher noch in materiellrechtlicher Hinsicht zu beanstanden.

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1. Soweit der Antragsteller die Auffassung vertritt, das Auswahlverfahren leide an einem erheblichen Verfahrensfehler gemäß § 22 i.V.m. § 28 RiG M-V, weil – so der Antragsteller – die Anhörung des Präsidialrats vor der Mitteilung des Ergebnisses des Auswahlverfahrens durch den Antragsgegner an die (unterlegenen) Bewerber zu erfolgen habe, dringt die Beschwerde nicht durch. Ein Abwarten der Entscheidung des Präsidialrats vor einer Mitteilung, mit der vorbehaltlich der Beteiligung des Präsidialrats die beabsichtigte Stellenübertragung bekannt gegeben wird, ist weder gesetzlich vorgeschrieben noch aus sonstigen Rechtsgründen zwingend.

9

Die Auswahlentscheidung gemäß dem Auswahlvermerk vom 25. Juli 2011 ist – wie auch dem Antragsteller mit Schreiben vom 29. Juli 2011 mitgeteilt worden ist – vorbehaltlich der Beteiligung des Präsidialrats (und der Zustimmung des Ministerpräsidenten) erfolgt. Dieser zulässige und mit Rücksicht auf das besondere Mitbestimmungsverfahren der Präsidialratsbeteiligung im Stellenauswahl- und besetzungsverfahren auch erforderliche Vorbehalt wird den von dem Antragsteller geltend gemachten Bedenken auch in einem dem Art. 19 Abs. 4 GG genügenden Maße gerecht. Dies ergibt sich aus Folgendem:

10

Der Präsidialrat ist nach § 22 Abs. 1 Nr. 1 RiG M-V bei der Übertragung eines Richteramtes mit höherem Endgrundgehalt zu beteiligen. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend darauf abgestellt, dass nach dem Wortlaut des § 28 Abs. 2 Satz 2 RiG M-V vorausgesetzt wird, dass die oberste Dienstbehörde bereits vor der Beteiligung des Präsidialrats eine Entscheidung darüber zu treffen hat, welchem der Bewerber sie die ausgeschriebene Stelle zu übertragen beabsichtigt. Denn ausweislich der gesetzlichen Regelung gibt der Präsidialrat eine schriftlich begründete Stellungnahme über die persönliche und fachliche Eignung des Bewerbers ab, den die oberste Dienstbehörde ernennen will. Ausdrücklich ist im Landesrichtergesetz zudem geregelt, dass der Präsidialrat auch das Recht hat, zu anderen Bewerbern Stellung zu nehmen und im Rahmen der Bewerbungen Gegenvorschläge zu unterbreiten, § 28 Abs. 2 Satz 3 RiG M-V (vgl. Schmidt-Räntsch, DRiG, 6. Aufl. 2009, § 75 Rn. 7 ff.).

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Die Argumentation des Antragstellers, es sei nicht erforderlich, dass die unterlegenen Bewerber bereits vor der Anhörung des Präsidialrats über die Ablehnung ihres Antrages „rechtsverbindlich“ informiert werden, genügt nicht, einen Verfahrensfehler zu behaupten. Soweit damit auch vorgetragen wird, dass die Mitteilungen an die unterlegenen Bewerber zu diesem Zeitpunkt rechtsfehlerhaft verfrüht seien, wird übergangen, dass die Mitteilung, die regelmäßig zeitgleich wie die Beteiligung des Präsidialrats auf den Weg gebracht wird, ausdrücklich u.a. im Hinblick auf die zu diesem Zeitpunkt noch ausstehende Stellungnahme des Präsidialrats unter Vorbehalt stand. Anhaltspunkte dafür, dass die Stellungnahme des Präsidialrats, insbesondere soweit er Gegenvorschläge macht, nicht von der obersten Dienstbehörde berücksichtigt werden, ergeben sich aus dieser zeitlichen Abfolge jedenfalls nicht.

