Beschluss vom Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht (13. Senat) - 13 PA 226/22
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Hannover - Einzelrichterin der 5. Kammer - vom 16. August 2022 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens. Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.
Gründe
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I. Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Hannover - Einzelrichterin der 5. Kammer - vom 16. August 2022 bleibt ohne Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das erstinstanzliche Klageverfahren zu Recht abgelehnt.
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1. Nach § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO ist einer Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht aufbringen kann, Prozesskostenhilfe zu gewähren, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.
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Hier fehlt der Rechtsverfolgung des Klägers die erforderliche Erfolgsaussicht. Denn nach der im Prozesskostenhilfeverfahren unter Berücksichtigung des Zwecks der Prozesskostenhilfe (vgl. zu im Hauptsacheverfahren einerseits und im Prozesskostenhilfeverfahren andererseits anzulegenden unterschiedlichen Maßstäben: BVerfG, Beschl. v. 8.7.2016 - 2 BvR 2231/13 -, juris Rn. 10 ff. m.w.N.) nur vorzunehmenden summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage (vgl. BVerfG, Beschl. v. 26.2.2007 - 1 BvR 474/05 -, NVwZ-RR 2007, 361, 362 - juris Rn. 11) ist seine Klage auf Aufhebung des Bescheids der Beklagten vom 30. Juni 2020 (Blatt 5 ff. der Gerichtsakte) über die Feststellung des Verlusts des Rechts des Klägers auf Einreise und Aufenthalt und die Abschiebungsandrohung sowie auf Verpflichtung der Beklagten zur Ausstellung einer Aufenthalts- oder Daueraufenthaltskarte voraussichtlich unbegründet. Der Senat macht sich die zutreffenden Erwägungen des angefochtenen Beschlusses vom 16. August 2022 und des Nichtabhilfebeschlusses vom 29. August 2022 zu eigen und verweist deshalb auf sie (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO). Das Beschwerdevorbringen rechtfertigt keine andere Entscheidung.
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Die Verteilung der Beweislast durch das Verwaltungsgericht ist nicht zu beanstanden. Zwar gilt für alle Unionsbürger und ihre Familienangehörigen die Freizügigkeitsvermutung. Im Streitfall obliegt den Unionsbürgern und ihren Angehörigen allerdings die Nachweispflicht der die Freizügigkeit begründenden Voraussetzungen (vgl. Hailbronner, Ausländerrecht, § 2 FreizügG/EU Rn. 192, Stand: Januar 2021; Oberhäuser, in: Hofmann, Ausländerrecht, 2. Aufl. 2016, Rn. 4). Denn es handelt sich um Tatbestandsvoraussetzungen, die eine dem Ausländer günstige Rechtsfolge nach sich ziehen. Dies gilt auch dann, wenn sie - wie hier im Rahmen des § 5 Abs. 4 FreizügG/EU - negative Voraussetzung einer Eingriffsnorm sind (a.A. Geyer, in Hofmann, a.a.O., § 5 FreizügG/EU Rn. 16, allerdings unter verfehltem Hinweis auf die Begründung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung, Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Freizügigkeitsgesetzes/EU und weiterer aufenthaltsrechtlicher Vorschriften, BT-Drs. 17/10746, S. 9, die die spezielle Missbrauchsregelung des § 2 Abs. 7 FreizügG/EU zum Gegenstand hat). Es kommt hinzu, dass es sich bei den entscheidungserheblichen Umständen um solche aus dem persönlichen Lebensbereich des Unionsbürgers oder seiner Familienangehörigen handelt.
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Wie das Verwaltungsgericht zutreffend festgestellt hat, kommt es bei der Frage des behaupteten Daueraufenthaltsrechts nach § 4a Abs. 1 Satz 2 FreizügG/EU darauf an, ob sich der Kläger mit seiner polnischen Ehefrau fünf Jahre lang ständig rechtmäßig im Sinne des Freizügigkeitsrechts (vgl. Gesetzentwurf der Bundesregierung, Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Freizügigkeitsgesetzes/EU und weiterer Vorschriften, BT-Drs. 18/2581, S. 16; Niedersächsisches OVG, Beschl. v. 11.7.2013 - 8 LA 148/12 -, juris Rn. 12 ff., insb. Rn. 17) im Bundesgebiet aufgehalten hat. Dies hat der Kläger hinsichtlich seiner Ehefrau bislang nicht nachvollziehbar dargelegt. Für eine schutzwürdige Vertrauensbetätigung des Klägers in den fünfjährigen Besitz der ohnehin nur deklaratorischen Aufenthaltskarte ist schon deshalb kein Raum, weil es sich bei dem Aufenthalt seiner Ehefrau - wie bereits ausgeführt - um einen Umstand aus dem persönlich-familiären Bereich des Klägers handelt, der seiner unmittelbaren Kenntnis unterliegt.
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Die Ausführungen der Beschwerdebegründung zur internationalen Zuständigkeit für das bislang nicht eingeleitete Scheidungsverfahren des Klägers liegen neben der Sache. An keiner Stelle des angefochtenen Beschlusses wird ausgeführt, dass es im Hinblick auf ein mögliches selbstständiges Aufenthaltsrecht des Klägers nach § 3 Abs. 4 FreizügG/EU auf die Durchführung eines Scheidungsverfahrens gerade in Deutschland ankommt. Im Übrigen ist den Ausführungen des Verwaltungsgerichts nichts hinzuzufügen.
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2. Für eine Beiordnung der Prozessbevollmächtigten des Klägers nach § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 121 Abs. 2 ZPO ist ebenfalls kein Raum.
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II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO und § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 127 Abs. 4 ZPO. Ein Streitwert ist nicht festzusetzen. Für die Höhe der Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens gilt der streitwertunabhängige Kostentatbestand in Nr. 5502 der Anlage 1 (Kostenverzeichnis) zum Gerichtskostengesetz (vgl. zur Entstehung von Gerichtskosten bei Zurückweisung einer PKH-Beschwerde: Senatsbeschl. v. 28.3.2019 - 13 PA 65/19 -, juris Rn. 3).
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Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).
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Referenzen
- 13 PA 65/19 1x (nicht zugeordnet)
- VwGO § 154 1x
- 1 BvR 474/05 1x (nicht zugeordnet)
- VwGO § 152 1x
- ZPO § 127 Entscheidungen 1x
- ZPO § 121 Beiordnung eines Rechtsanwalts 1x
- 8 LA 148/12 1x (nicht zugeordnet)
- ZPO § 114 Voraussetzungen 1x
- VwGO § 122 1x
- 2 BvR 2231/13 1x (nicht zugeordnet)
- VwGO § 166 3x