Beschluss vom Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen - 4 E 553/20
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Feststellung der Unzulässigkeit des Verwaltungsrechtswegs und die Verweisung des Rechtstreits an das Amtsgericht Münster durch den Beschluss des Verwaltungsgerichts Münster vom 26.5.2020 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Die Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht wird nicht zugelassen.
Gründe:
1Es kann dahinstehen, ob die Prozessbevollmächtigte des Klägers im vorliegenden Verfahren nach § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 VwGO vertretungsberechtigt ist.
2Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Münster vom 26.5.2020, mit dem der Verwaltungsrechtsweg für unzulässig erklärt und der Rechtsstreit an das Amtsgericht Münster verwiesen wurde, ist jedenfalls unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht festgestellt, dass der Verwaltungsrechtsweg nicht eröffnet ist.
3Gemäß § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO ist der Verwaltungsrechtsweg in allen öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art gegeben, soweit die Streitigkeiten nicht durch Bundesgesetz einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen sind. Nach § 2 Abs. 1 InsO ist für das Insolvenzverfahren das Amtsgericht, in dessen Bezirk ein Landgericht seinen Sitz hat, als Insolvenzgericht für den Bezirk dieses Landgerichts ausschließlich zuständig. Die Voraussetzungen der letztgenannten Vorschrift sind vorliegend erfüllt.
4Zum Insolvenzverfahren in diesem Sinne gehören alle Entscheidungen, die dem Gericht im Rahmen des Gesamtvollstreckungsverfahrens nach der Insolvenzordnung zugewiesen sind. Unabhängig davon, ob und in welchem Umfang das Insolvenzgericht oder der Insolvenzverwalter für die Führung der Insolvenztabelle nach § 175 InsO im Einzelnen zuständig ist,
5vgl. OLG Bbg., Urteil vom 13.3.2018 – 3 U 49/16 –, ZInsO 2018, 2026 = juris, Rn. 39 ff., m. w. N.; Leithaus, in: Andreas/Leithaus, InsO, 4. Aufl. 2018, § 175 Rn. 2, m. w. N.,
6ist für die in der Insolvenzordnung abschließend geregelte Anmeldung einer Forderung nach § 174 InsO bzw. deren Rücknahme jedenfalls nicht der Verwaltungsrechtsweg eröffnet. Nach § 178 Abs. 2 Satz 2 InsO trägt das Insolvenzgericht den Widerspruch des Schuldners gegen eine angemeldete Forderung in die Insolvenztabelle ein.
7Ausgehend davon betrifft das Begehren des Klägers ein Insolvenzverfahren, für das das Amtsgericht als Insolvenzgericht ausschließlich zuständig ist. Er wendet sich mit seiner Klageschrift vom 29.3.2020 dagegen, dass die Beklagte eine Forderung zur Insolvenztabelle angemeldet hat. Er hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, die von ihm bestrittene Forderung zurückzunehmen bzw. eine Verbindlichkeit gegenüber dem Kläger in Höhe von 3.538,87 Euro anzumelden. Mit seinem Hilfsantrag hat er begehrt, die Beklagte zu verurteilen, einen Antrag auf Löschung des Insolvenztabelleneintrags zu stellen. Einen Ausdruck der Insolvenztabelle hat er der Klageschrift beigefügt. Darin ist unter der lfd. Nr. 8 zu seinem Insolvenzverfahren bei dem Amtsgericht Münster (Az.: 77 IN 17/19) eine Forderung der Beklagten in Höhe von 23.360,46 Euro wegen Grundsteuer vom 1.10.2017 bis 31.12.2019, Abfallentsorgungs- und Niederschlagswassergebühren, Gewerbesteuer, Zinsen und Kosten mit dem Vermerk eingetragen „Bestritten in voller Höhe vom Verwalter“. Dem Schuldner selbst steht die Möglichkeit des Widerspruchs gegen eine angemeldete Forderung zu, die er für unberechtigt hält. Unabhängig davon, ob im Insolvenzverfahren erfolgreich geltend gemacht werden kann, eine Forderungsanmeldung solle zurückgenommen werden mit der Folge, dass sie nicht mehr am Insolvenzverfahren teilnimmt,
8vgl. BGH, Urteil vom 11.4.2019 – IX ZR 79/18 –, ZInsO 2019, 1105 = juris, Rn. 17, m. w. N.,
9sind Einwände gegen Anmeldungen von Forderungen zur Insolvenztabelle ausschließlich im Insolvenzverfahren geltend zu machen und letztlich vom zuständigen Insolvenzgericht zu beurteilen. Für die Zuständigkeit des Insolvenzgerichts ist insoweit unerheblich, ob die bestrittene Forderung von einer natürlichen oder juristischen Person des Privatrechts oder – wie hier – von einer Körperschaft des öffentlichen Rechts erhoben wird.
10Davon zu unterscheiden ist das hier nicht einschlägige, nachgelagerte Verfahren zur Feststellung streitiger Forderungen gemäß § 179 InsO oder § 184 InsO. Im Rahmen dieses Verfahrens stellen § 180 Abs. 1 Satz 1 InsO bzw. § 185 InsO klar, dass die weitere Prüfung und Feststellung bestrittener Forderungen außerhalb des Insolvenzverfahrens und nicht durch das Insolvenzgericht erfolgt. Es ist jedoch insbesondere weder dargelegt noch sonst ersichtlich, dass ein Widerspruch des Klägers gegen die angemeldete Forderung der Beklagten in die Insolvenztabelle eingetragen worden wäre. Dieses Ziel verfolgt er vielmehr sinngemäß zunächst mit dieser Klage. Es ist Sache des Gerichts des zulässigen Rechtswegs zu überprüfen, ob dieses Begehren berechtigt ist.
11Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
12Die Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 17a Abs. 4 Satz 5 GVG nicht vorliegen.
13Dieser Beschluss ist nach § 152 Abs. 1 VwGO, § 173 Satz 1 VwGO i. V. m. § 17a Abs. 4 Satz 4 GVG unanfechtbar.
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Referenzen
- InsO § 174 Anmeldung der Forderungen 1x
- 3 U 49/16 1x (nicht zugeordnet)
- IX ZR 79/18 1x (nicht zugeordnet)
- InsO § 175 Tabelle 1x
- 77 IN 17/19 1x (nicht zugeordnet)
- InsO § 184 Klage gegen einen Widerspruch des Schuldners 1x
- InsO § 185 Besondere Zuständigkeiten 1x
- GVG § 17a 2x
- InsO § 180 Zuständigkeit für die Feststellung 1x
- InsO § 179 Streitige Forderungen 1x
- VwGO § 40 1x
- VwGO § 173 1x