12

Auch ist die Schlussfolgerung des Antragstellers, bei einer von der Auswahlentscheidung der obersten Dienstbehörde abweichenden Stellungnahme oder eines Gegenvorschlags des Präsidialrats könne das Stellenbesetzungsverfahren nur abgebrochen werden, weshalb dem Beteiligungsverfahren nach dieser derzeitigen Praxis nicht die im Gesetz angelegte Relevanz zukomme, so nicht zutreffend. Zwar regelt § 28 Abs. 2 Satz 4 und 5 RiG M-V nur, welche verfahrensrechtlichen Konsequenzen es hat, wenn die oberste Dienstbehörde dem Gegenvorschlag des Präsidialrats nicht folgt; für den Fall, dass sie aber diesem folgen will, dürfte eine entsprechende abändernde Auswahlentscheidung erneut den Bewerbern zur Kenntnis zu bringen sein. Ein Abbruch des Stellenbesetzungsverfahrens, der nur aus sachlichen Gründen gerechtfertigt wäre, ist nicht ohne Weiteres veranlasst.

13

Auch ansonsten kann der Anspruch des im Auswahlverfahren unterlegenen Bewerbers auf Gewährung effektiven Rechtsschutzes durch diese Verfahrensweise abstrakt nicht beeinträchtigt werden. Denn soweit nicht bereits im erstinstanzlichen Verfahren bei entsprechendem Zeitablauf noch die Gelegenheit besteht, die ergänzenden Verwaltungsvorgänge des Antragsgegners bezüglich der Anhörung des Präsidialrats einzusehen, stünde nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats jedenfalls der Weg über einen Antrag nach § 80 Abs. 7 VwGO zur Verfügung, um Ergänzendes einzubringen (vgl. Beschl. des Senats v. 16. August 2000 - 2 M 127/10 -, zit. nach juris Rn. 1). Da inzwischen durch die höchstrichterliche Rechtsprechung auch gesichert ist, dass eine Ernennung des ausgewählten Konkurrenten nicht vor Ablauf einer angemessenen Frist zur Erwirkung einer einstweiligen Anordnung nach § 32 BVerfGG erfolgen soll (vgl. BVerfG, Kammerbeschl. v. 28. April 2005 - 1 BvR 2231/02 -, zit. nach juris m.w.N.) und im Zuwiderhandlungsfall der Grundsatz der Ämterstabilität durchbrochen wird, um ggf. dem Konkurrenten effektiven Rechtschutz zu gewähren (vgl. BVerwG, Beschl. v. 4. November 2010 - 2 C 16.09 -, zit. nach juris Rn. 37 ff.), greifen die Ausführungen des Antragstellers im Hinblick auf die Garantie des effektiven Rechtsschutzes nicht durch.

14

Die weiteren Ausführungen des Antragstellers, es sei ihm nach Art. 33 Abs. 2 GG i.V.m. Art. 19 Abs. 4 GG nicht zumutbar, sich ergänzende Auswahlerwägungen nach Präsidialratsbeteiligung im Laufe eines verwaltungsgerichtlichen Eilverfahrens zu verschaffen, sind lediglich theoretischer Natur und jedenfalls nicht i.S. des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO dargelegt. Anhaltspunkte dafür, dass der Präsidialrat hier eine abweichende Stellungnahme abgegeben oder gar einen Gegenvorschlag unterbreitet hätte, sind weder ersichtlich noch vom Antragsteller behauptet.

