Beschluss vom Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen - 2 A 953/20
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfahren auf 5.000,-- Euro festgesetzt
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G r ü n d e :
2Der auf alle Zulassungsgründe nach § 124 Abs. 2 VwGO gestützte Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.
31. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der angegriffenen Entscheidung des Verwaltungsgerichts (Zulassungsgrund nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) ergeben sich aus dem Zulassungsvorbringen nicht.
4Zur Darlegung des Zulassungsgrunds der ernstlichen Zweifel im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bedarf es einer hinreichenden Auseinandersetzung mit den entscheidungstragenden Erwägungen des Verwaltungsgerichts. Dabei ist in substantiierter Weise an der Gedankenführung des Verwaltungsgerichts orientiert aufzuzeigen, dass und warum das vom Verwaltungsgericht gefundene Ergebnis ernstlich zweifelhaft sein soll. In der Sache liegen ernstliche Zweifel vor, wenn erhebliche Gründe dafür sprechen, dass die verwaltungsgerichtliche Entscheidung einer rechtlichen Prüfung wahrscheinlich nicht standhalten wird. Sie sind (nur) begründet, wenn zumindest ein einzelner tragender Rechtssatz der angefochtenen Entscheidung oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird und sich die Frage, ob die Entscheidung etwa aus anderen Gründen im Ergebnis richtig ist, nicht ohne weitergehende Prüfung der Sach- und Rechtslage beantworten lässt.
5Derartige Zweifel weckt das Antragsvorbringen nicht.
6Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit den Anträgen,
7die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides ihres Bürgermeisters vom 11. April 2018 zu verpflichten,
81. die in ihren Baulastenverzeichnis (Baulastenblatt Band I, Blatt 110, Nr. 1) eingetragene Baulast vom 14. Oktober 1970 zu löschen,
92. den Verzicht auf die in ihrem Baulastenverzeichnis (Baulastenblatt Band I, Blatt 110, Nr. 1) eingetragene Baulast vom 14. Oktober 1970 zu erklären und diesen Verzicht in das Baulastenverzeichnis einzutragen,
10im Wesentlichen mit der Begründung abgewiesen, die Verpflichtungsklage sei unbegründet, weil die Klägerin weder einen Anspruch auf Löschung der Baulast noch darauf habe, dass die Beklagte einen Verzicht auf sie erkläre. Eine Löschung komme nicht in Betracht, weil die fragliche Baulast wirksam begründet worden und ihre Wirksamkeit auch nicht nachträglich weggefallen sei. An einer wirksamen Eintragung der Baulast im Jahre 1970 bestünden keine durchgreifenden Zweifel, nachdem die damalige Eigentümerin die Eintragung einer Stellplatzbaulast schriftlich mit einer notariell beglaubigten Unterschrift erklärt habe, der Eintrag dieser Übernahmeerklärung entspreche und hinreichend bestimmt sei. Ob die damalige Eigentümerin gegenüber der Beklagten als Eigentümerin der begünstigten Grundstücke zivilrechtlich zur Abgabe der Übernahmeerklärung verpflichtet gewesen sei, könne dahinstehen, da dies die Wirksamkeit der Baulast nicht berühre. Aufgrund des Textes der Baulast i. V. m. dem beigefügten Lageplan, in dem die Stellplatzflächen grün schraffiert dargestellt worden seien, bestünden auch keine Bestimmtheitsbedenken. Diese ließen sich auch nicht daraus herleiten, dass mit der Stellplatzbaulast keine Zuwegungsbaulast verbunden worden sei. Wegeflächen, die als Zuwegung zu den Stellplätzen hätten in Betracht kommen können, hätten sich nicht im Eigentum der Rechtsvorgängerin der Klägerin befunden. Im Übrigen seien die Stellplätze von der öffentlichen Verkehrsfläche „Umlauf“ zum damaligen Zeitpunkt über ebenfalls im Eigentum der Beklagten stehende Flurstücke zugänglich gewesen. Angesichts dessen wäre die Wirksamkeit der streitgegenständlichen Baulast auch