Beschluss vom Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht (11. Senat) - 11 PA 55/12

Gründe

1

Die zulässige Beschwerde des i. S. d. § 166 VwGO i. V. m. §§ 114 ff. ZPO bedürftigen Klägers ist nur in dem o. a. Umfang begründet, im Übrigen unbegründet, da die für den Fall der Bewilligung von Prozesskostenhilfe angekündigte Klage überwiegend nicht die nach § 166 VwGO i. V. m. §§ 114 ff. ZPO weiterhin erforderliche Aussicht auf Erfolg hat.

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Eine solche Klage wäre schon unzulässig, soweit sie sich gegen die Sicherstellung und die Verwertung des vormals im Eigentum des Klägers stehenden Fahrzeugs B. richten sollte. Denn die am 27. Februar 2009 erfolgte Sicherstellung dieses Wagens durch die Beklagte ist dem Kläger mit Schreiben vom 11. März und 12. Mai 2009 eingehend erläutert worden; zugleich ist ihm mitgeteilt worden, dass sein PKW verwertet werde, wenn er ihn nicht umgehend unter Begleichung der angefallenen Kosten abhole. Die Schreiben sind insoweit als Verwaltungsakte anzusehen, gegen die nach §§ 58 Abs. 2, 68 Abs. 1 Satz 2, 74 Abs. 1 Satz 2 VwGO i. V. m. § 8a Abs. 1 Nds. AG VwGO nur binnen Jahresfrist erfolgreich Anfechtungsklage hätte erhoben werden können. Unabhängig hiervon wäre ein Klagerecht auch verwirkt (vgl. zu den Voraussetzungen einer Verwirkung etwa Senatsbeschl. v. 23.1.2012 - 11 ME 420/11 -, juris, Rn. 10, m. w. N.), da dem Kläger die angeführten Maßnahmen seit dem Frühjahr 2009 bekannt waren, er selbst die Rechtmäßigkeit der Sicherstellung und die Notwendigkeit einer Verwertung im Falle der unterbliebenen "Auslösung" nicht bezweifelt(e) und die Beklagte daher darauf vertrauen konnte, dass die Rechtmäßigkeit dieser Maßnahmen nicht nochmals in einem erst im April 2011 eingeleiteten verwaltungsgerichtlichen Verfahren in Zweifel gezogen wird. Schließlich bestehen aus den von der Beklagten in ihrer Klageerwiderung genannten Gründen ohnehin keine Zweifel an der Rechtmäßigkeit dieser Maßnahmen.

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Ebenso unzulässig wäre eine verwaltungsgerichtliche Klage auf Zahlung von mehr als 3.040,- EUR, dem Erlös aus der Verwertung des Wagens, zuzüglich Zinsen. Denn Anspruchsgrundlage könnte insoweit jeweils nur ein Amtshaftungsanspruch oder ein Schadenersatzanspruch nach § 80 Nds. SOG sein, für deren Geltendmachung jedoch nach Art. 34 Satz 3 GG, § 17 Abs. 2 Satz 2 GVG, § 86 Nds. SOG jeweils ausschließlich der ordentliche Rechtsweg gegeben ist. Eine Verweisung ist in diesem Verfahren ausgeschlossen (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 12.12.2008 - 8 PA 105/08 -, juris, m. w. N.).

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Zulässig wäre eine Klage vor dem Verwaltungsgericht daher nur insoweit, als der Kläger die Herausgabe des Erlöses von 3.040 EUR zuzüglich Zinsen begehrt. Abgesehen von der Zinsforderung in dem o. a. Umfang wäre aber auch eine solche Klage unbegründet.

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Nach § 29 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Satz 4 Nds. SOG steht dem Kläger ein Anspruch auf Herausgabe des um die (rechtmäßigen) Verwertungskosten geminderten Erlöses zu, den die Beklagte mit Ausnahme von Zinsen in Höhe von 32,59 EUR durch Auskehrung eines Betrages von 2.097,06 EUR erfüllt hat. Die von der Beklagten vom Erlös in Höhe von 3.040,- EUR abgezogenen Verwertungskosten sind nicht zu beanstanden. Die notwendigen und angemessenen Auktionskosten betragen 20,- EUR, die Kosten der Fa. D. insbesondere für die Verwahrung des Fahrzeugs bis zu seiner Verwertung 628,11 EUR. Auch die darin anteilig enthaltenen Kosten für den Transport des Wagens zur Fa. C. waren erforderlich und sind damit zu Recht abgezogen worden. Der Transport war schon deshalb erforderlich, weil das Fahrzeug vor seiner Versteigerung zur Ermittlung des Mindestgebots für die Versteigerung auch begutachtet werden musste und eine solche Begutachtung am Besten in einer Fachwerkstatt erfolgt - wie bei der Fa. C. geschehen. Da der Kläger auf die mehrfache Ankündigung, sein Fahrzeug ggf. sogar durch Verschrottung verwerten zu lassen, nicht sachgerecht reagiert, insbesondere nicht einmal von sich aus auf einen höheren, der Verschrottung entgegenstehenden Verkehrswert hingewiesen hatte, musste die Beklagte vor der kostenpflichtigen Beschaffung von Magnetkarten als Ersatzschlüssel für den Wagen (144,83 EUR) auch nicht nochmals bei dem Kläger nachfragen. Besondere Kosten für die Ausstellung von Ersatzpapieren sind der Beklagten nicht entstanden und daher vom Erlös auch nicht abgezogen worden. Aus dem vorgenannten Grund sind auch die Kosten der Fa. C. notwendig gewesen und dem Kläger zu Recht mittelbar in Rechnung gestellt worden. Schließlich konnte die Beklagte nach §§ 1 ff. NVwKostG i. V. m. § 1 AllGO, Ziffern 108.3 und 108.4 der Anlage II zur AllGO eine Gesamtgebühr in Höhe von 150,- EUR für den mit der Sicherstellung und Verwertung verbundenen eigenen, hier nicht unerheblichen Verwaltungsaufwand erheben.

