Beschluss vom Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen - 6 B 1125/14
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 2.500,00 Euro festgesetzt.
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Gründe:
2Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
3Aus den zu ihrer Begründung dargelegten Gründen, die der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO allein zu prüfen hat, ergibt sich nicht, dass das Verwaltungsgericht dem erstinstanzlich gestellten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hätte entsprechen müssen.
4Das Verwaltungsgericht hat im Wesentlichen ausgeführt, der wörtlich auf Aufhebung der Anordnung einer amtsärztlichen Untersuchung der Antragstellerin durch die Antragsgegnerin vom 30. Mai 2014, hilfsweise Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Neubescheidung gerichtete Antrag sei nicht statthaft, da diese Entscheidungen einem Hauptsacheverfahren vorbehalten seien. Der Antrag könne aber als Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 123 Abs. 1 VwGO, gerichtet auf die vorläufige Untersagung der amtsärztlichen Untersuchung, verstanden werden. Als solcher sei er zulässig, aber unbegründet. Die Antragstellerin habe einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht. Die auf § 29 Abs. 5 Satz 1 BeamtStG zu stützende Anordnung der amtsärztlichen Untersuchung sei nach summarischer Prüfung nicht zu beanstanden. Sie unterliege als Ermessensentscheidung der nur eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle. Ein Ermessensfehler könne bei einer Sachlage vorliegen, in der es die Fürsorgepflicht des Dienstherrn unter Berücksichtigung der Belange und Interessen des Beamten gebiete, von einer erneuten Untersuchung Abstand zu nehmen. Dies werde bei irreversibler Dienstunfähigkeit angenommen, wenn bereits aussagekräftige privatärztliche Befunde über ein Krankheitsbild vorlägen, an deren (fortgeltender) Richtigkeit keine vernünftigen Zweifel bestehen könnten. So liege es hier aber nicht.
5Diesen näher begründeten Erwägungen setzt das Beschwerdevorbringen nichts Durchgreifendes entgegen.
6Soweit mit der Beschwerde erneut die Aufhebung der Untersuchungsanordnung sowie die Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Neuentscheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts beantragt wird, hat schon das Verwaltungsgericht zutreffend darauf hingewiesen, dass ein solcher Antrag im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nicht statthaft und damit unzulässig ist. Dem ist noch hinzuzufügen, dass der Antrag, soweit er auf Neuentscheidung gerichtet ist, auch im Hauptsacheverfahren unzulässig wäre. Ausgehend von der in der wörtlichen Antragsfassung zum Ausdruck kommenden Rechtsauffassung, die Untersuchungsanordnung sei ein Verwaltungsakt (§ 35 VwVfG), könnte allein deren Aufhebung verlangt werden (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO), nicht aber eine Neubescheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts. Sie sieht das Gesetz allein bei der Verpflichtungsklage vor (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO).
7Im Ergebnis kann offen bleiben, ob die Beschwerde wegen des unstatthaften Antrages bereits unzulässig ist oder ob sie durch Auseinandersetzung mit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts noch in hinreichender Weise zu erkennen gibt, dass der im erstinstanzlichen Verfahren durch Auslegung gewonnene (zulässige) Antrag weiterverfolgt werden soll. Denn dieser Antrag stellt sich auch in Würdigung des Beschwerdevorbringens als unbegründet dar.
8Das Verwaltungsgericht ist davon ausgegangen, dass die im Streit stehende Anordnung auf § 29 Abs. 5 Satz 1 BeamtStG gestützt werden kann. Danach ist der Ruhestandsbeamte verpflichtet, sich nach Weisung der zuständigen Behörde ärztlich untersuchen zu lassen. Ob eine solche Anordnung ergeht, stehe im Ermessen dieser Behörde, hier der Antragsgegnerin. Dieser rechtliche Ansatzpunkt wird von der Beschwerde nicht in Zweifel gezogen.
9Die Antragstellerin meint allerdings, dass die Antragsgegnerin ihr Ermessen fehlerhaft ausgeübt habe (§ 40 VwVfG NRW, § 114 Satz 1 VwGO). Die insoweit unter Bezugnahme auf einen früheren Senatsbeschluss vorgebrachten Rügen greifen aber nicht durch.