dann nicht nachträglich entfallen, wenn es den von ihr erfassten Stellplatzflächen in Folge der Schließung der ursprünglichen Durchfahrt zwischen den Gebäuden „V. 5“ und „V. 7“ an einer rechtlich gesicherten Zufahrt gefehlt hätte. Im Übrigen sei zwischenzeitlich in das Baulastenverzeichnis der Beklagten insoweit auch eine Erschließungsbaulast eingetragen worden. Zudem sei eine entsprechende Zufahrtsmöglichkeit auch nach dem Verkauf der Flurstücke an die Sparkasse tatsächlich nie in Zweifel gezogen worden. Ein Anspruch der Klägerin darauf, dass die Beklagte auf die damit nach wie vor wirksame Baulast verzichte, bestehe nicht. Die Voraussetzungen für die Abgabe einer Verzichtserklärung lägen nicht vor, da (weiterhin) ein öffentliches Interesse an der Stellplatzbaulast bestehe. Die umstrittene Baulast sei grundstücks- und nicht vorhabenbezogen. Dies ergebe eine Auslegung des Eintragungstextes unter Berücksichtigung auch der Baulasterklärung der Rechtsvorgängerin der Klägerin. Nach den insoweit maßgeblichen Grundsätzen zur Auslegung einer Baulast sei diese hier nicht in ihrer Wirkung auf das Vorhaben (Vorderbau Jugendheim) – Errichtung eines viergeschossigen Büro- und Geschäftsgebäudes – beschränkt, das Gegenstand der Baugenehmigung vom 23. September 1970 gewesen sei. Dies folge bereits aus dem Wortlaut des maßgeblichen Baulastentextes. Die Formulierung „der jeweilige Eigentümer der Grundstücke … ist berechtigt“ bringe zu Ausdruck, dass die Stellplätze dauerhaft für das Vorhabengrundstück und nicht nur für das konkrete baugenehmigte Vorhaben zur Verfügung stehen sollten. Dies werde auch durch den Zusatz „Jugendheimgrundstück einschließlich Vorderbau“ (Hervorhebung nicht im Original) gestützt, der sich ausdrücklich auf ein bestimmtes Grundstück und nicht auf ein bestimmtes Vorhaben beziehe. Die etwaige Vorstellung der damaligen Grundstückseigentümerin, es gehe nur um das seinerzeit konkret geplante bzw. genehmigte Vorhaben, habe weder Eingang in den Baulastentext noch in den beigefügten Lageplan gefunden. Dieser bestätige vielmehr, dass es sich um eine grundstücksbezogene Baulast handele, weil das Neubauvorhaben in ihn gar nicht eingezeichnet worden sei. Schließlich werde weder im Baulastentext noch in dem Lageplan die Anzahl der auf den zur Verfügung stehenden 270 m² vorzuhaltenden Stellplätze konkretisiert, wie es im Falle einer vorhabenbezogenen Baulast zu erwarten gewesen wäre. Aus der Baulastenübernahmeerklärung vom 27. Mai 1970 ergebe sich nichts anderes. Diese sei formularmäßig erfolgt. Insbesondere sei der Satz im Kopfteil des Formulars „Zur Genehmigung des folgenden Vorhabens ist die Übernahme einer Baulast erforderlich“ ein vorformulierter Standardsatz, der lediglich den Anlass für die Übernahmeerklärung beschreibe, nicht aber die Bewertung jeder Baulast als vorhabenbezogen rechtfertige. Ein solcher Vorhabenbezug folge ebenfalls nicht aus der anschließenden Textzeile „Bezeichnung: Verwaltungsgebäude/Jugendheim“. Insoweit handele es sich ebenfalls nur um einen formularmäßigen Bestandteil der Baulasterklärung. Zudem ergebe sich aus der nachfolgend eingefügten Formulierung nicht hinreichend eindeutig, dass die Baulast nur zur Herbeiführung der Genehmigungsfähigkeit eines Einzelvorhabens diene. Dies sei insbesondere deshalb nicht anzunehmen, weil das „Verwaltungsgebäude“ zum Zeitpunkt der Übernahme der Baulast noch nicht vorhanden gewesen sei, so dass es der Bezugnahme auf eine durch bestimmte Pläne fixierten baulichen Ausgestaltung bedurft hätte. Das öffentliche Interesse an dem Fortbestehen der Stellplatzbaulast für die begünstigten Grundstücke sei auch nicht entfallen. Die derzeitige bauliche Nutzung der Flurstücke 953 und 956 (V. 3) erfordere nach der in jeder Hinsicht nachvollziehbaren Berechnung der Beklagten vom 13. Februar 