Beschluss vom Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen - 2 B 525/22
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen.
Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 5.000,00 Euro festgesetzt.
Gründe:
1Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
2Die in der Beschwerdebegründung dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, führen zu keiner Änderung der angefochtenen Entscheidung.
3Das Verwaltungsgericht hat den mit der Beschwerde weiterverfolgten Antrag des Antragstellers,
4die aufschiebende Wirkung seiner unter dem Aktenzeichen 1 K 1646/21 anhängigen Klage gegen die dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung vom 23. April 2021 anzuordnen,
5im Wesentlichen mit der Begründung abgelehnt, die im Eilverfahren nach §§ 80 Abs. 5, 80a Abs. 3 VwGO vorzunehmende Interessenabwägung falle zum Nachteil des Antragstellers aus. Die angegriffene Baugenehmigung verletze voraussichtlich keine ihn als Eigentümer eines Nachbargrundstückes schützenden Vorschriften des Bauplanungs- oder Bauordnungsrechts. Sie sei aus nachbarlicher Perspektive hinreichend bestimmt. Sie lege die wesentlichen nachbarrechtsrelevanten Merkmale des genehmigten Vorhabens ausreichend konkret fest. Dies gelte namentlich für die Auflage Nr. 16 nach der bei „lärmintensiven Kursen wie z. B. Bodypump, Spinning etc.“ die Fenster zu schließen seien und die eingespielte Musik nicht „basslastig“ sein dürfe, und die Auflage Nr. 17, nach der Kurse „vorrangig“ außerhalb der in der 18. BImSchV vorgegebenen Ruhezeiten stattzufinden hätten. Die Begrifflichkeiten seien selbsterklärend oder zumindest im Kontext auslegungsfähig. „Basslastig“ sei Musik, die durch ein unausgewogenes Verhältnis von Bass und Höhen zugunsten des Basses gekennzeichnet sei. Lärmintensiv seien solche Kurse, die mit Blick auf die Musik und die Anweisungen des Kursleiters in ihrer Lärmentwicklung mit den beispielhaft genannten Kursen vergleichbar seien. Die Auflage 17 sei so zu verstehen, dass die ganz überwiegende Mehrzahl der Kurse außerhalb der Ruhezeiten stattfinden müsse. Dies sei aus sich heraus verständlich und könne bezüglich der letzten beiden Punkte im Rahmen bauaufsichtlicher Kontrollen bereits anhand einer Übersicht der Angebote des Fitnessstudios nachvollzogen werden. Bei diesem Verständnis verstoße die Baugenehmigung voraussichtlich auch nicht gegen das Rücksichtnahmegebot. Dies gelte zunächst für die von dem Vorhaben ausgehende Lärmbelastung. Fitnessstudios wie das vorliegende seien als Sportanlagen im Sinne der 18. BImSchV zu betrachten, weil es in ihnen im Kern um die gesundheitsorientierte körperliche Ertüchtigung im Rahmen des organisierten Freizeitsports gehe, sodass die wesentlichen Merkmale, die die Privilegierung von Sportanlagen rechtfertigten, erfüllt seien. Im Hinblick auf die Schutzbedürftigkeit des Antragstellers sei die Antragsgegnerin zu Recht davon ausgegangen, dass er lediglich den Schutzanspruch eines Mischgebietes habe. Zwar befinde sich sein Wohnhaus in einem allgemeinen Wohngebiet, dieses grenze jedoch unmittelbar an eine Gemengelage an, die zumindest gewerbegebietsähnlich sei; ein faktisches Gewerbegebiet scheide letztlich allein wegen des dort vorhandenen großflächigen Einzelhandels aus. Deshalb sei hier eine Zwischenwertbildung auf Mischgebietswerte nicht zu beanstanden. Insoweit sei auch zu berücksichtigen, dass das Grundstück des Antragstellers am Rande des faktischen Wohngebiets an einer zentralen Verkehrsstraße liege und es seit jeher durch die starke gewerbliche Prägung der westlich der Hauptstraße gelegenen Grundstücke sowie der langjährigen Immissionsbelastung