Urteil vom Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht (10. Senat) - 10 LB 96/17
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Braunschweig – Einzelrichter der 5. Kammer – vom 21. September 2016 geändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die außergerichtlichen Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Vollstreckungsschuldner kann eine Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in der Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
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Der Kläger begehrt von der Beklagten im Rahmen des sogenannten Dublin-Verfahrens die Durchführung des Asylverfahrens und wendet sich gegen die Abschiebungsanordnung nach Italien.
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Der Kläger ist somalischer Staatsangehöriger. Er reiste im März 2013 über Italien, die Schweiz, die Niederlande, Dänemark und Schweden in die Bundesrepublik Deutschland ein und beantragte am 8. März 2013 die Anerkennung als Asylberechtigter. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) richtete am 27. November 2013 ein Wiederaufnahmeersuchen an die zuständige italienische Behörde, nachdem der Abgleich der Fingerabdrücke einen Treffer in der Europäischen Datenbank zur Speicherung von Fingerabdrücken ergeben hatte, weil der Kläger bereits im Juni 2008 einen Asylantrag in Italien gestellt hatte. Die zuständigen italienischen Behörden ließen das Wiederaufnahmeersuchen unbeantwortet.
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Mit Bescheid vom 27. Januar 2014 lehnte das Bundesamt den Asylantrag des Klägers als unzulässig ab und ordnete die Abschiebung des Klägers nach Italien an. Der Asylantrag sei unzulässig, weil Italien nach der Dublin II-Verordnung für die Bearbeitung des dort zuvor vom Kläger gestellten Asylantrags zuständig sei. Es lägen auch keine außergewöhnlichen humanitären Gründe vor, welche die Beklagte gemäß Artikel 3 Abs. 2 Dublin-II-Verordnung ausnahmsweise verpflichten würden, anstelle der italienischen Behörden selbst in die Bearbeitung des Asylantrags einzutreten. Italien erfülle die europarechtlichen Mindestanforderungen an das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen, die keine systemischen Mängel aufwiesen. Die Anordnung der Abschiebung sei gemäß § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG auszusprechen.
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Der Kläger hat am 5. Februar 2014 Klage erhoben und zugleich um die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nachgesucht. Zur Klagebergründung hat er ausgeführt, die Ablehnung des Asylantrags und die Abschiebungsanordnung nach Italien seien rechtswidrig, weil die Überstellung wegen systemischer Mängel in Italien unzulässig sei. Ihm als Dublin-Rückkehrer drohe in Italien eine Verletzung der Grundgewährungen der Artikel 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden: EUGrCh) und Artikel 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (im Folgenden: EMRK). Die Lebensumstände in Italien seien unzumutbar.
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Der Kläger hat beantragt,
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den Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 27. Januar 2014 aufzuheben.
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Die Beklagte hat beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Sie hat zur Begründung auf die Ausführungen im angefochtenen Bescheid verwiesen.
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Das Verwaltungsgericht Braunschweig – 7. Kammer – hat mit Beschluss vom 12. Februar 2014 (7 B 60/14) die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 27. Januar 2014 angeordnet, weil Überstellungen nach Italien nach der gegenwärtigen Rechtsprechung der beschließenden Kammer wegen der dort bestehenden systemischen Mängel des Asylverfahrens als rechtswidrig anzusehen seien.
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Im Hauptsacheverfahren hat das Verwaltungsgericht Braunschweig mit Urteil vom 21. September 2016 – Einzelrichter der 5. Kammer (5 A 319/15) – den angefochtenen Bescheid aufgehoben. Die Beklagte könne sich auf die Zuständigkeit Italiens für die Bearbeitung des Asylantrags nicht berufen, weil die angeordnete Abschiebung des Klägers nach Italien ausscheide. Es bestehe die tatsächliche Gefahr, dass der Kläger dort auch als junger, alleinstehender und nicht schwerwiegend erkrankter Asylbewerber einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung i.S. von Artikel 4 EUGrCh bzw. des inhaltsgleichen Artikels 3 EMRK ausgesetzt sein würde. Das Bundesamt habe zur Abwendung dieser Gefahr auch keine individuelle Zusage der italienischen Behörden eingeholt, dass der Kläger bei seiner Rückkehr eine Unterkunft erhalte. Zumindest im Einzelfall des Klägers und unabhängig von der Frage des Vorliegens systemischer Mängel in Italien bestehe für ihn als Dublin-Rückkehrer die individuelle, durch Tatsachen begründete Gefahr einer unmenschlichen Behandlung im Sinne von Artikel 4 EUGrCh.
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Mit Beschluss vom 13. April 2017 hat der – seinerzeit für die sogenannten Dublin-Verfahren zuständige – 2. Senat des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts auf den Antrag der Beklagten die Berufung wegen Divergenz zugelassen, weil das Urteil von einer Entscheidung des 11. Senats des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts (Urteil vom 25.06.2015 - 11 LB 248/14 -) abweiche und auf dieser Abweichung beruhe. Ferner hat der 2. Senat ausgeführt, dass, soweit das Verwaltungsgericht in seinem Urteil unabhängig von der Frage des Vorliegens systemischer Mängel in Italien im Sinne einer selbständig tragenden Begründung auf Berichte anerkannter Flüchtlingsorganisationen und den „Einzelfall des Klägers“ verweise, inhaltlich keine besondere, nur den Kläger betreffende Sachverhaltskonstellation aufgezeigt worden sei.
- 13
Die Beklagte hat die Berufung mit Schriftsatz vom 25. April 2017 unter Bezugnahme auf den angefochtenen Bescheid, ihren Antrag auf Zulassung der Berufung und den Zulassungsbeschluss des 2. Senats vom 13. April 2017 begründet.
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Die Beklagte beantragt,
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das Urteil des Verwaltungsgerichts Braunschweig vom 21. September 2016 zu ändern und die Klage abzuweisen.
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Der Kläger beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Er ist der Auffassung, dass die Aufnahmebedingungen für Dublin-Rückkehrer in Italien nach wie vor systemische Mängel aufweisen und seine Abschiebung nach Italien gegen Artikel 3 EMRK verstoßen würde.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte und die Beiakten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe
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Die Berufung der Beklagten hat Erfolg.
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Das Verwaltungsgericht hat den Bescheid des Bundesamts vom 27. Januar 2014 zu Unrecht aufgehoben. Der Bescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
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In dem nach § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des erkennenden Senats liegen die Voraussetzungen für eine Ablehnung des Asylantrags als unzulässig vor mit der Folge, dass auch die Abschiebungsanordnung zu Recht erlassen wurde und der Bescheid nicht aufzuheben ist (vgl. zur Statthaftigkeit der Anfechtungsklage in derartigen Fällen: BVerwG, Urteil vom 27.10.2015 - BVerwG 1 C 32.14 -, juris Rn. 13).
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Nach dem derzeit geltenden § 29 Absatz 1 Nr. 1 Buchst. a AsylG, der mit Wirkung vom 6. August 2016 an die Stelle des von der Beklagten angewendeten § 27a AsylG a.F. getreten ist (vgl. Artikel 6 Nrn. 6 und 7, Artikel 8 Abs. 1 des Integrationsgesetzes vom 31.07.2016, BGBl. I S. 1939), ist ein Asylantrag unzulässig, wenn nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (ABl. L 180 vom 29.06.2013, S. 31, sogenannte Dublin III-Verordnung), nicht die Bundesrepublik Deutschland, sondern ein anderer Staat für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist.
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Hier ist jedoch die Verordnung (EU) Nr. 343/2003 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Februar 2003 (ABl. L 50, S. 1-10, sogenannte Dublin II-Verordnung) anzuwenden. Dies folgt aus Artikel 49 Satz 3 der Dublin III-Verordnung, wonach die Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats weiterhin nach den Kriterien der Dublin II-Verordnung erfolgt, wenn der Asylantrag zeitlich vor dem 1. Januar 2014 gestellt wurde. Das ist hier der Fall, weil der Kläger seinen Asylantrag am 8. März 2013 gestellt hat. Damit ist die Dublin II-Verordnung aufgrund des Anwendungsvorrangs des Unionsrechts ungeachtet des § 77 Abs. 1 AsylG anwendbar (vgl. BVerwG, Urteil vom 16.11.2015 – BVerwG 1 C 4.15 –, juris Rn. 17).
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Italien ist nach den Zuständigkeitskriterien der Dublin II-Verordnung für die Durchführung des Asylverfahrens des Klägers zuständig (1.). Diese Zuständigkeit ist zwischenzeitlich nicht auf die Beklagte übergegangen (2.). Die Zuständigkeit Italiens entfällt auch nicht gemäß Artikel 3 Abs. 2 Unterabsatz 2 und 3 Dublin II-Verordnung, weil die Beklagte nicht zum sogenannten Selbsteintritt verpflichtet ist (3.).
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1. Gemäß Artikel 5 Abs. 2, 10 Abs. 1 Satz 1 Dublin II-Verordnung ist Italien für die Prüfung des Asylantrags des Klägers zuständig, weil kein anderes vorrangiges Kriterium nach Artikel 5 bis 9 Dublin II-Verordnung erfüllt ist und Italien der erste Mitgliedstaat war, dessen Grenze der Kläger aus einem Drittstaat kommend - ohne Aufenthaltsrecht und damit illegal - überschritten hat.
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2. Diese Zuständigkeit ist auch nicht zwischenzeitlich gemäß Artikel 10 Abs. 1 Satz 2 Dublin II-Verordnung, wonach die Zuständigkeit zwölf Monate nach dem Tag des illegalen Grenzübertritts endet, wieder entfallen, weil sie nur dann erlischt, wenn der Asylbewerber innerhalb von zwölf Monaten nach dem Tag des illegalen Grenzübertritts keinen Asylantrag stellt. Diese einschränkende Auslegung des Wortlauts ergibt sich daraus, dass Artikel 5 Abs. 2 Dublin II-Verordnung als maßgeblichen Zeitpunkt für die Zuständigkeitsbestimmung den Zeitpunkt der ersten Asylantragstellung in einem Mitgliedstaat festlegt (vgl. Niedersächsisches OVG, Urteil vom 15.11.2016 – 8 LB 92/15 –, juris Rn. 30; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 07.03.2014 – 1 A 21/12.A –, juris Rn. 47).
