Beschluss vom Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen - 18 B 746/19
Tenor
Der Antrag des Antragstellers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren unter Beiordnung der Rechtsanwaltssozietät Verhoeven & Partner wird abgelehnt.
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 1.250 Euro festgesetzt.
1
Gründe:
2Der Antrag des Antragstellers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das zweitinstanzliche Verfahren unter Beiordnung der Rechtsanwaltssozietät W. & Partner hat keinen Erfolg. Dabei kann die Frage dahinstehen, ob der Antragsteller mit Rücksicht auf eine Aufnahme der ihm mit Duldung vom 21. April 2020 erlaubten Beschäftigung als Paketzusteller, schon deshalb keinen Anspruch auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe hat, weil er nicht dargetan hat, dass er nach seinen gegenwärtigen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen, auf die es für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe ankommt,
3vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 25. März 2015 – 18 E 1015/14 – und vom 9. Januar 2012 – 18 E 1327/11 –, juris m.w.N.,
4nicht in der Lage ist, die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen zu können (§ 166 VwGO i.V.m. § 114 ZPO). Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren kommt jedenfalls deshalb nicht in Betracht, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung aus den nachstehenden Gründen nicht die nach § 166 VwGO i.V.m. § 114 ZPO erforderliche hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet.
5Die Beschwerde, mit der der Antragsteller seine erstinstanzlich gestellten, mit dem angefochtenen Beschluss abgelehnten Anträge zu 1. und 2. (Erteilung einer Beschäftigungserlaubnis und Erteilung einer Ausbildungsduldung) weiterverfolgt, hat keinen Erfolg. Die dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, rechtfertigen keine Änderung des angefochtenen Beschlusses.
6Das Verwaltungsgericht ist in zutreffender Weise davon ausgegangen, dass der Antragsgegner dem Antragsteller keine Ausbildungsduldung nach § 60a Abs. 2 Satz 4 AufenthG a.F. erteilt hat. Die diesbezüglichen Ausführungen des Verwaltungsgerichts unter Ziffer 2. des angefochtenen Beschlusses werden mit dem Beschwerdevorbringen nicht durchgreifend in Zweifel gezogen. Bei der vom Antragsteller unter Ziffer 2. der Beschwerdeschrift vom 3. Juni 2019 zitierten, vom Verwaltungsgericht bereits gewürdigten Nebenbestimmung, "Ausbildung bei der Firma ´I. ´ vom 01.08.2018 bis 31.07.2021 in Vollzeit erlaubt", handelt es sich, wie der Antragsteller im Übrigen mit Blick auf seine Ausführungen im zweiten Absatz auf Seite 5 der Beschwerdeschrift vom 3. Juni 2019 selbst zu sehen scheint, um eine Beschäftigungserlaubnis. Ohne die Erteilung der Beschäftigungserlaubnis für die Ausbildung bei der Firma I. , die vom 01.08.2018 bis 31.07.2021 in Vollzeit erfolgen sollte, hätte der Antragsteller die genannte Ausbildung zum 1. August 2018 nicht beginnen dürfen. Bei dieser Beschäftigungserlaubnis handelt es sich entgegen den Mutmaßungen des Antragstellers auch nicht um eine Nebenbestimmung im Sinne des § 36 VwVfG (hier des § 36 VwVfG NRW), sondern um eine Nebenbestimmung zu einer Duldung im weiteren Sinne.
7Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 18. Januar 2006 – 18 B 1772/05 –, juris Rn. 26 ff.; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 10. Juli 2017 – 11 S 659/17 –, juris Rn. 31, sowie Beschluss vom 12. Oktober 2005 – 11 S 1011/05 –, juris Rn. 9, jeweils m.w.N.
8Die dem Antragsteller wegen eines weiterhin fehlenden Reisedokumentes am 30. Juli 2018 mit einer Gültigkeit bis zum 29. Oktober 2018 erteilte Duldung nach § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG war mithin mit der auf der Rechtsgrundlage von § 4 Abs. 2 Satz 3 AufenthG a.F. erteilten Beschäftigungserlaubnis hinsichtlich der Ausbildung bei der Firma "I. " vom 01.08.2018 bis 31.07.2021 in Vollzeit versehen.
9Soweit der Antragsteller im Weiteren die Auffassung vertritt, ihm sei "die Beschäftigung im Ausbildungsbetrieb für die Dauer der Ausbildung erlaubt worden", geht sein Vorbringen fehl. Eine über die Duldung in zeitlicher Hinsicht hinausweisende Erlaubnis, wie sie noch nach dem früheren selbständigen Arbeitserlaubnisverfahren denkbar war, ist dem Aufenthaltsgesetz fremd. Vielmehr erlischt eine Beschäftigungserlaubnis als Nebenbestimmung im weiteren Sinne zu einer wegen der Passlosigkeit des Antragstellers zu erteilenden Duldung jeweils mit dem Ablauf der Duldung. Dies bedeutet, dass mit jeder Duldung eine neue Beschäftigungserlaubnis zu erteilen ist und sich grundsätzlich bei jeder Erteilung die Erlaubnisfrage neu stellt.
