Beschluss vom Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen - 6 A 26/18
Tenor
Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfahren auf die Wertstufe bis 110.000 Euro festgesetzt.
Gründe:
1Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist unbegründet. Der Kläger stützt ihn allein auf den Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Das Antragsvorbringen weckt jedoch keine solchen Zweifel.
2Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bestehen, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung der angegriffenen Entscheidung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt werden und nicht nur die Begründung der angefochtenen Entscheidung oder nur einzelne Elemente dieser Begründung, sondern auch die Richtigkeit des Entscheidungsergebnisses ernstlichen Zweifeln unterliegt, so dass ein Erfolg der angestrebten Berufung nach den Erkenntnismöglichkeiten des Zulassungsverfahrens möglich erscheint.
3Vgl. BVerfG, Beschluss vom 18. Juni 2019 - 1 BvR 587/17 -, BVerfGE 151, 173 = juris Rn. 32; BVerwG, Beschluss vom 10. März 2004 - 7 AV 4/03 -, NVwZ-RR 2004, 542 = juris Rn. 8 f.
4Davon ist nach dem Zulassungsvorbringen des Klägers nicht auszugehen.
51. Der Kläger macht erfolglos geltend, er sei nicht, wie das Verwaltungsgericht angenommen hat, der Reinigungsgesellschaft F. mbH (im Folgenden "RGE") zugewiesen, sondern in seiner Eigenschaft als Beamter beurlaubt gewesen.
6Die erfolgte Zuweisung zur S. ist in dem zugrunde liegenden Bescheid vom 20. September 1999 schon dessen Überschrift zufolge als solche bezeichnet ("Zuweisung gemäß § 123a Abs. 2 BRRG zur Wahrnehmung der Aufgaben des Geschäftsführers der Reinigungsgesellschaft F. mbH [S. ])". Das Gleiche gilt für § 1 Abs. 1 ("Personalüberlassung durch Zuweisung") sowie § 6 des zwischen der Beklagten und der S. geschlossenen Überlassungsvertrags vom 3. August 1999. Explizit und nur zu einer Zuweisung hat der Kläger ebenfalls unter dem 3. August 1999 sein Einverständnis erklärt und dabei bestätigt, die Kurzinformation für einen Wechsel von Beamtinnen und Beamten zu städtischen Gesellschaften in Form der Zuweisung zur Kenntnis genommen zu haben.
7Das Zulassungsvorbringen begründet keinerlei Zweifel daran, dass es sich bei dieser Maßnahme auch der Sache nach um eine Zuweisung handelte, die ihre Rechtsgrundlage seinerzeit in § 123a Abs. 2 BRRG (Beamtenrechtsrahmengesetz i.d.F. der Bekanntmachung vom 27. Februar 1985, BGBl. I. S. 462, geändert durch Gesetz vom 24. Februar 1997, BGBl. I. S. 324) fand. Danach kann dem Beamten einer Dienststelle, die ganz oder teilweise in eine öffentlich-rechtlich organisierte Einrichtung ohne Dienstherrneigenschaft oder eine privatrechtlich organisierte Einrichtung der öffentlichen Hand umgewandelt wird, auch ohne seine Zustimmung eine seinem Amt entsprechende Tätigkeit bei dieser Einrichtung zugewiesen werden, wenn dringende öffentliche Interessen dies erfordern. Eine im Wesentlichen gleichlautende Regelung trifft heute § 20 Abs. 2 BeamtStG. Das Instrument der Zuweisung ist dadurch gekennzeichnet, dass der Beamte
8- im Folgenden wird allein aus Gründen der leichteren Lesbarkeit auf die gleichzeitige Verwendung der männlichen und weiblichen Sprachform verzichtet und gilt die männliche Sprachform für alle Geschlechter -
9- anders als im Falle einer Beurlaubung - aufgrund des fortbestehenden Beamtenverhältnisses zur Dienstleistung weiterhin verpflichtet bleibt. Das Recht auf diese Dienstleistung steht aber für die Dauer der Zuweisung nicht mehr dem Dienstherrn, sondern in erster Linie dem Träger der Einrichtung zu, der der Beamte zugewiesen worden ist. Mit der Zuweisung geht das auf die konkrete Aufgabenerfüllung bezogene Weisungsrecht des Dienstherrn und die damit in Verbindung stehenden Berechtigungen für die Dauer der Zuweisung auf den Träger der anderen Einrichtung über. Dies umfasst regelmäßig etwa die Zuständigkeit in Bezug auf die Verteilung der Arbeitszeit und die Bewilligung von Erholungsurlaub.
