Beschluss vom Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen - 7 A 1036/20
Tenor
Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
Die Kläger tragen die Kosten des Zulassungsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen als Gesamtschuldner.
Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfahren auf 7.500,00 Euro festgesetzt.
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G r ü n d e :
2Der Zulassungsantrag hat keinen Erfolg.
3Das Zulassungsvorbringen führt nicht zu den geltend gemachten ernstlichen Zweifeln an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.
4Das Verwaltungsgericht hat ausgeführt, die Kläger hätten zum maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung mangels Verstoßes gegen nachbarschützende öffentlich-rechtliche Vorschriften keinen Anspruch auf Erlass der mit dem Hauptantrag begehrten Ordnungsverfügung. Insbesondere könne für das Grundstück der Kläger keine konkrete Gefährdung i. S. d. § 12 Abs. 1 Satz 2 BauO NRW 2018 festgestellt werden. Das Grundstück der Kläger weise entlang der Grenze zum Beigeladenengrundstück eine Standfestigkeit auf, die ein Befahren mit Fahrzeugen des Schwerlastverkehrs, insbesondere Rettungs- und Einsatzfahrzeugen zulasse. Dies ergebe sich aus dem 5. Prüfbericht Nr. 2017/616 der Ingenieursozietät H. vom 22.8.2018 und der dort in Bezug genommenen Statischen Berechnung des Ingenieurbüros für Hochbau und Konstruktiven Ingenieurbau S. vom 7.6.2018. Danach sei die Tiefgaragen- und Rampenwand für eine Belastung der angrenzenden Zufahrt mit Schwerlastfahrzeugen mit einem zulässigen Gesamtgewicht von 40 t ausgelegt. Danach sei auch die Erreichbarkeit des klägerischen Grundstücks durch Lösch- und Rettungsfahrzeuge über die Zufahrt zur T. gewährleistet.
5Soweit die Kläger umfangreich zum Verlust der Tragfähigkeit ihres Grundstückes, insbesondere der Zufahrt, während der Bauarbeiten vortragen, weckt dies schon wegen des hier maßgeblichen Zeitpunktes der gerichtlichen Entscheidung keine ernstlichen Zweifel. Das Zulassungsvorbringen zur Sachlage nach Fertigstellung der Tiefgarage verhilft dem Antrag gleichfalls nicht zum Erfolg. Es vermag die Annahme des Verwaltungsgerichts, eine bauordnungsrechtlich relevante Gefahrenlage sei hinsichtlich der Zufahrt der Kläger jedenfalls seitdem nicht mehr gegeben, nicht hinreichend zu erschüttern. Die Kläger haben insbesondere nicht nachvollziehbar aufgezeigt, dass die der Beurteilung des Verwaltungsgerichts zugrunde liegenden fachlichen Stellungnahmen unrichtig sind. Im Gegenteil führen sie mit Schriftsatz vom 24.3.2020 (vgl. Seite 18) aus, dass sie nicht die geringsten Zweifel an der Richtigkeit der Prüfungen des Herrn Prof. H. und seiner Mitarbeiter hätten.
6Soweit die Kläger darauf abstellen, die Zufahrt habe vor den Bauarbeiten der Beigeladenen eine konstruktive Tragfähigkeit von bis zu 45/50 t besessen, führt auch dies zu keinem anderen Ergebnis. Es ist schon nicht dargelegt und auch nicht ersichtlich, dass eine Einschränkung der Tragfähigkeit der Zufahrt in einem Umfang eingetreten ist, die eine - gemessen an den Anforderungen des Bauordnungsrechts - konkrete Gefahr für die Nutzung ihres Grundstücks ergeben könnte. Insbesondere vermag der Senat anhand des Zulassungsvorbringens nicht festzustellen, dass es an einer hinreichenden Erreichbarkeit der auf dem Grundstück der Kläger aufstehenden Gebäude durch die Feuerwehr fehlen könnte. Ungeachtet dessen sind die Angaben zur vormaligen Tragfähigkeit der Zufahrt nicht ausreichend belegt, wie es das Verwaltungsgericht richtig ausgeführt hat.
7Dass - wie die Kläger geltend machen - durch die nicht vollständig hergestellte Tragfähigkeit, den fehlenden "brückenähnlichen Aufbau" der Zufahrt und die nicht vorgenommene Verdichtung des Streifens zwischen der Tiefgaragen- und Rampenwand und ihrem Grundstück die Versorgung ihres Grundstücks mit Gas, Wasser und Strom konkret gefährdet sein könnte, ist gleichfalls nicht hinlänglich dargelegt. Die Tiefgarage ist zwischenzeitlich fertig gestellt. Damit sind keine durch Bauarbeiten bedingten Erdbewegungen mehr zu erwarten. Dafür, dass das in die Löcher der Straßenoberfläche verfüllte Material auf die Versorgungsleitungen drücken könnte, haben die Kläger keine hinreichenden, eine konkrete Gefahr begründenden Anhaltspunkte aufgezeigt. Auch kommt die von den Klägern beauftragte Ingenieurgesellschaft R. mbH in ihrem Sanierungsvorschlag vom 30.7.2018 zu dem Ergebnis, dass der früher erwogene Einbau von Gabionen zum Druckausgleich im Unterbau der Zufahrt nicht mehr erforderlich sei, vielmehr werde empfohlen, lediglich den Straßenoberbau zu erneuern.
8Soweit die Kläger auf eine (nächtliche) Unfallgefahr wegen der Löcher in ihrer Zufahrt verweisen, fehlt es an der Darlegung eines Zusammenhangs zwischen der behaupteten fehlenden Tragfähigkeit und der Oberflächenbeschaffenheit der Zufahrt, für die die Kläger als Eigentümer im Rahmen ihrer Verkehrssicherungspflichten verantwortlich sind.