2019 weiterhin den Nachweis von 12 Stellplätzen. Auf den Flurstücken 953 und 956 seien keine Flächen vorhanden, auf denen die notwendigen Stellplätze nachgewiesen werden könnten; sie seien vielmehr vollständig bebaut. Auch die formell baurechtswidrige gewerbliche Nutzung durch ein Sonnenstudio im Erdgeschoss des Gebäudes „V. 3“ lasse das öffentliche Interesse an der Beibehaltung der Stellplatzbaulast nicht (teilweise) entfallen. Denn diese Nutzung sei im vorliegenden Kerngebiet jedenfalls bauplanungsrechtlich genehmigungsfähig. Die für die bauliche Nutzung notwendigen Stellplätze könnten auch nicht anderweitig, insbesondere nicht auf dem von der Baulast ebenfalls begünstigten Flurstück 929 hergestellt werden. Die Beklagte habe keinerlei rechtliche Zugriffsmöglichkeiten auf dieses Grundstück. Dieses stehe nicht mehr in städtischem Eigentum, sondern in dem der Sparkasse. Von ihr könne die Beklagte nicht die Einräumung der notwendigen 12 Stellplätze verlangen. Deshalb könne dahinstehen, ob die Sparkasse auf dem Flurstück 929 über die für die Nutzung ihres Gebäudes „V. 7“ hinaus noch Möglichkeiten hätte, weitere Stellplätze für das Grundstück „V. 3“ zur Verfügung zu stellen. Weitere Ermittlungen zur Zahl der notwendigen Stellplätze im Vergleich zu den dort vorhandenen seien daher nicht veranlasst gewesen. Entgegen der Auffassung der Klägerin komme es entscheidungserheblich auch nicht darauf an, ob der Stellplatzbedarf für das Grundstück „V. 3“ in der Vergangenheit zu irgendeinem Zeitpunkt auf dem heutigen Flurstück 929 hätte nachgewiesen werden können. Maßgeblich sei allein, ob dies im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung der Fall sei. Dies sei hier gerade nicht festzustellen. Damit sei die Beibehaltung der Stellplatzflächen insgesamt weiterhin erforderlich, die vorgesehen Flächen hierfür auch geeignet. Denn die Stellplätze seien zumindest faktisch für Pkw erreichbar. Die Inanspruchnahme der Zuwegungsflächen geschehe jedenfalls mit Wissen und Duldung der Sparkasse. Auch für die Beurteilung, ob das öffentliche Interesse an der Stellplatzbaulast im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung fortbestehe, komme es hingegen nicht darauf an, ob die Erschließung der Stellplatzflächen bauordnungsrechtlich hinreichend gesichert sei.
11Diesen eigehenden und in jeder Hinsicht nachvollziehbaren Ausführungen des Verwaltungsgerichts setzt das Zulassungsvorbringen nichts Erhebliches entgegen, das im oben genannten Sinne zu ernstlichen Zweifeln an der (Ergebnis-)Richtigkeit der Entscheidung führen könnte.
12Dies gilt zunächst mit Blick auf die von der Klägerin erneut in Zweifel gezogene Bestimmtheit der Baulast, weil es an einer erforderlichen Zuwegungsbaulast fehle. Insoweit bezieht sich die Klägerin erneut auf die Entscheidung des beschließenden Gerichts vom 8. August 2013 – 7 A 3001/11 –. Es trifft indes nicht zu, dass sich der dort entschiedene Sachverhalt nicht wesentlich von der hier in Rede stehenden Konstellation unterscheidet. Denn dort rührte die Erheblichkeit der vom Senat angenommenen fehlenden Bestimmtheit der Baulast für den geltend gemachten Löschungsanspruch gerade daher, dass die Art der Zuwegung zu den Stellplätzen auf dem mit der Baulast belasteten Grundstück offen und ungeregelt war. Hier stellen sich solche Fragen hinsichtlich des Grundstücks der Klägerin jedoch von vornherein nicht, nachdem eine Zuwegung nicht über dieses Grundstück führte. Dass in einem solchen Fall eine Bestimmtheitsproblematik wegen einer fehlenden Zuwegungsbaulast, auf die sich der Eigentümer des belasteten Grundstücks berufen könnte, nicht besteht, ergibt sich nicht zuletzt aus dem bereits vom Verwaltungsgericht zutreffend herangezogenen Urteil des beschließenden Gerichts vom 19. Juli 2017 – 7 A 1835/14 –, juris Rn. 27 – 29.