10Burkholz, in: v. Roetteken/Rothländer, a. a. O. Rn. 53, 55; Kathke, in: Schütz/Maiwald, Loseblatt Stand Februar 2018, § 20 BeamtStG Rn. 74; Kotulla, ZBR 1995, 168 (172); Bay. VGH, Urteil vom 19. Juli 2006 - 3 BV 03.1356 -, DVBl. 2006, 1599 = juris Rn. 29 ff.
11Im Übrigen bleibt die Rechtsstellung des Beamten - das Amt im statusrechtlichen Sinne - allerdings unberührt, § 123a Abs. 3 BRRG bzw. § 20 Abs. 3 BeamtStG. Der Dienstherr bleibt damit zuständig für statusberührende Entscheidungen, unter anderem für die Genehmigung von Nebentätigkeiten.
12Burkholz, in: v. Roetteken/Rothländer, a. a. O. Rn. 57.
13Eine diesen Vorgaben entsprechende Zuweisung ist hier erfolgt. So war in § 6 Abs. 1 des Überlassungsvertrages geregelt, dass das Rechtsverhältnis des zugewiesenen Beamten durch die Dienstleistung für die Gesellschaft nicht berührt wurde, der Beamte unbeschadet seiner Dienstleistung für die Gesellschaft Beamter der Beklagten blieb, das Dienstverhältnis unverändert fortbestand und die beamtenrechtlichen Vorschriften keine Einschränkung fanden; ferner war die S. nach § 6 Abs. 1 Satz 2 des Vertrags verpflichtet, die das Dienstverhältnis betreffenden Umstände wie Fernbleiben vom Dienst, Erkrankungen, Unfälle u.a. der Beklagten mitzuteilen und hierüber bestehende Unterlagen weiterzureichen. Das Verwaltungsgericht hat in jeder Hinsicht zutreffend festgestellt, dass diese Regelungen mit dem Institut der Beurlaubung ohne Dienstbezüge nicht zu vereinbaren sind. Der Zulassungsantrag setzt dem nichts Durchgreifendes entgegen.
14Erfolglos macht der Kläger (sinngemäß) geltend, es hätten zwischen den Beteiligten Unklarheiten über die Rechtsnatur der Maßnahme bestanden. Der Zulassungsvortrag, es fänden sich in den Verträgen und Bescheiden "verschiedene, unklare Formulierungen", bleibt ohne jede nähere Darlegung und verfehlt damit schon die Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 3 VwGO. Er ist angesichts der wiederholten ausdrücklichen Bezeichnung der vorgenommenen Maßnahme als Zuweisung gemäß § 123a Abs. 2 BRRG auch nicht nachvollziehbar. Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang darauf verweist, das Instrument der Zuweisung sei im Jahr 1999 "im Beamtenrecht völlig neu" gewesen, ist das im Übrigen schon sachlich unzutreffend. Tatsächlich ist das Instrument der Zuweisung bereits durch die Einfügung des § 123a BRRG durch Art. 3 des Fünften Gesetzes zur Änderung besoldungsrechtlicher Vorschriften vom 28. Mai 1990, BGBl. I S. 967, in Kraft getreten nach dessen Art. 20 § 10 Abs. 1 mit Wirkung vom 1. Januar 1990, eingeführt worden, also annähernd ein Jahrzehnt vor der im Streitfall erfolgten Zuweisung durch Bescheid vom 20. September 1999. Selbst die Möglichkeit der Zuweisung bei Privatisierung nach § 123a Abs. 2 BRRG ist bereits durch das Gesetz zur Reform des öffentlichen Dienstrechts am 1. Juli 1997 eingefügt worden (BGBl. I S. 324).
