Beschluss vom Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht (2. Senat) - 2 ME 246/20

Tenor

Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Hannover - 4. Kammer - vom 12. Mai 2020 geändert.

Der Antrag des Antragstellers auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes wird abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Wert des Streitgegenstands wird für das Beschwerdeverfahren auf 5.000 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

1

Der Antragsteller ist Journalist und Projektleiter des D., der unter anderem die Website E. betreibt. Den auf das Niedersächsische Umweltinformationsgesetz - NUIG - in Verbindung mit dem Umweltinformationsgesetz - UIG - und das Verbraucherinformationsgesetz - VIG - gestützten Antrag des Antragstellers, ihm sämtliche Erlasse zuzusenden, die der Antragsgegner, das Niedersächsische Justizministerium, in Bezug auf den Umgang mit der Corona-Pandemie verfasst hat, lehnte der Antragsgegner mit Bescheid vom 17. April 2020 mit der Begründung ab, es handele sich um innerdienstliche Vorgänge, die weder dem Umwelt- noch dem Verbraucherinformationsrecht unterfielen.

2

Daraufhin hat der Antragsteller Widerspruch eingelegt, über den bisher - soweit ersichtlich - nicht entschieden worden ist. Auf seinen Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes hat das Verwaltungsgericht mit dem angefochtenen Beschluss vom 12. Mai 2020 (- 4 B 2369/20 -, juris) dem Antragsgegner im Wege einer einstweiligen Anordnung aufgegeben, dem Antragsteller seine Erlasse zum Umgang der Justiz mit der Corona-Pandemie zugänglich zu machen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen angeführt, dem Antragsteller stehe sowohl ein in der Eilbedürftigkeit der Sache liegender Anordnungsgrund als auch ein Anordnungsanspruch zur Seite. Bei den Erlassen handele es sich um Umweltinformationen im Sinne der §§ 2 Abs. 5, 3 Satz 1 NUIG in Verbindung mit § 2 Abs. 3 und 4 UIG, ohne dass Ablehnungsgründe ersichtlich seien.

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Hiergegen führt der Antragsgegner Beschwerde. Auf seinen Antrag hat der Senat mit Beschluss vom 3. Juni 2020 gemäß § 173 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 570 Abs. 3 ZPO die Vollziehung der zugunsten des Antragstellers getroffenen einstweiligen Anordnung auf Zugänglichmachung der genannten Erlasse des Antragsgegners bis zu einer Entscheidung über die Beschwerde ausgesetzt.

II.

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Die Beschwerde des Antragsgegners ist zulässig (dazu 1.) und begründet (dazu 2.).

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1. Die Beschwerde des Antragsgegners ist fristgerecht eingelegt und begründet worden; der erforderliche Beschwerdeantrag liegt ebenfalls vor. Entgegen der Ansicht des Antragstellers genügt die Beschwerdebegründung den sich aus § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO ergebenden Darlegungsanforderungen. Der Antragsgegner hat sich im Einzelnen mit den Erwägungen des Verwaltungsgerichts zu den streitentscheidenden Fragen, ob seine im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie gefertigten Erlasse Umweltinformationen im Sinne von § 3 Satz 1 NUIG in Verbindung mit § 2 Abs. 3 UIG beinhalten und ob dem Antragsteller besonders schwere Nachteile im Fall der Nichtzugänglichmachung der Erlasse im Wege einer einstweiligen Anordnung drohen, auseinandergesetzt und in substantiierter Weise (vgl. zu den Anforderungen allgemein Guckelberger, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 146 Rn. 71 ff. m.w.N.) ausgeführt, dass und warum aus seiner Sicht den Ausführungen des Verwaltungsgerichts nicht zu folgen ist. Ob die Beschwerdebegründung den Beschwerdeantrag in der Sache trägt, ist keine Frage der Zulässigkeit, sondern der Begründetheit der Beschwerde.

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2. Die Beschwerde des Antragsgegners ist begründet. Das Beschwerdevorbringen des Antragsgegners, auf das der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO bei seiner Überprüfung beschränkt ist, rechtfertigt die Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung.

