Beschluss vom Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern (1. Senat) - 1 O 463/19

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 7. Mai 2019 – 3 A 432/19 –, mit dem der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt worden ist, wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten dieses Beschwerdeverfahrens; Kosten werden nicht erstattet.

Gründe

1

Die Klägerin begehrt Prozesskostenhilfe für eine Anfechtungsklage, mit der sie sich gegen die Heranziehung zu einem Schmutzwasserbeitrag durch Bescheid des Beklagten wendet.

2

Das Verwaltungsgericht Greifswald hat mit Beschluss vom 7. Mai 2019 – 3 A 432/19 – den Prozesskostenhilfeantrag der Klägerin mit der Begründung abgelehnt, es sei nicht ersichtlich, dass die Unterlassung der Rechtsverteidigung der Klägerin allgemeinen Interessen zuwiderlaufen würde (vgl. § 166 VwGO i. V. m. § 116 Satz 1 Nr. 2 ZPO). Das Merkmal erfordere, dass über die am Prozess wirtschaftlich Beteiligten hinaus ein erheblicher Personenkreis in Mitleidenschaft gezogen werden könnte.

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Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat ausweislich des Empfangsbekenntnisses auf dem Schreiben des Verwaltungsgerichts vom 10. Mai 2019 erklärt, den Beschluss am 19. Juni 2019 erhalten zu haben.

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Am 21. Juni 2019 hat die Klägerin Beschwerde eingelegt. Mit ihrer Beschwerdebegründung trägt sie vor, die Durchsetzung und Vollstreckung der streitgegenständlichen Bescheide würde dazu führen, dass sie Insolvenz anmelden müsste, weil keine Masse vorhanden sei, die ausreichen würde, um die Forderungen des Beklagten aus den streitgegenständlichen Bescheiden zu bedienen. Damit einhergehend würden die neun angestellten Mitarbeiter der Klägerin entlassen werden, was schon allgemeinen Interessen zuwider laufen würde.

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Die zulässige Beschwerde war aus den zutreffenden Gründen des angefochtenen Beschlusses, die auch durch das Vorbringen der Klägerin nicht entkräftet werden, zurückzuweisen (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO).

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Parteifähige Vereinigungen erhalten gemäß § 116 Satz 1 Nr. 2 ZPO nur dann Prozesskostenhilfe, wenn das Unterbleiben der Rechtsverteidigung allgemeinen Interessen entgegenstehen würde. Voraussetzung hierfür ist, dass größere Kreise der Bevölkerung oder des Wirtschaftslebens betroffen sind und die Entscheidung soziale Wirkungen nach sich ziehen kann (BGH, Beschl. v. 19.10.2017 – IX ZA 16/17 –, juris, mit Hinweis auf BGH, 10.02.2011, IX ZB 145/09, ZIP 2011, 540). Bei Verfolgung rein wirtschaftlicher Interessen einer Gesellschaft läuft das Unterlassen der Rechtsverfolgung den Interessen der Allgemeinheit nicht zuwider (vgl. OLG Köln, Beschl. v. 21.01.2010 – 19 W 3/10 –, juris, mit Hinweis auf OLG Dresden, Beschl. v. 11.04.2011 – 12 W 212/18 –). Ein allgemeines Interesse i. S. des § 116 Abs. 1 Satz 2 ZPO liegt nur dann vor, wenn die juristische Person oder parteifähige Vereinigung, die die Prozesskostenhilfe beantragt, an der Erfüllung ihrer der Allgemeinheit dienenden Aufgabe gehindert würde, wenn der Rechtsstreit nicht durchgeführt würde. Allgemein interessierende Rechtsfragen reichen in diesem Zusammenhang nicht aus (OVG M-V, Beschl. v. 03.05.2012 – 2 O 152/11 –, juris). Mit Blick auf die Existenz von Arbeitsplätzen läuft die Unterlassung der Rechtsverfolgung allgemeinen Interessen zuwider, wenn von der Durchführung des Prozesses die Existenz eines Unternehmens abhängt, an dessen Erhaltung wegen der großen Zahl von Arbeitsplätzen ein allgemeines Interesse besteht (BGH, Beschl. v. 10.02.2011 – IX ZB 145/09 –, juris, Rn. 10). Von einer etwaigen Insolvenz der Klägerin wären lediglich neun Mitarbeiter betroffen, die nach dem Beschwerdevorbringen entlassen werden müssten. Dies erfüllt nicht das Kriterium einer großen Zahl von Arbeitsplätzen, an deren Erhaltung ein allgemeines Interesse zu bejahen wäre.

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Im Übrigen merkt der Senat nur an, dass Prozesskostenhilfe auch deshalb nicht hätte bewilligt werden können, weil das Formular über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Klägerin nicht vollständig ausgefüllt worden ist. So fehlt es insbesondere an der Angabe eines Verkehrswertes für die beiden im Eigentum der Klägerin stehenden Grundstücke. Schon deshalb könnte nicht geprüft werden, ob es der Klägerin zuzumuten wäre, ihr Vermögen gemäß § 115 Abs. 3 Satz 1 ZPO einzusetzen und die Grundstücke zur Finanzierung der Prozesskosten zu belasten oder eines der Grundstücke (teilweise) zu veräußern.

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Es kommt deshalb auch nicht mehr auf die Frage an, ob alle vier Transporter zum Schonvermögen gehören und ob die mit Kontoauszug vom 1. April 2019 angegebenen Barmittel, soweit sie über das Schonvermögen hinausgehen, dazu eingesetzt werden müssten, die Prozesskosten jedenfalls teilweise abzudecken.

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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, Nr. 5502 Anlage 1 zum GKG, § 166 VwGO i.V.m. § 127 Abs. 4 ZPO.

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Hinweis:

11

Der Beschluss ist gemäß § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.

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