15

Darüber hinaus ist auch nicht erkennbar, dass die Rechtsschutzmöglichkeiten des Beschwerdeführers unzumutbar gemindert würden. Er hatte – wovon er auch Gebrauch gemacht hat – zunächst die Gelegenheit, sich durch Akteneinsichtnahme Kenntnis vom Inhalt der noch unter Vorbehalt stehenden Auswahlentscheidung zu verschaffen. Eine Parallelität zu dem Verfahren, das dem Bundesverfassungsgericht in der vom Antragsteller zitierten Entscheidung (Kammerbeschl. v. 9. Juli 2007 - 2 BvR 206/07 -, zit. nach juris Rn. 19 ff.) zugrunde lag, ist hier gerade nicht gegeben, weil die Gründe für die Auswahlentscheidung nicht erst im verwaltungsgerichtlichen Eilverfahren niedergelegt wurden.

16

Wenn die Beschwerde im Ergebnis darauf hinweist, dass das Verwaltungsgericht bereits entschieden hatte, bevor der Präsidialrat (am 5. September 2011) tagte und gegenüber dem Antragsgegner seine Stellungnahme abgegeben hat, diese Stellungnahme daher auch nicht berücksichtigt werden konnte, kann darauf ein Verstoß gegen Art. 33 Abs. 2 GG i.V.m. Art. 19 Abs. 4 GG ebenfalls nicht gestützt werden. Denn der Antragsteller war keinesfalls gezwungen, bereits innerhalb einer Frist von 14 Tagen ab dem Datum der Mitteilung seines Unterliegens im Bewerbungsverfahren, um verwaltungsgerichtlichen Eilrechtsschutz nachzusuchen. Er hätte nicht nur noch bis zu der Sitzung des Präsidialrates zuwarten können, sondern insbesondere von dem Antragsgegner eine Zusicherung einholen können, nicht vor der Kenntnisnahme von dem Ergebnis der Anhörung des Präsidialrats eine Ernennung des ausgewählten Bewerbers vorzunehmen. In der Mitteilung des Antragsgegners vom 29. Juli 2011 wurde lediglich darauf hingewiesen, dass das Besetzungsverfahren nicht vor Ablauf von 14 Tagen (durch den Verwaltungsakt der Ernennung) beendet werde. Eine Kontaktaufnahme mit der obersten Dienstbehörde durch den Antragsteller selbst bzw. seinen Rechtsanwalt zwecks Klärung des zeitlichen Ablaufs und Sicherstellung hinreichender Rechtsschutzmöglichkeiten war ihm auch zumutbar, wenngleich eine Information durch die oberste Dienstbehörde über den Inhalt des Auswahlvermerks ebenso wie eine solche über das Ergebnis der Präsidialratsbeteiligung die Rechtsschutzmöglichkeiten des unterlegenen Bewerbers vereinfachen dürfte. Hat aber der Antragsteller – wie hier – nicht einmal versucht, Einfluss auf den zeitlichen Ablauf des Verfahrens zu nehmen, um sich noch vor der Anrufung des Verwaltungsgerichts bzw. vor dessen Entscheidung durch erneute Akteneinsicht die fehlenden Kenntnisse zu verschaffen, kann er sich nicht im Nachhinein darauf berufen, nicht umfänglich über die Entscheidungsgrundlagen und -erwägungen des Antragsgegners informiert gewesen zu sein.

17

Sollte der Vortrag des Antragstellers so gemeint sein, dass dem Präsidialrat die gemäß der Auswahlentscheidung erfolglosen Bewerbungen der Mitbewerber, die nicht – wie der Antragsteller – gerichtlichen Rechtsschutz in Anspruch genommen haben, vorenthalten worden sein, trifft dies schon sachlich nicht zu, wie sich aus den Verwaltungsvorgängen und deren während des Gerichtsverfahrens erfolgten Vorlage an den Präsidialrat ergibt. Es braucht demzufolge nicht geprüft zu werden, ob eine im beschriebenen Sinne unzulängliche Beteiligung des Präsidialrats Rechte des Antragstellers verletzen würde.

18

2. Soweit die Beschwerde darauf gestützt wird, die Auswahlentscheidung beruhe auf nicht konstitutiven Anforderungskriterien, so dass der Antragsteller nicht bereits deshalb unberücksichtigt hätte bleiben dürfen, weil er das Anforderungsprofil der Stellenausschreibung nicht erfülle, hat sie ebenfalls keinen Erfolg.