9Es ist im vorliegenden Verfahren auch ohne Belang, ob die Beigeladene den Klägern - wie diese geltend machen - verwehrt, an die Tiefgaragen- und Rampenwand anzubauen. Daraus resultiert aus obigen Gründen keine im vorliegenden Zusammenhang relevante Gefahrenlage für das klägerische Grundstück.
10Der Senat weist zudem darauf hin, dass die Kläger bauordnungsrechtlich grundsätzlich keinen Anspruch auf einen Anbau der Zufahrt an die Tiefgaragen- und Rampenwand der Beigeladenen haben. Gemäß § 12 Abs. 1 Satz 1 BauO NRW 2018 muss jede bauliche Anlage im Ganzen und in ihren einzelnen Teilen sowie für sich allein standsicher sein.
11Vgl. OVG NRW, Urteil vom 10.5.2019- 7 A 1271/17 -, juris.
12Ob - wie von den Klägern behauptet - die ursprüngliche Grenzmauer eine gemeinschaftliche Grenzanlage i. S. d. § 921 BGB gewesen ist, ist dabei unerheblich. Sich daraus eventuell ergebende Ansprüche wären auf dem Zivilrechtsweg geltend zu machen.
13Die Richtigkeit der Annahme des Verwaltungsgerichts, der geltend gemachte Anspruch könne mangels einer Gefährdung des Eigentums der Kläger auch nicht mit Erfolg auf § 3 Abs. 1 Satz 1 BauO NRW 2018 gestützt werden, haben die Kläger nach alledem ebenfalls nicht ausreichend erschüttert.
14Soweit die Kläger mit ihrem Hilfsantrag die Verurteilung der Beklagten begehren, die bestehende Störung in Bezug auf die Zuwegung von der T.-straße zu der Wohnanlage auf ihrem Grundstück zu beseitigen, insbesondere die Versorgung mit Gas, Wasser und Elektrizität sicherzustellen und geltend machen, es gehe hier um die Beseitigung der Folgen einer rechtswidrigen Baugenehmigung, weckt auch dies keine ernstlichen Zweifel Das Verwaltungsgericht hat die Frage, ob überhaupt eine Rechtsgrundlage für dieses Begehren bestehen kann, offen gelassen und im Ergebnis zutreffend darauf abgestellt, dass namentlich eine konkrete Gefährdung der Gas-, Wasser- und Elektrizitätsleitungen nicht erkennbar sei. Diese Annahme ist - wie bereits ausgeführt - nicht zu beanstanden. Eine abweichende Beurteilung rechtfertigt auch nicht das Vorbringen der Kläger, nach der Stellungnahme der Ingenieurgesellschaft R. müsse der Zustand der Versorgungsleitungen im Wege der Handschachtung erkundet werden. Diese Aussage lässt keinen Rückschluss auf eine konkrete Gefährdung der Versorgungsleitungen zu.
15Im Hinblick auf die vorstehenden Ausführungen rechtfertigt das Vorbringen der Kläger auch nicht die Annahme, dass die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten i. S. von § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO aufweise.
16Die Kläger machen auch ohne Erfolg geltend, die Rechtssache habe grundsätzliche Bedeutung i. S. d. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO. Aus ihrem Vorbringen ergeben sich keine Fragen von grundsätzlicher Bedeutung.
17Schließlich ergibt sich aus der Begründung des Zulassungsantrages auch nicht der behauptete Verfahrensfehler i. S. d. § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO. Die Kläger machen geltend, das Verwaltungsgericht habe ihr rechtliches Gehör verletzt, indem es das Urteil auf Gespräche mit der Fachbehörde gestützt habe, ohne dass die Inhalte dieser Gespräche ihnen, den Klägern, mitgeteilt worden seien. Dazu existiere jedoch ein elektronischer Aktenvermerk über ein Telefonat mit Herrn T.. Die Kläger haben schon nicht dargelegt, auf welchen "elektronischen Aktenvermerk" sie abstellen. Ein solcher findet sich in den Gerichtsakten nicht. Sollten die Kläger sich auf den Vermerk in dem Eilverfahren beim Verwaltungsgericht Aachen - 5 L 408/18 - beziehen, ist eine Verletzung des rechtlichen Gehörs nicht erkennbar. Die Kläger haben mit Schriftsatz vom 24.7.2019 diesen Vermerk zum Klageverfahren eingereicht. Dass das dem Vermerk zugrunde liegende Telefonat einen nicht dokumentierten weiteren Inhalt gehabt haben könnte, ist nicht zu ersehen.
18Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 159 Satz 2, § 162 Abs. 3 VwGO. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind erstattungsfähig, da diese einen Antrag gestellt und sich damit in das Kostenrisiko begeben hat (§ 154 Abs. 3 VwGO).
19Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 GKG.
20Dieser Beschluss ist unanfechtbar.
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Referenzen
- VwGO § 154 1x
- VwGO § 124 4x
- § 12 Abs. 1 Satz 2 BauO 1x (nicht zugeordnet)
- VwGO § 162 1x
- BGB § 921 Gemeinschaftliche Benutzung von Grenzanlagen 1x
- § 3 Abs. 1 Satz 1 BauO 1x (nicht zugeordnet)
- 7 A 1271/17 1x (nicht zugeordnet)
- 5 L 408/18 1x (nicht zugeordnet)
- § 12 Abs. 1 Satz 1 BauO 1x (nicht zugeordnet)