Beschluss vom Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen - 21 B 1341/19
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Der Streitwert wird für das erstinstanzliche Verfahren – unter Änderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Köln vom 25. September 2019 – und für das Beschwerdeverfahren jeweils auf 25.000,00 Euro festgesetzt.
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G r ü n d e
2Die Beschwerde des Antragstellers mit den Anträgen,
31. unter Abänderung des angefochtenen Beschlusses dem Antragsgegner im Wege einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO aufzugeben, durch für sofort vollziehbar erklärten Bescheid die Einstellung der Fäll- und Rückarbeiten abseits der befestigten Wege im Stadtwald Bad I. gegenüber der Beigeladenen anzuordnen,
4"absatzLinks">2. hilfsweise: unter Abänderung des angefochtenen Beschlusses dem Antragsgegner im Wege einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO aufzugeben, durch für sofort vollziehbar erklärten Bescheid die einstweilige Einstellung der Fäll- und Rückarbeiten abseits der befestigten Wege im Stadtwald Bad I. bis zum Abschluss einer FFH-Verträglichkeitsprüfung und einem sich anschließenden Abweichungsverfahrens unter ordnungsgemäßer Beteiligung des Antragstellers gegen252;ber der Beigeladenen anzuordnen,
53. hilfsweise: unter Abänderung des angefochtenen Beschlusses dem Antragsgegner im Wege einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO aufzugeben, durch für sofort vollziehbar erklärten Bescheid die einstweilige Einstellung der Fäll-und Rückarbeiten abseits der befestigten Wege im Stadtwald Bad I. bis zum Abschluss eines naturschutzrechtlichen Befreiungsverfahrens unter ordnungsgemäßer Beteiligung des Antragstellers gegenüber der Beigeladenen anzuordnen,
6hat keinen Erfolg. Sein Beschwerdevorbringen, auf dessen Prüfung der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, stellt den erstinstanzlichen Beschluss nicht durchgreifend in Frage.
Das Verwaltungsgericht hat den dort – sinngemäß – gestellten, dem Hauptantrag in diesem Beschwerdeverfahren entsprechenden Antrag,
8dem Antragsgegner im Wege einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO aufzugeben, durch für sofort vollziehbaren Bescheid die Einstellung der Fäll- und Rückarbeiten abseits der befestigten Wege im Stadtwald Bad I. gegenüber der Beigeladenen anzuordnen,
9zu Recht jedenfalls als unbegründet angesehen.
10Die erst im Beschwerdeverfahren formulierten Hilfsanträge zu 2. und 3. können außer Betracht bleiben, weil der Senat sie als keine Änderung gegenüber dem erstinstanzlichen Antrag ansieht, sondern als bloße Verdeutlichung des schon erstinstanzlich Gewollten. Sie veranschaulichen lediglich, worin das einstweilige Element des Begehrens des Antragstellers besteht. In einem Hauptsacheverfahren ginge es ihm ersichtlich um eine sog. Partizipationserzwingungsklage.
11Vgl. Leppin, in: Lütkes/Ewer, BNatSchG, 2. Aufl. 2018, § 63 Rn. 44.
12Dementsprechend zielt das einstweiligen Rechtsschutzverfahren darauf ab, die F8;ll- und Rückarbeiten solange zu stoppen, bis die von ihm für erforderlich angesehenen, in den Hilfsanträgen zu 2. und 3. genannten Verfahrensschritte unter seiner Beteiligung absolviert sind.
13Das Verwaltungsgericht hat zur Unbegründetheit des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung im Wesentlichen ausgeführt, dem Antragsteller stehe der geltend gemachte Anordnungsanspruch nach § 3 Abs. 2 BNatSchG nicht zu. Er habe nicht glaubhaft gemacht, dass die von ihm behaupteten Verstöße gegen § 34 Abs. 1 Satz 1, § 44 Abs. 1 BNatSchG oder die Naturschutzgebiet-Verordnung „Siebengebirge“ tatsächlich vorlägen. Auch der geltend gemachte Verstoß gegen naturschutzrechtliche Beteiligungsrechte rechtfertige nicht den Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung. Soweit der Antragsteller insoweit zutreffend darauf hinweise, der Erhalt der Fichten sei kein Entwicklungsziel der Naturschutzgebiet-Verordnung, blende er aus, dass ein vorhandener Fichtenbestand von den zust28;ndigen und sachverständigen Behörden als erforderlich angesehen werde, um unter dem „Schirm“ der Fichten den Waldumbau vornehmen zu können.
14Diese Begründung trägt nach summarischer Prüfung im Ergebnis mit den nachfolgenden Ergänzungen.
15Als Anspruchsgrundlage für eine Pflicht des Antragsgegners zum Einschreiten gegen die laufenden Fäll- und Rückmaßnahmen der Beigeladenen beruft sich der Antragsteller auf § 3 Abs. 2 BNatSchG. Danach überwachen die für Naturschutz und Landschaftspflege zuständigen Behörden die Einhaltung der Vorschriften dieses Gesetzes und der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Vorschriften und treffen nach pflichtgemäßem Ermessen die im Einzelfall erforderlichen Maßnahmen, um deren Einhaltung sicherzustellen, soweit nichts anderes bestimmt ist.
161. Ein entsprechender Anspruch auf Einschreiten dürfte zunächst nicht daran scheitern, dass es an der Zuständigkeit des Antragsgegners fehlt. Dieser dürfte vielmehr grundsätzlich als untere Naturschutzbehörde nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, Abs. 4 LNatSchG NRW zuständig sein.
17Eine anderweitige Bestimmung i. S. v. 167; 3 Abs. 2 BNatSchG bzw. § 2 Abs. 4 LNatSchG NRW, die der Zuständigkeit des Antragsgegners für das vom Antragsteller begehrte Einschreiten im Einzelfall entgegenstehen könnte, ergibt sich weder insgesamt noch für die Überwachung der Einhaltung einzelner Vorschriften aus § 53 Abs. 2 Satz 1 LNatSchG NRW und/oder § 17 Abs. 1 BNatSchG wegen einer behördlichen Projektdurchführung. Soweit der Antragsgegner und die Beigeladene mit Blick darauf die Zuständigkeit der Beigeladenen annehmen oder andeuten, greift das nicht durch, weil unabhängig von der Frage des Projekts die Beigeladene jedenfalls nicht als Behörde gehandelt hat, also nicht im Sinne von § 1 Abs. 4 VwVfG, § 1 Abs. 2 VwVfG NRW in Wahrnehmung von Aufgaben der öffentlichen Verwaltung tätig geworden ist. Dies lässt sich daran festmachen, dass die Beigeladene keine Anstalten gemacht hat, sich als Behörde in einem geordneten Verfahren mit anderen Behörden ins Benehmen zu setzen im Sinne von § 53 Abs. 2 Satz 1 LNatSchG NRW und/oder § 17 Abs. 1 BNatSchG i. V. m. § 33 Abs. 1 Satz 1 LNatSchG. Zudem hat sie keine für die Wahrnehmung von Aufgaben öffentlicher Verwaltung typischen Verwaltungsvorgänge angelegt. In Übereinstimmung damit hat der Antragsgegner in seiner Medieninformation 26. September 2019/403 von der Beigeladenen allein in ihrer Eigenschaft als Flächeneigentümerin gesprochen. Träger des Naturparks Siebengebirge, in dem der Stadtwald der Beigeladenen gelegen ist, ist hingegen der Antragsgegner.