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Entgegen der in der mündlichen Verhandlung geäußerten Ansicht des Prozessbevollmächtigten des Klägers ergibt sich ein Übergang der Zuständigkeit für die Bearbeitung des Asylverfahrens des Klägers, der in Italien bereits einen Asylantrag gestellt hatte, nicht aus dem Umstand, dass das Bundesamt “erst“ ca. 8 Monate nach der Stellung des Asylantrags in Deutschland ein Wiederaufnahmeersuchen an die zuständige italienische Behörde gerichtet hat. Denn die Dublin II-Verordnung sieht im Gegensatz zu der Dublin III-Verordnung keine Fristen für das Wiederaufnahmeersuchen in dem Fall, dass der Asylbewerber in dem ersten Mitgliedstaat bereits einen Asylantrag gestellt hatte, vor. Es handelt sich hierbei auch nicht um eine Regelungslücke, die durch eine analoge Anwendung der für das Aufnahmeersuchen in dem Fall, dass der Asylbewerber im ersten Mitgliedstaat noch keinen Asylantrag gestellt hat, geltenden Frist nach Artikel 17 Abs. 1 Dublin II-Verordnung oder - wie der Prozessbevollmächtigte des Klägers meint - durch ungeschriebene Rechtsgrundsätze zu schließen wäre. Dass die in Artikel 17 Abs. 1 bestimmte Frist für die Unterbreitung des Aufnahmeersuchens an den für zuständig erachteten Mitgliedstaat nicht auf die in sich geschlossene Regelung zu den Modalitäten der Wiederaufnahme in Artikel 20 Dublin II-Verordnung übertragen werden kann, ergibt sich bereits aus der Überschrift des Kapitel V sowie Artikel 16 Abs. 1 Dublin II-Verordnung, die zwischen der Aufnahme (Artikel 16 Abs. 1 Buchst. a: „... nach Maßgabe der Artikel 17 bis 19 ...") und der Wiederaufnahme (Artikel 16 Abs. 1 Buchst. c bis e: „... nach Maßgabe des Artikels 20 ...") von Asylbewerbern unterscheiden. Artikel 20 Abs. 1 Dublin II-VO enthält in Buchst. b und c eine Frist- und Fiktionsregelung nur für den um Wiederaufnahme ersuchten Mitgliedstaat. Einen Zuständigkeitsübergang auf den ersuchenden Mitgliedstaat sieht Artikel 20 Abs. 2 Satz 1 Dublin-II-VO nur für den Fall vor, dass die Überstellung nicht innerhalb bestimmter Fristen durchgeführt wird. Diese Regelungen lassen keine Lücke erkennen, die durch eine analoge Heranziehung der Fristbestimmung des Artikel 17 Abs. 1 Satz 2 Dublin II-Verordnung (BVerwG, Beschluss vom 15.04.2014 – 10 B 17.14 –, juris Rn. 13) oder ungeschriebene Rechtsgrundsätze, wie dem vom Prozessbevollmächtigten des Klägers angeführten “Beschleunigungsgrundsatz“, zu schließen wäre. Im Übrigen erscheint ein Zeitablauf von ca. 8 Monaten zwischen dem Asylantrag und dem Wiederaufnahmeersuchen auch nicht derart lang, dass dies dem Sinn und Zweck der Dublin II-Verordnung zuwiderliefe.
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Soweit der Prozessbevollmächtigte des Klägers in der mündlichen Verhandlung ferner angeführt hat, dass der Kläger nicht gemäß Artikel 3 Abs. 4 Dublin II-Verordnung belehrt worden sei, ist dies unzutreffend, da dem Kläger eine Belehrung gemäß Artikel 3 Abs. 4 Dublin II-Verordnung im Rahmen der ersten Anhörung am 8. März 2013 ausgehändigt worden ist. Die Aushändigung einer Durchschrift dieser Belehrung ist von dem Kläger und dessen Dolmetscher mit deren Unterschrift bestätigt worden (Bl. 18 und 18 Rückseite der Beiakte 001). Im Übrigen ist nicht ersichtlich und von dem Prozessbevollmächtigten des Klägers auch nicht dargelegt worden, dass ein Fehler bei der Belehrung gemäß Art. 3 Abs. 4 der Dublin II-Verordnung zum Zuständigkeitsübergang und zur Rechtswidrigkeit der Ablehnung des Asylantrags als unzulässig im angefochtenen Bescheid führen würde. Weitergehende Belehrungspflichten bestehen entgegen der Ansicht des Prozessbevollmächtigten des Klägers nach der Dublin II-Verordnung nicht.
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Italien ist gemäß Artikel 16 Abs. 1 Buchst. c, 20 Abs. 1 Buchst. b Satz 2 und c Dublin II-Verordnung auch verpflichtet, den in die Bundesrepublik Deutschland eingereisten Kläger wiederaufzunehmen. Denn Italien hat auf das Wiederaufnahmeersuchen der Beklagten vom 27. November 2013 nicht innerhalb der hier geltenden (verkürzten) Frist von zwei Wochen geantwortet, so das gemäß Artikel 20 Abs. 1 Buchst. c Dublin II-Verordnung davon ausgegangen wird, dass Italien die Wiederaufnahme des Asylbewerbers akzeptiert.
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Da der Kläger im vorläufigen Rechtsschutzverfahren mit Beschluss des Verwaltungsgerichts Braunschweig vom 12. Februar 2014 - 7 B 60/14 - die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen die Abschiebungsanordnung erwirkt hat, hat die Frist von sechs Monaten im Sinne des Artikel 20 Abs. 1 Buchst. d Satz 2 Dublin II-Verordnung für die Überstellung des Klägers nach Italien noch nicht zu laufen begonnen, so dass die Zuständigkeit zur Prüfung des Asylantrags nicht gemäß Artikel 20 Abs. 2 Satz 1 Dublin II-Verordnung auf die Beklagte übergegangen ist.
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3. Die Beklagte ist auch nicht gemäß Artikel 3 Abs. 2 Satz 1 Dublin II-Verordnung im Wege der Ermessensreduzierung auf Null zum sogenannten Selbsteintritt verpflichtet, weil in Italien keine systemischen Mängel im Asylverfahren und in den Aufnahmebedingungen bestehen, welche die Zuständigkeit der Beklagten begründen. Denn es sind keine hinreichenden Gründe für die Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Artikel 4 EUGrCh bzw. dem übereinstimmenden Artikel 3 EMRK bei Rückkehr nach Italien feststellbar (vgl. EuGH, Urteil vom 21.12.2011 – C-411/10 und C-493/10 –, juris Rn. 106).
- 33
Bei der Prüfung, ob Italien hinsichtlich der Behandlung von rücküberstellten Asylsuchenden gegen Artikel 3 EMRK verstößt, ist ein strenger Maßstab anzulegen (vgl. Senatsurteil vom 29.01.2018 – 10 LB 82/17 –, juris Rn. 28). Denn Italien unterliegt als Mitgliedstaat der Europäischen Union deren Recht und ist den Grundsätzen einer gemeinsamen Asylpolitik sowie den Mindeststandards des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems verpflichtet. Das Gemeinsame Europäische Asylsystem beruht auf dem Prinzip gegenseitigen Vertrauens, dahingehend, dass alle daran beteiligten Staaten die Grundrechte sowie die Rechte beachten, die ihre Grundlage in der Genfer Flüchtlingskonvention und in der Europäischen Menschenrechtskonvention finden. Daraus hat der Europäische Gerichtshof die Vermutung abgeleitet, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem Mitgliedstaat in Einklang mit den Erfordernissen der Grundrechte-Charta sowie mit der Genfer Flüchtlingskonvention und der Europäischen Menschenrechtskonvention steht (EuGH, Urteil vom 21.12.2011 – C-411/10 und C-493/10 –, juris Rn. 80). Diese Vermutung ist zwar nicht unwiderleglich. Eine Widerlegung der Vermutung hat der Europäische Gerichtshof aber wegen der gewichtigen Zwecke des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems an hohe Hürden geknüpft: Nicht jede drohende Grundrechtsverletzung oder geringste Verstöße gegen die Aufnahmerichtlinie 2013/33/EU (ABl. 2013, L 180/96), die Qualifikationsrichtlinie 2011/95/EU (ABl. 2011, L 337/9) oder die Verfahrensrichtlinie 2013/32/EU (ABl. 2013, L 180/60) genügen, um die Überstellung eines Asylbewerbers an den normalerweise zuständigen Mitgliedstaat zu vereiteln. Ist hingegen ernsthaft zu befürchten, dass die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber im zuständigen Mitgliedstaat systemische Mängel aufweisen, die eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung der an diesen Mitgliedstaat überstellten Asylbewerber im Sinne von Artikel 4 der EUGrCh bzw. Artikel 3 EMRK zur Folge haben, ist eine Überstellung mit dieser Bestimmung unvereinbar (vgl. BVerwG, Beschluss vom 19.03.2014 – BVerwG 10 B 6.14 –, juris Rn. 6).
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Für das in Deutschland – im Unterschied zu anderen Rechtssystemen – durch den Untersuchungsgrundsatz (§ 86 Abs. 1 VwGO) geprägte verwaltungsgerichtliche Verfahren hat das Kriterium der systemischen Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union Bedeutung für die Gefahrenprognose im Rahmen des Artikel 4 EUGrCh bzw. Artikel 3 EMRK. Der Tatrichter muss sich zur Widerlegung der auf dem Prinzip gegenseitigen Vertrauens unter den Mitgliedstaaten gründenden Vermutung, die Behandlung der Asylbewerber stehe in jedem Mitgliedstaat in Einklang mit den Erfordernissen der Grundrechte-Charta sowie mit der Genfer Flüchtlingskonvention und der Europäischen Menschenrechtskonvention, die Überzeugungsgewissheit (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) verschaffen, dass der Asylbewerber wegen systemischer Mängel des Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen in dem eigentlich zuständigen Mitgliedstaat mit beachtlicher, d.h. überwiegender, Wahrscheinlichkeit (vgl. BVerwG, Urteil vom 27.04.2010 – BVerwG 10 C 5.09 –, juris Rn. 22 m.w.N.) einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt wird. Dies entspricht dem Maßstab des „real risk“ in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (vgl. EGMR, Große Kammer, Urteil vom 28.02.2008 – Nr. 37201/06, Saadi –, juris Rn. 129; BVerwG, Urteil vom 20.02.2013 – BVerwG 10 C 23/12 –, NVwZ 2008, S. 1330; juris Kurztext). Die Fokussierung der Prognose auf systemische Mängel ist dabei, wie sich aus den Erwägungen des Gerichtshofs zur Erkennbarkeit der Mängel für andere Mitgliedstaaten ergibt (EuGH, Urteil vom 21.12.2011 – C-411/10 und C-493/10 –, juris Rn. 88 bis 94), Ausdruck der Vorhersehbarkeit solcher Defizite, weil sie im Rechtssystem des zuständigen Mitgliedstaates angelegt sind oder dessen Vollzugspraxis strukturell prägen. Solche Mängel treffen den Einzelnen in dem zuständigen Mitgliedstaat nicht unvorhersehbar oder schicksalhaft, sondern lassen sich aus Sicht der deutschen Behörden und Gerichte wegen ihrer systemimmanenten Regelhaftigkeit verlässlich prognostizieren. Die Widerlegung der oben genannten Vermutung aufgrund systemischer Mängel setzt deshalb voraus, dass das Asylverfahren oder die Aufnahmebedingungen im zuständigen Mitgliedstaat aufgrund größerer Funktionsstörungen regelhaft so defizitär sind, dass anzunehmen ist, dass dort auch dem Asylbewerber im konkret zu entscheidenden Einzelfall mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht (BVerwG, Beschluss vom 19.03.2014 – BVerwG 10 B 6.14 –, juris Rn. 9).