durch ein großes Holzwerk geprägt (gewesen) sei. Die angegriffene Baugenehmigung stelle die Einhaltung der danach geltenden Richtwerte nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 der 18. BImSchV - tags außerhalb der Ruhezeiten 60 dB(A) und innerhalb der Ruhezeiten am Morgen 55 dB(A) und nachts 45 dB(A) - bei summarischer Betrachtung hinreichend sicher. Die Auflage Nr. 15 gebe die Einhaltung dieser Werte ausdrücklich vor und erkläre zugleich das Schallgutachten vom Februar 2021 nebst ergänzender Berechnung vom 20. April 2021 zu einem verbindlichen Bestandteil der Baugenehmigung. Nach der insgesamt plausiblen gutachterlichen Untersuchung sei die Einhaltung dieser Werte gewährleistet, auch wenn diese fälschlicherweise zunächst nach der TA Lärm berechnet worden seien und das Gutachten aus nicht unmittelbar einleuchtenden Gründen das Grundstück des Antragstellers nicht als Immissionsort untersucht habe. Das sei jedoch durch die ergänzenden Berechnungen vom 20. April 2021 und 28. Juli 2021 nachgeholt worden. In der Bewertung sei auch zu berücksichtigen, dass der Gutachter bei der Lärmberechnung davon ausgegangen sei, dass vier Fensterflügel des Kursraums in Kippstellung stünden, während dies bei lärmintensiven Kursen nach der Auflage 16 tatsächlich untersagt sei. Damit werde die tatsächliche Lärmbelastung auf dem Grundstück des Antragstellers tagsüber noch deutlich unter der vom Gutachter prognostizierten liegen. Der im Kursraum maximal zulässige Pegel von 95 dB(A) sei bereits aufgrund von § 3 Nr. 1 der 18. BImSchV etwa durch den Einbau von Schallpegelbegrenzern an Lautsprechern sicherzustellen. Dies könne bei der Bauabnahme ohne weiteres überprüft werden. Dahinstehen könne, ob die Befürchtung des Antragstellers zutreffe, dass bei entsprechenden Witterungsverhältnissen die Fenster im Kursraum geöffnet würden. Gegenstand dieses Verfahrens sei allein die erteilte Baugenehmigung, die dies ausdrücklich verbiete. Die vom Antragsteller geltend gemachte vorhabenbedingte zusätzliche Verkehrsbelastung führe ebenfalls nicht auf eine Rücksichtslosigkeit, selbst wenn diese dem Vorhaben noch zuzurechnen sei. Dies sei angesichts des Umstandes, dass eine Pegelerhöhung um mindestens 3 dB(A) mindestens fernliege, jedoch selbst dann auszuschließen, wenn mit dem Antragsteller von einer deutlich höheren Anzahl an Fahrzeugbewegungen ausgegangen würde. Demgegenüber seien die von dem Parkplatz auf dem Anlagengelände durch Rangierbewegungen, Gespräche oder das unsachgemäßes Schließen von Türen ausgehenden Geräusche vorliegend irrelevant, weil hier eine Abschirmung des Grundstücks des Antragstellers durch den auf diesem Grundstück vorhandenen Gebäuderiegel eine spürbare Belastung ersichtlich verhindere. Das Gutachten habe sie gleichwohl eingestellt. Da das Fitnessstudio die einzige Sportanlage in der näheren Umgebung sei, sei eine Vorbelastung hier nicht zu berücksichtigen gewesen. Es bestünden aber auch keine Anhaltspunkte dafür, dass bei einer akzeptorbezogenen Gesamtbetrachtung von Sportanlagen-, Gewerbe- und Verkehrslärm die grundrechtliche Zumutbarkeitsschwelle überschritten werde, selbst wenn man diese mit einer jüngeren Tendenz des Bundesverwaltungsgerichts für Wohngebiete bei 67 dB(A) und (hier einschlägig) für Mischgebiete bei 69 dB(A) tagsüber ansiedle. Das Vorhaben erweise sich auch nicht mit Blick auf etwaige Lichtimmissionen als dem Antragsteller gegenüber rücksichtslos. Dies lasse sich zwar nicht anhand allgemeingültiger Grenzwerte oder Bewertungsmethoden beurteilen, sondern müsse anhand der jeweils besonderen Umstände des Einzelfalles unter Berücksichtigung einschlägiger Richtlinien