18Da die Beigeladene im Zuge der Bekämpfung des Borkenkäferbefalls Aufträge teilweise auch an Privatunternehmen vergeben hat, kommt es nach derzeitigem Erkenntnisstand auch nicht in Betracht, für die gesamte Borkenkäferbekämpfung den zwischenzeitlich involvierten Landesbetrieb Wald und Holz NRW als durchführende Behörde im Sinne der zuvor genannten Vorschriften anzusehen.
192. Unabhängig davon, ob und welche Beteiligungsrechte dem Antragsteller zustehen und welche Bedeutung ihnen ggfs. für den für den Erlass einer einstweiligen Anordnung erforderlichen Anordnungsanspruch zukäme, ist der Tatbestand des vom Antragsgegner als zuständiger Behörde auszuführenden § 3 Abs. 2 BNatSchG nicht erfüllt. Ein Verstoß; gegen Vorschriften des Bundesnaturschutzgesetzes und der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Vorschriften ist bei der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren gebotenen Prüfungsdichte nach Auffassung des Senats nicht gegeben. Deshalb kann dahinstehen, unter welchen Umständen das pflichtgemäße Ermessen des Antragsgegners sich dergestalt auf Null reduzieren würde, dass allein ein sofortiger und vollständiger Stopp der Borkenkäferbekämpfung in Betracht käme, den der Antragsteller im vorliegenden einstweiligen Rechtsschutzverfahren begehrt.
tzRechts">20="absatzLinks">a) Das Fehlen einer nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG erforderlichen sog. FFH-Verträglichkeitsprüfung als Voraussetzung eines Anspruchs auf Einschreiten ist nicht hinreichend glaubhaft gemacht, § 123 Abs. 3 VwGO i. V. m. § 920 Abs. 2, § 294 ZPO.
21Gemäß § 34 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG sind Projekte vor ihrer Zulassung oder Durchführung auf ihre Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen eines Natura 2000-Gebiets zu überprüfen, wenn sie einzeln oder im Zusammenwirken mit anderen Projekten oder Plänen geeignet sind, das Gebiet erheblich zu beeinträchtigen, und nicht unmittelbar der Verwaltung des Gebiets dienen.
22Das FFH-Gebiet „Siebengebirge“ (DE-5309-301) ist unstreitig ein Natura 2000-Gebiet. Es kann dahinstehen, ob es sich bei Fäll- und Rückmaßnahmen im Rahmen der Bekämpfung des Borkenkäferbefalls um ein Projekt i. S. v. § 34 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG handelt oder insoweit eine ungeschriebene Ausnahme von der FFH-Verträglichkeitsprüfung für Forstwirtschaft, die den Anforderungen aus § 5 Abs. 3 BNatSchG und den Regeln der guten fachlichen Praxis entspricht, besteht.
23Vgl. BR-Drs. 278/09, 203; Ewer, in Lütkes/Ewer, BNatSchG, 2. Aufl. 2018, § 34 Rn. 4.
24Jedenfalls spricht bei summarischer Prüfung Überwiegendes dafür, dass die aktuell beabsichtigte und laufende Fällung von mit Borkenkäfern befallenen Fichten auf rund 109 ha Fläche der Beigeladenen unmittelbar der Verwaltung des FFH-Gebiets „Siebengebirge“ im Sinne von § 34 Abs. 1 Satz 1 letzter Halbs. BNatSchG dient.
25Der Begriff der Verwaltung in der zuvor genannten Vorschrift ist i. S. d. Art. 6 Abs. 3 RL 92/43/EWG (FFH-Richtlinie) auszulegen. Der dortige Begriff Verwaltung bezieht sich auf die Erhaltungsbewirtschaftung eines Gebiets i. S. v. Art. 6 Abs. 1 FFH-Richtlinie.
26">Vgl. Europäische Kommission, Natura 2000 – Gebietsmanagement: Die Vorgaben des Artikels 6 der Habitat-Richtlinie 92/43/EWG, April 2000, S. 34.
27Er ist tätigkeitsbezogen im Sinne von Management oder Steuerung und knüpft nicht an einer bestimmten administrativen Institution, etwa im Sinne von Behörde an.
28Vgl. in diesem Sinne Meßerschmidt, NuR 2016, 21, 26.
29</span>ass="absatzLinks">Die Privilegierung der Gebietsverwaltung dient der Verwirklichung der Erhaltungsziele des Schutzgebietes. Der Verwaltung des Gebiets „dienen" stellt klar, dass ein funktionaler Zusammenhang zwischen dem Projekt und dem Gebietsmanagement bestehen muss. Der vom Bundesgesetzgeber gewählte Begriff des Dienens ist weit genug, um neben zwingend erforderlichen Maßnahmen auch bloße nützliche, aber nicht notwendige Maßnahmen des Gebietsmanagements zu umfassen. Damit wird er auch der Formulierung in Art. 6 Abs. 3 Satz 1 FFH-Richtlinie gerecht.
30Vgl. VG Leipzig, Beschluss vom 9. April 2019 - 1 L 1315/18 -, juris, Rn. 133; Meßerschmidt, NuR 2016, 21, 26.
31Der Zusammenhang zwischen Projekt und Gebietsverwaltung muss allerdings unmittelbar sein. Als Ausnahmevorschrift ist das Erfordernis des Dienens eng auszulegen und nur gegeben, wenn mit einer Maßnahme oder Planung i. S. v. Art. 6 Abs. 1 FFH-Richtlinie die jeweiligen Erhaltungsziele im Gebiet gefördert werden sollen.
32Vgl. VG Leipzig, Beschluss vom 9. April 2019 - 1 L 1315/18 -, juris, Rn. 133; Meßerschmidt, NuR 2016, 21, 27.
33Kommerzielle oder sonstige Nebenzwecke sind unschädlich, solange sie dem Erhaltungszweck untergeordnet bleiben.
34Vgl. Meßerschmidt, NuR 2016, 21, 29.
35Steht eine unmittelbar den Erhaltungszielen dienende Managementmaßnahme in Rede, bedarf es keiner FFH-Verträglichkeitsprüfung. Dies gilt auch dann, wenn es zur Verwirklichung der Erhaltungsziele erforderlich ist, grundsätzlich schutzwürdige, aber für die Unterschutzstellung nicht ausschlaggebende Lebensraumtypen und-arten ganz oder teilweise zu opfern.
36Vgl. VG Leipzig, Beschluss vom 9. April 2019 - 1 L 1315/18 -, juris, Rn. 132; Meßerschmidt, NuR 2016, 21, 26.
37So verhält es sich hier mit der laufenden Fällung der aktuell mit Borkenkäfern befallenen Fichten auf rund 109 ha Fläche der Beigeladenen.
38Nach den vorstehenden Ausführungen zum Begriff der Verwaltung ist es zunächst unschädlich, dass die Beigeladene nicht als Behörde gehandelt, sondern sich privatwirtschaftlicher Formen bedient hat. Unabhängig davon ist die Beigeladene als Teil der öffentlichen Hand dem jeweiligen Erhaltungszweck besonders verpflichtet. Nach § 2 Abs. 7 Satz 1 LNatSchG sollen bei der Bewirtschaftung von Grundflächen im Eigentum oder Besitz der öffentlichen Hand die Ziele und Grundsätze des Naturschutzes und der Landschaftspflege in besonderer Weise berücksichtigt werden. Für den Senat bestehen gegenwärtig keine Anhaltspunkte dafür, dass die Beigeladene demgegenüber ihr privatwirtschaftliches Handeln nicht an diesen Vorgaben ausrichtet.