19

Das der Auswahlentscheidung zu Lasten des Antragstellers zugrunde gelegte Anforderungsprofil ist nicht zu beanstanden.

20

Der Dienstherr kann den Kreis der Bewerber aufgrund der ihm zustehenden Organisations- und Personalhoheit einschränken, indem er mit der Stellenausschreibung ein Anforderungsprofil festlegt, durch das Mindestanforderungen an die Bewerber gestellt werden (vgl. BVerfG, Beschl. v. 11. November 1999 - 2 BvR 1992/99 -, zit. nach juris Rn. 6; BVerwG, Urt. v. 3. März 2011 - 5 C 15.10 -, zit. nach juris Rn. 14 m.w.N.). Bei der Bestimmung des Anforderungsprofils ist die öffentliche Verwaltung an die gesetzlichen Vorgaben gebunden; eine Einengung des Kreises der nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung zu vergleichenden Bewerber um ein öffentliches Amt kann deshalb nur aufgrund von Belangen erfolgen, denen gleichfalls Verfassungsrang zukommt. Fehler im Anforderungsprofil führen grundsätzlich zur Fehlerhaftigkeit des Auswahlverfahrens, weil die Auswahlerwägungen dann auf sachfremden, nicht am Leistungsgrundsatz orientierten Gesichtspunkten beruhen (vgl. Beschl. des Senats v. 16. November 2007 - 2 M 153/07 -, zit. nach juris Rn. 19 m.w.N.).

21

Die Kriterien des Anforderungsprofils, die der Antragsgegner hier zugrunde gelegt hat, sind weder sachwidrig noch willkürlich, sie beschreiben objektivierbare Merkmale, die der Beigeladene erfüllt und aufgrund derer rechtsfehlerfrei ein Ausschluss des Antragstellers im Bewerbungsverfahren vorgenommen werden durfte.

22

Der Antragsteller erfüllt bereits das nach der Stellenausschreibung konstitutiv geforderte Merkmal einer Bewährung in der Justizverwaltung nicht. Mit dem Anforderungskriterium „in der Justizverwaltung besonders bewährt“ hat die oberste Dienstbehörde jedenfalls insofern ein objektiv überprüfbares konstitutives Kriterium festgelegt, als nicht nur untergeordnete Verwaltungserfahrungen ausreichen, sondern gesteigerte Anforderungen an die erworbenen Verwaltungserfahrungen gestellt werden, wie sie für das Amt einer Präsidentin bzw. eines Präsidenten eines Obergerichts mit Personalbefugnissen in sachgerechter Weise verlangt werden können. Dies hat der Antragsgegner in seinem Auswahlvermerk mit Blick auf die neben den richterlichen Aufgaben als Senatsvorsitzender in erheblichem Umfang bei der Tätigkeit eines Obergerichtspräsidenten (§ 2 FGO) anfallenden repräsentativen und Führungsaufgaben zutreffend ausgeführt. Da solche qualifizierten Verwaltungstätigkeiten für die erfolgreiche Bewältigung der Tätigkeit eines Obergerichtspräsidenten benötigt werden, sind damit formale Voraussetzungen aufgestellt, die als Kenntnisse und Fähigkeiten die dem öffentlichen Arbeitgeber gesetzten Schranken, die ihm bei der Formulierung eines Anforderungsprofils gesetzt sind, nicht verletzen.