15Fehl geht auch das Vorbringen, die Überlassung des Klägers an die S. sei tatsächlich wie eine Beurlaubung und nicht wie eine Zuweisung gehandhabt worden. Dass der Kläger allein den Weisungen der Vorgesetzten bei der S. unterlag, dass er räumlich und tatsächlich von der Dienstleistung bei seinem Dienstherrn "vollständig entkoppelt" war und die Urlaubsgewährung über die S. erfolgte, steht nach dem oben Ausgeführten dem Rechtscharakter der Zuweisung nicht entgegen, sondern kennzeichnet diesen vielmehr. Es zieht diese Einordnung gleichfalls nicht in Zweifel, dass die Einrichtung auch die Personalkosten trug und auszahlte. § 2 Satz 2 des Überlassungsvertrages bestimmt ausdrücklich, dass der Besoldungsanspruch des Klägers unverändert fortbestand. Nach § 2 Satz 1 des Vertrages verpflichtete sich die S. lediglich, für den Überlassungszeitraum die Bezüge des ihr zur Geschäftsführung überlassenen Klägers unmittelbar an diesen zu zahlen. In ähnlicher Weise bestimmten § 3 und § 4 des Vertrages, dass der überlassene Beamte - hier der Kläger - während seiner Tätigkeit für die Gesellschaft weiterhin Anspruch auf Gewährung von Beihilfe in Krankheits-, Geburts- und Todesfällen nach beamtenrechtlichen Bestimmungen der Beklagten sowie auf Versorgung nach beamtenrechtlichen Bestimmungen hatte. Die S. hatte lediglich der Beklagten die zur Auszahlung kommenden Beihilfen zu erstatten und einen Versorgungskostenbeitrag zu leisten.
16Vor diesem Hintergrund trägt der Kläger auch ohne Erfolg vor, es könne deshalb nicht davon ausgegangen werden, dass die Beklagte eine Zuweisung habe vornehmen wollen, weil diese ohne eine Befristung rechtswidrig gewesen sei. Insoweit bleibt schon jede Darlegung dazu aus, aufgrund welcher Zusammenhänge eine Zuweisung auf der angenommenen Grundlage des 123a Abs. 2 BRRG einer Befristung bedurfte hätte, was wohl überwiegend ablehnend beurteilt wird.
17Vgl. dazu Kathke, in: Schütz/Maiwald, a. a. O. § 20 BeamtStG Rn. 50; Schnellenbach/Bodanowitz, Beamtenrecht in der Praxis, 10. Auflage 2020, § 4 Rn. 77; Schönrock, ZBR 2002, 306 (308); Burkholz, in: v. Roetteken/Rothländer, a. a. O. Rn. 50, jeweils m. w. N.
18Im Übrigen änderte allein der Umstand der fehlenden Befristung nichts daran, dass die Maßnahme als Zuweisung bezeichnet, inhaltlich als solche ausgestaltet und - wie das Verwaltungsgericht näher ausgeführt hat - wirksam war.