39Die Erhaltungsziele (vgl. § 7 Abs. 1 Nr. 9 BNatSchG) des hier maßgebenden Natura-2000-Gebiets „Siebengebirge“ sind im Zuge der Gebietsmeldung in die Gebietsbeschreibungen aufgenommen worden. Dies sind im Hinblick auf die ausweislich Seite 3 des Standarddatenbogens mit großem Abstand flächenmäßig bedeutsamsten geschützten Lebensraumtypen 9110 (Hainsimsen-Buchenwald) und 9130 (Waldmeister-Buchenwald) insbesondere die Erhaltung und Entwicklung großflächig-zusammenhängender, naturnaher
40- Hainsimsen-Buchenwälder und
41- meist kraut- und geophytenreicher Waldmeister-Buchenwälder auf basenreichen Standorten
42jeweils mit ihrer lebensraumtypischen Arten- und Strukturvielfalt in einem Mosaik aus ihren verschiedenen Entwicklungsstufen/Altersphasen und in ihrer standörtlich typischen Variationsbreite, inklusive ihrer Vorwälder sowie ihrer Waldränder und Sonderstandorte (vgl. http://natura2000-meldedok.naturschutzinformationen.nrw.de/natura2000-meldedok/web/babel/media/zdok/DE-5309-301.pdf).
43Diesbezüglich stellt der Pflege- und Entwicklungsplan mit begleitender sozioökonomischer Analyse zum chance.natur-Projekt „Natur- und Kulturlandschaft zwischen Siebengebirge und Sieg“ (PEPL) selbst nach Auffassung des Antragstellers die dezidierteste fachliche Auseinandersetzung mit den Erhaltungszielen für das FFH-Gebiet „Siebengebirge“ dar. Deshalb stellt er bei vorläufiger Betrachtung unabhängig davon, ob es sich um einen anderen Entwicklungsplan mit integriertem Bewirtschaftungsplan im Sinne von Art. 6 Abs. 1 FFH-Richtlinie handelt, eine taugliche Grundlage für die Beantwortung der entscheidenden Frage dar, ob hier unmittelbare Gebietsverwaltungsmaßnahmen im Sinne von § 34 Abs. 1 Satz 1 letzter Halbs. BNatSchG vorliegen. Unerheblich ist insoweit, dass der Plan nach Auffassung des Antragstellers für den Antragsgegner lediglich aufgrund der Verknüpfung mit der Erlangung von Fördergeldern für die Maßnahmen verbindlich ist. Das nimmt den in dem Plan beschriebenen Erhaltungs- und Entwicklungsmaßnahmen nicht die Eignung als Grundlage für die Beurteilung, ob es vorliegend um Gebietsverwaltungsmaßnahmen geht. Selbst wenn man die angestrebte Erlangung von Fördergeldern als Hauptzweck des Plans ansieht, ist dies unschädlich, weil die Fördergelder gerade für die beschriebenen Erhaltungs- und Entwicklungsmaßnahmen verwendet werden sollen.
44Der Plan sieht für das gesamte Natura-2000-Gebiet „Siebengebirge“ eine Erhöhung des Flächenumfangs für die Hainsimsen-Buchenwälder (9110) um 280 ha und für die Waldmeister-Buchenwälder (9130) um 217 ha vor (PEPL, Textband, S. 519). Nach seiner Anlage 10-1 (Detaillierte Maßnahmenplanung Kerngebiet 1 – „Siebengebirge“) sind jeweils auf mehreren 100 ha Flächen die Maßnahmen O-1.23 „Voranbau, Unterbau mit lebensraumtypischen Gehölzen (Wald)“ hinsichtlich Buche unter Fichtenschirm und O-1.15 „nicht lebensraumtypische Gehölze entnehmen (Wald)“ hinsichtlich Fichten geplant (PEPL, Anlagen, Bd. 2/3). Dabei wird davon ausgegangen, dass diese Umbauziele innerhalb der zehnjährigen Umsetzungsphase von „chance7“ nur auf 129 ha (Voranbau) bzw. 109 ha (Entnahme standortfremder Gehölze) waldbaulich sinnvoll und zeitlich umsetzbar seien, da im Privatwald die jeweiligen Waldbestände eine „verwertbare Dimension“ erreicht haben sollten, insbesondere die „Hiebsreife“ (PEPL, Textband, S. 518 f. und 645 f.). Daneben beinhaltet eine Vielzahl weiterer geplanter Maßnahmen (PEPL, Anlagen, Bd. 2/3) auf einzelnen Flächen die vollständige Entfernung von Fichten: „Waldwiese anlegen/entwickeln“ (NE-1.33) mit Fällen aller Gehölze, „Waldbach/Quelle freistellen“ (OE-1.31), „Waldrand anlegen“ (N-1.25), „Fehlstellen, Verlichtungen belassen“ (O-1.7), „Grünland anlegen, wiederherstellen“ (N-5.7), „Wald in Grünland umwandeln“ (N-5.18) und „Fehlbestockung in Sonderbiotopen vorzeitig entnehmen“ (O-1.6).
45Im Grundsatz ist die Entnahme der Fichten auf den Flächen mit der Maßnahmeplanung O-1.15 „nicht lebensraumtypische Gehölze entnehmen (Wald)“ schon als Ausführung dieser Maßnahme der Gebietsverwaltung zuzuordnen. Dabei ist es unerheblich, ob einzelne Flächen, weil noch keine Hiebsreife in der zehnjährigen Umsetzungsphase gesehen worden war, nicht mit der höchsten Prioritätsstufe versehen waren oder sind. Eine diesbezügliche Rückstellung in der Priorisierung diente den Interessen des jeweiligen privaten Waldeigentümers, der sich des entsprechenden Schutzes freiwillig begeben kann. Dies gilt umso mehr, wenn wegen des Borkenkäferbefalls der Fichten auf der jeweiligen Fläche deren Hiebsreife im ursprünglich avisierten Umfang ohnehin nicht mehr erreicht werden kann. Vielmehr ist der aktuelle Zeitpunkt derjenige der am weitesten gediehenen Hiebsreife, bevor durch das Absterben der Bäume ein vollständiger Wertverlust einträte.
46Auch auf den Flächen mit der Maßnahmeplanung O-1.23 „Voranbau, Unterbau mit Lebensraumtypischen Gehölzen (Wald)“ hinsichtlich Buche unter Fichtenschirm ist das Fällen der mit Borkenkäfern befallenen Fichten der Gebietsverwaltung zuzuordnen. Dass der geplante Voranbau unter dem Schirm lebender Fichten dort nicht mehr in der geplanten Weise stattfinden kann, wird nicht durch die Fällung verursacht, sondern durch den Borkenkäferbefall, der die Fichten absterben lässt. Den Charakter der Gebietsverwaltung erhält die Fällmaßnahme insoweit dadurch, dass sie der Sicherung eines der Maßnahmeplanung entsprechenden Waldumbaus auf den verbleibenden, mit noch nicht befallenen Fichten bestandenen Flächen dienen soll.
47Der Plan enthält ferner eine Abwägung dahingehend, dass die Erhaltungsziele des FFH-Gebietes „Siebengebirge“ mit den verfügbaren Fördermitteln und angesichts der berechtigten Interessen der Eigentümer von Waldflächen („verwertbare Dimension“, PEPL, Textband, S. 518 f. und 645 f., 651 ff.) in einem geordneten Verfahren verwirklicht werden können. Vor diesem Hintergrund dient es unmittelbar den Erhaltungszielen, eine unkontrollierte Entwicklung durch den Borkenkäferbefall möglichst noch zu stoppen.