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Das erfordert eine aktuelle Gesamtwürdigung der zur jeweiligen Situation vorliegenden Berichte und Stellungnahmen, wobei regelmäßigen und übereinstimmenden Berichten von internationalen Nichtregierungsorganisationen besondere Bedeutung zukommt (BVerfG, Beschluss vom 21.04.2016 – 2 BvR 273/16 –, juris Rn. 11; vgl. auch EuGH, Urteil vom 21.12.2011, – C-411/10 und C-493/10 –, juris Rn. 90 f.). Das gilt insbesondere für die Stellungnahmen des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen (im Folgenden: UNHCR) angesichts der Rolle, die diesem in Hinblick auf die Überwachung der Einhaltung der Genfer Flüchtlingskonvention (vgl. dort Artikel 35) übertragen worden ist (vgl. EuGH, Urteil vom 30.05.2013 – C-528/11 –, juris Rn. 44).
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Zur Bestimmung der wesentlichen Kriterien für das Vorliegen einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ist auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zu dem mit Artikel 4 EUGrCh übereinstimmenden Artikel 3 EMRK zurückzugreifen (vgl. Senatsurteil vom 29.01.2018 – 10 LB 82/17 – juris Rn. 31; Niedersächsisches OVG, Urteil vom 25.06.2015 – 11 LB 248/14 –, juris Rn. 43; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 07.03.2014 – 1 A 21/12.A –, juris Rn. 112). Eine Behandlung ist unmenschlich, wenn sie absichtlich über Stunden erfolgt und entweder tatsächliche körperliche Verletzungen oder schwere körperliche oder psychische Leiden verursacht. Als erniedrigend ist eine Behandlung dann anzusehen, wenn sie eine Person demütigt oder herabwürdigt und fehlenden Respekt für ihre Menschenwürde zeigt oder diese herabmindert oder wenn sie Gefühle der Furcht, Angst oder Unterlegenheit hervorruft, die geeignet sind, den moralischen oder psychischen Widerstand der Person zu brechen (EGMR, Urteil vom 21.01.2011 – 30696/09 –, M.S.S./Belgium and Greece, NVwZ 2011, S. 413, juris Rn. 220). Die Behandlung bzw. Misshandlung muss dabei, um in den Schutzbereich des Artikel 3 EMRK zu fallen, einen Mindestgrad an Schwere erreichen. Dessen Beurteilung ist allerdings relativ, hängt also von den Umständen des Falles ab, insbesondere von der Dauer der Behandlung und ihren physischen und psychischen Auswirkungen sowie mitunter auch vom Geschlecht, Alter und Gesundheitszustand des Opfers (EGMR, Urteil vom 21.01.2011, a.a.O., juris Rn. 219).
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Im Hinblick auf die Situation rücküberstellter Schutzsuchender ist ferner zu beachten, dass Artikel 3 EMRK die Vertragsstaaten nicht aus sich heraus dazu verpflichtet, jedermann in ihrem jeweiligen Hoheitsgebiet mit einer Wohnung zu versorgen und Flüchtlingen finanzielle Unterstützung zu gewähren oder ihnen einen bestimmten Lebensstandard zu ermöglichen. Artikel 3 EMRK ist im Kern ein Abwehrrecht gegen unwürdiges Staatsverhalten im Sinne eines strukturellen Versagens bei dem durch den Vertragsstaat zu gewährenden angemessenen materiellen Mindestniveau und weniger ein individuelles Leistungsrecht einzelner Personen auf bestimmte materielle Lebens- und Sozialbedingungen. Asylsuchende müssen sich deshalb auf den für alle italienischen Staatsangehörigen vorhandenen Lebensstandard verweisen lassen (so auch OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 31.08.2016 – 3 L 94/16 –, juris Rn. 9 und 11). Durch Missstände im sozialen Bereich wird die Eingriffsschwelle von Artikel 3 EMRK bzw. Artikel 4 EUGrCh mithin nur unter strengen Voraussetzungen überschritten (Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 10.03.2017 – 2 ME 63/17 –). Es ist aber jedenfalls mit Artikel 3 EMRK unvereinbar, wenn sich ein Asylbewerber, der von staatlicher Unterstützung vollständig abhängig ist und sich in einer gravierenden Mangel- oder Notsituation befindet, staatlicher Gleichgültigkeit ausgesetzt sieht (vgl. EGMR, Urteil vom 21.12.2011, a.a.O., Rn. 53).
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Zusammenfassend liegt eine ernsthafte Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung i.S.v. Artikel 4 EUGrCh bzw. Artikel 3 EMRK (insbesondere) vor, wenn im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung mit Blick auf das Gewicht und Ausmaß einer drohenden Beeinträchtigung dieses Grundrechts mit einem beachtlichen Grad von Wahrscheinlichkeit die reale, nämlich durch eine hinreichend gesicherte Tatsachengrundlage belegte Gefahr besteht, dass der Betroffene in dem Mitgliedstaat, in den er überstellt werden soll, wegen einer grundlegend defizitären Ausstattung mit den notwendigen Mitteln elementare Grundbedürfnisse des Menschen (wie z.B. Unterkunft, Nahrungsaufnahme und Hygienebedürfnisse) - im Unterschied zu den Staatsangehörigen des betreffenden Mitgliedstaats - nicht in einer noch zumutbaren Weise befriedigen kann (Senatsurteil vom 29.01.2018 – 10 LB 82/17 –, juris Rn. 34; vgl. ferner Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 20.12.2016 – 8 LB 184/15 –, juris Rn. 36) und der betreffende Mitgliedstaat dem mit Gleichgültigkeit begegnet, weil er auf die gravierende Mangel- und Notsituation nicht mit (geeigneten) Maßnahmen reagiert (Senatsurteil vom 29.01.2018 – 10 LB 82/17 – juris Rn. 32 und 40).
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a) Nach diesen strengen Maßstäben bestehen in Italien aktuell keine grundlegenden Defizite im Hinblick auf das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen, die in ihrer Gesamtheit betrachtet zur Überzeugung des erkennenden Senats die Annahme rechtfertigen, dass dem Kläger bei einer Abschiebung nach Italien mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung i.S.v. Artikel 4 EUGrCh bzw. Artikel 3 EMRK droht (ebenfalls eine drohende Verletzung von Artikel 3 EMRK für Dublin-Rückkehrer, die in Italien noch keinen Asylantrag gestellt haben, verneinend: OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 21.06.2016 – 13 A 569/16.A –, juris Rn. 48 ff. und 67; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 16.04.2014 – A 11 S 1721/13 –, juris Rn. 43 ff.; VG Minden, Urteil vom 09.01.2018 – 10 L 1755/17.A –, juris Rn. 36; VG Augsburg, Beschluss vom 20.11.2017 – Au 5 S 17.50401 –, juris Rn.25 und 31 ff.; VG München, Beschluss vom 07.11.2017 – M 9 S 17.52825 –, juris Rn. 32 ff.; VG Köln, Beschluss vom 03.11.2017 – 4 L 3909/17.A –, juris Rn. 10; eine drohende Verletzung von Artikel 3 EMRK für Dublin-Rückkehrer, die in Italien bereits einen Asylantrag gestellt haben, verneinend: OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 21.06.2016 – 13 A 569/16.A –, juris Rn. 67; Niedersächsisches OVG, Urteil vom 25.06.2015 – 11 LB 248/14 –; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 16.04.2014 – A 11 S 1721/13 –, juris Rn. 43 ff.; Bayerischer VGH, Urteil vom 28.02.2014 – 13a B 13.30295 –, juris Rn. 41 ff.; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 21.02.2014 – 10 A 10656/13 –, juris Rn. 41 ff.; VG Braunschweig, Urteil vom 26.09.2017 – 7 A 338/16 –, juris Rn. 34 ff.; eine drohende Verletzung von Artikel 3 EMRK für Dublin-Rückkehrer allgemein verneinend: VG Kassel, Beschluss vom 14.12.2017 – 1 L 5736/17.KS.A –, juris Rn. 10; VG Greifswald, Beschluss vom 09.11.2017 – 6 B 2052/17 As HGW –, juris Rn. 9 ff.; eine drohende Verletzung von Artikel 3 EMRK für Dublin-Rückkehrer, die in Italien noch keinen Asylantrag gestellt haben, bejahend: VG Hannover, Urteil vom 03.01.2018 – 10 A 8593/17 –, V.n.b.).
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aa) Dublin-Rückkehrer, deren Asylverfahren in Italien noch nicht abgeschlossen sind, haben im Rahmen der – möglichen – Fortführung ihres Asylverfahrens einen mit den Vorgaben aus Artikel 17 Abs. 1 i. V. m. Artikel 2 g Aufnahmerichtlinie übereinstimmenden durchsetzbaren Unterkunftsanspruch. Ihnen droht nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit Obdachlosigkeit, weil sie auch faktisch in der Regel einen Zugang zu Wohnraum haben.
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Unterkünfte im (staatlichen) Unterkunftssystem stehen Dublin-Rückkehrern nach der Ankunft in hinreichender Zahl zur Verfügung (Bundesamt, Länderinformation Italien, Stand: Mai 2017, S. 2):
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Laut MÈDECINS SANS FRONTIÈRES („Ärzte ohne Grenzen“ – im Folgenden: MSF –) bestanden am 31. Dezember 2017 für Asylsuchende – einschließlich Dublin-Rückkehrern – und anerkannt Schutzberechtigte insgesamt knapp über 180.000 Plätze zur Verfügung (MSF, Stand: 08.02.2018, „OUT of sight“ – Second edition). Das Bundesamt und Asylum Information Database (im Folgenden: AIDA) gehen von einer Gesamtkapazität von insgesamt 175.734 Plätzen aus (Bundesamt, Stand Mai 2017; AIDA 2017: Country Report: Italy, 2016 Update, http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_it_2016update.pdf, S. 69). Diese verteilen sich auf das in Italien eingerichtete Erst- und Zweitaufnahmesystem zur Unterbringung von Schutzsuchenden einschließlich Dublin-Rückkehrern sowie auf die Notfallzentren CAS („Centri die accoglienza straordinaria“).