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Das Verwaltungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Zugänglichmachung von Umweltinformationen nach dem Umweltinformationsgesetz bereits im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes gemäß § 123 Abs. 1 VwGO zu einer Vorwegnahme der Hauptsache führt, sodass ein hoher Grad an Wahrscheinlichkeit für einen Erfolg auch in der Hauptsache - Anordnungsanspruch - bestehen muss. Das ist entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht der Fall. Dem Antragsteller steht ein Anspruch auf Zugänglichmachung der Erlasse des Antragsgegners auf der Grundlage des Umweltinformationsrechts (dazu a) und auch auf einer anderen Rechtsgrundlage (dazu b) nicht zu.

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a) Nach § 3 Satz 1 NUIG hat jede Person, ohne ein Interesse darlegen zu müssen, nach Maßgabe dieses Gesetzes - vorbehaltlich der in § 3 Satz 2 NUIG in Verbindung mit den §§ 8 und 9 UIG geregelten Ausnahmetatbestände zum Schutz öffentlicher und sonstiger Belange - einen Anspruch auf Zugang zu Umweltinformationen, über die eine informationspflichtige Stelle verfügt. Der Begriff der Umweltinformation ist in §§ 2 Abs. 5 NUIG, 2 Abs. 3 UIG abschließend gesetzlich definiert (vgl. Reidt/Schiller, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand des Gesamtwerks: September 2019, § 2 UIG Rn. 31 m.w.N.). Die von dem Antragsteller begehrten Erlasse des Antragsgegners stellen keine solchen Umweltinformationen im Sinne des hier allein in Betracht kommenden § 2 Abs. 3 Nr. 1 bis 3 oder 6 UIG dar. Es fehlt bereits an dem nach allen vorbezeichneten Regelungen nötigen Bezug der Erlasse zu einem Umweltbestandteil im Sinne des § 2 Abs. 3 Nr. 1 UIG (dazu unter aa). Zudem liegen auch die sonstigen Erfordernisse des § 2 Abs. 3 Nr. 1 bis 3 oder 6 UIG nicht vor (dazu unter bb).

9

aa) Umweltinformationen nach den vorbezeichneten Bestimmungen sind nur solche Informationen, die einen jeweils näher bestimmten Bezug zu einem Umweltbestandteil im Sinne von § 2 Abs. 3 Nr. 1 UIG aufweisen. Umweltbestandteile sind alle Umweltgüter wie insbesondere Luft und Atmosphäre, Wasser, Boden, Landschaft und natürliche Lebensräume einschließlich Feuchtgebiete, Küsten- und Meeresgebiete, die Artenvielfalt und ihre Bestandteile, einschließlich gentechnisch veränderter Organismen, sowie die Wechselwirkungen zwischen diesen Bestandteilen. Ausgehend von einem weiten Begriffsverständnis der Umweltinformationsrichtlinie (Amtsbl. Nr. L 041 v. 14.2.2003, S. 26) - im Folgenden: UIRL - ist der Begriff der Umweltbestandteile weit auszulegen (vgl. BVerwG, Urt. 30.1.2020 - 10 C 11.19 -, juris Rn. 22). Der Begriff erfasst sämtliche Umweltgüter und beschränkt sich - wie die Einbeziehung gentechnisch veränderter Organismen belegt - nicht auf die natürliche Umwelt, sondern legt einen erweiterten Umweltbegriff, der von einer vom Menschen beeinflussten Umwelt ausgeht, zugrunde (vgl. Reidt/Schiller, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand des Gesamtwerks: September 2019, § 2 UIG Rn. 33).