48Der zuvor dargestellten Einschätzung steht die Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 17. April 2018 - C-441/17 - betreffend einen Anhang zum Waldbewirtschaftungsplan der Republik Polen für das FFH-Gebiet „Puszcza Białowieska“ nicht entgegen. Mit diesem Anhang von 2016 wurde der für den Zeitraum von 2012 bis 2021 geltende Waldbewirtschaftungsplan geändert, um den Hiebsatz durch Maßnahmen der aktiven Waldbewirtschaftung wie die Entfernung von Buchdruckern (Borkenkäfern) befallener Fichten (sog. Sanitärhiebe) zu erhöhen. Der Gerichtshof der Europäischen Union hat zwar den Erlass des Anhangs ohne vorherige ordnungsgemäße Durchführung einer Verträglichkeitsprüfung als Verstoß gegen Art. 6 Abs. 3 FFH-Richtlinie angesehen, obwohl die polnische Regierung mit einem Borkenkäferbefall argumentiert hatte.
49Vgl. EuGH, Urteil vom 17. April 2018 - C-441/17 -, juris, Rn. 122, 126, 192.
50Aus der vorgenannten Entscheidung lässt sich jedoch nicht der Schluss ziehen, dass die Entfernung von Fichten aufgrund Borkenkäferbefalls stets einer Verträglichkeitsprüfung zu unterziehen wäre, wenn diese ein Natura-2000-Gebiet betrifft. Der Gerichtshof der Europäischen Union hat in dem entschiedenen Einzelfall einen Verstoß gegen Art. 6 Abs. 3 FFH-Richtlinie deshalb angenommen, weil er keinen Zusammenhang zwischen der Erhöhung des Hiebsatzes und der Ausbreitung des Borkenkäfers feststellen konnte. Der Anhang von 2016 stand nicht unmittelbar mit der Verwaltung des FFH-Gebietes in Verbindung oder war hierfür nicht notwendig, da er allein der Erhöhung der Hiebsätze in diesem Waldgebiet diente. Der ursprünglich für zehn Jahre festgesetzte Hiebsatz war bereits nach beinahe vier Jahren erschöpft. Zudem beschränkte sich die Maßnahme nicht auf von Borkenkäfern befallene Fichten, sondern ermöglichte Einschlag und Beschnitt in Beständen einer Art, die zumindest zu 10 % aus Individuen bestanden, die 100 und mehr Jahre alt waren.
51Vgl. EuGH, Urteil vom 17. April 2018 - C-441/17 -, juris, Rn. 24, 123 f., 163, 174, 177 f.
52Die Fällungen sollten zudem innerhalb der geschützten Lebensraumtypen des dortigen FFH-Gebietes vorgenommen werden, und zwar obwohl es noch im Anhang 3 eines Bewirtschaftungsplanes von 2015 ausdrücklich geheißen hatte, dass die Entfernung vom Buchdrucker befallener Fichten als potenzielle Gefahr für die Aufrechterhaltung eines für die Lebensräume des Sperlingskauzes, des Raufußkauzes und des Dreizehenspechts günstigen Erhaltungszustandes anzusehen sei.
53Vgl. EuGH, Urteil vom 17. April 2018 - C-441/17 -, juris, Rn. 126, 128, 173.
54Eine vergleichbare Konstellation ist bei den Fällungen im Stadtwald der Beigeladenen nicht gegeben. Auch der Antragsteller stellt nicht in Abrede, dass Anlass für die Fällungen der Borkenkäferbefall ist und sie lediglich Fichten betreffen. Sie finden auch nicht innerhalb der geschützten Lebensraumtypen statt, sondern beziehen sich auf Gebiete des geplanten Waldumbaus, weg von den nicht lebensraumtypischen Fichten hin zu geschützten Lebensraumtypen.
55Der Gerichtshof der Europäischen Union hat zur Erforderlichkeit der Eindämmung der Ausbreitung von Borkenkäfern ausdrücklich festgestellt, dass in Anbetracht des Vorsorgeprinzips, das einer der Grundsätze ist, auf denen die von der Union verfolgte Politik eines hohen Niveaus des Schutzes der Umwelt nach Art. 191 Abs. 2Unterabs. 1 AEUV beruht, und das für die Auslegung der Rechtsvorschriften der Union über den Schutz der Umwelt maßgeblich ist, nicht ausgeschlossen ist, dass einem Mitgliedstaat unter strenger Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gestattet werden kann, in einem durch die Habitat- und die Vogelschutzrichtlinie geschützten Natura-2000-Gebiet Maßnahmen der aktiven Waldbewirtschaftung durchzuführen, um die Ausbreitung eines Schädlings einzudämmen, die das Gebiet als solches beeinträchtigen könnte.
56Vgl. EuGH, Urteil vom 17. April 2018 - C-441/17 -, juris, Rn. 171.
57Eine Beeinträchtigung des Gebietes als solchem ist eine Beeinträchtigung der Entwicklungsziele für dieses Gebiet. Insoweit wird auf die obigen Ausführungen dazu Bezug genommen, dass es den Erhaltungszielen des FFH-Gebietes „Siebengebirge“ dient, eine unkontrollierte Entwicklung durch den Borkenkäferbefall möglichst noch zu stoppen.
58Der Senat erachtet die Maßnahmen der Beigeladenen zur Eindämmung der Ausbreitung von Borkenkäfern auch nicht als aussichts- oder nutzlos. Zwar besteht zwischen den Beteiligten Einigkeit, dass angesichts des Ausbreitungsgrades des Borkenkäfers im Stadtwald der Beigeladenen und im gesamten FFH-Gebiet „Siebengebirge“ auch vor dem Hintergrund von zu belassenden Fichtenstreifen entlang der Ränder von Laubwäldern die ergriffenen Maßnahmen allein dem Borkenkäferbefall nicht Einhalt gebieten können, sondern wesentliche Bedeutung der Witterung im jetzigen Winter zukommt. Jedoch ist der Senat nicht überzeugt, dass im Zusammenspiel mit der Witterung den Fällmaßnahmen keinerlei Bedeutung zukommt. Vielmehr erachtet der Senat die Maßnahmen beim derzeitigen Verhältnis der befallenen zu den bei glücklichem Verlauf für die geplanten Maßnahmen des schonenden Waldumbaus noch zu rettenden Flächen als sinnvoll. Auch wenn es andere Konzepte geben mag und auf diese etwa bei nicht ausreichenden Fällkapazitäten oder nicht gegebener Erreichbarkeit von Flächen zunehmend zurückgegriffen werden mag, sieht der Senat die im „Praxisleitfaden Fichten-Borkenkäfer“ des Landesbetriebes Wald und Holz Nordrhein-Westfalen, 2. Aufl. (Stand: Februar 2019), S. 26, auch für die Borkenkäferbekämpfung in Spätherbst und Winter (Mitte Oktober bis Mitte März) vorgesehenen Maßnahmen als dem Stand der Wissenschaft entsprechend an.
59Soweit der Antragsteller geltend macht, dass die Fällmaßnahmen mit den Entwicklungszielen des PEPL nicht im Einklang stünden, dringt er damit voraussichtlich nicht durch. Insbesondere zeigt er damit nicht hinreichend auf, dass es sich hier nicht um eine Gebietsverwaltungsmaßnahme im Sinne von § 34 Abs. 1 Satz 1 letzter Halbs. BNatSchG handelt.