10Wie der Senat in dem Beschluss ausgeführt hat, gebietet es die Fürsorgepflicht, dass der Dienstherr auf Belange und Interessen des Beamten hinreichend Rücksicht nimmt, also weder bei irreversibler Dienstunfähigkeit eine erneute amtsärztliche Untersuchung zur Prüfung der Dienstfähigkeit anordnet noch dann, wenn bereits aussagekräftige privatärztliche Befunde über ein Krankheitsbild vorliegen, an deren fortgeltender Richtigkeit keine vernünftigen Zweifel bestehen können. Als Beispiel für eine solche Sachlage ist eine Querschnittslähmung genannt worden.
11Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 17. Dezember 2013 - 6 B 1249/13 -, juris, Rn. 12 ff.
12Eine damit vergleichbare Fallgestaltung zeigt die Beschwerde nicht auf. Die mit ihr vorgelegten privatärztlichen Bescheinigungen legen zwar nahe, dass die Antragstellerin (weiterhin) an einer Vielzahl körperlicher und psychischer Beschwerden leiden dürfte. Einen sicheren Schluss auf das Fortbestehen ihrer Dienstunfähigkeit erlauben sie aber nicht, zumal die Richtigkeit der in ihnen gemachten Angaben bisher nicht amtsärztlich überprüft wurde. Der im Beschwerdeverfahren um Stellungnahme gebetene Amtsarzt des Kreises F. geht „davon aus, dass weiterhin Dienstunfähigkeit besteht“, fügt dem jedoch ausdrücklich „einschränkend“ hinzu, „dass gemäß den Ausführungen des Arbeitskreises Qualitätssicherung im amtsärztlichen Gesundheitswesen NRW für die Feststellung der Dienstunfähigkeit eine Ganzkörperuntersuchung zwingend erforderlich ist“ (Schreiben vom 11. Dezember 2014). Die Ganzkörperuntersuchung ist durch den Amtsarzt selbst vorzunehmen und setzt daher, anders als die Antragstellerin zu meinen scheint (Schriftsatz vom 10. Februar 2015), ihre persönliche Vorstellung bei diesem voraus. Ausgehend hiervon ist die Anordnung einer solchen Untersuchung im Ausgangspunkt ermessensgerecht.
13Soweit die Antragstellerin demgegenüber darauf abstellt, die Antragsgegnerin habe die streitige Anordnung deshalb erlassen, weil sie hierzu in einem Schreiben der S. Versorgungskassen vom 14. Mai 2014 aufgefordert worden sei, ergibt sich hieraus kein Ermessensfehler. Es ist nicht ersichtlich, dass die Antragsgegnerin zuvor die von der Antragstellerin vermisste „eigene Prüfung“ hätte vornehmen müssen und was Inhalt einer solchen Prüfung gewesen sein könnte. Insbesondere war die Antragsgegnerin nicht gehalten, privatärztliche Befundberichte bei der Antragstellerin anzufordern. Dies zeigt sich schon am weiteren Verlauf des Verfahrens. Die von der Antragstellerin beigebrachten Stellungnahmen ihrer behandelnden Ärzte haben inzwischen dem Amtsarzt vorgelegen, ohne dass dieser sich imstande sah, alleine nach den schriftlichen Unterlagen eine zuverlässige Aussage über die Dienstfähigkeit der Antragstellerin abzugeben.
14Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
15Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 1 und 2 GKG.
16Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
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Referenzen
- VwVfG § 40 Ermessen 1x
- VwGO § 113 2x
- VwGO § 123 1x
- VwGO § 152 1x
- VwGO § 114 1x
- VwVfG § 35 Begriff des Verwaltungsaktes 1x
- VwGO § 154 1x
- §§ 47 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 1 und 2 GKG 4x (nicht zugeordnet)
- §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG 2x (nicht zugeordnet)
- 6 B 1249/13 1x (nicht zugeordnet)
- BeamtStG § 29 Wiederherstellung der Dienstfähigkeit 2x