Beschluss vom Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht (7. Senat) - 7 OB 50/18

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Stade - 6. Kammer - vom 22. Mai 2018 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Kläger.

Gründe

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Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Stade vom 22. Mai 2018, mit dem dieses seinen gegen den Sachverständigen Prof. C. gerichteten Ablehnungsantrag als unbegründet zurückgewiesen hat, hat keinen Erfolg.

2

Die Beschwerde ist zwar zulässig. Sie ist insbesondere statthaft (§ 146 Abs. 1 VwGO, § 98 VwGO i. V. m. § 406 Abs. 5 ZPO) und fristgerecht eingelegt worden (§ 147 Abs. 1 VwGO).

3

Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht entschieden, dass die von dem Kläger vorgebrachten Gründe nicht die Ablehnung des vom Verwaltungsgericht zugezogenen Sachverständigen Prof. C. wegen Besorgnis der Befangenheit rechtfertigen. Der Senat macht sich die zutreffenden Erwägungen des angefochtenen Beschlusses zu eigen und verweist deshalb auf sie (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO). Das Beschwerdevorbringen rechtfertigt keine andere Entscheidung.

4

Nach § 98 VwGO i. V. m. § 406 Abs. 1 Satz 1 ZPO kann ein Sachverständiger aus denselben Gründen abgelehnt werden, die zur Ablehnung eines Richters berechtigen. Wegen Besorgnis der Befangenheit findet die Ablehnung statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen seine Unparteilichkeit zu rechtfertigen (§ 42 Abs. 2 ZPO). Dies ist dann gegeben, wenn vom Standpunkt des Beteiligten aus gesehen hinreichende objektive Gründe vorliegen, die bei vernünftiger Betrachtung aller Umstände Anlass geben, an der Unparteilichkeit, Unvoreingenommenheit und Unbefangenheit des Sachverständigen zu zweifeln (vgl. BVerwG, Beschluss vom 06.10.1998 - 3 B 35.98 -, juris). Die nur subjektive Besorgnis, für die bei Würdigung der Tatsachen vernünftigerweise kein Grund ersichtlich ist, reicht dagegen zur Ablehnung des Sachverständigen nicht aus (vgl. Bayerischer VGH, Beschluss vom 14.09.2016 - 21 C 16.481 -, juris). Umstände, die ihre Ursache in einer Auseinandersetzung mit dem sachlichen Inhalt des Gutachtens haben, begründen grundsätzlich keine Besorgnis der Befangenheit. Mangel an Sachkunde, Unzulänglichkeiten oder Fehlerhaftigkeit mögen das Gutachten entwerten, rechtfertigen für sich allein aber nicht die Ablehnung des Sachverständigen wegen Befangenheit. Insbesondere mangelnde Sorgfalt des Sachverständigen betrifft nicht seine Unparteilichkeit. Dem sehen sich beide Beteiligten in gleicher Weise ausgesetzt. Die §§ 411, 412 ZPO geben dem Gericht und den Beteiligten ausreichend Mittel an die Hand, solche Mängel zu beseitigen und auf ein Gutachten hinzuwirken, das als Entscheidungsgrundlage geeignet ist (vgl. BGH, Beschluss vom 15.03.2005 - VI ZB 74/04 -, juris; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 22.12.2017 - 1 E 802/17 -, juris; Hessischer VGH, Beschluss vom 03.04.2017 - 1 E 229/17 -, juris).