60ks">Soweit er seine Auffass
ung damit begründet, dass im PEPL keine Kahlschlagflächen vorgesehen seien, trägt das schon deshalb nicht, weil eine pauschale Qualifizierung der nach aktuellen Stand betroffenen Einschlagflächen als Kahlschlagflächen angesichts einer Vielzahl von Flächen, die teilweise weit verstreut liegen und deutlich unterschiedliche Größen haben, nicht sachgerecht erscheint. Im Übrigen ist zu berücksichtigen, dass der PEPL keine direkte Antwort auf die Frage liefert, welche Maßnahmen den Entwicklungszielen im Fall eines umfangreichen Borkenkäferbefalls am ehesten gerecht werden. Die sinngem8;ße Auffassung des Antragstellers, in diesem Fall sei der geplante Waldumbau – unter Verzicht auf Fällmaßnahmen – im Schutz absterbender und abgestorbener Fichten durchzuführen, ist keinesfalls zwingend. Da der Plan – wie dargestellt – jedenfalls auch von einem Waldumbau im Schutz lebender Fichten ausgeht, erscheint es nicht „planwidrig“ zu versuchen, dieses Ziel – wie dargestellt – mit den Fällmaßnahmen weiter zu verfolgen, um noch nicht befallene Fichten zu erhalten. 61ss="absatzLinks">Sind die in Rede stehenden Fäll- und Rückarbeiten danach als Gebietsverwaltungsmaßnahme anzusehen, bedarf die Frage, ob großflächig bereits abgestorbene– nicht mehr aktuell vom Borkenkäfer befallene – Bäume aus beim Waldumbau zu beachtenden Arbeitsschutzgesichtspunkten gefällt werden müssen, hier keiner Entscheidung. Solche Bäume sind nach den Stellungnahmen des Antragsgegners, der Beigeladenen und des Landesbetriebes Wald und Holz im Beschwerdeverfahren bisher nämlich allenfalls vereinzelt vorhanden. Nicht vom Borkenkäfer befallene lebende Fichten hingegen sollten nach den genannten Stellungnahmen ohnehin nie gefällt werden. Auch die weitere Frage, wie es sich verhielte, wenn – der Überzeugung des Antragstellers entsprechend – eines Tages nahezu alle Fichtenbestände befallen sein sollten und mithin keine nennenswerten Bestände mehr für den geplanten Weg des Waldumbaus im Schutz lebender Fichten erhalten werden könnten, kann hier offen bleiben. Schließlich hatte der Senat nicht darüber zu befinden, ob die bestehenden Planungen zur Wiederbewaldung mit den Erhaltungszielen und dem Pflege- und Entwicklungsplan übereinstimmen. Die angesprochenen Gesichtspunkte bieten allerdings Anlass für eine konzeptionelle Vorarbeit der Beigeladenen, des Antragsgegners und des Landesbetriebs Wald und Holz NRW, um den PEPL entsprechend zu überarbeiten.
62Ist nach dem Vorstehenden keine FFH-Verträglichkeitsprüfung und dementsprechend auch kein Verfahren für eine Abweichungsentscheidung durchzuführen, spricht das zugleich dagegen, dass insoweit Beteiligungsrechte des Antragstellers verletzt sind. Weiterhin erübrigen sich Ausführungen zu dem umfangreichen Vorbringen der Beteiligten dazu, ob die Maßnahmen i. S. v. § 34 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG geeignet sind, das Gebiet erheblich zu beeinträchtigen.
63b) Auch der vom Antragsteller geltend gemachte Verstoß gegen artenschutzrechtliche Zugriffsverbote (§ 44 Abs. 1 BNatSchG) ist nach summarischer Prüfung nicht gegeben.
64Insoweit greift die Privilegierung nach § 44 Abs. 4 Satz 1 BNatSchG. Danach verstößt u. a. die forstwirtschaftliche Bodennutzung und die Verwertung der dabei gewonnenen Erzeugnisse nicht gegen die Zugriffsverbote, wenn sie den in § 5 Abs. 2 bis 4 BNatSchG genannten Anforderungen sowie den sich aus § 17 Abs. 2 BBodSchG und dem Recht der Forstwirtschaft ergebenden Anforderungen an die gute fachliche Praxis entspricht. Wird diesen Anforderungen in vollem Umfang genügt, verstößt ein Forstwirt grundsätzlich selbst dann nicht gegen die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote des § 44 Abs. 1, 2 BNatSchG, wenn er im Rahmen der Flächenbewirtschaftung geschützte Tiere tötet, ihre Fortpflanzung- oder Ruhestätten vernichtet oder Pflanzen der geschützten Arten schädigt.
65Vgl. Gellermann, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, § 44 BNatSchG Rn. 34 m. w. N (Stand: Dezember 2011).
66bsatzLinks">So verhält es sich hier. Privilegiert ist zwar nicht die Forstwirtschaft in all ihren Erscheinungsformen, sondern lediglich in Ansehung der forstwirtschaftlichen Bodennutzung. Gemeint ist damit die planmäßige eigenverantwortliche Bewirtschaftung und Bearbeitung des Bodens (z. B. Bestellung, Bearbeitung, Pflege) zum Zwecke der Nutzung seines Ertrages.
67Vgl. Gellermann, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, § 44 BNatSchG Rn. 34 m. w. N (Stand: Dezember 2011).
68Das Fällen von Bäumen als Kernelement der Nutzung des forstwirtschaftlichen Ertrages fä;llt jedoch grundsätzlich darunter. Sog. Kalamit8;ts-/Sanitätshiebe schädlingsbefallener Bäume können überdies als Pflegemaßnahme selbst dann dem Zweck der Nutzung des Ertrages dienen, wenn das Holz im Einzelfall nicht verkauft werden kann.
69Auch die weiteren nach § 44 Abs. 4 Satz 1 BNatSchG zu beachtenden Anforderungen sind erfüllt. § 5 Abs. 2 und 4 BNatSchG bzw. § 17 Abs. 2 BBodSchG beziehen sich ohnehin nur auf die hier nicht in Rede stehende land- bzw. fischereiwirtschaftliche Nutzung. Nach § 5 Abs. 3 Satz 1 BNatSchG hingegen ist bei der forstlichen Nutzung des Waldes das Ziel zu verfolgen, naturnahe Wälder aufzubauen und diese ohne Kahlschläge nachhaltig zu bewirtschaften. Ein hinreichender Anteil standortheimischer Forstpflanzen ist einzuhalten (§ 5 Abs. 3 Satz 2 BNatSchG).
70Ein naturnaher Wald ist gekennzeichnet durch eine Vielzahl sich zyklisch ändernder Mosaiksteine, deren Zyklen asynchron ablaufen. Naturnaher Waldbau setzt einen standortgerechten Waldbau voraus, der sich im Hinblick auf Baumartenwahl und Bestandsaufbau an der potenziellen natürlichen Waldgesellschaft orientiert und weitgehend mit Hilfe natürlicher Prozesse (z. B. Naturverjüngung) stabile Waldbestände anstrebt. Dies hat die Gewährleistung der Kontinuität der Lebensraumbedingungen über sehr lange Zeiträume durch eine enge räumliche Verknüpfung (o. g. Mosaik) der unterschiedlichen Waldentwicklungsstadien und die ausreichende Repräsentanz reifer Waldentwicklungsstadien (Alters- und Zerfallsphase) mit den damit verbundenen Strukturen zur Voraussetzung.
71Vgl. Vagedes, in: Lütkes/Ewer, BNatSchG, 2. Aufl. 2018, § 5 Rn. 32 m. w. N.