und Erlasse festgestellt werden. Einzustellen seien dabei indes auch Fragen des Eigenschutzes und der Sozialadäquanz. Vor diesem Hintergrund führten die örtlichen Gegebenheiten, insbesondere die Lage des Wohnhauses des Antragstellers unmittelbar an einer der Hauptverbindungsstraßen und die gewerbliche Vorprägung der näheren Umgebung, dazu, dass für das Grundstück des Antragstellers jedenfalls nicht uneingeschränkt die Anhaltswerte eines allgemeinen Wohngebietes anzusetzen seien. Zudem sei bei gewöhnlicher Betriebsweise eines Fitnessstudios davon auszugehen, dass Lichtimmissionen im Wesentlichen durch die übliche Innenbeleuchtung der Trainingsräume hervorgerufen würden. Eine besonders lichtintensive Betriebsweise, etwa durch den Einsatz von Scheinwerfern, Discokugeln oder Lichteffekten o. ä., sei weder vorgetragen noch ersichtlich. Eine potentielle Rücksichtslosigkeit eventueller Lichtimmissionen und/oder ihre Regelungsbedürftigkeit in der Baugenehmigung sei damit nicht beachtlich wahrscheinlich. Insbesondere sei nicht zu erkennen, dass der Antragsteller durch etwaigen Lichteinfall in Wohn- oder Schlafräume in einer für die Dauer des Hauptsacheverfahrens unzumutbaren Weise betroffen sein könnte, zumal es ihm unbenommen bleibe und zumutbar sei, dem durch Jalousien oder Vorhänge entgegenzuwirken.
6Das Beschwerdevorbringen begründet keine abweichende Interessenabwägung. Es besteht in wesentlichen Teilen aus einer wörtlichen Wiederholung des erstinstanzlichen Vortrages und verfehlt insoweit ebenso wie der pauschale Verweis auf das erstinstanzliche Vorbringen unter III. 1. bereits das Darlegungserfordernis. Dies gilt namentlich für die Ausführungen unter IV., die sich zudem ganz überwiegend mit dem Betrieb des B. -Marktes beschäftigen, der zwar (auch) Gegenstand des Gutachtens des Planungsbüros für Lärmschutz B1. , nicht aber von der hier angegriffenen Baugenehmigung erfasst ist, und denen im Übrigen eine Ergebnisrelevanz nicht einmal im Ansatz zu entnehmen ist. Das betrifft wiederum insbesondere die Erwägungen zum Verkehrsgeschehen auf öffentlichen Straßen, das sowohl nach Nr. 7.4 der TA Lärm als auch nach Ziffer 2.7 i. V. m. Nr. 1.1 des Anhangs 1 der 18. BImSchV nur unter besonderen, hier – wie schon das Verwaltungsgericht festgestellt hat – offensichtlich nicht vorliegenden Umständen dem Vorhaben (unmittelbar) zuzurechnen ist. Auch die Hypothesen des Antragstellers ändern hieran nichts.
7Soweit er unter IV. 10. erneut – und im Ansatz zutreffend und vom Verwaltungsgericht auch aufgegriffen – die fehlende Berücksichtigung seines Wohnhauses in der ursprünglichen Begutachtung rügt, fehlt jeglicher Vortrag dazu, dass und warum dieser Mangel durch den Nachtrag vom 28. Juli 2021 nicht hinreichend behoben worden sein könnte. In diesem Zusammenhang merkt der Senat lediglich an, dass es sich anbieten könnte, diesen Nachtrag klarstellend förmlich zum Bestandteil der dem Beigeladenen erteilten Baugenehmigung zu machen.
8Der unter IV. 12. wiederholte, bereits erstinstanzlich geäußerte Vorwurf, das Reden von Kunden auf dem Parkplatz vor dem Gebäude oder auch das Zuschlagen von Pkw-Türen seien nicht begutachtet worden, der sich möglicherweise auch auf das hier genehmigte Vorhaben bezieht, lässt ebenfalls jegliche Auseinandersetzung mit den einschlägigen - und zutreffenden – Ausführungen des Verwaltungsgerichts auf Seite 20 des Beschlussabdrucks vermissen. Danach ist das Grundstück des Antragstellers hiergegen durch den vorhandenen Gebäuderiegel abgeschirmt und sind diese Aspekte darüber hinaus im – insoweit nach der Parkplatzlärmstudie erstellten - Schallgutachten berücksichtigt worden.