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Als von den Erlassen betroffenen Umweltbestandteil hat das Verwaltungsgericht die Luft bezeichnet, weil die Erlasse darauf ausgerichtet seien, die Viren- und Aerosolbelastung vor allem der Luft in den Bereichen, in denen sich Bedienstete und/oder Besucher aufhalten, zu verringern. Die Erlasse betreffen daher die Luft in den Gebäuden der niedersächsischen Justiz. Die Innenraumluft stellt jedoch bereits keine „Luft“ im Sinne von § 2 Abs. 3 Nr. 1 UIG und damit keinen Umweltbestandteil dar (zutreffend Fluck/Theuer, in: Fluck/Fischer/Martini, Informationsfreiheitsrecht, Stand des Gesamtwerks: Juli 2017, § 2 UIG Rn. 280; a.A. OVG A-Stadt-Brandenburg, Beschl. v. 9.2.2015 - OVG 12 N 11.14 -, juris Rn. 5). Das in der vorgenannten Bestimmung verwendete Begriffspaar von „Luft und Atmosphäre“ erfasst (lediglich) die gesamte Lufthülle der Erde mit ihrem Gasgemisch in ihrer vertikalen Ausdehnung (Reidt/Schiller, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand des Gesamtwerks: September 2019, § 2 UIG , § 2 UIG Rn. 33). Dazu gehören die Troposhäre (sogenannte Wetterschicht mit Wind, Temperatur und Niederschlag) und die Stratosphäre mit insbesondere der Ozonschicht (Karg, Umweltinformationsgesetz, in: Gersdorf/Paal, Informations- und Medienrecht, 2014, § 2 UIG Rn. 81). Entscheidend ist, dass die Luft Bestandteil der Umwelt im Sinne der umweltrechtlichen Bestimmungen des nationalen, europäischen und internationalen Rechts sein muss. Daran fehlt es bei der in einem Innenraum gebundenen Luft, weil diese den menschlichen Nahbereich - vergleichbar der Quelle innerhalb einer Anlage im Sinne des Immissionsschutzrechts - noch nicht verlassen und deshalb noch nicht Bestandteil der Umwelt in diesem Sinne geworden ist.

11

Das umweltrechtliche Verständnis des Begriffs der Luft zeigt sich beispielhaft in Art. 2 Nr. 1 der Richtlinie 2008/50/EG vom 21. Mai 2008 über Luftqualität und saubere Luft für Europa (ABl. L 152 v. 11.6.2008, S. 1, geändert durch Richtlinie 2015/1480/EU v. 28.8.2015, ABl. L 226, S. 4). Luft ist danach die Außenluft in der Troposphäre mit Ausnahme von Arbeitsstätten im Sinne der Richtlinie 89/654/EWG, an denen Bestimmungen für Gesundheitsschutz und Sicherheit am Arbeitsplatz gelten und zu denen die Öffentlichkeit normalerweise keinen Zugang hat. Die Innenraumluft ist demzufolge umfassend ausgeschlossen. Gleiches gilt im nationalen Rahmen nach Maßgabe des Bundesimmissionsschutzgesetzes, das nach § 1 Abs. 1 BImSchG unter anderem dem Schutz der Atmosphäre dient und deshalb Luftverunreinigungen vermeiden will (vgl. § 3 Abs. 3 und 4 BImSchG). Das sind allerdings nur solche Verunreinigungen, die den Innenbereich der Anlage verlassen haben. Die Innenraumluft wird insbesondere vom Arbeitsstättenrecht, nicht aber vom Immissionsschutzrecht erfasst (vgl. Jarass, BImSchG, 12. Aufl. 2017, § 3 Rn. 42). Auch der Luftbegriff des Rechts der Umweltverträglichkeitsprüfung (vgl. § 2 Abs. 1 Nr. 3 UVPG) erfasst die Innenraumluft nicht, denn Luft im Sinne dieses Gesetzes ist ebenfalls nur das die Atmosphäre der Erde bildende Gasgemisch in seiner vertikalen Ausdehnung über der Erdoberfläche (vgl. Hamacher, in: Schink/Reidt/Mitschang, UVPG/UmwRG, 2018, § 2 Rn. 24).