13Vgl. zu beiden von der Zulassungsbegründung in Bezug genommenen Entscheidungen des 7. Senats auch den Senatsbeschluss vom 18. Mai 2020 – 2 A 1500/19 -, juris Rn. 8 ff.
14Hiermit setzt sich die Klägerin mit keinem Wort auseinander.
15Im Übrigen erschließt sich die Bedeutung des Einwandes auch in der Sache nicht. Denn zum Zeitpunkt der Eintragung der Baulast waren die Stellplätze über Flächen zu erreichen, die im Eigentum der Beklagten standen, die gleichzeitig Eigentümerin des begünstigten Grundstücks war. Sie bedurfte zur Nutzung der Stellplätze damit von vornherein keiner Baulasten. Zum Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichts wiederum lag eine Zuwegungsbaulast der neuen Eigentümerin vor und konnte zugrunde gelegt werden, dass auch nach Veräußerung der zur Anfahrt erforderlichen Grundstücke an die Sparkasse eine unbeanstandete Zufahrtsmöglichkeit seit Jahrzehnten faktisch bestand. Dass gleichwohl wegen einer fehlenden Erschließung ein offensichtlicher Nichtigkeitsgrund i. S. v. § 44 VwVfG NRW vorliegen könnte, liegt fern,
16vgl. in diesem Zusammenhang auch OVG NRW, Urteil vom 19. Juli 2017 - 7 A 1835/14 -, BauR 2018, 74 = juris Rn. 30, sowie Beschluss vom 18. Mai 2020 - 2 A 1500/19 -, juris Rn. 11 f.,
17und wird als solches von der Klägerin auch nicht dargelegt. Entgegen ihrer Annahme hat das beschließende Gericht die Frage einer bauordnungsrechtlich ausreichend gesicherten Erschließung im Übrigen ausdrücklich offen gelassen. Schon deshalb können die darauf aufbauenden Schlussfolgerungen der Klägerin nicht überzeugen.
18Die anschließenden Ausführungen zur nach Meinung der Klägerin bestehenden Vorhabenbezogenheit der Baulast setzen sich mit der eingehenden Begründung des Verwaltungsgerichts nicht ansatzweise substantiiert auseinander. Das Verwaltungsgericht hat im Einklang mit der Rechtsprechung des beschließenden Gerichts,
19vgl. insbesondere OVG NRW, Urteil vom 21. Novem-ber 2017 - 2 A 1393/16 -, NVwZ-RR 2018, 422 = juris Rn. 61 ff., m. w. N.,
20durch Auslegung des Textes der Eintragung und unter Hinzuziehung der Baulastübernahmeerklärung der Rechtsvorgängerin der Klägerin deren Regelungsgehalt in ohne weiteres nachvollziehbarer Weise ermittelt. Dabei hat es zu Recht nicht allein auf den formularmäßigen Eingangstext abgestellt und dies auch begründet. Hierauf geht das Zulassungsvorbringen nicht ansatzweise ein. Es begnügt sich offenbar mit einer erneut falschen Bezugnahme auf eine angebliche Rechtsprechung des beschließenden Gerichts. In dem von der Klägerin herangezogenen Urteil vom 21. November 2017 – 2 A 1393/16 – hat der Senat nicht den Rechtssatz aufgestellt, Baulasten seien grundsätzlich vorhabenbezogen, sofern sie im Zuge eines Genehmigungsverfahrens und unter Bezugnahme auf zur Genehmigung gestellte Bauvorhaben eingegangen werden, sondern dies als Auslegungsfrage gekennzeichnet (dort juris Rn. 63). Im Übrigen betraf das Verfahren eine Zuwegungs-, nicht eine Stellplatzbaulast.