192. Das Zulassungsvorbringen weckt ferner keine ernstlichen Zweifel an der Feststellung des Verwaltungsgerichts, der Kläger habe mit seinen Tätigkeiten als Geschäftsführer für die B. GmbH (im Folgenden "B. ") und die F1. Versorgungs- und Verkehrsgesellschaft mbH - F2. - (im Folgenden "F2. ") Nebentätigkeiten im Sinne des § 13 Abs. 2 NtV ausgeübt. Das Gericht hat dazu ausgeführt, was zum Hauptamt und was zum Nebenamt gehöre, bestimme der Dienstherr kraft seiner Organisationsgewalt und werde u.a. durch Einzelanweisungen gegenüber dem Beamten konkretisiert. Gemessen daran sei die Tätigkeit des Klägers für die B. und die F2. nicht seinem Hauptamt zuzurechnen. Dem Kläger seien mit der Verfügung der Beklagten vom 20. September 1999 die Aufgaben des Geschäftsführers der S. zugewiesen worden. Die Tätigkeit bei anderen privatrechtlichen Gesellschaften sei davon nicht umfasst. Eine Zuweisung der Geschäftsführertätigkeiten für die B. und die F2. sei auch nicht - nachträglich - dadurch erfolgt, dass dem Kläger durch die Entscheidungsgremien der S. diese Aufgaben übertragen worden seien. Auch wenn diese Gremien - zumindest zum Teil - mit Personen besetzt gewesen seien, die in anderer Funktion seinem Dienstherrn, der beklagten Stadt, angehörten, so seien die Beschlüsse doch ausschließlich der S. und nicht dem Dienstherrn zuzurechnen. Eine Erweiterung des durch Bescheid der Beklagten vom 20. September 1999 festgelegten Aufgabenkreises des Hauptamtes sei damit nicht erfolgt. Es handele sich bei den vom Kläger wahrgenommenen Geschäftsführertätigkeiten für die B. und die F2. um Nebentätigkeiten im öffentlichen Dienst gemäß § 3 NtV. Die Tätigkeiten in den zuvor genannten Gesellschaften, die als juristische Personen des Privatrechts nicht unter § 3 Abs. 1 NtV zu subsumieren seien, seien gemäß § 3 Abs. 2 Nr. 1 NtV der Tätigkeit im öffentlichen Dienst gleichgestellt.
20Dass eine Erweiterung seines durch den Zuweisungsbescheid vom 20. September 1999 festgelegten Aufgabenkreises durch die hierfür zuständige Beklagte erfolgt wäre, wird mit dem Zulassungsantrag nicht den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO entsprechend dargelegt. Dafür genügt das Vorbringen nicht, bei der B. und der F2. handele sich um Tochtergesellschaften der S. , und der Kläger habe als Geschäftsführer der Tochtergesellschaften Interessen der Muttergesellschaft wahrgenommen, was allgemein üblich bzw. - so im Fall der J. GmbH - sogar erforderlich sei, um eine umsatzsteuerliche Organschaft sicherzustellen. Aus § 3 Abs. 2 Nr. 3 NtV geht hervor, dass es für die Zuordnung einer Tätigkeit zum Hauptamt nicht ausreicht, dass der Beamte sie im Hinblick auf seine dienstliche Stellung ausübt. Erst recht legt der Kläger nicht dar und ist auch nicht ersichtlich, dass - was für die Zuordnung zum Hauptamt spräche - die Übernahme der Geschäftsführung der Tochtergesellschaften zu seinen normativ bestimmten Pflichten gehört hätte.
21Vgl. dazu Schnellenbach/Bodanowitz, a. a. O., § 8 Rn. 3 f.; Schnelle/Hopkins, NVwZ 2010, 1333 (1337).
22Im Übrigen setzt sich der Kläger in keiner Weise damit auseinander, dass ihm, träfe die von ihm vertretene Auffassung zu, wonach er die Geschäftsführung der Tochtergesellschaften nicht als Nebentätigkeit im Sinne des § 13 Abs. 2 NtV, sondern als Hauptamt wahrgenommen hätte, eine Abführungspflicht nach § 58 LBG NRW obliegen könnte. Danach hat eine Beamtin oder ein Beamter, die oder der eine Tätigkeit, die zu ihren oder seinen dienstlichen Aufgaben (Hauptamt, Nebenamt) gehört, wie eine Nebenbeschäftigung gegen Vergütung ausübt, die Vergütung an den Dienstherrn abzuführen. Die Bestimmung ist Ausdruck des Verbots der Mehrfachalimentation und soll verhindern, dass ein Beamter für eine in seinen Aufgabenbereich fallende Tätigkeit, für die er bereits ausreichend alimentiert wird, einen zusätzlichen Gewinn zieht. Um dies sicherzustellen, ist der Beamte zur Abführung der erlangten Vergütung verpflichtet.