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Das Erstaufnahmesystem besteht aus den CDA („Centro di accoglienza“) und den „Centri governativi di prima accoglienza“ (ehemals CARA). Diese Erstaufnahmeeinrichtungen verfügen über eine Kapazität von insgesamt 14.694 Plätzen (AIDA 2017: Country Report: Italy, Update 2016, S. 69). Gemäß Gesetzesdekret 142/2015 werden die Erstaufnahmeeinrichtungen durch öffentliche und private Träger betrieben. Insgesamt waren diese Anfang 2017 mit 14.290 Personen belegt (AIDA, Country Report: Italy, Update 2016, S. 70).
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Das SPRAR („Sistema di Protezione per Richiedenti Asilo e Rifugiati“) bildet das Zweitaufnahmesystem mit einer Kapazität von 31.313 Plätzen (Schweizerische Flüchtlingshilfe – im Folgenden: SFH –, E-Mail vom 12.09.2017 an das VG Hannover, S. 1). Bei den SPRAR handelt es sich um eine dezentrale und auf lokaler Ebene organisierte (Zweit-)Unterbringung mit dem Ziel der Teilhabe am kommunalen Leben. Die Unterbringung ist von Unterstützungs- und Integrationsmaßnahmen (Rechtsberatung, Sprachvermittlung, psychosoziale Unterstützung, Taschengeld je nach SPRAR-Projekt zwischen 1,50 Euro/Tag und 3 Euro/Tag) begleitet (Bundesamt, Länderinformation Italien, Stand: Mai 2017, S. 1 und 2). Das Zweitaufnahmesystem (SPRAR) besteht zu einem Großteil aus Wohnungen (82 Prozent der zur Verfügung stehenden Unterbringungsmöglichkeiten im Zweitaufnahmesystem), kleineren Aufnahmeeinrichtungen (12 Prozent der zur Verfügung stehenden Unterbringungsmöglichkeiten im Zweitaufnahmesystem) und Gemeinschaftshäusern (6 Prozent der zur Verfügung stehenden Unterbringungsmöglichkeiten im Zweitaufnahmesystem; AIDA, Country Report: Italy, Update 2016, S. 70). Zum 24. Januar 2017 (noch vor der Erhöhung der Kapazität) waren ca. 25.934 Personen im Zweitaufnahmesystem untergebracht (AIDA, Country Report: Italy, Update 2016, S. 71). Das SPRAR-System wird als Erfolgsmodell gelobt, das noch weiter ausgebaut werden sollte (Bundesamt, Länderinformation: Italien, Stand: Mai 2017, S. 2). Dies ist im letzten Jahr geschehen, indem Italien die SPRAR-Plätze um 10.000 Plätze auf nunmehr 31.313 Plätze erhöht hat (SFH, E-Mail vom 12.09.2017 an das VG Hannover, S. 1, 2; AIDA 2017: Country Report: Italy, Update 2016, S. 71).
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Neben den Unterkünften des Erst- und Zweitaufnahmesystems stehen für Schutzsuchende ferner Notfallzentren, die CAS, zur Aufnahme bereit. Anfang des Jahres 2017 bestand eine Gesamtkapazität von 137.218 Plätzen (AIDA 2017: Country Report: Italy, Update 2016, S. 69). Die Notfallzentren sind nicht nur auf die Erstaufnahme von Schutzsuchenden ausgerichtet, sondern dienen auch im Notfall als Reserve im Rahmen der Zweitaufnahme. Gegenwärtig werden die Notfallzentren zu diesen Zwecken herangezogen (AIDA 2017, Country Report: Italy, Update 2016, S. 71). Sie sind aufgrund der hohen Ankunftszahlen praktisch in das normale Aufnahmesystem integriert und haben somit ihren Charakter als Notfallzentren verloren. Bis Ende des Jahres 2016 waren 75 Prozent der Schutzsuchenden in solchen Notfallzentren untergebracht (AIDA 2017, Country Report: Italy, Update 2016, S. 72). Laut MSF sind dort derzeit mehr als 150.000 Migranten untergebracht (MSF, Stand: 08.02.2018). In den Notfallzentren erfolgt eine Versorgung und Unterstützung durch Nahrung, Taschengeld bzw. Gutscheine in Höhe von 2,50 Euro/Tag (bis zu 7,50 Euro/Tag für Familien), Gesundheitsversorgung, Hygieneartikel, Telefonkarte und Asylberatung (Bundesamt, Länderinformation Italien, Stand: Mai 2017).
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Werden die für die einzelnen Unterkunftsarten ausgewiesenen Unterkunftskapazitäten (14.694 Plätze in den CDA, 31.313 Plätze in den SPRAR und 137.218 Plätze in den CAS) zusammengezählt, ergibt sich eine Gesamtkapazität von 183.225 Plätzen im (staatlichen) Unterkunftssystem. Nach den oben wiedergegebenen Angaben von MSF sind aber in den Notfallzentren tatsächlich mehr Personen untergebracht, nämlich mehr als 150.000 Migranten, während das Erstaufnahmesystem mit 14.290 Personen jedenfalls Anfang 2017 nicht vollständig ausgelastet war. Ausgehend von diesen tatsächlichen Belegungszahlen lebten im Jahr 2017 195.603 Personen im (staatlichen) Unterkunftssystem. Dies stimmt nahezu überein mit den Angaben im Integrationsplan von Oktober 2017 (Nationaler Integrationsplan, FOR PERSONS ENTITLED TO INTERNATIONAL PROTECTION, October 2017, S. 12). Danach lebten am 31. August 2017 196.285 Menschen im Aufnahmesystem („were present in the national migrants reception system“).
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Aus diesen Zahlen ergibt sich zwar eine gewisse Überbelegung im (staatlichen) Unterkunftssystem im Umfang von ca. 13.000 Personen. Aus dieser im Vergleich zu der Gesamtkapazität des staatlichen Unterkunftssystems relativ geringen Zahl kann jedoch nach Auffassung des Senats keineswegs auf systemische Mängel in den Aufnahmebedingungen für Dublin-Rückkehrer geschlossen werden.
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Auch wenn die Zahl der im Asylverfahren befindlichen Migranten in den Blick genommen wird, ist ein evidentes Missverhältnis zwischen den vorhandenen Unterkunftskapazitäten von über 182.000 Plätzen (im Jahr 2017) zu den benötigten Kapazitäten nicht feststellbar (a.A. VG Hannover, Urteil vom 03.01.2018 – 10 A 8593/17 –, S. 6 ff. des Urteilsabdrucks, V.n.b.). Ausgehend davon, dass die Mindestanforderungen des Artikel 3 EMRK und Artikel 4 EUGrCh nur für diejenigen gelten, die in Italien überhaupt einen Asylantrag stellen und somit das italienische Asylsystem in Anspruch nehmen, kommt es nicht auf die Anzahl der tatsächlich „eingereisten“ Migranten an. Denn für die nach Italien Einreisenden, die ohne Asylantragstellung illegal in Italien verweilen oder direkt in andere EU-Mitgliedsstaaten weiterreisen, besteht kein Anspruch auf einen Unterkunftsplatz. Vielmehr ist der Bedarf an Unterkunftsplätzen anhand der im Asylverfahren befindlichen Migranten zu ermitteln. Dafür ist von der Anzahl der Asylanträge die Anzahl der abgeschlossenen Asylverfahren abzuziehen. Laut dem Statistischen Amt der Europäischen Gemeinschaften – im Folgenden: Eurostat – sind im Jahr 2013 26.620 Asylanträge, im Jahr 2014 64.625 Asylanträge, im Jahr 2015 83.540 Asylanträge und im Jahr 2016 122.960 Asylanträge gestellt worden, d.h. insgesamt 297.745 Asylanträge. Davon sind die im Zeitraum 2013 bis 2016 in Italien anerkannten Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigten abzuziehen, um die Anzahl der derzeit noch im Asylverfahren befindlichen Migranten ermitteln zu können. Laut Eurostat hat Italien 2013 insgesamt 23.565 Flüchtlinge, 2014 insgesamt 35.180 Flüchtlinge, 2015 insgesamt 71.345 Flüchtlinge und 2016 89.875 Flüchtlinge bzw. subsidiär Schutzberechtigte anerkannt, d.h. im gesamten Zeitraum 219.965 Schutzberechtigte. Dies ergibt einen Bedarf an 77.780 Plätzen zuzüglich der im Jahr 2017 gestellten und noch laufenden Asylverfahren. Nach Eurostat sind im Jahr 2017 insgesamt 128.855 Asylanträge gestellt und 78.235 Asylverfahren abgeschlossen worden (Eurostat, First instance decisions on applications by citizenship, age and sex Annual aggregated data -rounded-, Stand: 02/2018; Eurostat, Asylum and first time asylum applicants - monthly data -rounded-), so dass noch 50.620 Asylverfahren im Jahr 2017 offen sind. Das ergibt eine Gesamtzahl an noch nicht abgeschlossenen Asylverfahren von etwa 128.400. Auch wenn bei der Ermittlung des Gesamtbedarfs an Unterkunftsplätzen noch die unbekannte Zahl von anerkannten Schutzberechtigten, die noch für 6 Monate einen Anspruch auf Unterbringung im SPRAR haben (SFH, E-Mail vom 12.09.2017 an das VG Hannover), hinzuzurechnen ist – nach dem oben genannten Integrationsplan von Oktober 2017 lebten am 31. August 2017 insgesamt 196.285 Menschen im Aufnahmesystem –, springt auch auf dieser Berechnungsgrundlage ein evidenter Kapazitätsengpass jedenfalls nicht ins Auge.