23

Der Antragsteller meint jedoch, dass mit der Anforderung „besonders“ eine Wertung verbunden sei, die üblicherweise durch eine Beurteilung eingeholt werde. Ob es sich bei dem Profilmerkmal der besonderen Bewährung in der Justizverwaltung um ein (auch-) leistungsbezogenes Merkmal handelt, das anhand der eingeholten Beurteilungen zu messen ist, kann hier dahingestellt bleiben. Denn der Antragsgegner hat zutreffend und unwidersprochen bereits im Auswahlvermerk festgestellt, dass der Antragsteller bis auf die Aufgaben eines behördlichen Datenschutzbeauftragten keine sonstigen Verwaltungsaufgaben wahrgenommen und entsprechende Verwaltungskompetenzen nicht erworben hat. Auch wenn der Antragsteller dies in diesem Zusammenhang nicht ausdrücklich angreift, ist hilfsweise zu berücksichtigen, dass auch nicht ersichtlich ist, dass der Antragsteller gewichtigere Justizverwaltungsaufgaben nicht hätte wahrnehmen können. Jedenfalls hat der Antragsteller nicht geltend gemacht, sich um die Wahrnehmung von über die Tätigkeit eines behördlichen Datenschutzbeauftragten hinausgehenden Gerichtsverwaltungsangelegenheiten, wie sie üblicherweise jedenfalls einem Präsidialrichter überantwortet werden, bemüht zu haben. Soweit tatsächlich Verwaltungsangelegenheiten am dem Vizepräsidenten überantwortet sind, ist dieses Amt wiederum in einem nach Eignung, Leistung und Befähigung bestimmten Auswahlverfahren vergeben worden.

24

Ob es sich bei dem weiteren in der Stellenausschreibung formulierten Anforderungsprofil, „Verwaltungsgeschick, organisatorische Fähigkeiten und Führungsverhalten sollten im Rahmen einer Tätigkeit in einer obersten Landesbehörde der Justizverwaltung erfolgreich erprobt worden sein“, das sich auf die sog. Verwaltungserprobung bezieht, nur um ein fakultatives Merkmal handelt, dürfte zwar zutreffen („sollten“), kann aber letztlich nach den obigen Ausführungen dahingestellt bleiben. Soweit der Antragsteller in diesem Zusammenhang meint, dass eine Abordnung zur (Verwaltungs-)Erprobung in das Justizministerium Mecklenburg-Vorpommern nicht aufgrund eines am Grundsatz der Bestenauslese orientierten Verfahrens und aufgrund transparenter Auswahlentscheidungen praktiziert wird, bedarf es keiner Prüfung, ob dies zutrifft. Zum einen macht der Antragsteller nicht geltend, sich erfolglos um eine Abordnung zur Verwaltungserprobung bemüht zu haben. Zum anderen dürfte die Frage im Ergebnis keine Rolle spielen, weil dem Antragsteller – wie ausgeführt – bereits die erforderlichen Verwaltungserfahrungen fehlen.

25

Auch bestehen seitens des Senats keine Zweifel, dass die Auswahl des Beigeladenen insoweit rechtsfehlerfrei ist, als er das Anforderungsprofil „in der Justizverwaltung (besonders) bewährt“ erfüllt. Denn der Beigeladene verfügt als langjähriger Vizepräsident des Finanzgerichts bzw. als amtierender Präsident über einschlägige Leitungs- und Verwaltungserfahrung.

26

3. Schließlich wäre der Ausschluss des Antragstellers im weiteren Bewerbungsverfahren auch aufgrund der hilfsweisen Begründung im Auswahlvermerk rechtmäßig. Der Antragsteller wäre jedenfalls bei einem Leistungsvergleich mit dem ausgewählten Bewerber unterlegen.