23BVerwG, Urteil vom 31. März 2011 - 2 C 12.09 -, NWVBl 201, 380 = juris Rn. 17; Schmiemann, in: Schütz/Maiwald, Beamtenrecht, a. a. O., § 58 LBG NRW Rn. 4 m. w. N.; Schrapper/Günther, LBG NRW, 2. Auflage 2017, § 58 Rn. 2.
24Die Abführungspflicht für eigentlich dem Hauptamt zuzuordnende Tätigkeiten entsteht ipso iure und ist nicht disponibel; sie geht mangels normierter Höchstgrenzen allerdings noch weiter als diejenige nach § 13 Abs. 2 NtV.
25Schrapper/Günther, LBG NRW, a. a. O., § 58 Rn. 3; Kämmerling, ZBR 2018, 397 (403).
263. Unzutreffend ist schließlich die Rechtsauffassung des Klägers, die Ansprüche der Beklagten seien verwirkt.
27Verwirkung setzt tatbestandlich voraus, dass ein Recht nicht mehr ausgeübt werden kann, weil seit der Möglichkeit der Geltendmachung eine längere Zeit verstrichen ist und besondere Umstände hinzutreten, die die verspätete Geltendmachung unter Berücksichtigung des beim Verpflichteten - oder bei einem Dritten - daraus erwachsenen Vertrauens als Verstoß gegen Treu und Glauben erscheinen lassen.
28BVerwG, Urteil vom 30. August 2018 - 2 C 10.17 -, BVerwGE 163, 36 = juris Rn. 21 m. w. N.
29Dem Zulassungsvorbringen ist schon nichts dazu zu entnehmen, dass ein diesen Anforderungen entsprechender Zeitablauf vorliegt. Soweit der Kläger darauf verweist, die Beklagte habe ihn 14 Jahre lang weder aufgefordert, seine Nebentätigkeiten anzuzeigen, noch die Abführung der Vergütung verlangt, zeigt er damit nicht auf, dass seit der Möglichkeit der Geltendmachung des streitgegenständlichen Abführungsanspruchs eine längere Zeit verstrichen ist. Denn hier steht lediglich der Anspruch auf Abführung von Vergütungen in Streit, die der Beklagten in Bezug auf die Tätigkeiten des Klägers als Geschäftsführer der B. und der F2. für die Jahre 2011 bis 2013 bekannt geworden sind. Diese hat die Beklagte mit Bescheid vom 16. Dezember 2014 und damit vor Ablauf der nach Maßgabe des § 199 BGB beginnenden dreijährigen Verjährungsfrist gemäß § 195 BGB geltend gemacht.
30Vgl. zur Verjährung BVerwG, Beschluss vom 20. Dezember 2011 - 2 B 49.11 -, juris Rn. 7; Wichmann/Langer, Öffentliches Dienstrecht, 8. Auflage 2017, S. 427 (Rn. 223).