12

Tragfähige Anhaltspunkte dafür, dass dem Begriff der Luft im Sinne von Art. 2 Nr. 1 lit. a UIRL bzw. § 2 Abs. 3 Nr. 1 UIG ein über das übliche umweltrechtliche Begriffsverständnis hinausgehender Inhalt beigemessen werden könnte, bestehen nicht. Im Gegenteil ist den Erwägungsgründen der UIRL zu entnehmen, dass die Richtlinie dem Umweltschutz dienen soll. Das legt nahe, die verwendeten Begriffe - soweit keine eigenständigen Begriffsdefinitionen vorhanden sind - im Sinne des allgemeinen und besonderen Umweltrechts auslegen. Nichts anderes folgt auch aus dem völkervertragsrechtlichen Hintergrund des Übereinkommens über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten vom 25. Juni 1998 (Aarhus-Konvention). Richtig ist zwar, dass das Handbuch zur Umsetzung der Konvention ausführt, die Konvention lade die Vertragsstaaten ein, dem Begriff der Luft ein weiteres, auch die Innenraum- und Arbeitsraumluft einschließendes Verständnis zugrunde zu legen (UNECE, The Aarhus Convention, An Implementation Guide, 2nd Edition 2014, S. 51; dazu OVG A-Stadt-Brandenburg, Beschl. v. 9.2.2015 - OVG 12 N 11.14 -, juris Rn. 6). Diese „Einladung“ haben jedoch weder der europäische noch der nationale Gesetzgeber angenommen, indem sie den Begriff der Luft in seinem üblichen umweltschutzbezogenen Verständnis zugrunde gelegt und keine erweiternde Auslegung im Sinne einer Einbeziehung der Innenraumluft festgeschrieben haben. Ist damit aber die von den Erlassen betroffene Innenraumluft kein Umweltbestandteil, bewegt sich der Antragsgegner mit seinen Regelungen schon im Ausgangspunkt außerhalb des Anwendungsbereichs des Umweltinformationsrechts.

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bb) Selbst wenn man aber mit dem Verwaltungsgericht davon ausgeht, dass auch die Innenraumluft einen Umweltbestandteil im Sinne von § 2 Abs. 3 Nr. 1 UIG darstellt, verfügt der Kläger über keinen Informationsanspruch. Denn die weiteren Voraussetzungen der in Betracht kommenden Regelungen des § 2 Abs. 3 Nr. 1 bis 3 und 6 UIG sind nicht erfüllt.

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(1) § 2 Abs. 3 Nr. 1 UIG erfasst Daten über den Zustand von Umweltbestandteilen; das sind solche Daten, die die gegenwärtige oder gegebenenfalls auch vergangene Beschaffenheit von Umweltbestandteilen beschreiben oder bewerten. Solche Informationen enthalten die begehrten Erlasse nicht.

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(2) Auch § 3 Abs. 3 Nr. 3 UIG ist nicht einschlägig. Die Vorschrift erfasst Maßnahmen oder Tätigkeiten, die (a) sich unter anderem auf die Umweltbestandteile im Sinne der Nr. 1 auswirken oder wahrscheinlich auswirken oder (b) den Schutz von Umweltbestandteilen im Sinne der Nr. 1 bezwecken. Beides ist nicht der Fall.

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(a) Die Erlasse wirken sich nicht (wahrscheinlich) auf Umweltbestandteile im Sinne des § 2 Abs. 3 Nr. 1 UIG aus. Ob sich Maßnahmen oder Tätigkeiten auf Umweltbestandteile auswirken bzw. wahrscheinlich auswirken können, kann unter Berücksichtigung des Zwecks der Umweltinformationsrichtlinie, Transparenz zwischen Bürger und Staat in Angelegenheiten des Umweltschutzes zu schaffen, in Anlehnung an den allgemeinen ordnungsrechtlichen Wahrscheinlichkeitsmaßstab der hinreichenden Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts festgestellt werden. Danach muss ein sicherer Nachweis nachteiliger Auswirkungen nicht erbracht werden; es genügt die Möglichkeit einer Beeinträchtigung von Umweltbestandteilen oder -faktoren (vgl. BVerwG, Urt. v. 8.5.2019 - 7 C 28.17 -, juris Rn. 17 m.w.N.). Nachteilige Auswirkungen auf Umweltbestandteile haben die begehrten Erlasse offensichtlich nicht.

