Beschluss vom Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen - 4 A 3653/19.A
Tenor
Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das auf die mündliche Verhandlung vom 21.8.2019 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Aachen wird abgelehnt.
Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.
Gründe:
1Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.
2Die Berufung ist nicht wegen der ausschließlich geltend gemachten Verletzung des rechtlichen Gehörs der Klägerin zuzulassen, § 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG i. V. m. § 138 Nr. 3 VwGO.
3Die Verfahrensgarantie des rechtlichen Gehörs gemäß Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO verpflichtet das Gericht, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Die Gerichte sind aber nicht verpflichtet, sich mit jedem Vorbringen in den Gründen ausdrücklich zu befassen. Nur wenn sich im Einzelfall aus besonderen Umständen ergibt, dass das Gericht aus seiner Sicht erhebliche, zum Kern des Beteiligtenvorbringens gehörende Gesichtspunkte nicht zur Kenntnis genommen oder nicht erwogen hat, ist Art. 103 Abs. 1 GG verletzt.
4Vgl. BVerwG, Beschluss vom 18.1.2017 ‒ 8 B 16.16 ‒, Buchholz 451.622 EAEG Nr. 3 = juris, Rn. 4; OVG NRW, Beschluss vom 17.12.2019 – 4 A 4236/19 –, juris, Rn. 2, m. w. N.
5Derartige besondere Umstände sind vorliegend weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Vielmehr hat sich das Verwaltungsgericht insbesondere mit dem Vortrag der Klägerin zu den Bedrohungen durch ihren Bruder – auch als sie bei ihren Schwiegereltern untergekommen war – und dessen Angriff an der Haltestelle auseinandergesetzt. Diesen hat es sowohl im Tatbestand des Urteils (Urteilsabdruck, Seite 2, zweiter Absatz) in seinen wesentlichen Zügen beschrieben als auch in den Entscheidungsgründen (Urteilsabdruck, Seite 7, vierter Absatz, bis Seite 8, erster Absatz) im Zusammenhang mit der Frage, ob eine ein Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG rechtfertigende Gefahrenlage vorliege, gewürdigt. Dass es den Vortrag anders als die Klägerin bewertet hat, führt nicht auf eine Verletzung des rechtlichen Gehörs.
6Im Übrigen hat das Verwaltungsgericht kein nach seinem Rechtsstandpunkt entscheidungserhebliches Vorbringen der Klägerin übergangen. Angesichts der vom Verwaltungsgericht verneinten von ihrem Bruder ausgehenden, ernsthaften Gefahr war die Frage, ob die Klägerin polizeiliche Hilfe in Anspruch nehmen konnte, aus Sicht des Verwaltungsgerichts schon nicht entscheidungserheblich. Ebenso wenig bedurfte die von der Antragsbegründung pauschal angeführte allgemeine Situation alleinstehender Frauen mit Kindern in Pakistan einer näheren Befassung durch das Verwaltungsgericht. Es ist mit Blick auf die individuelle Situation der Klägerin davon ausgegangen, dass sie in Pakistan auf die familiäre Unterstützung ihrer dort lebenden Schwiegereltern sowie ihres Vaters und weiterer Geschwister zurückgreifen könne (Urteilsabdruck, Seite 8, zweiter Absatz).
7Insoweit erschöpfen sich die Einwände der Klägerin in Kritik an der Sachverhalts- und Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts, die dem sachlichen Recht zuzurechnen ist und von vornherein nicht die Zulassung der Berufung nach § 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG rechtfertigt.
8Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 21.9.2020 ‒ 4 A 798/20.A –, juris, Rn. 15 f., m. w. N.
9Die darüber hinaus von der Klägerin gerügte falsche Rechtsanwendung des Verwaltungsgerichts hinsichtlich dessen Hinweises auf die Prüfung des Vorliegens eines sogenannten inlandsbezogenen Abschiebungsverbotes (Urteilsabdruck, Seite 8, dritter Absatz) vermag ebenfalls keine Verletzung des rechtlichen Gehörs zu begründen. Diese Kritik ist gleichfalls dem sachlichen Recht zuzuordnen und rechtfertigt von vornherein nicht die Zulassung der Berufung gemäß § 78 Abs. 3 AsylG.
10Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 8.8.2018 – 4 A 2522/18.A –, juris, Rn. 10 f., m. w. N.
11Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, § 83b AsylG.
12Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).
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