31Der Vortrag bleibt aber auch dann erfolglos, wenn man zu Gunsten des Klägers annimmt, dass er dem Anspruch keine Verwirkung, sondern einen anderweitigen Verstoß der Beklagten gegen Treu und Glauben entgegen halten möchte. Das Verwaltungsgericht hat bereits dargestellt, dass eine unzulässige Rechtsausübung auf Seiten der Beklagten nicht anzunehmen ist. Es hat ausgeführt, selbst wenn der Kläger aufgrund des Zeitablaufs tatsächlich darauf vertraut haben sollte, die bezogenen Nebeneinkünfte nicht an seinen Dienstherrn abführen zu müssen, sei dieses Vertrauen nicht schutzwürdig. Ihm habe als langjährigem Beamten des (damals) höheren Dienstes bekannt sein müssen, dass ihm aus dem Beamtenverhältnis ausschließlich ein Anspruch auf eine amtsangemessene Alimentation - Besoldung aus der Besoldungsgruppe A 16 BBesO bzw. nunmehr LBesG NRW - zustehe und die Möglichkeiten des "Zuverdienstes" infolge von dem Dienstherrn grundsätzlich anzuzeigenden Nebentätigkeiten Einschränkungen unterlägen. Dass dieses Nebentätigkeitsrecht auch im Hinblick auf Geschäftsführertätigkeiten bei von der Beklagten gegründeten privatrechtlichen Gesellschaften Anwendung finde, habe ihm auch aus der Zeit bekannt sein müssen, in der er als Gründungsgeschäftsführer der S. eingesetzt gewesen sei. Hier habe er - wenn auch auf Anregung der Beklagten - eine entsprechende Nebentätigkeitsgenehmigung eingeholt. Da sich aufgrund der Zuweisung an seinem Beamtenstatus ausdrücklich nichts geändert habe, hätten objektiv keine Anhaltspunkte bestanden, warum dies für weitere Nebentätigkeiten bei letztlich der Beklagten bzw. der öffentlichen Hand zuzurechnenden Gesellschaften keine Geltung mehr hätte haben sollen. Allein der zunehmende Zeitablauf habe daran nichts geändert und auch die vom Kläger angeführte "gelebte Praxis" habe nicht den Schluss gerechtfertigt, diese Regelungen würden nunmehr auf ihn keine Anwendung mehr finden. Allein die Erwartung, eine der Rechtsordnung widersprechende Handhabung durch den Dienstherrn werde fortdauern, begründe kein schutzwürdiges Vertrauen des Beamten. Denn die Abführungspflicht sei zwingendes Recht und nicht durch eine ausdrückliche oder stillschweigende Vereinbarung zwischen dem Dienstherrn und dem Beamten abdingbar. Dem Dienstherrn stehe insoweit kein Ermessensspielraum zu.
32Dass der Kläger sich des Umstandes bewusst gewesen sei, dass Nebentätigkeitsvergütungen grundsätzlich einer Abführungspflicht unterlägen, ergebe sich auch aus seinem Vortrag zur Regelung der Geschäftsführervergütung für die Tätigkeit bei der F2. im Jahr 2005 und den Folgejahren. Damals sei vereinbart worden, dass ihm für diese Tätigkeit von der S. eine Zulage zu seiner dortigen Geschäftsführervergütung gewährt werde. Nebentätigkeitsvergütungen über die Gesellschaft zur Auszahlung zu bringen, bei der das Hauptbeschäftigungsverhältnis bestanden habe, sei bei der Beklagten jahrelang gängige Praxis gewesen. Einziger Grund für diese Vorgehensweise sei die Vermeidung einer Abführungspflicht gewesen. Dementsprechend habe die Beklagte in der Vergangenheit weder von ihm - dem Kläger - noch einem anderen Nebeneinkünfte erzielenden Geschäftsführer städtischer Beteiligungsgesellschaften eine Abführung der Nebentätigkeitsvergütung verlangt. Dem Kläger könne indes kein schutzwürdiges Vertrauen zugestanden werden, diejenigen Nebeneinkünfte behalten zu dürfen, die er - im Zusammenwirken mit seinem Dienstherrn - im Bewusstsein der Rechtswidrigkeit dieser Vorgehensweise nicht an diesen abgeführt habe. Der Dienstherr sei nicht befugt gewesen, auf die Geltendmachung des Abführungsanspruchs zu verzichten. Die Alimentation eines Beamten habe allein auf der Grundlage der geltenden besoldungsrechtlichen Bestimmungen zu erfolgen und sei nicht in die Dispositionsbefugnis des Dienstherrn gestellt.