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Der Integrationsplan weist ferner noch darauf hin, „es ist wichtig zu berücksichtigen, dass in den vergangenen Monaten weniger Migranten eingereist sind“ (Nationaler Integrationsplan, FOR PERSONS ENTITLED TO INTERNATIONAL PROTECTION, October 2017, S. 12). Auch aus der Presseberichterstattung über die Unterbringung von Schutzsuchenden ab August 2017 ergibt sich ein deutlicher Rückgang der Flüchtlingszahlen in den letzten Monaten, die zu einer Entspannung der Unterbringungslage in Italien führen könnte. Folgendes führt bspw. die „Süddeutsche Zeitung“ aus (Süddeutsche Zeitung, Meiler, „Wo sind sie?“, 16.08.2017):
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„Zero, null. Es gibt nun plötzlich Tage, da kommen keine neuen Flüchtlinge an in den Häfen von Sizilien, Kalabrien und Kampanien. Gar keine. Es sind Tage ohne Bilder von müden, aber glücklichen Menschen zumeist aus dem Westen Afrikas und aus Bangladesch, die ihre gefährliche Reise übers zentrale Mittelmeer nach Italien, dieses letzte Wegstück in ein neues Leben, überstanden haben und eingehüllt in goldene Schutzfolie aus Aluminium von Bord geführt werden. Im August gab es bisher schon fünf solcher Tage, es waren die ersten seit Beginn des Jahres. In den vergangenen zwei Monaten ist die Zahl der Neuankömmlinge dermaßen markant zurückgegangen, dass Italiens Medien bereits von einer Trendwende sprechen und sie mit bunten Grafiken illustrieren. Alle Kurven zeigen nach unten. Die Zahlen dazu stammen vom italienischen Innenministerium und vom europäischen Grenzschutzkorps Frontex und stimmen überein. Im Juli kamen demnach 10423 Flüchtlinge über das zentrale Mittelmeer nach Italien, das sind weniger als halb so viele wie ein Jahr zuvor. Im August ist die Abnahme noch deutlicher: Bis Montag zählten die Italiener nur 2080 Ankünfte, während es vor einem Jahr im selben Zeitraum 21294 gewesen waren. Minus 90 Prozent. Natürlich könnte man denken, der Rückgang sei ein Zufall, zum Beispiel dem schlechten Wetter geschuldet oder einer zwischenzeitlichen Organisationsschwäche der lybischen Schleuserbanden. Und vielleicht nehmen der Zahlen auch sehr bald wieder zu. Doch da die Trendwende im Sommer eingesetzt hat, wenn die See ruhiger und die Zahl der Überfahrten normalerweise besonders hoch ist, werden andere Erklärungen herangezogen. Sie sind umso interessanter, als 2017 als Rekordjahr angekündigt worden war. Bisher hieß es immer, man erwarte weit mehr als 200.000 Migranten. Nun ist sogar möglich, dass in diesem Jahr insgesamt weniger Flüchtlinge Italien erreichen werden als 2016. Derzeit, Stand 14. August, sind es 4,5 Prozent weniger.“
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Die darin beschriebene deutliche Verringerung der Ankunftszahlen in den letzten Monaten wird durch die Angaben des italienischen Innenministeriums bestätigt. Die online-Zeitung „derStandard.de“ berichtet, dass im Januar und Februar 2018 insgesamt 4.731 Migranten über das Meer eingetroffen seien. Das seien 49,9 Prozent weniger als im Vergleichszeitraum 2017. Es handele sich um Zahlen des italienischen Innenministeriums (https://www.derstandard.de/story/2000074198813/fluechtlinge-50-prozent-weniger-ankuenfte-in-italien-im-jahr-2018). Der UNHCR berichtet, dass bis zum 12. März 2018 5.939 Personen über das Mittelmeer gekommen seien (UNHCR, http://data2.unhcr.org/en/situations/mediterranean). Im Januar seien 4.190 Personen über das Meer in Italien angekommen (UNHCR, https://data2.unhcr.org/en/documents/download/62184). Diese Zahlen sind jeweils deutlich rückläufig im Vergleich zu den Vorjahren. Unter Berücksichtigung dieser Entwicklung geht der Bedarf an Unterbringungsplätzen daher tendenziell zurück.
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Doch selbst wenn man unterstellt, die in Italien aktuell vorhandenen Kapazitäten zur Unterbringung von Asylbewerbern reichten derzeit oder in naher Zukunft nicht aus, ergäbe sich daraus nach Auffassung des erkennenden Senats noch kein systemisches, die Grenze zur drohenden Verletzung der Rechte aus Artikel 4 EUGrCh und Artikel 3 EMRK überschreitendes Versagen des Staates. Denn diese Rechte verpflichten die Staaten weder, eine absolut bestimmbare Mindestanzahl von Unterkünften zur Verfügung zu stellen, noch dazu, rein vorsorglich Unterkunftskapazitäten im Umfang einer "Spitzenbelastung" vorzuhalten (OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 21.06.2016 – 13 A 569/16.A –, juris Rn. 90).
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Nach den vorliegenden Erkenntnissen reagiert Italien jedenfalls inzwischen flexibel auf den Zustrom. Das System ist durch die kurze Auftragsdauer für die temporären CAS-Zentren (Ausschreibung alle sechs Monate) sehr flexibel in Bezug auf Schwankungen. Ferner waren unter dem Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds der EU verschiedene Projekte ausgeschrieben, die auch die Unterbringung von Asylbewerbern umfassten. Vor allem hat der italienische Staat die Zahl der Unterkunftsplätze im (staatlichen) Unterkunftssystem in den Jahren von 2015 bis 2017 erheblich erhöht, nämlich nahezu verdreifacht. Denn Ende Februar 2015 waren lediglich 67.128 Plätze vorhanden, davon 9.504 im Erstaufnahmesystem, 20.596 im SPRAR-System und 37.028 in den Notfallzentren (Schweizerische Flüchtlingshilfe vom 23.04.2015, Anfragebeantwortung an VG Schwerin, S. 2; Auswärtiges Amt vom 25.03.2015, Anfragebeantwortung an VG Schwerin, S. 2), nunmehr bestehen 183.225 Plätze im Unterkunftssystem.
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Hiervon ausgehend ist die – nach den oben dargestellten neueren Zahlen ohnehin nicht begründete – Erwartung, dass künftig zunehmend mehr Flüchtlinge den Weg über das Mittelmeer suchen und in Italien die Grenze zur EU überschreiten werden, nicht ausreichend, um systemische Mängel anzunehmen. Die Schwelle zur unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung durch Italien würde erst dann überschritten, wenn – was hier nicht der Fall ist – absehbar wäre, dass auf eine erhöhte Zahl von Einwanderern keinerlei Maßnahmen zur Bewältigung dieses Problems ergriffen würden und der italienische Staat mit Gleichgültigkeit die Obdachlosigkeit eines erheblichen Teils der Migranten hinnimmt (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 21.06.2016 – 13 A 569/16.A –, juris Rn. 90 ff.; vgl. auch VG München, Beschluss vom 07.11.2017 – M 9 S 17.52825 –, juris Rn. 39;).
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Systemische Mängel, die eine Verletzung der Rechte aus Artikel 4 EUGrCh und Artikel 3 EMRK begründen könnten, ergeben sich auch nicht aus der Situation, die Asylsuchende bei ihrer Rückkehr nach Italien konkret zu erwarten haben:
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Es mag zwar immer wieder vorkommen, dass Asylsuchende während der Bearbeitung ihres Asylantrags in Italien auf sich allein gestellt und zum Teil auch obdachlos sind. So gibt es Berichte, dass alleinstehende Dublin-Rückkehrer oder Dublin-Rückkehrer, die ohne Garantien nach Italien überstellt wurden, in den meisten Fällen keine Unterstützung von den Organisationen am Flughafen erhielten und sich mindestens die erste Zeit ohne Unterkunft durchschlagen mussten (SFH, E-Mail vom 12.09.2017 an das VG Hannover). Auch gibt es Berichte, wonach Dublin-Rückkehrer zumindest nicht in allen Fällen eine staatliche Unterkunft erhielten. The inside story on emergencies (im Folgenden: IRIN) berichtet von einem aus Deutschland überstellten, verletzten und behandlungsbedürftigen Syrer, dem Polizisten bei der Ankunft in Mailand gesagt hätten, er solle auf der Straße schlafen. Auch ein aus Frankreich überstellter palästinensischer Flüchtling, der „einfach auf der Straße gelassen“ worden sei, wird in dem Bericht erwähnt. Ein solches Verhalten der Polizei gegenüber Rückkehrern sei nicht ungewöhnlich. Es sei im Wesentlichen Glückssache, ob und wie viel Unterstützung Rückkehrer erhielten (IRIN, 11/2017, „How a fingerprint can change asylum seeker`s life“). Die Zeitung „Zeit“ berichtet ebenfalls von einem rückgeführten Asylbewerber, der anschließend auf der Straße lebte (Zeit Online, „An der Grenze des Rechts“, 08.10.2017). Von den vulnerablen Dublin-Rückkehrern, die Dutch Council for Frefugees (im Folgenden: DRF) und SFH für einen Bericht beobachteten, wurde keiner nach der Ankunft unmittelbar in ein SPRAR geschickt. Die Behandlung nach Ankunft sei als willkürlich empfunden worden. In vielen Fällen sei erst durch das Eingreifen der genannten Organisationen überhaupt eine Unterkunft zur Verfügung gestellt worden (SFH/DRC, „Is Mutual Trust Enough? The situation of persons with special reception needs upon return to Italy“, 09.02.2017, S. 22). Im Ergebnis sind diese Berichte aber nicht verallgemeinerungsfähig, sondern belegen allein, dass Dublin-Rückkehrer in Einzelfällen von Obdachlosigkeit bedroht sind. Dies wird dadurch bestätigt, dass nur wenige obdachlose Dublin-Rückkehrer auf der Straße angetroffen werden (SFH, Länderinformation Italien, August 2016, S. 29). Dabei übersieht der Senat nicht, dass in Italien insgesamt relativ viele Migranten auf der Straße oder in besetzten Häusern unter teils sehr schlechten Bedingungen leben (siehe z. B. IRIN, „No home for refugees in Rome. Italy`s policies appear designed to deter asylum seekers but most have nowhere else to go“, 10.11.2017). Genaue Zahlen scheinen hierzu jedoch nicht verfügbar zu sein. Weder die SFH noch der UNHCR haben Kenntnis über die Zahl obdachloser Schutzberechtigter (SFH, Anlage vom 31.07.2017 zur E-Mail vom 12.09.2017 an das VG Hannover, S. 5). Nach Schätzung der MSF gibt es mindestens 10.000 obdachlose Menschen unter den internationalen und humanitären Schutzgenehmigungsinhabern und Antragstellern, die nur begrenzten oder keinen Zugang zu grundlegenden Gütern und medizinischer Versorgung haben (MSF, Stand: 08.02.2018, „OUT of sight“ – Second edition).
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Außerdem ist zu berücksichtigen, dass auch außerhalb der staatlichen Einrichtungen Unterkunftsmöglichkeiten bestehen. Nichtregierungsorganisationen (im Folgenden: NGOs) und Freiwillige betreuen teilweise informelle Unterkünfte, z. B. Zelte (IRIN 11/2017, Fingerprint). Diverse NGOs bieten Notschlafstellen an (Bundesamt, Stand: Mai 2017, S. 2). Für anerkannte Asylbewerber ohne Unterkunft bieten namentlich Organisationen wie die Caritas, Suore Missionarie della Carità, Centro Astalli, Stranieri in Italia, Opere Antoniane, Comunità di Sant‘Egidio oder Consiglio Italiano per i Rifugiati Unterstützung an (Auswärtiges Amt – im Folgenden: AA –, Anfragebeantwortung an OVG Nordrhein-Westfalen vom 23.02.2016 zum Az. 13 A 516.80/48651). Auch viele religiöse Einrichtungen betreiben Unterbringungseinrichtungen und verteilen Kleidung und Nahrung (Nationaler Integrationsplan, FOR PERSONS ENTITLED TO INTERNATIONAL PROTECTION, October 2017, S. 21). Die SFH gibt zu Schlafplätzen von NGOs und Kirchen zu bedenken, dass diese erstens größtenteils bereits Teil des staatlichen Systems seien, womit sie auch den dortigen Vorgaben unterlägen, und nicht zusätzlich dazu bestünden. Zweitens stünden sie allen Bedürftigen zur Verfügung, nämlich nicht nur Schutzsuchenden oder -berechtigten, sondern auch Personen, die keinen Asylantrag stellen, oder italienischen Obdachlosen. Es handele sich daher um wenige Plätze (SFH, Länderinformation Italien, August 2016, S. 16).
