Beschluss vom Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen - 1 B 1428/18
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen zu 7. Die außergerichtlichen Kosten der übrigen Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.
Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf die Wertstufe bis 10.000,00 Euro festgesetzt.
1
G r ü n d e
2Die Beschwerde, mit der der Antragsteller den erstinstanzlich abgelehnten Antrag,
3der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu untersagen, acht der im Rahmen der Beförderungsrunde 2017/2018 zu besetzenden Beförderungsplanstellen der Besoldungsgruppe A 9_vz BBesO auf der Beförderungsliste „DTTS_T“ mit den Beigeladenen oder anderen Beamten zu besetzen und diese zu befördern, bis erneut über sein Beförderungsbegehren unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts entschieden worden ist,
4weiterverfolgt, ist bereits unzulässig. Das Vorbringen des Antragstellers genügt nicht den nach § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO an eine Beschwerdebegründung zu stellenden Darlegungsanforderungen. Danach muss die Beschwerdebegründung unter anderem die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Erforderlich ist demgemäß, dass der Beschwerdeführer mit seinem (fristgerechten) Beschwerdevorbringen – der Begründungsstruktur der angefochtenen Entscheidung folgend – die dieser Entscheidung zugrunde liegenden tragenden Überlegungen, die er in tatsächlicher und/oder rechtlicher Hinsicht für falsch oder unvollständig hält, genau bezeichnet und sodann im Einzelnen ausführt, warum diese unrichtig sind, welche rechtlichen Konsequenzen sich daraus ergeben und was richtigerweise zu gelten hat. Sofern das Verwaltungsgericht seine Entscheidung auf mehrere selbstständig tragende Gründe gestützt hat, muss das Beschwerdevorbringen die genannten Anforderungen mit Blick auf jeden dieser Gründe erfüllen.
5Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 24. Mai 2018 – 1 B 1095/17 –, juris, Rn. 4 m. w. N.
61. Das Verwaltungsgericht hat zur Ablehnung des Antrags im Wesentlichen ausgeführt: Es könne offen bleiben, ob der Bewerbungsverfahrensanspruch des Antragstellers aufgrund etwaiger Fehler in seiner der Auswahlentscheidung zugrunde gelegten dienstlichen Beurteilung für den Zeitraum vom 1. Juni 2015 bis zum 31. August 2016 oder aus anderen Gründen verletzt sei. Dem Antrag bleibe jedenfalls deswegen der Erfolg versagt, weil der Antragsteller bei einer erneuten Auswahlentscheidung gegenüber den Beigeladenen chancenlos wäre. In den jeweiligen aktuellen Beurteilungen habe der Antragsteller die Gesamtnote "Sehr gut ++" erhalten, die Beigeladenen sämtlich "Hervorragend +". Bei einer Neuerstellung der Beurteilungen habe der Antragsteller keine realistische Chance, ein gleichlautendes oder sogar besseres Ergebnis als die Beigeladenen zu erreichen. Das gelte zunächst im Verhältnis zu den Beigeladenen zu 1. bis 4. und 6. bis 8. Diese hätten wie der Antragsteller sowohl in den Stellungnahmen der unmittelbaren Führungskräfte als auch in den Beurteilungen in sämtlichen Einzelmerkmalen die Bestnote "Sehr gut" erzielt, seien aber höherwertiger (T6 = A 9 [gehobener Dienst] bzw. A 10 BBesO) als der Antragsteller (T5 = A 9 [mittlerer Dienst]) eingesetzt. Auch die textlichen Ausführungen in den Stellungnahmen ließen keine nennenswerten Abweichungen zugunsten des Antragstellers erkennen. Nichts anderes gelte im Ergebnis auch in Bezug auf den Beigeladenen zu 5. Dieser habe zwar in der Stellungnahme der unmittelbaren Führungskraft hinsichtlich der Einzelmerkmale nicht durchgängig ein "Sehr gut" erreicht, sondern zweimal "nur" ein "Gut". In der dienstlichen Beurteilung seien jedoch diese beiden Bewertungen mit Blick auf den deutlich höherwertigen Einsatz (T7 = A 11 BBesO) um eine Notenstufe angehoben worden. Da der Beigeladene zu 5. danach in seiner aktuellen Beurteilung durchgängig in den Einzelmerkmalen mit "Sehr gut" benotet worden und im Gegensatz zum Antragsteller nicht nur um eine, sondern drei Besoldungsgruppen höherwertig eingesetzt sei, sei nicht erkennbar, dass der Antragsteller im Rahmen einer neuen Beurteilung ein zumindest gleichlautendes Gesamtergebnis erhalten könnte.