10Vgl. Bay. VGH, Beschluss vom 7. Mai 2018 – 10 CE 18.464 –, juris Rn. 6; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 10. Juli 2017 – 11 S 659/17 –, juris Rn. 29 ff. m.w.N.
11Mit Blick darauf dringt der Antragsteller auch mit seinem weiteren Beschwerdevorbringen nicht durch, die Erlaubnis der Beschäftigung im Ausbildungsbetrieb für die Dauer der Ausbildung habe nicht einfach, wie es der Antragsgegner getan habe, gestrichen werden können. Bei der Verlängerung der Duldung hat der Antragsgegner dem Antragsteller die Beschäftigungserlaubnis nicht erneut erteilt. Da der Antragsgegner bei der Verlängerung der Duldung dem Antragsteller ersichtlich keine neue Duldungsbescheinigung nach § 60a Abs. 4 AufenthG ausgestellt hat, führte der Umstand, dass die Beschäftigungserlaubnis nicht erneut erteilt worden ist, zwangsläufig zur Streichung der Beschäftigungserlaubnis auf der bisherigen Duldungsbescheinigung. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass sich die Ablehnung der erneuten Erteilung der Beschäftigungserlaubnis als rechtwidrig erweisen könnte, werden mit der Beschwerde nicht aufgezeigt. Insbesondere verhält sich das Beschwerdevorbringen des Antragstellers mit Rücksicht auf § 60a Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 AufenthG a.F. nicht dazu, dass er ausweislich der Niederschrift vom 30. Juli 2018 erneut auf seine Verpflichtung zur Mitwirkung an der Identitätsklärung hingewiesen und aufgefordert worden war, Nachweise über tatsächlich erfolgte Bemühungen zur Beschaffung einer Geburtsurkunde und eines Nationalpasses vorzulegen. Auch für die Erteilung einer Zusicherung nach § 38 VwVfG NRW hinsichtlich der Erteilung einer Ausbildungsduldung ist entgegen der vom Antragsteller mit der Beschwerde vertretenen Auffassung nichts ersichtlich.
12Mit der Beschwerde wird auch nicht die entscheidungstragende Annahme des Verwaltungsgerichts durchgreifend in Zweifel gezogen, der Antragsteller habe keinen Anspruch auf Erteilung einer Ausbildungsduldung nach § 60a Abs. 2 Satz 4 AufenthG a.F., weil bezogen auf den maßgeblichen Zeitpunkt der Antragstellung konkrete Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung im Sinne des § 60a Abs. 2 Satz 4 AufenthG a.F. vorgelegen haben.
13Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 13. März 2017 – 18 B 148/17 –, juris Rn. 17 ff.
14Der Antragsgegner hat bereits mit Schreiben vom 13. Februar 2018, das bei der ZAB L. am 15. Februar 2018 eingegangenen ist, für den Antragsteller die Ausstellung eines Passersatzpapiers beantragt. Die Beantragung eines Passersatzpapiers durch die Ausländerbehörde ist jedoch regelmäßig – und so auch hier – eine konkrete Maßnahme zur Beendigung des Aufenthalts eines Ausländers im Sinne des § 60a Abs. 2 Satz 4 AufenthG a.F.
15Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 13. März 2017 – 18 B 148/17 –, juris Rn. 21 f.
16Dass es sich bei der Beantragung des Passersatzpapiers durch die Ausländerbehörde bezogen auf den hier maßgeblichen Zeitpunkt um eine konkrete Maßnahme zur Beendigung des Aufenthalts des Antragstellers handelt und die "Passersatzpapierbeschaffung" entgegen der vom Antragsteller vertretenen Auffassung nicht lediglich "als Bedingung dafür gemacht" wurde, "dass die Ausbildung genehmigt werden kann", ergibt sich insbesondere aus der Niederschrift vom 13. Februar 2018. Hiernach ist der Antragsteller zunächst darauf hingewiesen worden, dass die Ausländerbehörde aufenthaltsbeendende Maßnahmen einleiten werde, sollte er nicht bereit sein, freiwillig auszureisen. Nachdem der Antragsteller sodann erklärt hatte, momentan zur freiwilligen Ausreise nicht bereit zu sein, kann der Antrag des Antragsgegners auf Ausstellung eines Passersatzpapiers nur als konkrete Maßnahme der Aufenthaltsbeendigung verstanden werden. Der Berufsausbildungsvertrag datiert erst vom 19. März 2018.
17Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf den §§ 47 Abs. 1, 53 Abs. 2, 52 Abs. 1 und 2 GKG.
18Der Beschluss ist unanfechtbar.
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- 18 E 1327/11 1x (nicht zugeordnet)
- VwVfG § 38 Zusicherung 1x
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- 11 S 659/17 2x (nicht zugeordnet)
- ZPO § 114 Voraussetzungen 2x
- VwGO § 166 1x
- § 4 Abs. 2 Satz 3 AufenthG 1x (nicht zugeordnet)
- § 60a Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 AufenthG 1x (nicht zugeordnet)
- 11 S 1011/05 1x (nicht zugeordnet)