27

Denn nachdem der Beigeladene mit einer Spitzenbeurteilung („vorzüglich geeignet“) im höheren Statusamt (BBesGr R 3 BBesO) beurteilt worden ist, wäre der Antragsteller, der ein Amt der Besoldungsgruppe R 2 bekleidet, nach allgemeinen Leistungskriterien unter keinem Gesichtspunkt rechtmäßig auswählbar gewesen. Es ist allgemein anerkannt, dass in dem Fall, in dem sich die dienstlichen Beurteilungen der konkurrierenden Bewerber auf unterschiedliche Statusämter beziehen, ohne Verstoß gegen Art. 33 Abs. 2 GG angenommen werden kann, dass selbst bei formal gleicher Beurteilung die Beurteilung des Beamten bzw. Richters im höheren Statusamt regelmäßig besser ist als diejenige des in einem niedrigeren Statusamt befindlichen Konkurrenten (vgl. BVerfG, Beschl. v. 11. Mai 2011 - 2 BvR 764/11 -, zit. nach juris Rn. 11 m.w.N.). Insofern liegen auch keine besonderen Umstände des Einzelfalls vor, die z.B. in dem Grund für die statusrechtliche Besserstellung des Beigeladenen begründet wären (vgl. BVerfG, Beschl. v. 20. März 2007 - 2 BvR 2470/06 -, zit. nach juris 17 ff.), denn Antragsteller und Beigeladener stammen aus derselben Gerichtsbarkeit. Insofern kann dahingestellt bleiben, ob das von dem Antragsteller im Beurteilungsrechtsstreit verfolgte Begehren Erfolg versprechend ist, denn jedenfalls der Antragsteller und der ausgewählte Beigeladene sind im Hinblick auf das jeweils ausgeübte Amt aufgrund ihrer Tätigkeit am beurteilt worden. Selbst wenn unterstellt würde, dass der Antragsteller also eine günstigere Beurteilung erzielen könnte, trägt die hilfsweise Erwägung des Antragsgegners, dass mit dem vom Beigeladenen innegehabten Statusamt als Vizepräsident des Finanzgerichts Mecklenburg-Vorpommern höhere Erwartungen verbunden sind als mit dem statusrechtlichen Amt eines Richters am Finanzgericht. Hinzu kommt, dass im Widerspruchsverfahren zum Beurteilungsrechtsstreit des Antragstellers ein schriftlicher Beurteilungsbeitrag des vormaligen Finanzgerichtspräsidenten nachgeholt worden ist.

28

4. Soweit vom Antragsteller die bereits in der ersten Instanz angemerkten „Merkwürdigkeiten“ in einer dem Darlegungsgrundsatz des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO genügenden Weise aufrechterhalten worden sein sollten, vermag der Senat in rechtlich relevanter Hinsicht und auch sonst die Bedenken des Antragstellers nicht zu teilen. Insbesondere der Umstand, dass der Beigeladene seine Bewerbung auf die Stelle des Vizepräsidenten beim Landessozialgericht Mecklenburg-Vorpommern zurückgenommen hat, nachdem die hier streitbefangene Stelle ausgeschrieben war, erklärt sich ohne weiteres aus dem beruflichen Werdegang des Beigeladenen. Auch die rasche zeitliche Abfolge bei der Einholung einer Anlassbeurteilung des Beigeladenen, ergibt sich – ohne dass damit irgendeine Anrüchigkeit verbunden wäre – daraus, dass bereits seit Längerem in Aussicht stand, dass die Stelle des Finanzgerichtspräsidenten ausgeschrieben werden würde, eine Anlassbeurteilung aufgrund der vorhergehenden Bewerbung des Beigeladenen bereits gefertigt worden war und zudem mit Rücksicht auf das Alter des Beigeladenen trotz der im Land üblichen Verfahrenslaufzeiten bei der Besetzung von weiteren richterlichen Beförderungsämtern zum damaligen Zeitpunkt die Möglichkeit bestanden haben dürfte, dass eine Beförderung für den Beigeladenen angesichts seiner Beurteilungsform noch versorgungsrelevant (§ 3 RiG M-V i.V.m. § 5 Abs. 3 Satz 1 BeamtVÜG M-V) werden könnte.

29

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO.

30

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 52 Abs. 1, Abs. 5, 53 Abs. 2 Nr. 1, Nr. 5 GKG.

31

Dieser Beschluss ist gemäß § 152 Abs. 1 VwGO und § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 GKG unanfechtbar.

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