21Das öffentliche Interesse am Fortbestand der Stellplatzbaulast war im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht auch nicht weggefallen. Dies wäre nur dann der Fall, wenn es nunmehr an der Sicherungsfähigkeit oder Sicherungsbedürftigkeit fehlte wäre oder eine Änderung des im fraglichen Bereich geltenden Baurechts die Annahme rechtfertigte, dieses Interesses bestehe nicht mehr.
22Vgl. dazu nur OVG NRW, Urteil vom 21. November 2017 - 2 A 1393/16 -, NVwZ-RR 2018, 422 = juris Rn. 54 bis 57, m. w. N.
23Baurechtswidrige Zustände dürfen durch den Verzicht dabei keinesfalls geschaffen werden.
24Vgl. dazu nur OVG NRW, Urteil vom 21. November 2017 - 2 A 1393/16 -, NVwZ-RR 2018, 422 = juris Rn. 58, und vom 10. Oktober 1996 - 7 A 4185/95 -, juris Rn. 75, jeweils m. w. N.
25Solche baurechtswidrigen Zustände würden indes durch den von der Klägerin begehrten Verzicht entstehen, wie das Verwaltungsgericht eingehend dargelegt hat. Auf dem begünstigten Grundstück „V. 3“ stehen keine Stellplätze zur Verfügung und auf das Flurstück 929 hat die Beklagte keinen rechtlichen Zugriff. Mit dem Verzicht auf die Stellplatzbaulast wären mithin notwendige Stellplätze für das Grundstück „V. 3“ entgegen § 48 Abs. 1 Abs. 1 BauO NRW nicht mehr gegeben. Entgegen der nicht weiter ausgeführten Überlegungen der Klägerin handelt es sich hierbei auch nicht um ein zivilrechtliches Problem, weil die Beklagte Stellplatznachweise für in ihrem Eigentum stehende Gebäude auch öffentlich-rechtlich nicht auf fremden Grundstücken führen kann, sondern - wie jeder andere Eigentümer - in einem solchen Fall auf eine Baulast angewiesen ist.
26Unabhängig davon übergeht das Zulassungsvorbringen den Umstand, dass die Baulast zu Gunsten des oder der jeweiligen Eigentümer des begünstigten Grundstücks eingetragen wird – hier sogar ausdrücklich so im Text der übernommenen Baulast verankert - und es deshalb ohne Weiteres auf die zivilrechtlichen Eigentumsverhältnisse ankommt. Im Übrigen gilt auch nach § 1025 BGB für den Fall der Bestellung einer Grunddienstbarkeit, dass sie bei Teilung des herrschenden Grundstücks für die einzelnen Teile fortgilt und lediglich auf eine unveränderte Belastung des dienenden Grundstücks zu achten ist. An der Belastung der Klägerin bzw. ihrer Rechtsvorgängerin hat sich indes nichts geändert. Die für Stellplätze vorzuhaltende Fläche bleibt unverändert, eine relevante Intensivierung der tatsächlichen Nutzung behauptet auch die Klägerin nicht.
27Schließlich ist zu beachten, dass für den Eigentümer des begünstigten Grundstücks die Bestellung einer Baulast keine subjektiven Rechte begründet,
28vgl. wiederum OVG NRW, Urteil vom 21. November 2017 - 2 A 1393/16 -, NVwZ-RR 2018, 422 = juris Rn. 121 ff., m. w. N.,
29und es daher bereits systematisch ausgeschlossen ist, aus einer Baulast Verfügungsbeschränkungen für das begünstigte Grundstück oder Teile davon abzuleiten. Die von der Klägerin dogmatisch nicht weiter begründete These, es bestehe in Folge der Baulasterklärung ein rechtlich untrennbarer Zusammenhang zwischen belastetem und begünstigtem Grundstück, lässt sich daher weder öffentlich-rechtlich noch zivilrechtlich fundieren.