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(b) Die Erlasse bezwecken auch nicht den Schutz von Umweltbestandteilen. Hinsichtlich des Schutzes von Umweltbestandteilen gemäß § 2 Abs. 3 Nr. 3 b UIG ist ein solcher bezweckt, wenn die Maßnahme oder Tätigkeit der Erhaltung oder der Verbesserung der Umweltbestandteile dient. Der Schutz muss nicht der Hauptzweck sein, sodass sowohl unmittelbar als auch mittelbar den Umweltschutz fördernde Aktivitäten erfasst werden (BVerwG, Urt. v. 25.03.1999 - 7 C 21.98 -, juris Rn. 27 f.). Erforderlich ist aber eine hinreichend enge Beziehung zwischen der jeweiligen Tätigkeit oder Maßnahme und dem angestrebten Erfolg für die Umwelt. Dabei ist zu beachten, dass die Umweltinformationsrichtlinie und infolgedessen auch die zur Umsetzung dieser Richtlinie erlassenen nationalen Regelungen nicht ein allgemeines und unbegrenztes Zugangsrecht zu allen bei einer Behörde verfügbaren Informationen gewähren, die auch nur den geringsten Bezug zu einem der genannten Umweltgüter aufweisen (so bereits EuGH, Urt. v. 12.6.2003 - C-316/01 -, juris Rn. 25 zur Vorgängerrichtlinie 90/313/EWG; Senatsurt. v. 27.2.2018 - 2 LC 58/17 -, juris Rn. 33).

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Nach diesen Maßgaben bezwecken die Erlasse weder unmittelbar noch mittelbar den Schutz von Umweltbestandteilen, und zwar auch dann nicht, wenn man die Innenraumluft als Umweltbestandteil betrachtet. Zielrichtung der Erlasse ist es, die Funktionsfähigkeit der niedersächsischen Justiz unter Pandemiebedingungen aufrechtzuerhalten und damit der staatlichen Pflicht zur Justizgewährung zu genügen. Weiteres Ziel ist - der Antragsgegner hat zu Recht darauf hingewiesen - der Arbeits- und Gesundheitsschutz als Ausdruck der staatlichen Pflicht zur Fürsorge für Leben und Gesundheit seiner Beschäftigten sowie der Besucher. Zu diesem Zweck enthalten die Erlasse - wie der Antragsgegner zu Recht betont hat - eine Vielzahl verschiedener Regelungen, darunter solche, die das Infektionsrisiko innerhalb der Gerichtsgebäude begrenzen sollen. Diesem Ziel dienen unter anderem Zutrittsbeschränkungen, Vorgaben für das Verhalten innerhalb der Justizgebäude, Regelungen zur Gestaltung des Home-Office, Einlasskontrollen, Kontaktinformationen für Justizbeschäftigte und Abstandsregelungen. Insgesamt sollen Ansteckungen jeder Art - Schmierinfektionen, Tröpfcheninfektionen und auch mögliche Infektionen durch die Inhalation aerosolbelasteter Luft - vermieden werden.

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Richtig ist, dass zur Umsetzung dieser auf die Aufrechterhaltung der Staatsfunktion Justiz einerseits und den Gesundheits- und Arbeitsschutz andererseits bezogenen Zielsetzung die Luft als Übertragungsweg in den Blick geraten ist und die Maßnahmen deshalb auch darauf abzielen, eine Verbreitung von Viren von Mensch zu Mensch durch die Luft zu verhindern. Diese Zielsetzung macht die Erlasse jedoch nicht zu Maßnahmen, die - und sei es nur mittelbar - den Schutz von Umweltbestandteilen bezwecken. Wie bereits ausgeführt, muss der Umweltbezug einer Maßnahme eine gewisse Intensität erreichen; eine einfache Berührung von Umweltgütern genügt nicht. Die Maßnahme zielt daher nicht im Rechtssinne auf die Reinhaltung der Luft ab, sondern nimmt sie nur insoweit in den Fokus, als es um die unmittelbare Übertragung des Coronavirus von Mensch zu Mensch geht. Ebenso wie eine Regelung, die die Kennzeichnung genveränderter Lebensmittel betrifft (vgl. EuGH, Urt. v. 12.6.2003 - C-316/01 -, juris Rn. 29 ff.), reicht das für den notwendigen Bezug zu einem Umweltgut nicht aus. Zum Ziel des Schutzes von Umweltgütern besteht nur noch ein entfernter „beiläufiger“ Zusammenhang, der es auch unter der gebotenen Zugrundelegung eines weiten Begriffsverständnisses nicht rechtfertigt, die Erlasse als umweltschützende Maßnahmen zu betrachten.