72. Hiergegen macht der Antragsteller mit der Beschwerde im Wesentlichen geltend: Er sei im Rahmen einer neuerlichen und rechtmäßigen Auswahlentscheidung nicht gegenüber den Beigeladenen chancenlos. Das ganze Beurteilungs- und Notenfindungssystem der Antragsgegnerin sei rechtsfehlerhaft, und die einschlägigen Beurteilungsrichtlinien seien unwirksam. Zudem seien die Beurteilerinnen des Antragstellers mangels erforderlichen Amtsabstandes zum diesem nicht berechtigt gewesen, für ihn eine dienstliche Beurteilung zu erstellen. Weiter sei das vergebene Gesamturteil von "Sehr gut ++" nicht nachvollziehbar. Er habe in allen Einzelmerkmalen die Bestnote "Sehr gut" erzielt, die textlichen Ausführungen hierzu seien äußerst positiv. Daher sei anzunehmen, dass er in einer neuen Beurteilung auch im Gesamturteil das absolute Spitzenprädikat erziele. Die Antragsgegnerin könne sich zur Begründung der schlechteren Gesamtnote nicht darauf berufen, es habe in der Vergleichsgruppe gleich gut beurteilte Beamte gegeben, die jedoch höherwertiger als der Antragsteller eingesetzt seien.
8Dieses Vorbringen verfehlt die oben aufgezeigten Darlegungsanforderungen des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO.
9a. Seine Einwände gegen das Beurteilungssystem der Deutschen Telekom AG als solches und gegen die Beurteilungsberechtigung (Amtsabstand) der involvierten Beurteilerinnen betreffen die vom Verwaltungsgericht ausdrücklich offen gelassene Verletzung des Bewerbungsverfahrensanspruchs und gehen damit an der Argumentation im angegriffenen Beschluss vollständig vorbei. Ungeachtet dessen genügt der Vortrag, das gesamte Beurteilungswesen der Deutschen Telekom AG sei unwirksam, auch deswegen nicht den Darlegungsanforderungen, weil er sich die vom Verwaltungsgericht Frankfurt im Beschluss vom 19. Oktober 2015 – 9 L 2653/15.F – vertretene Rechtsauffassung nur zu eigen zu macht, ohne die rechtliche Argumentation in Grundzügen nachvollziehbar wiederzugeben oder zumindest die in Bezug genommene Entscheidung, die vorliegend – soweit ersichtlich – weder veröffentlicht noch in der Rechtsprechungsdatenbank „juris“ enthalten ist, beizufügen. Darüber hinaus hat der Senat das Beurteilungs- und Benotungssystem der Deutschen Telekom AG u. a. wegen der fehlenden Kongruenz der Notenskalen zwar für problematisch gehalten, er ist indes nicht davon ausgegangen, das Beurteilungssystem sei als solches rechtsfehlerhaft und unwirksam.
10Vgl. hierzu bereits OVG NRW, Beschluss vom 29. Juli 2019 – 1 B 1350/18 –, juris, Rn. 10 bis 12, m. w. N.
11Ferner ist für den Einwand des Antragstellers, den Beurteilerinnen fehle es am nötigen Amtsabstand zum Antragsteller, kein Raum mehr, nachdem die Antragsgegnerin im erstinstanzlichen Verfahren vorgetragen hat, die Beurteilerinnen hätten ein nach Besoldungsgruppe A 11 BBesO bewertetes Amt inne. Der Antragsteller hat im Beschwerdeverfahren keine Gründe von Substanz dargelegt, warum diese Angaben unzutreffend sein sollten.
12Vgl. auch zu diesem Einwand bereits OVG NRW, Beschluss vom 29. Juli 2019 – 1 B 1350/18 –, juris, Rn. 13 ff. (fehlende Darlegungen zur Entscheidungserheblichkeit).