5

Diese Grundsätze hat das Verwaltungsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegt. Sie werden auch von dem Kläger mit seiner Beschwerdebegründung nicht angegriffen. Er führt aus, dass es sich hierbei zweifelsfrei um die allgemeinen rechtlichen Grundlagen handele, die bei der Entscheidung über einen typischen Befangenheitsantrag zu berücksichtigen seien. Allerdings habe das Verwaltungsgericht die vorliegend gegebenen besonderen Umstände des Einzelfalls verkannt. Aufgrund der zu klärenden Beweisfrage und des bei der Beantwortung zu berücksichtigenden Inhalts der Gerichtsakte sei für den Sachverständigen Prof. C. zweifelsfrei erkennbar gewesen, dass er sich intensiv und auch für das Gericht nachvollziehbar mit den von dem Kläger eingereichten Gutachten zu befassen hatte. Es hätte für die Beantwortung der Beweisfrage einer gründlichen Untersuchung der klägerischen Gutachten bedurft, die im Gutachten des Sachverständigen Prof. C. dann auch nachvollziehbar, nachprüfbar und verständlich hätte dargestellt werden müssen. Dies sei nicht erfolgt. Das Gutachten des gerichtlich bestellten Sachverständigen sei vollkommen untauglich. Es müsse deshalb davon ausgegangen werden, dass der gerichtliche Sachverständige der beweisbelasteten Partei, nämlich ihm, dem Kläger, die Beweisführung nicht habe ermöglichen wollen. Die Reaktion des gerichtlich bestellten Sachverständigen auf seinen, des Klägers, Schriftsatz vom 19. Juni 2017 zeige, dass dieser offensichtlich eine Voreingenommenheit ihm gegenüber habe. Der Schriftsatz vom 19. Juni 2017 befasse sich ausschließlich sachlich mit den Defiziten des erstellten Gutachtens und weise darauf hin, dass das gerichtliche Gutachten nicht den Mindestanforderungen entspreche, obwohl es sich inhaltlich auch mit Mindestanforderungen an Sachverständigengutachten befasse. Genau hierin liege die Besonderheit des vorliegend zu entscheidenden Einzelfalls. Diese Besonderheit rechtfertige daher auch ausnahmsweise das Vorliegen eines Befangenheitsgrundes. Es sei davon auszugehen, dass der gerichtliche Sachverständige über die notwendige Sachkunde verfüge. Indem er trotz der Sachkunde und seiner übrigen Fähigkeiten das Gutachten vom 02. Mai 2017 in der gegebenen Art und Weise erstellt und im Nachgang auch noch wiederholt verteidigt habe, sei zweifelsfrei von einer Voreingenommenheit des Sachverständigen auszugehen. Hinzu komme, dass der Sachverständige wesentliche Teile der Beweisfrage im Hinblick auf die Bewertung der Prüfungsleistungen, die er, der Kläger, bei dem Zertifizierungsunternehmen abgelegt hatte, nicht beantwortet habe, ohne im Nachgang seinen Fehler zuzugestehen. Der Sachverständige nehme in seinem Schreiben vom 17. Januar 2018 eine rechtliche Wertung vor, die ausschließlich dem Gericht obliege. Er habe sich angemaßt, aufgrund eigener rechtlicher Erwägungen die Beweisfrage verkürzt und unvollständig zu beantworten.

6

Dieses Vorbringen des Klägers vermag keine Zweifel an der erstinstanzlichen Entscheidung zu begründen. Soweit der Kläger rügt, dass das Sachverständigengutachten nicht den Mindestanforderungen an Nachvollziehbarkeit, Nachprüfbarkeit und Verständlichkeit entspreche, hat das Verwaltungsgericht auf der Grundlage der zitierten Rechtsprechung zu Recht darauf hingewiesen, dass diese vermeintlichen Unzulänglichkeiten bzw. Mängel des Sachverständigengutachtens nicht geeignet sind, die Besorgnis der Befangenheit hinsichtlich des Sachverständigen zu begründen. Entgegen der Auffassung des Klägers liegen hier auch keine besonderen Umstände des Einzelfalls vor, aus denen sich ein Misstrauen gegen die Unparteilichkeit des Sachverständigen rechtfertigen könnte. Eine solche Befürchtung fehlender Unparteilichkeit könnte dann berechtigt sein, wenn der Sachverständige seine gutachterlichen Äußerungen in einer Weise gestaltet hätte, dass sie als Ausdruck einer unsachlichen Grundhaltung gegenüber einer Partei gedeutet werden können (vgl. BGH, Beschluss vom 15.03.2005 - VI ZB 74/04 -, juris). Dafür ist hier jedoch nichts ersichtlich. Aus dem Gutachten des Sachverständigen Prof. C. vom 02. Mai 2017 und seinen Erwiderungen vom 28. September 2017, 17. Januar 2018 und 24. April 2018 auf die vom Kläger geäußerte Kritik ergeben sich keine Äußerungen, die die Unparteilichkeit des Sachverständigen in Frage stellen könnten. Dass der Sachverständige sein Gutachten verteidigt und die klägerische Kritik zurückweist, deutet nicht auf eine Voreingenommenheit hin. Es ist auch objektiv nichts dafür ersichtlich, dass der gerichtlich bestellte Sachverständige der beweisbelasteten Partei, d. h. dem Kläger, die Beweisführung nicht habe ermöglichen wollen. Soweit der Kläger geltend macht, dass der gerichtlich bestellte Sachverständige wesentliche Teile der Beweisfrage nicht beantwortet habe, ergibt sich daraus unter Umständen eine Unzulänglichkeit bzw. Unvollständigkeit des Gutachtens, jedoch keine Besorgnis der Befangenheit des Sachverständigen. Insoweit liefern die §§ 411, 412 ZPO dem Verwaltungsgericht ausreichend Mittel, um - sollte es dies für erforderlich halten - auf eine vollständige Beantwortung der Beweisfrage durch den Sachverständigen hinzuwirken, etwa durch die Anordnung der Ergänzung des Gutachtens oder durch die Anordnung einer neuen Begutachtung durch denselben oder einen anderen Sachverständigen.

7

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

8

Einer Streitwertfestsetzung bedarf es im Hinblick auf die Festgebühr von 60,00 € für das Beschwerdeverfahren nicht (Nr. 5502 der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG).

9

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

 


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