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Hinreichende Erfolgsaussichten bietet die Klage hingegen, soweit sie auf die Zahlung von Zinsen in Höhe von 32,59 EUR gerichtet ist. Als notwendige Rechtsgrundlage kommt hier § 29 Abs. 2 Nds. SOG i. V. m. § 302 BGB in analoger Anwendung in Betracht, wonach dann, wenn der Schuldner zur Herausgabe eines Gegenstandes einschließlich der Nutzungen verpflichtet und der Gläubiger im Verzug der Annahme ist, (nur) die tatsächlich gezogenen Nutzungen herauszugeben sind, hier also die tatsächlich anteilig auf den herauszugebenden Erlös erzielten Zinsen in der genannten Höhe. Dass die Beklagte den Erlös herauszugeben hatte, folgt aus § 29 Abs. 2 Satz 1 Nds. SOG. Aus der Verweisung auf die Vorschriften für die Hinterlegung nach § 29 Abs. 2 Satz 2 Nds. SOG ergibt sich weiter, dass bei einer aus den dort genannten Gründen verzögerten Rückgabe der Erlös zu hinterlegen und auf den hinterlegten Erlös auch Zinsen nach Maßgabe des in Niedersachsen als Landesrecht fortgeltenden § 8 der Hinterlegungsordnung zu zahlen sind, insoweit anfallende Nutzungen also dem Gläubiger zustehen.

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Nicht ausdrücklich in § 29 Abs. 2 Nds. SOG geregelt ist allerdings der hier gegebene Fall, dass sich mangels Mitwirkung des bekannten Gläubigers die Rückgabe des Erlöses verzögert und keine Hinterlegung erfolgt, sondern die Ordnungsbehörde den Erlös eigenständig verwahrt. Diese Lücke ist interessengerecht und in Übereinstimmung mit der in § 29 Abs. 2 Satz 2 i. V. m. § 8 der Hinterlegungsordnung getroffenen Grundentscheidung, wonach angemessene Zinsen des Erlöses dem Gläubiger zustehen, durch analoge Anwendung des § 302 BGB mit der Folge zu schließen, dass der Erlös aus der Verwertung nicht verzinslich angelegt werden muss, wenn er aber - wie hier - angelegt wird, dadurch tatsächlich angefallene Zinsen (abzüglich etwaiger Kosten) dem Gläubiger zustehen.

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Aus § 105 Abs. 4 Nds. SOG folgt schon wegen des Vorranges der spezielleren Regelung des § 29 Abs. 2 Nds. SOG nicht anderes. Außerdem regelt § 105 Abs. 4 Nds. SOG nach der Systematik ohnehin nicht das Verhältnis zwischen dem betroffenen Bürger und der zuständigen Ordnungs- oder Polizeibehörde, sondern vielmehr das Verhältnis zwischen mehreren Behörden bzw. ihren Trägern untereinander (vgl. Saipa, Nds. SOG. Kommentar, § 105, Rn. 1, 4; Böhrenz/Siefken, Nds. SOG, 9. Aufl., § 105, Rn. 4) und bestimmt insoweit, dass anderweitig, etwa nach der AllGO begründete, mit der Tätigkeit der Verwaltungsbehörden und der Polizei verbundene Einnahmen dem (jeweiligen) Kostenträger zufließen.

9

Ob eine auf die Zahlung von Zinsen in der o. a. Höhe gerichtete Klage zusätzlich wegen formeller Mängel des Bescheides vom 7. März 2011, mit dem nach § 48 VwVfG die ursprünglich am 11. Februar 2011 erfolgte Bewilligung von Zinsen in dieser Höhe wieder aufgehoben worden ist, Aussicht auf Erfolg hätte, kann offen bleiben.

10

Eine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren maßgebliche Rechtsgrundlage für eine weitergehende Zinsforderung des Klägers ist hingegen nicht ersichtlich.

 


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