72Gerade auf einen entsprechenden Waldumbau zielt die Maßnahmeplanung des Pflege- und Entwicklungsplans, deren geordneter Umsetzung – wie dargestellt – auch die Bekämpfung des Borkenkäferbefalls dient. Unabhängig davon, ob sog. Kalamitäts-/Sanitätshiebe schädlingsbefallener Bäume überhaupt als Kahlschläge im Sinne von § 5 Abs. 3 Satz 1 BNatSchG zu verstehen sind, ergibt sich aus dem Wort „diese“ in der zuvor genannten Vorschrift und der darin liegenden Anknüpfung an den ersten Satzteil, dass die Zielvorgabe der nachhaltigen Bewirtschaftung ohne Kahlschläge nur für die aufzubauenden naturnahen Wälder gilt. Ein solcher liegt mit den Fichtenbeständen unstreitig noch nicht vor, sondern soll erst im Wege des Waldumbaus erreicht werden.
73Auch aus § 4 Abs. 4 Satz 1 LNatSchG NRW ergibt sich nichts Anderes. Danach ist ergänzend zu § 5 Abs. 3 BNatSchG bei der forstlichen Nutzung des Waldes das Ziel zu verfolgen, stehendes dickstämmiges Totholz von Laubbäumen im Wald zu belassen. Vorliegend geht es jedoch ausschließlich um das Fällen von Fichten, also Nadelbäumen.
74Am zuvor bereits erwähnten „Praxisleitfaden Fichten-Borkenkäfer“, S. 26, orientierte Borkenkäferbekämpfungsmaßnahmen in Spätherbst und Winter (Mitte Oktober bis Mitte März) entsprechen nach Auffassung des Senats darüber hinaus auch der guten fachlichen Praxis.
75Dem steht § 1b Nr. 3 LFoG NRW nicht entgegen. Insgesamt formuliert § 1b LFoG NRW keine Verbote, sondern Kennzeichen ordnungsgemäßer Forstwirtschaft, zu denen die in Nr. 3 genannte Vermeidung großflächiger Kahlhiebe zählt. Dies ist nicht anders zu verstehen, als dass großflächige Kahlhiebe möglichst vermieden werden sollen. Mit anderen Worten soll immer dann, wenn bei der Forstwirtschaft eine kleinflächige Holzernte möglich ist, dies auch geschehen. Unabhängig davon, ob sog. Kalamitäts-/Sanitätshiebe schädlingsbefallener Bäume überhaupt als Kahlhiebe im Sinne von § 1b Nr. 3 LFoG NRW zu verstehen sind, ist dies bei einem Schädlingsbefall, der jede spätere kleinflächige Holzernte ausschließt, nicht möglich.
76Ähnlich verhält es sich mit den ebenfalls vom Antragsteller angeführten § 1b Nr. 6, 7 und 11 LFoG NRW. Ein pflegliches Vorgehen bei Verjüngungsmaßnahmen und Holznutzung scheitert bereits daran, dass die Fichten ohne die Fällmaßnahmen alle nahezu gleichzeitig durch den Borkenkäferbefall absterben würden. Ein pflegliches Vorgehen beim Holztransport liegt nach Auffassung des Senats vor. Gewisse Auswirkungen entstehen insoweit allein durch den schieren Umfang der innerhalb kurzer Zeit zu transportierenden Holzmenge. Entsprechendes gilt hinsichtlich der Anwendung von bestands- und bodenschonenden Techniken. Der Fichtenbestand kann nicht geschont werden, weil ohne die Fällmaßnahmen alle Bäume nahezu gleichzeitig durch den Borkenkäferbefall absterben würden. Die angewandte Technik auf den bereits angelegten Rückegassen ist vergleichsweise bodenschonend. Gewisse Auswirkungen entstehen wiederum allein durch den schieren Umfang der innerhalb kurzer Zeit zu erntenden und zu transportierenden Holzmenge. Hinsichtlich eines ausreichenden Umfangs von Alt- und Totholzanteilen zur Sicherung der Lebensräume wildlebender Tiere, Pflanzen und sonstiger Organismen sind wiederum die Sachzwänge zu beachten, dass befallenes Holz zeitnah zu entfernen ist. Im Übrigen ist es mitnichten so, dass ein vollständiges Belassen der absterbenden Bäume dem zuvor behandelten Pflege- und Entwicklungsplan (PEPL) entsprechen würde. Die darin vielfach vorgesehene Maßnahmenplanung O-1.21 „Totholz erhalten“ sieht regelmäßig die Erhaltung von acht bis 16 Festmeter Altholz je Hektar vor (PEPL, Anlage 10-1 Detaillierte Maßnahmenplanung Kerngebiet 1 – „Siebengebirge“). Es ist nicht ersichtlich, dass diese Werte nicht schon allein durch die entlang der Rückegassen stehenbleibenden Baumstubben erreicht werden. Ein Absterbenlassen aller Fichten würde hingegen – ausgehend von der Schadaufnahme (Stand 8. November 2019) – je nach Fläche ca. das 10 bis 100-fache davon an Totholz entstehen lassen.
77Die Privilegierung nach § 44 Abs. 4 Satz 1 BNatSchG ist vorliegend auch nicht aufgrund der Modifikation durch Satz 2 der Vorschrift ausgeschlossen. Danach gilt die Privilegierung dann, wenn in Anhang IV der FFH-Richtlinie aufgeführte Arten, europäische Vogelarten oder solche Arten, die in einer Rechtsverordnung nach § 54 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG aufgeführt sind, betroffen sind, nur, soweit sich der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art durch die Bewirtschaftung nicht verschlechtert. Dadurch erfahren u. a. die Zugriffsverbote für die genannten Arten eine Modifikation dahin, dass sie im Rahmen einer ordnungsgemäßen Bewirtschaftung insgesamt nicht mehr individuenbezogen Anwendung finden, sondern es – wie beim Störungsverbot des § 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG – auf die Entwicklung des Erhaltungszustands der lokalen Population ankommt.
78Vgl. Fellenberg/Heugel, in: Lütkes/Ewer, BNatSchG, 2. Aufl. 2018, § 44 Rn. 37.
79an>Auf der Basis des Beschwerdevorbringens und unter Berücksichtigung der Stellungnahmen des Fachamtes des Antragsgegners erkennt der Senat keine Verschlechterung der lokalen Population der in Anhang IV der FFH-Richtlinie aufgeführten Arten, europäischen Vogelarten oder solchen Arten, die in einer Rechtsverordnung nach § 54 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG aufgeführt sind. Die Ausf252;hrungen des Antragstellers auf Seite 62 f. der Beschwerdebegründung sind eher individuenbezogen. Im Zeitpunkt der Entscheidung des Senats ist es auch nicht mehr von Bedeutung, ob ggf. ein Beginn der Arbeiten im August 2019 im Hinblick auf das Störungsverbot ungünstig war. Zudem ist zu berücksichtigen, dass unstreitig ohne die Fällmaßnahmen der Beigeladenen auf den betroffenen Flächen zeitnah kein lebender Fichtenbestand mehr vorhanden sein wü;rde. Der Antragsteller argumentiert insoweit vielfach nicht mit einem Fortbestand des Zustandes vor Fällungen, sondern mit einem von ihm präferierten Konzept f252;r den Waldumbau, das ebenfalls eine Veränderung gegenüber dem derzeitigen Zustand der Flächen darstellen würde. Für seine Auffassung, dass allein ein Ermittlungsdefizit im Vorfeld der Fällmaßnahmen zu deren Rechtswidrigkeit führt, nennt der Antragsteller keinen normativen Ansatz. Soweit damit die unterlassene sog. FFH-Verträglichkeitsprüfung gemäß § 34 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG oder eine dieser vorhergehende Vorprüfung gemeint ist, greift dies nach den vorstehenden Ausführungen nicht durch.