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(3) Die Fallgruppe des § 2 Abs. 3 Nr. 2 UIG ist ebenfalls nicht einschlägig. Nach dieser Vorschrift sind Umweltinformationen alle Daten unter anderem über Emissionen von Stoffen in die Umwelt, die sich auf die Umweltbestandteile im Sinne des § 2 Abs. 3 Nr. 1 UIG auswirken oder wahrscheinlich auswirken. Der Emissionsbegriff umfasst zwar auch Tröpfchen und Aerosole. Nach allgemeiner Ansicht sind Emissionen aber nur Stoffe, die in die Umwelt entlassen werden und die damit notwendigerweise die Anlage verlassen haben, in der sie entstanden sind. Soweit hier von Interesse, ist unter einer Umweltinformation über Emissionen ausschließlich die Information darüber zu verstehen, welche Stoffe in welcher Menge eine Anlage verlassen und in diesem Sinne in die Umwelt - hier unter Zurückstellung der eingangs genannten Bedenken die Luft - freigesetzt werden. Hingegen fallen unter den Begriff der Umweltinformation über Emissionen nicht Informationen über Vorgänge innerhalb der Anlage, durch die die später in die Umwelt abgegebenen Stoffe entstehen oder deren Zusammensetzung und Menge beeinflusst werden (BVerwG, Urt. v. 24.9.2009 - 7 C 2.09 -, juris Rn. 40 ff.).

21

Im vorliegenden Fall geht es nicht um Daten über die Freisetzung des Corona-Virus in die Außenumgebung. Diese Erkenntnis bestätigt im Übrigen die obige Auslegung des Luft-Begriffs: Da umweltbelastende Faktoren nur Emissionen sind, die eine Freisetzung in die Umgebung erfordern, ist es nur folgerichtig, als „Luft“ im Sinne des Umweltinformationsrechts nur die Außenluft anzusehen.

22

(4) Gleiches gilt für die Fallgruppe des § 2 Abs. 3 Nr. 6 UIG. Hier sind Daten über den Zustand der menschlichen Gesundheit und Sicherheit, die Lebensbedingungen des Menschen, soweit sie jeweils vom Zustand der Umweltbestandteile im Sinne des § 2 Abs. 3 Nr. 1 UIG oder von Faktoren, Maßnahmen oder Tätigkeiten im Sinne des § 2 Abs. 3 Nr. 2 und Nr. 3 betroffen sind oder sein können, angesprochen. Auch diese Begriffe sind zwar weit zu verstehen, sodass auch die Luftqualität und die Arbeitsbedingungen sowie der Schutz vor gesundheitsgefährdenden Substanzen und Faktoren erfasst sind (Reidt/Schiller, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand des Gesamtwerks: September 2019, § 2 UIG Rn. 50 m.w.N.). Aber auch hier gilt, dass es vorliegend nicht um „Daten“ zur Belastung des Arbeitsplatzes in den Gerichtsgebäuden und damit nicht um solche der Lebens- und Arbeitsbedingungen geht.

23

b) Auf andere Anspruchsgrundlagen kann sich der Antragsteller ebenfalls nicht berufen. Das Verbraucherinformationsgesetz ist bereits deshalb nicht einschlägig, weil es vorliegend nicht um Daten über Erzeugnisse und Verbraucherprodukte im Sinne des
§ 1 VIG geht. Dies sieht der Antragsteller offensichtlich ebenso, da er sich abgesehen von einem kurzen und lediglich pauschalen Hinweis in seinem Antrag vom 14. April 2020 im Folgenden weder im erstinstanzlichen noch im zweitinstanzlichen Verfahren auf diese Rechtsgrundlage berufen hat. Ein Anspruch auf der Grundlage des Landespresserechts gemäß § 4 Abs. 1 NPresseG geht lediglich auf die Erteilung von Auskünften, nicht aber - wie vom Antragsteller geltend gemacht - auf die Zugänglichmachung interner Unterlagen wie hier der Erlasse. Im Übrigen ist der Antragsgegner ausweislich seiner Beschwerdebegründung ohne Weiteres bereit, etwaige Presseanfragen des Antragstellers zu beantworten, sodass es im Ergebnis nicht auf die Frage ankommt, ob eine Auskunftserteilung als Minus in dem Antrag des Antragstellers auf Zugänglichmachung enthalten ist oder ob jene gegenüber diesem etwas anderes und damit ein Aliud darstellt, dass vorliegend nicht streitgegenständlich ist.

24

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 47 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 2 GKG.

25

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

 


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