9Auch im Übrigen lässt das Beschwerdevorbringen nicht hervortreten, dass entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts von zumindest offenen Erfolgsaussichten in der Hauptsache auszugehen sein und deshalb eine allgemeine Interessenabwägung erforderlich sein könnte.
10Soweit der Antragsteller mit der Beschwerdebegründung unter III. 2. erstmals einwendet, die 18. BImSchV sei auf das Vorhaben nicht anwendbar, stellt dies die gegenteilige Auffassung des Verwaltungsgerichts schon nicht ernsthaft in Frage. Der Antragsteller setzt sich bereits nicht mit der soweit ersichtlich einheitlichen Auffassung in Literatur und Rechtsprechung auseinander, der das Verwaltungsgericht gefolgt ist.
11Vgl. Bay. VGH, Beschlüsse vom 30. Juni 1995 - 26 CS 95.906 -, juris Rn. 19, und vom 11. November 1998 - 2 B 97.2507 -, juris Rn. 19; Sächs. OVG, Beschluss vom 19. Januar 2015 - 1 B 286/14 -, juris Rn. 6; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 27. September 2004 – 3 S 1719/03 -, NVwZ-RR 2005, 795 = juris Rn. 21; VG München, Urteil vom 9. Mai 2017 – M 1 K 16.4438 -, juris Rn. 24 m. w. N.; Reidt/Schiller, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, 18. BImSchV, Stand: Dezember 2021, § 1 Rn. 27, 32 m. w. N.; Spindler/Spindler, NVwZ 1993, 225, 226; siehe in diesem Zusammenhang auch die Amtliche Begründung, abgedruckt in: Feldhaus Bundesimmissionsschutzrecht, Stand Sept. 2021, unter B 2.18 S. 2 f., 11.
12Die Argumentation, es handele sich nicht um organisierten Sport, weil der Studiobetreiber erwerbswirtschaftliche Interessen verfolge (Hervorhebung im Original), überzeugt schon deshalb nicht, weil letzteres mit der Frage der Organisation nichts zu tun hat. Im Gegenteil sind gerade die angebotenen Kurse zweifellos „organisiert“. Im Übrigen stehen hinter der 18. BImSchV mit den Besonderheiten der Sportausübung (Lärmentstehung vornehmlich in den Tagesrand- und Ruhezeiten sowie am Wochenende, typischerweise unregelmäßige Geräusche mit starken Pegelsprüngen etc.) und der gesellschaftlichen, gesundheitlichen und sozialen Bedeutung der Sportausübung Anliegen, die mit der Frage einer ehrenamtlichen oder gewerblichen Organisation nichts zu tun haben.
13Zu Einzelheiten vgl. Reidt/Schiller, in: Landmann/ Rohmer, Umweltrecht, 18. BImSchV, Stand: Dezember 2021, § 1 Rn. 3, 5; siehe in diesem Zusammenhang auch die Amtliche Begründung, abgedruckt in: Feldhaus Bundesimmissionsschutzrecht, Stand Sept. 2021, unter B 2.18 S. 2 f., 11.
14Unbeschadet dessen zeigt die Beschwerde auch nicht auf, inwieweit eine Beurteilung allein nach der TA Lärm hier zu anderen, für den Rechtsschutz des Antragstellers günstigeren Ergebnissen führen könnte. Eine solche Darlegung wäre aber zumindest deshalb unabdingbar gewesen, weil die vorliegende schalltechnische Begutachtung, worauf bereits das Verwaltungsgericht zutreffend hingewiesen hat, auch für das hier in Rede stehende Vorhaben des Beigeladenen im Grundsatz eine Berechnung nach der TA Lärm enthält, die erst in einem Nachtrag auf die 18. BImSchV „umgestellt“ wurde. Auch die ursprüngliche Berechnung enthält indes keinerlei Anhaltspunkte für eine Rücksichtslosigkeit in immissionsschutzrechtlicher Hinsicht.