13b. Der weitere Beschwerdevortrag, dem Antragsteller sei aufgrund der bestmöglichen Bewertung der Einzelmerkmale und den positiven textlichen Ausführungen im Gesamtergebnis das absolute Spitzenprädikat (gemeint ist wohl die Notenstufe "Hervorragend ++") zuzuerkennen, setzt sich ebenfalls nicht mit der Begründung des Verwaltungsgerichts auseinander. Dieses hat maßgeblich darauf abgestellt, dass auch sämtliche Beigeladene bei der Bewertung der Einzelmerkmale sowohl in den dienstlichen Beurteilungen als auch in den Stellungnahmen der unmittelbaren Führungskräfte (dort mit Ausnahme des Beigeladenen zu 5.) die Bestnote "Sehr gut" erreicht hätten, jedoch höherwertiger (der Beigeladene zu 5. deutlich höherwertiger) als der Antragsteller eingesetzt seien, weswegen bei einer Zusammenschau dieser beiden Umstände der Antragsteller in einem neuerlichen Auswahlverfahren chancenlos wäre. Darauf geht die Beschwerdebegründung mit dem bloßen Hinweis, das Verwaltungsgericht dürfe seine Ansicht nicht auf den höherwertigen Einsatz der Beigeladenen stützen, nicht hinreichend substantiiert ein. Sie zeigt insbesondere nicht – wie erforderlich – auf, warum es entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts möglich sein soll, dass der Antragsteller bei den bereits auf Bestnote lautenden Einzelbewertungen trotz der niedrigeren Wertigkeit des innegehabten Dienstpostens im Gesamturteil einer neuen Beurteilung die Beigeladenen ein- oder überholen könnte.
14Vgl. im Übrigen zur Zulässigkeit, bei der Prüfung der Chancenlosigkeit auf die Stellungnahmen der Führungskräfte und die Höherwertigkeit der innegehabten Dienstposten als maßgebliche Parameter abzustellen, OVG NRW, Beschluss vom 28. August 2019 – 1 B 593/19 –, juris, Rn. 46.
15Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen zu 7. für erstattungsfähig zu erklären, weil dieser im Beschwerdeverfahren einen Sachantrag gestellt hat und damit auch ein eigenes Kostenrisiko eingegangen ist (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO). Entsprechendes gilt aber nicht für die übrigen Beigeladenen, denn diese haben keine Anträge gestellt.
16Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf den §§ 40, 47 Abs. 1 Satz 1, 53 Abs. 2 Nr. 1 GKG sowie § 52 Abs. 1 i. V. m. Abs. 6 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 bis 4 GKG. Anzusetzen ist demnach im Ergebnis ein Viertel (Reduzierung des Jahresbetrages i. S. v. § 52 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 GKG wegen § 52 Abs. 6 Satz 4 GKG und wegen der im Eilverfahren nur begehrten vorläufigen Sicherung) derjenigen Bezüge (ohne die von§ 52 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 und Satz 3 ausgenommenen Besoldungsbestandteile), welche dem Antragsteller nach Maßgabe des bei Beschwerdeeinlegung (20. September 2018) fiktiv für das angestrebte Amt der Besoldungsgruppe A 9 BBesO bei Zugrundelegung der hier anzunehmenden Erfahrungsstufe 8 im Kalenderjahr 2018 zu zahlen sind. Daraus ergibt sich ein Betrag (3 x 3.332,37 Euro = 9.997,11 Euro), der in die im Tenor festgesetzte Streitwertstufe fällt. Bei der Berechnung der Jahresbezüge kann noch nicht auf das Monatsgehalt abgestellt werden, das für die hier in Rede stehende Besoldungsgruppe und Erfahrungsstufe nach dem vom Deutschen Bundestag am 27. September 2018 beschlossenen Bundesbesoldungs- und -versor-gungsanpassungsgesetz 2018/2019/2020 rückwirkend ab dem 1. März 2018 gilt. Denn das Gesetz war zum Zeitpunkt der Beschwerdeeinlegung am (20. September 2018, wie schon aus dem Datum des Gesetzesbeschlusses geschlossen werden kann, noch nicht im Bundesgesetzblatt veröffentlicht.
17Vgl. hierzu auch OVG NRW, Beschluss vom 29. Juli 2019 – 1 B 1350/18 –, juris, Rn. 32.
18Dieser Beschluss ist hinsichtlich der Streitwertfestsetzung nach den §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG und im Übrigen gemäß § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.
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