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Aus dem Vorstehenden kann zwar geschlossen werden, dass die Unterkunftssituation teilweise schwierig ist und ein im Verhältnis zu der Gesamtzahl der Migranten eher kleiner Teil tatsächlich obdachlos ist bzw. in besetzten Häusern lebt. Diese Erkenntnisse rechtfertigen aber noch nicht die Annahme von systemischen Mängeln, die eine Verletzung der Rechte aus Artikel 4 EUGrCh und Artikel 3 EMRK begründen könnten.
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Ebenso wenig lassen die Aufnahmebedingungen in den (staatlichen) Aufnahmezentren mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit systemische Mängel erkennen:
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Dublin-Rückkehrer - wie der Kläger - werden meist in einem Erstaufnahme- oder Notfallzentrum untergebracht, wobei auch die Unterbringung im Zweitaufnahmesystem SPRAR oder in sonstigen Gemeindeunterkünften möglich ist. Da Dublin-Rückkehrer lediglich einen kleinen Teil der insgesamt in Italien ankommenden Schutzsuchenden ausmachen, fehlt ein festgelegtes, einheitliches Vorgehen für die (Wieder-)Aufnahme ins System. Nach den Angaben der SFH kann dies ein Grund dafür sein, weshalb die Behandlung von Dublin-Rückkehrern variiert und die Aussagen ihrer „Interviewpartner und -partnerinnen“ weder untereinander noch mit den konkreten Erfahrungen von Personen, die unter der Dublin-Verordnung nach Italien transferiert wurden, übereinstimmen. Dublin-Rückkehrende stellen danach einen Sonderfall im italienischen Aufnahmesystem dar (SFH, Aufnahmebedingungen in Italien, August 2016, S. 13, 28).
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Ausweislich des Berichts über die Fact-Finding-Mission einer Delegation des Europarats im Oktober 2016 stellen sich die Bedingungen in den vier besuchten Erstaufnahmeeinrichtungen als passabel dar. Die Delegation besuchte auch eine SPRAR-Einrichtung in Rom, die einen positiven Eindruck in Hinblick auf die materiellen Bedingungen und den guten Willen der dortigen Verantwortlichen hinterließ (Bundesamt, Länderinformation Italien, Stand: Mai 2017; Report of the fact-finding mission to Italy by Ambassador Tomáš Boček, Special Representative of the Secretary General on migration and refugees, 16-21 October 2016).
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Die CAS (Notfallzentren) werden von verschiedenen Institutionen geführt, unter anderem von Gemeinden, Privatorganisationen oder auch von NGOs. Der Leitung fehlt vielfach die Erfahrung im Asylbereich. Viele dieser Strukturen sind sehr abgelegen, überfüllt und ungeeignet. Zudem wird von sehr niedrigen sanitären Standards berichtet. Aufgrund des enormen Anstiegs an Zentren und des stetigen Wechsels durch die regelmäßigen Ausschreibungen ist das Personal oft unqualifiziert und/oder überarbeitet (SFH, Aufnahmebedingungen in Italien, August 2016, S. 31). Zudem ist Erkenntnismitteln aus dem Jahr 2016 zu entnehmen, dass einige Notfallzentren im Hinblick auf Hygiene und Sicherheit noch hinter den Standards im Erstaufnahmesystem zurückbleiben (Cona [Vendig], Piano Torre di Isnello [Palermo], Telese [Kampanien], Montalto Uffugo [Kalabrien]). In Telese sind heißes Wasser und Elektrizität nur zeitweise verfügbar. Allerdings gibt es auch positive Beispiele unter den CAS wie in Trieste, die den Standard der Erstaufnahmeeinrichtungen übertreffen und die Standards der SPRAR erreichen (vgl. dazu AIDA, Country Report: Italy, Update 2016, S. 75, 76). Auch insofern ist ferner zu berücksichtigen, dass Artikel 4 EUGrCh und Artikel 3 EMRK die Staaten nicht verpflichten, für "Spitzenbelastungen" Kapazitäten vorzuhalten (OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 21.06.2016 – 13 A 569/16.A –, juris Rn. 90) und es daher durchaus auch zu Engpässen bei der Qualität der Unterbringung kommen kann, ohne dass daraus sogleich eine Verletzung von Artikel 4 EUGrCh und Artikel 3 EMRK folgt, zumal Italien nach den obigen Feststellungen flexibel auf den Zustrom reagiert und die Zahl der Unterkunftsplätze im (staatlichen) Unterkunftssystem – wie oben ausgeführt – in den letzten Jahren erheblich erhöht hat.
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Auch das Unterbringungsverfahren für Dublin-Rückkehrer als solches weist keine systemischen Mängel auf:
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Zur Durchsetzung ihres Unterkunftsanspruchs müssen Dublin-Rückkehrer, deren Asylverfahren in Italien noch nicht abgeschlossen sind, wieder in die für ihr Asylverfahren zuständige Questura reisen. Dafür händigt die Polizei ihnen am Flughafen eine Einladung aus, in der die Information enthalten ist, welche Questura dies ist (Bundesamt für Fremdwesen und Asyl der Bundesrepublik Österreich – im Folgenden: BFA –, Länderinformation der Staatendokumentation: Italien, 03/2017, S. 33). Das Zugticket stellt in der Regel eine Flughafen-NGO zur Verfügung (SFH, Aufnahmebedingungen in Italien, August 2016, S. 28).
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Ein abweichendes Verfahren gilt, wenn der Betroffene beim vorherigen Aufenthalt in Italien die ihm zugewiesene Unterkunft nicht in Anspruch genommen oder die Unterkunft ohne Meldung verlassen hat. In letzterem Falle wird von einer freiwilligen Abreise ausgegangen, so dass der Anspruch auf eine Unterkunft verloren geht. Die Unterbringung kann aber neu beantragt werden (AA, Anfragebeantwortung an das OVG Nordrhein-Westfalen vom 23.02.2016 zum Az. 13 A 516.80/48651), um in das Unterbringungssystem wieder aufgenommen zu werden. Dazu muss ein Termin bei der Questura vereinbart werden, bei dem die Gründe für das Verlassen des Zentrums zu erklären sind. Die Questura entscheidet dann, ob die Person wiederaufgenommen wird. Bis zur Entscheidung hat die Person keinen Zugang zu staatlicher Unterbringung. Bei einer Ablehnung gibt es keine staatliche Unterbringungsalternative. Sofern eine Person wiederaufgenommen wird, wird sie im Falle von Platzmangel auf den letzten Platz der Warteliste gesetzt (SFH, Aufnahmebedingungen in Italien, August 2016, S. 28 f.). Wurde eine Person bereits einmal im SPRAR-System aufgenommen und hat dieses wieder verlassen, gibt es keine Möglichkeit, dort wieder aufgenommen zu werden, es sei denn, es wird neue Vulnerabilität vorgebracht und ein Antrag beim Innenministerium gestellt (SFH, Aufnahmebedingungen in Italien, August 2016, S. 36). Rücküberstellte haben dann Zugang zum SPRAR, wenn sie die maximale Aufenthaltsdauer zuvor noch nicht ausgeschöpft haben und ein Platz frei ist. Die maximale Aufenthaltsdauer reicht bis zur Entscheidung über den Asylantrag plus sechs Monate nach Zuerkennung des Schutzstatus oder plus ein Jahr bei Vulnerabilität (SFH, Aufnahmebedingungen in Italien, August 2016, S. 39). Soweit es nach dem Gesagten in bestimmten Fällen zu einem Verlust des Unterkunftsanspruchs kommen kann, ergibt sich daraus kein Verstoß gegen Artikel 3 EMRK. Denn der italienische Staat kann den Unterkunftsanspruch zulässigerweise an bestimmte – von dem Asylsuchenden erfüllbare – Voraussetzungen knüpfen, bei deren Nichteinhaltung kein Anspruch auf Unterbringung in einer staatlichen Unterkunft mehr besteht. Diese Einschränkung oder Entziehung des Unterkunftsanspruchs steht im Einklang mit der Aufnahmerichtlinie 2013/33/EU vom 26. Juni 2013. Gemäß Artikel 20 Abs. 1 Satz 1 a) i.V.m. Artikel 18 Aufnahmerichtlinie kann der italienische Staat die Unterkunft als materielle Leistung in dem Fall, dass der bestimmte Aufenthaltsort ohne Unterrichtung oder erforderliche Genehmigung verlassen wird, einschränken oder entziehen. Meldet sich der Asylsuchende bei der zuständigen Behörde hat diese gemäß Artikel 20 Abs. 1 Satz 2 Aufnahmerichtlinie unter Berücksichtigung der Motive des Untertauchens eine ordnungsgemäß begründete Entscheidung über die erneute Gewährung einiger oder aller im Rahmen der Aufnahme gewährten Leistungen zu treffen, die entzogen oder eingeschränkt worden sind. Die Entscheidung über diese „Sanktion“ hat das Verhältnismäßigkeitsprinzip zu berücksichtigen; in jedem Fall ist aber der Zugang zur medizinischen Versorgung zu gewährleisten (Artikel 20 Abs. 5 Sätze 2 und 3 Aufnahmerichtlinie). Gegen diese Entscheidung stehen dem Schutzsuchenden ferner Rechtsbehelfe nach Artikel 26 Abs. 1 Aufnahmerichtlinie zu, insbesondere hat er gemäß Absatz 2 dieses Artikels einen Anspruch auf unentgeltliche Rechtsberatung.
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Die im Bereich der Unterkunftsversorgung aufgezeigten Mängel und Defizite sind demnach weder für sich genommen noch insgesamt als so gravierend zu bewerten, dass ein grundlegendes systemisches Versagen Italiens festgestellt werden kann, welches für einen Dublin-Rückkehrer nach dem Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit Rechtsverletzungen im Schutzbereich von Artikel 3 EMRK oder Artikel 4 EUGrCh mit dem dafür notwenigen Schweregrad zur Folge hätte.