30Vor diesem Hintergrund führt auch die möglicherweise formell illegale Nutzung im Erdgeschoss des Gebäudes „V. 3“ nicht zu einem teilweisen Fortfall des öffentlichen Interesses an der Stellplatzbaulast. Dies hat das Verwaltungsgericht selbständig tragend ("unabhängig davon") mit der offensichtlichen Genehmigungsfähigkeit einer solchen Nutzung im Kerngebiet begründet. Auf diese Argumentation geht das Zulassungsvorbringen mit keinem Wort ein, sie erscheint auch nicht im Übrigen (ernstlich) zweifelhaft.
31Vor diesem Hintergrund vermögen die – dogmatisch schwer einzuordnenden und von der Klägerin auch nicht näher systematisierten – Ausführungen zu Art. 14 GG oder zu einer besonderen Drucksituation der Rechtsvorgängerin der Klägerin im Zeitpunkt der Bestellung der Baulast, die sie auch zum Gegenstand ihres erfolglosen Tatbestandsberichtigungsantrags gemacht hat, keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung zu begründen. Insbesondere bleibt unklar, welche Rechtsfolgen aus einer „Drucksituation“ 50 Jahren nach ihrem Entfall noch gezogen werden könnten. Unabhängig davon erschließt sich schon im Ansatz nicht, welchen Einfluss Vorhaben bzw. Pläne, die die Rechtsvorgängerin der Klägerin offenbar erst im Jahr 1972 zur Genehmigung gestellt hat, auf die 1970 erklärte Baulastübernahme haben könnten.
322. Angesichts dessen ist auch nicht zu erkennen, dass die Rechtssache unter Zugrundelegung des Zulassungsvorbringens besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten (Zulassungsgrund nach § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) aufweisen könnte. Die insoweit ohne weitere Erläuterung in den Raum gestellten Aspekte, sie ergäben sich „aus dem 50-jährigen zurückliegenden Zeitraum, der im Rahmen des Verfahrens zu betrachten war, der Komplexität der Zusammenhänge zum Zustandekommen der streitgegenständlichen Baulast sowie aus den komplexen Grundstücksverhältnissen sowohl des belasteten als auch des begünstigten Grundstücks der Baulast nebst der verschiedenen baulichen und baurechtlichen Veränderungen betreffend dieser Grundstücke“ (Zulassungsbegründung Seite 11), lassen dies nicht in ansatzweise substantiierter Form hervortreten.
333. Aus dem Zulassungsvorbringen ergibt sich auch nicht, dass die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung (Zulassungsgrund nach § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) hätte. Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, wenn sie eine im betreffenden Berufungsverfahren klärungsbedürftige und für die Entscheidung dieses Verfahrens erhebliche Rechts- oder Tatsachenfrage aufwirft, deren Beantwortung über den konkreten Fall hinaus wesentliche Bedeutung für die einheitliche Anwendung oder Weiterentwicklung des Rechts hat. Dabei ist zur Darlegung dieses Zulassungsgrundes die Frage auszuformulieren und substantiiert auszuführen, warum sie für klärungsbedürftig und entscheidungserheblich gehalten und aus welchen Gründen ihr Bedeutung über den Einzelfall hinaus zugemessen wird.
34Diesen Anforderungen wird das Zulassungsvorbringen nicht gerecht.
35Die von der Klägerin für grundsätzlich bedeutsam gehaltene Frage,
36ob eine von einer Stellplatzbaulast begünstige Grundstücksteilfläche auch dann noch bei der Frage der weiteren Erforderlichkeit der Stellplatzbaulast mit zu berücksichtigen ist, wenn diese Grundstücksteilfläche an einen Dritten veräußert wurde, der nicht mit dem Eigentümer des Baugrundstücks identisch ist, auf dem der Stellplatzbedarf ausgelöst wird,
37stellte sich so im vorliegenden Verfahren nicht, weil der Verzicht auf die Baulast jedenfalls zu baurechtswidrigen Zuständen führte und schon deshalb nicht in Betracht kommt. Im Übrigen folgt aus den obigen Ausführungen unmittelbar, dass diese Frage auch abgesehen von diesem Aspekt nicht entscheidungserheblich ist.