33Der Kläger zieht mit dem Zulassungsantrag weder in Zweifel, dass die dargestellten normativen Vorgaben für beide Beteiligte bindend und nicht disponibel sind, noch, dass ihm die daraus folgende Rechtswidrigkeit der gewählten Vorgehensweise bewusst war. Bereits dies schließt das Entstehen schutzwürdigen Vertrauens auf Seiten des Klägers darauf aus, die zusätzlichen Vergütungen behalten zu dürfen.
34Ebenso für vergleichbare Konstellationen OVG NRW, Beschluss vom 2. September 2013 - 6 A 1268/11 -, juris Rn. 5, und Urteil vom 17. Dezember 2008 - 1 A 2938/07 -, juris Rn. 47; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 26. Oktober 2010 - 4 S 471/10 -, juris Rn. 56, bestätigt durch BVerwG, Beschluss vom 20. Dezember 2011 - 2 B 49.11 ‑, a. a. O. Rn. 4; VG Wiesbaden, Urteil vom 10. Mai 2006 ‑ 8 E 2503/03 -, HGZ 2006, 332 = juris Rn. 88; Wichmann/Langer, a. a. O., S. 404 (Rn. 218) und S. 427 f. (Rn. 223).
35Angesichts dessen ist auch das weitere Zulassungsvorbringen unerheblich, die Gremien der Beklagten einschließlich des Rates hätten von seinen Nebentätigkeiten und den damit verbundenen Vergütungen Kenntnis gehabt und der mit Vertretern der Beklagten besetzte Aufsichtsrat habe den Nebentätigkeiten zugestimmt.
36Ebenso wenig entband es den Kläger von den gesetzlichen Verpflichtungen zur Anzeige von Nebentätigkeiten, zur Angabe der erzielten Vergütung(en) und zu deren Abführung, dass die Beklagte ihn jahrelang nicht auf diese Pflichten hingewiesen hat.
37Ob das Zulassungsvorbringen zutrifft, keiner der übrigen in zahlreichen Gesellschaften der Beklagten tätigen Geschäftsführer, die in einem Beamtenverhältnis zur Beklagten gestanden hätten, sei zur Abführung von Nebeneinkünften herangezogen worden, kann auf sich beruhen. Soweit der Kläger sich dabei auf Fälle von Geschäftsführern bezieht, die zum Zeitpunkt des Bezugs der Einkünfte nicht mehr im Beamtenverhältnis standen, ist der Vortrag schon deshalb ohne Belang, weil sein Fall sich dann maßgeblich von diesen Vergleichsfällen unterscheidet. Selbst wenn Fälle von Geschäftsführern gemeint sein sollten, die wie der Kläger zum Zeitpunkt des Bezugs von Einkünften weiterhin im Beamtenverhältnis standen, weckt das Vorbringen keine Zweifel an der Ergebnisrichtigkeit der angegriffenen Entscheidung, weil der Kläger eine Gleichbehandlung im Unrecht nicht beanspruchen kann.
38Die Feststellung des Verwaltungsgerichts, der Kläger habe keinen Anspruch auf Aufhebung der in Form eines Verwaltungsaktes ergangenen Aufforderung, Auskunft über die Höhe der Nebeneinkünfte aus der Geschäftsführertätigkeit bei der B. im Jahr 2011 zu erteilen, zieht das Zulassungsvorbringen schon deshalb nicht in Zweifel, weil es sich dazu in keiner Weise verhält.
39Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf §§ 40, 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 3 GKG.
40Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).
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Referenzen
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- 7 AV 4/03 1x (nicht zugeordnet)
- LBG § 58 2x
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