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bb) Solche Mängel sind auch nicht im Bereich der Gesundheitsversorgung festzustellen:
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Denn Dublin-Rückkehrer haben Zugang zum staatlichen Gesundheitssystem, insbesondere ist eine kostenfreie Notversorgung gewährleistet. Entsprechend Artikel 19 Abs. 1 Aufnahmerichtlinie haben Dublin-Rückkehrer während des Asylverfahrens ebenso wie jede andere Person, die sich in Italien aufhält, nach nationalem Recht einen Anspruch auf medizinische Grund- und Notfallversorgung bei Krankheit oder Unfall sowie auf eine Präventivbehandlung zur Wahrung der individuellen und öffentlichen Gesundheit (SFH, Aufnahmebedingungen in Italien, August 2016, S. 54; vgl. dazu AIDA, Country Report: Italy, 2016 Update, S. 79). Das beinhaltet einen grundsätzlich kostenlosen Zugang zu allen öffentlichen medizinischen Leistungen wie Arzt, Zahnarzt und Krankenhaus (AA, Anfragebeantwortung an OVG Nordrhein-Westfalen vom 23.02.2016 zum Az. 13 A 516./.14A.).
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Um von einem weiterführenden Leistungsangebot profitieren zu können müssen sich Schutzsuchende in den SSN („Servizio Sanitario Nazionale) einschreiben. Nach der Einschreibung in den SSN erhalten Schutzsuchende - und damit auch Dublin-Rückkehrer wie der Kläger - dieselbe medizinische Behandlung wie (arbeitslose) italienische Staatsbürger (vgl. dazu Aida, Country Report: Italy, 2016 Update, S. 79, 80 und SFH, Aufnahmebedingungen in Italien, August 2016, S. 54).
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In der praktischen Umsetzung bestehen Hürden und Einschränkungen dieses Rechts auf medizinische Behandlung, insbesondere für anerkannte Schutzberechtigte mit Aufenthaltserlaubnis als auch andere Migranten in informellen Unterkünften und Obdachlose. MSF gibt mit Verweis auf bürokratische Hürden an, dass diese Personengruppen reduzierte Möglichkeiten beim Zugang zum Gesundheitssystem hätten, was Allgemeinmedizin einschließe. Die Notaufnahme der Krankenhäuser sei häufig die einzige Zugangsmöglichkeit zum Italian National Healthcare Service (SSN) (MSF, Stand: 08.02.2018, „OUT of sight“ – Second edition). MSF hat deshalb in den Jahren 2016 und 2017 sein Engagement in Italien insbesondere für Migranten in informellen Unterkünften erhöht und unterhält in Como und Ventimiglia psychologische Notfallbehandlung und in Ventimiglia gynäkologische Behandlungen. In Rom wird primäre Gesundheitsversorgung und psychologische Unterstützung geleistet. In Bari und Turin half MSF bei der Kontaktherstellung zum SSN. Dabei kritisiert MSF, dass ehrenamtliche Nothilfe mitunter unter Verweis auf das Verbot der Unterstützung illegaler Einreise und Aufenthalts kriminalisiert werde (MSF, Stand: 08.02.2018, „OUT of sight“ – Second edition). Weitere NGOs, die vor allem auch Asylsuchende und Schutzberechtigte in besetzten Häusern und auf der Straße unterstützen, sind MEDU, Cittadini del Mondo und Naga (SFH, Länderinformation Italien, August 2016, S. 57 f.).
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AIDA erklärt, dass Asylsuchende zwar theoretisch denselben Zugang zum Gesundheitssystem haben sollten wie Italiener, dies aber de facto erst geschehe, wenn die jeweilige Questura den Asylantrag formalisiert habe. Dies verzögere sich teilweise um mehrere Monate. In dieser Zeit hätten Asylsuchende jedoch Zugang zur Notfallversorgung. Eine große praktische Hürde sei die Sprachbarriere (AIDA, 02/2017, S. 79 f.). Problematisch sei auch das Vorgehen bei der Beantragung einer Gesundheitskarte. Hierfür würden ein Ausweis und ein dauerhafter Wohnsitz verlangt. Es gebe einen Selbstbehalt, der in vielen Fällen von den Patienten getragen werden müsse und der das Budget Asylsuchender und von Personen mit Schutzstatus oft übersteige (SFH, Länderinformation Italien, August 2016, S. 55-57).
- 72
Erkenntnisse darüber, dass kranken Dublin-Rückkehrern die erforderliche Behandlung vorenthalten worden ist und sie deshalb ernsthafte Schäden an Leib oder Leben erlitten haben, liegen dem Senat nicht vor. Folglich sind auch die dargestellten Mängel und Defizite im Bereich der medizinischen Versorgung für Asylbewerber weder für sich genommen noch insgesamt als so gravierend zu bewerten, dass ein grundlegendes systemisches Versagen des Mitgliedstaates festgestellt werden kann, welches für einen Dublin-Rückkehrer nach dem Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit Rechtsverletzungen im Schutzbereich von Artikel 3 EMRK oder Artikel 4 EUGrCh mit dem dafür notwenigen Schwergrad zur Folge hätte.
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cc) Auch die Versorgung mit den übrigen zum Lebensunterhalt notwendigen Leistungen weist für Dublin Rückkehrer keine systemischen Mängel auf:
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Den Vorgaben gemäß Artikel 17 Abs. 1 i.V.m. Artikel 2 g) und Artikel 18 der Aufnahmerichtlinie entsprechend erfolgt die Versorgung mit Lebensmitteln, Hygieneartikeln und dem sonstigen Bedarf des täglichen Lebens für Dublin-Rückkehrer im Grundsatz über die Unterbringungseinrichtungen. Denn Dublin-Rückkehrer, die nach ihrer Rückkehr in Unterbringungseinrichtungen untergebracht sind, werden für die Dauer ihres Aufenthalts dort versorgt. In den SPRAR-Unterkünften werden neben Lebensmitteln auch Unterstützungs- und Integrationsmaßnahmen (Rechtsberatung, Sprachvermittlung, psychosoziale Unterstützung) angeboten und ein Taschengeld je nach SPRAR-Projekt zwischen 1,50 Euro/Tag und 3 Euro/Tag ausgezahlt (Bundesamt, Länderinformation Italien, Stand: Mai 2017, S. 1 und 2). In den CAS-Unterkünften werden neben den Lebensmitteln auch Hygieneartikel, Telefonkarten und Asylberatung zur Verfügung gestellt. Ferner wird ein Taschengeld bzw. Gutschein in Höhe von 2,50 Euro/Tag (bis zu 7,50 Euro/Tag für Familien) gewährt (Bundesamt, Länderinformation Italien, Stand: Mai 2017).
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Soweit Migranten in bestimmten Fällen ihren Unterkunftsanspruch verloren bzw. aus anderen Gründen keinen Platz in einer Unterkunft gefunden haben, obdachlos sind und keine Lebensmittel durch staatliche Stellen und die Unterbringungseinrichtungen erhalten, begründet dies aus den oben genannten Gründen keine systemischen Mängel in den Aufnahmebedingungen für Dublin-Rückkehrer, die mit einer Verletzung von Artikel 3 EMRK oder Artikel 4 EUGrCh einhergehen. Im Übrigen gibt es in diesen Fällen Hilfe durch religiöse Gemeinschaften, karitative Organisationen und Suppenküchen, die Nahrungsmittel verteilen (SFH 08/2017, S. 48).
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dd) Abgesehen davon, dass nach den obigen Ausführungen die Eingriffsschwelle von Artikel 3 EMRK oder Artikel 4 EUGrCh weder im Hinblick auf das Asylverfahren und die Unterkunftssituation noch bezüglich der medizinischen Versorgung und der Bereitstellung der übrigen materiellen Leistungen überschritten ist, ist eine Verletzung dieser Rechte bzw. die Annahme systemischer Mängel auch deshalb zu verneinen, weil der italienische Staat auf die Situation der Asylbewerber und anerkannten Schutzberechtigten nicht mit Gleichgültigkeit, sondern mit durchaus effektiven Maßnahmen reagiert.
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Denn zum einen hat er die Zahl der Unterkunftsplätze im staatlichen Unterkunftssystem in den letzten Jahren erheblich erhöht. Ende Februar 2015 waren lediglich 67.128 Plätze vorhanden, davon 9.504 im Erstaufnahmesystem, 20.596 im SPRAR-System und 37.028 in den Notfallzentren (Schweizerische Flüchtlingshilfe, Anfragebeantwortung an VG Schwerin vom 23.04.2015, Seite 2; Auswärtiges Amt, Anfragebeantwortung an VG Schwerin vom 25.03.2015, Seite 2). Ausgehend von den oben genannten 183.225 im Jahr 2017 vorhanden gewesenen Unterkunftsplätzen bedeutet dies nahezu eine Verdreifachung der Unterkunftskapazitäten in nur 2 bis 2 ½ Jahren.
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Zum anderen hat Italien im Oktober 2017 einen Nationalen Integrationsplan erlassen. Der Plan wird durch EU-Gelder finanziert und wurde mithilfe verschiedener lokaler Regierungen und NGOs entwickelt (The Local, „Italy launches forst official migrant integration plan: Five Things you need to know“, 27.09.2017).
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Der Plan beinhaltet eine Verpflichtung anerkannter Schutzberechtigter zu italienischen Werten (Verfassung), Rechten und zum Erlernen der italienischen Sprache, inklusive spezieller Hilfen für Analphabeten, die Aufnahme anerkannter Schutzberechtigter in regionale Notfallunterkünfte nach Verlassen der Aufnahmezentren, Unterstützung bei der Arbeitssuche und eine Bekräftigung des Rechts auf Zugang zum Gesundheitssystem.
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Nach diesem Plan ist Italien bestrebt, das CAS-System weitestgehend in das SPRAR-System zu überführen, um effektive nationale Integration zu ermöglichen (Nationaler Integrationsplan, FOR PERSONS ENTITLED TO INTERNATIONAL PROTECTION, October 2017, http://www.interno.gov.it/sites/default/files/piano_nazionale_integrazione_eng.pdf, S. 17). Ziel ist die volle Ausführung der Übereinkunft zwischen der Zentralregierung und den Regionen von 2014. Es soll das Aufnahmesystem stärker in Richtung Integration orientiert und das Level der Dienstleistungen in den CAS erhöht werden, indem sofort Wege zur Integration eröffnet und bestehende Wege unterstützt werden (Nationaler Integrationsplan, FOR PERSONS ENTITLED TO INTERNATIONAL PROTECTION, October 2017, S. 17).