38Demgegenüber lässt sich den Ausführungen zur „verfassungsrechtlichen Relevanz der Entscheidung“ schon keine Frage, schon gar keine grundsätzlich bedeutsame entnehmen. Die Klägerin wiederholt hier lediglich ihre verfassungsrechtlichen Bedenken in Bezug auf die ganz konkrete Fallgestaltung und ihre Annahme, es liege ein Eingriff in Art. 14 GG vor. Was hieran verallgemeinerungsfähig sein könnte, erschließt sich nicht im Ansatz.
394. Ohne Erfolg beruft sich die Klägerin weiter auf den Zulassungsgrund nach § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO. Eine Abweichung im Sinne dieser Norm liegt vor, wenn das Urteil des Verwaltungsgerichts mit einem seine Entscheidung tragenden (abstrakten) Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift von einem in der Rechtsprechung der in Nr. 4 genannten Gerichte aufgestellten ebensolchen Rechtssatz abweicht.
40Vgl. nur BVerwG, Beschluss vom 20. Dezember 1995 - 6 B 35.95 -, NVwZ-RR 1996, 712; Seibert, in: Sodan/Ziekow, VwGO - Kommentar, 5. Aufl. 2018, § 124 Rn. 158 m. w. N.
41Eine solche Abweichung ist weder dargelegt noch liegt sie vor. Den an dieser Stelle erneut genannten Urteilen des OVG NRW vom 8. August 2013 – 7 A 3001/11 – und vom 19. Juli 2017 – 7 A 1835/14 – sind die in der Klägerin angenommenen Rechtsgrundsätze – wie ausgeführt – nicht zu entnehmen. Die Klägerin macht sich an dieser Stelle im Übrigen auch nicht die Mühe, aufzuzeigen, mit welchen abstrakten Rechtssätzen das Verwaltungsgericht hiervon abgewichen sein könnte.
425. Schließlich beruht das angefochtene Urteil auch nicht auf einem der Beurteilung des beschließenden Senats unterliegenden Verfahrensmangel (Zulassungsgrund nach § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO). Es ist weder hinreichend dargelegt noch sonst ersichtlich, dass das Verwaltungsgericht seine Aufklärungspflichten dadurch verletzt hätte, dass es den in der mündlichen Verhandlung von der Klägerin gestellten Beweisanträgen zur Beiziehung von Akten zur Baulast Blatt 572 (Erschließungsbaulast) sowie sämtlicher Verwaltungsvorgänge hinsichtlich der von der streitgegenständlichen Baulast belasteten und begünstigten Grundstücke, insbesondere hinsichtlich des Flurstücks 929, nicht stattgegeben hat. Nach der insoweit maßgeblichen Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts
43- vgl. dazu nur BVerwG, Beschluss vom 22. Oktober 2020 – 4 B 38.20 -, Rn. 6, und Urteil vom 14. Januar 1998 – 11 C 11.96 -, BVerwGE 106, 115, 119 -
44kam es auf die damit zusammenhängenden Fragen und damit auf den Inhalt der Verwaltungsvorgänge nicht an, so dass das Verwaltungsgericht auch durch die Beweisanträge keine Veranlassung hatte, in eine weitere Sachverhaltsermittlung einzutreten. Einen Verfahrensmangel begründet das jedenfalls dann nicht, wenn die zugrunde liegende Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts – wie hier – durch das Zulassungsvorbringen im Übrigen nicht ernstlich in Zweifel gezogen wird.
45Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
46Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 1 und 2 GKG.
47Der Beschluss ist unanfechtbar, § 152 Abs. 1 VwGO. Mit der Ablehnung des Zulassungsantrages ist das angefochtene Urteil rechtskräftig, § 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO.
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- §§ 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 1 und 2 GKG 4x (nicht zugeordnet)
- 7 A 3001/11 1x (nicht zugeordnet)
- VwVfG § 44 Nichtigkeit des Verwaltungsaktes 1x
- 7 A 1835/14 3x (nicht zugeordnet)
- VwGO § 124a 1x
- 7 A 4185/95 1x (nicht zugeordnet)
- BGB § 1025 Teilung des herrschenden Grundstücks 1x