80c) Der Antragsteller kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, es fehle an einer erforderlichen forstrechtlichen Ausnahmegenehmigung nach § 10 Abs. 2 Satz 3 LFoG.
81Der Senat lässt dahinstehen, ob insoweit überhaupt die Einhaltung einer Vorschrift im Raum steht, die der Antragsgegner nach § 3 Abs. 2 BNatSchG zu überwachen hat 8211; etwa über den vom Antragsteller im Kontext mit § 10 Abs. 2 Satz 3 LFoG genannten § 17 Abs. 1 BNatSchG. Bei summarischer Prüfung spricht Überwiegendes dafür, dass die sog. Kalamitäts- oder Sanitärhiebe der Beigeladenen schon nicht unter den Begriff Kahlhiebe im Sinne von § 10 Abs. 2 Satz 1 LFoG zu subsumieren sind. Bei dieser Norm geht es darum, die Schutz- und Erholungsfunktionen des Waldes beeinträchtigende und das Landschaftsbild störende größere Kahlhiebe zu verhindern.
82Vgl. LT-Drs. 10/3917, S. 1 und 5.
83Eine Beeinträchtigung der Schutz- und Erholungsfunktionen des Waldes und eine Störung des Landschaftsbildes treten jedoch vorliegend nicht erst durch die F28;llma23;nahmen der Beigeladenen ein. Vielmehr hat der Borkenkäferbefall bereits eine zum Verlust dieser Funktionen führende Kausalkette in Gang gesetzt. § 10 Abs. 2 Satz 1 LFoG soll verhindern, dass Bäume, die noch jahrelang leben könnten, großflächig gefällt werden. Dies ist bei den hier betroffenen, ohne Fällmaßnahmen unstreitig zeitnah absterbenden Fichten nicht der Fall.p>
84 Dementsprechend hat auch der für die Zulassung von Ausnahmen vom Kahlhiebsverbot des § 10 Abs. 2 Satz 1 LFoG zuständige Landesbetrieb Wald und Holz NRW verlautbart, eine solche Ausnahme nicht für erforderlich zu halten. Jedenfalls wäre eine solche aber ohne weiteres zuzulassen. Zumindest dieser Einschätzung schließt sich der Senat an. § 10 Abs. 2 Satz 3 LFoG dient dazu, wirtschaftliche Gesichtspunkte des Waldbesitzers zu berücksichtigen und wesentlich nachteilige Wirkungen für den einzelnen Forstbetrieb zu vermeiden. Vgl. zur ursprünglich als § 10 Abs. 2 S. 2 eingefügten Norm gleichen Wortlauts LT-Drs. 10/3917, S. 5 f. Hier wä;re bei einer nicht zum jetzigen Zeitpunkt erfolgenden Fällung keinerlei wirtschaftliche Verwertung der befallenen Fichten durch die Beigeladene mehr möglich. Selbst wenn insoweit nach § 17 Abs. 1 BNatSchG grundsätzlich auch die Eingriffsregelung des § 15 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG zu prüfen wäre, liegt hier gemä23; § 14 Abs. 2 Satz 1 Alt. 2 BNatSchG kein Eingriff vor. Danach ist die forstwirtschaftliche Bodennutzung nicht als Eingriff anzusehen, soweit dabei die Ziele des Naturschutzes und der Landschaftspflege berücksichtigt werden. Entspricht die land-, forst- und fischereiwirtschaftliche Bodennutzung den in § 5 Absatz 2 bis 4 BNatSchG genannten Anforderungen sowie den sich aus § 17 Absatz 2 BBodSchG und dem Recht der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft ergebenden Anforderungen an die gute fachliche Praxis, widerspricht sie in der Regel nicht den Zielen des Naturschutzes und der Landschaftspflege (§ 14 Abs. 2 Satz 2 BNatSchG). Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Wegen der Einzelheiten wird auf die Ausführungen zu den genannten Anforderungen im Rahmen der Prüfung der Privilegierung nach § 44 Abs. 4 Satz 1 BNatSchG Bezug genommen. d) Es besteht auch kein Verstoß gegen § 23 Abs. 2 Satz 1 BNatSchG i. V. m. Verboten der Ordnungsbehö;rdlichen Verordnung über das Naturschutzgebiet „Siebengebirge" Städte L. und Bad I. , Rhein-Sieg-Kreis vom 12. Mai 2005, ABI. Regbez. Köln vom 30. Mai 2005, S. 262 ff., in der durch die Ordnungsbehördliche Verordnung über die erste Änderung der Verordnung über das Naturschutzgebiet „Siebengebirge“ vom 8. Mai 2012, ABI. Regbez. Köln vom 29. Mai 2012, S. 235 ff., geänderten Fassung (im Folgenden: NSG-VO).
Der Senat lässt dahinstehen, ob mit der Einhaltung einer landesrechtlichen Naturschutzgebietsverordnung die Einhaltung einer Vorschrift im Raum steht, die der Antragsgegner nach § 3 Abs. 2 BNatSchG zu überwachen hat.
89Befürwortend Hendrischke, in: Frenz/Müggenborg, BNatSchG, 2. Aufl. 2017, § 3 Rn. 25; wohl ablehnend Lütkes, in: Lütkes/Ewer, BNatSchG, 2. Aufl. 2018, § 3 Rn. 8.
90Nach § 23 Abs. 2 Satz 1 BNatSchG sind alle Handlungen, die zu einer Zerstörung, Beschädigung oder Veränderung des Naturschutzgebiets oder seiner Bestandteile oder zu einer nachhaltigen Störung führen können, nach Maßgabe näherer Bestimmungen verboten. § 23 Abs. 2 Satz 1 BNatSchG ist nach seinem eindeutigen Wortlaut kein unmittelbar geltendes gesetzliches Verbot, sondern es obliegt bei einem Naturschutzgebiet der Schutzerklärung, das Verbot zu konstituieren und zu konkretisieren.
91Vgl. Heugel, in: Lütkes/Ewer, BNatSchG, 2. Aufl. 2018, § 23 Rn. 13.
92Die näheren Bestimmungen im Sinne dieser Norm ergeben sich hier aus der zuvor genannten Naturschutzgebietsverordnung. Gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 NSG-VO sind in dem Naturschutzgebiet nach Maßgabe der nachfolgenden Bestimmungen, soweit § 7 NSG-VO nichts anderes bestimmt, alle Handlungen verboten, die zu einer Zerstörung, Beschädigung oder Veränderung des geschützten Gebietes oder seiner Bestandteile oder zu einer nachhaltigen Störung führen können. Gleiches gilt für Handlungen, die zu einer Verschlechterung des Erhaltungszustandes der in § 3 NSG-VO genannten Biotope sowie der Lebensräume und Populationen der dort genannten Pflanzen- und Tierarten führen können (§ 5 Abs. 1 Satz 1 NSG-VO). Durch die Wendung „nach Maßgabe der nachfolgenden Bestimmungen“ ist ersichtlich, dass auch aus § 5 Abs. 1 NSG-VO noch keine unmittelbaren Verbote folgen. Die Vorschrift wird damit dem Bestimmtheitsgebot gerecht, dass einer blo3;en Wiederholung der weiten Formulierung des § 23 Abs. 2 Satz 1 BNatSchG in der Schutzerkl228;rung ohne Verbotskatalog mit Regelbeispielen und Ausnahmen regelmäßig entgegensteht.
Vgl. Heugel, in: Lütkes/Ewer, BNatSchG, 2. Aufl. 2018, § 23 Rn. 13.