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Ferner möchte Italien laut dem Nationalen Integrationsplan eine vollständige Umsetzung der Übereinkunft zwischen der Zentralregierung und den Regionen zur Gesundheit von Migranten aus dem Jahre 2012 erreichen, wobei der Zugang zum nationalen Gesundheitsdienst verbessert werden soll. Es soll eine Überwachung auf nationaler und regionaler Ebene erfolgen, ob die Vereinbarung aus dem Jahre 2012 umgesetzt wird, indem die Planung der Gesundheitsversorgung auf lokaler Ebene evaluiert wird. Im Übrigen ist geplant, die Organisationen und das Angebot im Bereich der Gesundheitsversorgung zu stärken, indem spezifische Wege für jede Krankheit aufgezeigt werden, besonders auch für psychiatrische Fälle und PTBS. Die Zahl kostenloser Dienste soll angepasst und Präventionsprogramme mit Impfungen, Vorsorgeuntersuchungen und für die Gesundheit von Mutter und Kind sollen gestärkt werden (Nationaler Integrationsplan, FOR PERSONS ENTITLED TO INTERNATIONAL PROTECTION, October 2017, S. 25).
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Des Weiteren will Italien Anreize für Sprachkurse schaffen, die außerhalb der Unterbringungseinrichtungen angeboten werden. Zu diesem Zweck sollen Sprachkurse mit Lehrern zur Verfügung gestellt werden, die spezialisiert sind und interaktive und experimentelle Methoden nutzen (Nationaler Integrationsplan, „FOR PERSONS ENTITLED TO INTERNATIONAL PROTECTION, October 2017, S. 22). Ziel ist es, konkrete Maßnahmen zu ergreifen, um Zugang zu sekundärer und höherer Bildung zu ermöglichen und die Anerkennung vorheriger Kompetenzen und Abschlüsse zu garantieren (Nationaler Integrationsplan, FOR PERSONS ENTITLED TO INTERNATIONAL PROTECTION, October 2017, S. 23).
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b) Die oben dargestellte Einschätzung der Lage in Italien für Dublin-Rückkehrer gilt auch für den Kläger. Der Einwand seines Prozessbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung, dass das Asylverfahren des Klägers in Italien inzwischen mit negativem Ausgang abgeschlossen sein müsse, führt zu keiner anderen Beurteilung. Dieser Einwand begründet unter keinem Gesichtspunkt die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheids des Bundesamts.
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Denn zum einen bestehen keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass das Asylverfahren des Klägers während seiner Abwesenheit abgeschlossen worden ist. Weder dem Kläger und seinem Prozessbevollmächtigten noch dem Bundesamt liegen hierüber Informationen vor. Zum anderen hätte das Bundesamt den erneuten Asylantrag des Klägers in Deutschland auch dann, wenn tatsächlich in der Zwischenzeit eine negative Entscheidung in Italien ergangen sein sollte, zu Recht als unzulässig abgelehnt. Denn auch in diesem Falle wäre das Asylverfahren in Italien zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht endgültig abgeschlossen. Italien wäre weiterhin nach der Dublin-Verordnung zuständig und Deutschland unter keinem Gesichtspunkt zum Selbsteintritt verpflichtet.
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Ist in Italien während der Abwesenheit des Asylbewerbers eine negative Entscheidung ergangen und ist er darüber nicht informiert worden, kann er Beschwerde einlegen. Hat er Italien bereits vor seiner Anhörung verlassen – wie möglicherweise der Kläger – und erging daraufhin eine negative Entscheidung, kann er nach seiner Rückkehr eine neue Anhörung beantragen (BFA, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Italien, Stand: 16.03.2017, S. 33). Wäre eine solche negative Entscheidung im Falle des Klägers ergangen und würde er nach seiner Rückkehr nach Italien von den genannten (Rechtsschutz-) Möglichkeiten Gebrauch machen, würde sein Asylverfahren fortgesetzt und wäre er hinsichtlich der staatlichen Leistungen in derselben Situation wie die anderen Dublin-Rückkehrer.
- 86
Macht er von diesen (Rechtsschutz-) Möglichkeiten in Italien keinen Gebrauch, würde er nach seiner Wiedereinreise in ein CIE – einem geschlossenen Identifikations- und Abschiebezentrum für abgelehnte Asylbewerber – verlegt werden (BFA, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Italien, Stand: 16.03.2017, S. 33; BAMF, Länderinformation Italien, Stand: Mai 2017, S. 2). Dort werden die Asylbewerber u. a. mit Lebensmitteln, Taschengeld in Höhe von 2,50 Euro / Tag sowie in medizinischer Hinsicht versorgt und können eine Rechtsberatung in Anspruch nehmen (BAMF, Länderinformation Italien, Stand: Mai 2017, Seite 2). Auch in diesem Fall bestehen deshalb keine Anhaltspunkte dafür, dass dem Kläger eine unmenschliche Behandlung im Sinne von Artikel 3 EMRK oder Artikel 4 EUGrCh drohen würde.
- 87
c) Dass dem Kläger als Dublin-Rückkehrer für den Fall, dass ihm in Italien Flüchtlings- oder subsidiärer Schutz gewährt wird, die Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung i.S.d. Artikel 4 EUGrCh drohen könnte, steht seiner Überstellung nach Italien ebenfalls nicht entgegen (vgl. VG Minden, Beschluss vom 09.01.2018 – 10 L 1755/17.A –juris Rn. 42 ff.; a.A. möglicherweise VGH Baden-Württemberg, Vorlagebeschluss an den Gerichtshof der Europäischen Union vom 15. März 2017 - A 11 S 2151/16 –, juris Rn. 25 f.)
aa) Dies ergibt sich zum einen – selbstständig tragend – daraus, dass der Senat aufgrund der vorliegenden Erkenntnismittel (siehe hierzu die obigen Ausführungen zur Unterkunftssituation, zur medizinischen Versorgung und zur Versorgung mit den übrigen materiellen Leistungen, soweit diese sich auch auf anerkannte Schutzberechtigte beziehen) der Auffassung ist, dass Personen, denen in Italien internationaler Schutz, d.h. Flüchtlings- oder subsidiärer Schutz (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 AsylG), gewährt worden ist, dort nicht allgemein einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Artikel 3 EMRK ausgesetzt werden (siehe hierzu im Übrigen auch die ausführliche Begründung in dem Urteil des Senats vom 6. April 2018 in dem Verfahren 10 LB 109/18).
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bb) Zum anderen stellt der Senat – selbstständig tragend – darauf ab, dass über den Asylantrag des Klägers in Italien nach dem vorliegenden Sachverhalt noch nicht (endgültig) entschieden, ihm dort aber jedenfalls bislang noch kein Flüchtlings- oder subsidiärer Schutz gewährt worden ist. Damit lässt sich derzeit überhaupt nicht feststellen, welchen weiteren Verlauf der Aufenthalt des Klägers in Italien nehmen wird. Denn ob dem Kläger in Italien Flüchtlings- oder subsidiärer Schutz gewährt wird und ob er dann auf staatliche Hilfe angewiesen sein wird, ist derzeit völlig offen. Die aufgezeigte Frage ist daher hier nicht entscheidungserheblich (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 19.05.2017 – 11 A 52/17.A –, juris Rn. 94; VG Kassel, Beschluss vom 14.12.2017 – 1 L 5736/17.KS.A –, juris Rn. 11; VG Greifswald, Beschluss vom 09.11.2017 – 6 B 2052/17 As HGW –, juris Rn. 10; VG Augsburg, Beschluss vom 06.10.2017 – Au 3 S 17.50239 -, juris Rn. 12).
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d) Der Kläger gehört auch nicht zu dem besonders schutzbedürftigen Personenkreis, bei dem nach dem Urteil des EGMR vom 4. November 2014 im Verfahren Tarakhel./. Schweiz (Az. 29217/12, NVwZ 2015, 127 ff.) vor einer Abschiebung Garantien der italienischen Behörden einzuholen sind.
- 90
Der EGMR hat in diesem Verfahren entschieden, dass die Schweizer Behörden die Abschiebung einer Familie nach Italien nicht vornehmen dürfen, ohne vorher individuelle Garantien von den italienischen Behörden erhalten zu haben, dass die Antragsteller in Italien in einer dem Alter der Kinder adäquaten Art und Weise behandelt werden und die Familie zusammenbleiben darf. Dieses Urteil enthält demnach lediglich eine Einschränkung für die Abschiebung von Familien nach Italien und keine Aussage zu systemischen Mängeln in Italien, die der EGMR auch nicht in seiner Entscheidung vom 5. Februar 2015 im Verfahren A.M.E./. Niederlande (Az. 51428/10) festgestellt hat. Nach letzterer Entscheidung sind vielmehr die Struktur und die Gesamtsituation des italienischen Flüchtlings- und Asylbewerberaufnahmesystems kein genereller Grund dafür, eine Überstellung im Zuge des sogenannten Dublin-Verfahrens zu verbieten.
- 91
Die Umstände des Falls des Klägers sind mit denjenigen in der Entscheidung des EGMR vom 4. November 2014 nicht vergleichbar, weil der Kläger alleinstehend ist und keine erheblichen gesundheitlichen Einschränkungen hat.
- 92
e) Der Senat sieht sich auch durch den Vorlagebeschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 23. März 2017 (- 1 C 17.16 - u.a., juris) nicht an einer Entscheidung gehindert, weil dieser für den vorliegenden Fall nicht einschlägig ist. Bei dem Kläger handelt es sich nach dessen eigenem Vortrag nicht um eine Person, der in Italien internationaler Schutz zuerkannt wurde. Das genannte Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof der Europäischen Union betrifft die Klärung unionsrechtlicher Zweifelsfragen bei der Prüfung von Folgeanträgen mit dem Ziel der "Aufstockung", wenn den Antragstellern bereits in einem anderen EU-Mitgliedstaat (dort: Bulgarien) subsidiärer Schutz gewährt worden ist. Dies ist hier gerade nicht der Fall.
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Aus demselben Grund ist auch der Vorlagebeschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 27. Juni 2017 (– 1 C 26.16 –, juris) im vorliegenden Fall nicht einschlägig. Die dortige Vorlage bezieht sich auf die Frage, ob ein erneuter Asylantrag in Deutschland als unzulässig abgelehnt werden kann, wenn die Lebensbedingungen für anerkannte Flüchtlinge in dem anderen Mitgliedstaat, der dem Antragsteller bereits internationalen Schutz gewährt hat (dort: Italien), den Anforderungen der Artikel 20 ff. Richtlinie 2011/95/EU nicht genügen, ohne bereits gegen Artikel 4 GRC bzw. Artikel 3 EMRK zu verstoßen.
- 94
f) Anhaltspunkte dafür, dass der Abschiebung des Klägers nach Italien zielstaatsbezogene Abschiebungsverbote gemäß § 31 Abs. 3 Satz 1 AsylG i.V.m. § 60 Abs. 5 und Abs. 7 AufenthG entgegenstehen, sind ebenfalls nicht ersichtlich.
- 95
Nach alledem war der Berufung stattzugeben mit der Folge, dass das erstinstanzliche Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen war.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83b AsylG nicht erhoben.
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