94Die nachfolgenden Bestimmungen im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 1 NSG-VO umfassen insbesondere den Verbotskatalog des § 5 Abs. 2 NSG-VO. Die vom Antragsteller angesprochenen Verbote des § 5 Abs. 2 Nr. 11, 30 und 31 NSG-VO bedürfen jedoch keiner näheren Prüfung. Denn nach § 7 Nr. 1 NSG-VO bleiben von den Verbotsvorschriften des § 5 unberührt die im Sinne des Landschaftsgesetzes und des Bundesnaturschutzgesetzes rechtmäßige und ordnungsgemäße land- und forstwirtschaftliche Bodennutzung in der bisherigen Art und im bisherigen Umfang mit Ausnahme der Verbote unter § 5 Abs. 2 Nr. 1, 4, 6, 22, 24 bis 29 und 33 bis 43 NSG-VO. Die durch den Borkenkäferbefall bedingten Fällungen von befallenen Fichten entsprechend dem zuvor bereits behandelten „Praxisleitfaden Fichten-Borkenkäfer̶0;, stellen eine ordnungsgemäße forstwirtschaftliche Bodennutzung der bisherigen Art und im bisherigen Umfang dar, wobei sich der Umfang auf die Bodennutzung (für die Forstwirtschaft genutzte Fl228;che) und nicht auf die Zahl der Fällungen bezieht. Dies ist bei summarischer Prüfung auch rechtmäßig im Sinne des Landschaftsgesetzes und des Bundesnaturschutzgesetzes. Wegen der Einzelheiten wird auf die obigen Ausführungen insbesondere zum Artenschutz und dem Erfordernis einer Fällgenehmigung Bezug genommen.
95Es kann dahinstehen, ob auch die weitergehenden Freistellungen von Verbotsvorschriften des § 5 NSG-VO gemäß § 7 Nr. 2, 8 und 9 NSG-VO vorliegen. Denn es liegt auch kein Verstoß gegen die weiteren vom Antragsteller angesprochenen Verbote – von denen nicht bereits § 7 Nr. 1 NSG-VO freistellt – des § 5 Abs. 2 Nr. 6, 25, 29 und 41 NSG-VO vor. Danach ist es in dem Naturschutzgebiet insbesondere verboten:
966. ; Aufschüttungen, Verfüllungen, Abgrabungen, Ausschachtungen, Bohrungen, Sprengungen oder sonstige Veränderungen der Bodengestalt vorzunehmen;
9725. Böden zu verfestigen, zu versiegeln oder zu verunreinigen und die Bodenerosion zu fördern; von der Unteren Landschaftsbehörde kann eine Ausnahme unter Beachtung der Ergebnisse einer FFH-Verträglichkeitsprüfung gem. § 34 BNatSchG in Verbindung mit § 48d LG NW von der Verfestigung oder Versiegelung zugelassen werden, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:
98a) durch das Vorhaben dürfen keine nachteiligen und nachhaltigen Auswirkungen auf das Schutzgebiet möglich sein,
99b) die Grundfläche des Vorhabens umfasst nicht mehr als 15 m2 und
100c) das Vorhaben erfolgt auf einem bereits bebauten Grundstück im Verbund mit vorhandener Bebauung;
10129. Waldflächen, Gehölzbestände, Hochstaudenfluren, Quell-, Sumpf- und Uferbereiche zu beweiden bzw. in sonstiger Weise erheblichoder nachhaltig zu beeinträchtigen;
10241. Pflanzenschutz- und Schädlingsbekämpfungsmittel sowie Düngemittel in Waldbereichen auszubringen sowie die chemische Behandlung von Holz und anderen Produkten im Bestand vorzunehmen, unberührt bleiben die Bodenschutzkalkung und Maßnahmen zur Gefahrenabwehr im Rahmen der ordnungsgemäßen forstwirtschaftlichen Nutzung im Einvernehmen mit dem Landesbetrieb Wald und Holz und der Unteren Landschaftsbehörde.
103§ 5 Abs. 2 Nr. 6 und 25 NSG-VO meinen ersichtlich stärkere Einflussnahmen auf die Bodengestalt bzw. -festigkeit und -versiegelung als diejenigen, die typischerweise mit dem Befahren von Rückegassen einhergehen. Dies ergibt sich bereits aus dem spezielleren § 5 Abs. 2 Nr. 40 NSG-VO, nach dem es in dem Naturschutzgebiet insbesondere verboten ist, Rückearbeiten mit Motorfahrzeugen außerhalb der Wege und Rückegassen vorzunehmen. § 5 Abs. 2 Nr. 29 NSG-VO ist bereits deshalb nicht einschlägig, weil der Schutzzweck des Naturschutzgebietes „Siebengebirge“ gemäß § 3 NSG-VO die Fichtenbestände nicht umfasst. Vielmehr soll zur Umsetzung der Schutzziele dieses Naturschutzgebietes gemäß § 4 Abs. 4 Satz 2 Spiegelstrich 5 NSG-VO, nämlich der Steigerung des Laubholzanteils, eine frühzeitige und starke Durchforstung der Nadelholzbestände bzw. ein zügiger Umbau der Nadelholzbestände erfolgen. Dementsprechend verbietet der gegenüber § 5 Abs. 2 Nr. 29 NSG-VO hinsichtlich großflächiger Fällungen speziellere § 5 Abs. 2 Nr. 39 NSG-VO Kahlhiebe nur in bodenständigen Laubholz- und gerade nicht in Nadelholzbeständen. § 5 Abs. 2 Nr. 41 NSG-VO erfasst schon seinem eindeutigen Wortlaut nach nur „Mittel“ bzw. chemische Behandlungen, nicht hingegen die mechanische Fällung von Bäumen. Insofern kann dahinstehen, ob es sich bei Maßnahmen zur Bekämpfung eines Borkenkäferbefalls auch um solche zur Gefahrenabwehr im Rahmen der ordnungsgemäßen forstwirtschaftlichen Nutzung handelt und diese hier im Einvernehmen mit dem Landesbetrieb Wald und Holz NRW und der unteren Landschaftsbehörde ergriffen wurden.
104Bedarf es danach keines Befreiungsverfahrens von den Verboten der NSG-VO „Siebengebirge", scheidet auch insoweit die Annahme einer Verletzung eines Beteiligungsrechts des Antragstellers aus.
105Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen im Beschwerdeverfahren für erstattungsfähig zu erklären, da diese sich durch Stellung eines Antrags einem eigenen Kostenrisiko ausgesetzt hat (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO).
106Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 40, 47 Abs. 1, § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 1 GKG und bezüglich der Abänderung auf § 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GKG. Sie orientiert sich an Nr. 1.2 und 1.5 Satz 2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013. Die bereits erstinstanzlich vom Antragsteller befürchtete Betroffenheit von über 65 ha Fläche bzw. über 20.000 Bäume hinausgehenden Fichtenbeständen als Gegenstand des begehrten behördlichen Einschreitens rechtfertigte in einem Klageverfahren den Ansatz eines Streitwertes in Höhe von 25.000,00 Euro, mithin im oberen Bereich der im genannten Streitwertkatalog genannten Spanne von 15.000,00 Euro bis 30.000,00 Euro. Angesichts der aus dem Beschluss des Senats vom 31. Oktober 2019 (Zwischenentscheidung) deutlich werdenden weitgehenden Vorwegnahme der Hauptsache ist eine Reduzierung gegenüber dem in einem Klageverfahren angemessenen Streitwert im vorliegenden einstweiligen Rechtsschutzverfahren nicht geboten.
107Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 und § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
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