15Entgegen der unter 3. vertretenen Auffassung des Antragstellers erweisen sich die Auflagen Nr. 16 und 17 nicht als zu seinen Lasten unbestimmt. Dabei spricht zwar durchaus manches dafür, dass der dort verwandte Begriff der „basslastigen“ Musik Unschärfen aufweist, zumal eine allgemeingültige Definition dieses Begriffes in den verbreiteten Wörterbüchern (Duden, Grimms Wörterbuch der Deutschen Sprache) nicht zu finden ist. Dies führt indes jedenfalls nicht zu einer nachbarrelevanten Unbestimmtheit. Denn die gewählte Begrifflichkeit lässt zumindest eindeutig erkennen, dass die Antragsgegnerin hiermit Vorkehrungen gegen tieffrequente Geräusche treffen wollte, die indes nach der hier einschlägigen 18. BImSchV, die einen grundsätzlich abschließenden Interessenausgleich auch und gerade mit Blick auf Rücksichtnahmeansprüche der Nachbarschaft gewährleisten soll, gerade keine Berücksichtigung finden.
16Vgl. VG Aachen, Urteil vom 16. Juli 2007 – 6 K 921/06 -, juris Rn. 75, m. w. N.; insgesamt dazu umfassend Reidt/Schiller, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, 18. BImSchV, Stand: Dezember 2021, Vorb. Rn. 3, § 1 11 ff., 30 ff.
17Die damit aus nachbarrechtlicher Sicht überobligatorische Schutzmaßnahme ist dann aber aus den vom Verwaltungsgericht genannten Gründen zumindest praktisch geeignet, weitergehende Rücksichtnahme zu gewährleisten, weil zumindest im täglichen Leben zumindest im Kern klar ist, welche Art von Musik gemeint sein soll.
18Vgl. in diesem Zusammenhang auch Saarl. VG, Urteil vom 29. Juli 2015 – 5 K 677/14 -, juris.
19Demgegenüber setzt sich der Antragsteller mit den Ausführungen des Verwaltungsgerichts, dass und warum der Begriff „lärmintensiv“ nach den konkreten Umständen hinreichend bestimmbar ist, nicht auseinander. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, dass dieser Begriff durch die verwandten Kursbeispiele näher und praktikabel konturiert ist. Warum dies dazu führen sollte, „noch mehr Fragen entstehen“ zu lassen, wie der Antragsteller meint, erschließt sich nicht und wird von ihm auch nicht weiter ausgeführt. Insoweit besteht auch kein Kontrolldefizit, weil sich im Zweifelsfall ohne weiteres feststellen lässt, wann die Fenster des Kursraums geöffnet waren und welcher Kurs zu diesem Zeitpunkt stattgefunden hat. Auch hierzu verhält sich die Beschwerdebegründung nicht.
20Gleiches gilt für die Bestimmung unter Nr. 17, wonach im Fitnessstudio angebotene Kurse „vorrangig“ außerhalb der in der 18. BImSchV vorgegebenen Ruhezeiten stattfinden sollen. Noch jenseits der Frage, ob der Antragsteller auf die Einhaltung dieser Nebenbestimmung einen Anspruch haben kann, nachdem eine Richtwertüberschreitung der vorliegenden gutachterlichen Untersuchung auch ohne eine solche zeitliche und quantitative Beschränkung nicht zu erkennen ist, lässt sich dies anhand des – oftmals auch öffentlich einsehbaren – Kursprogramms ohne weiteres überprüfen.
21Die Ausführungen unter III. 4. zum vermeintlichen Schutzanspruch des Antragstellers lassen dann jegliche Auseinandersetzung mit der ausführlichen und in Anbetracht der dort enthaltenen Feststellungen zu den vorhandenen baulichen Nutzungen ohne weiteres überzeugenden Begründung des Verwaltungsgerichts vermissen. Der Antragsteller behauptet schlicht, dass es eine solche Vorbelastung nicht gebe, ohne dies auch nur im Ansatz zu begründen. Nachdem in unmittelbarer Nachbarschaft zu dem hier umstrittenen Vorhaben offenbar ein Gewerbegebiet planerisch festgesetzt ist, jedenfalls aber inzwischen mindestens zwei großflächige Lebensmitteleinzelhandelsgeschäfte betrieben werden, ist diese Behauptung auch offensichtlich falsch. Inwieweit dann zweifelhaft sein soll, dass ein großes Holzwerk erhebliche Immissionen verursacht (hat), bleibt ebenfalls das Geheimnis des Antragstellers.
22Soweit er unter III. 5. die Annahme des Verwaltungsgerichts, es komme nicht darauf an, ob mit einem Unterrichtsbetrieb bei geöffneten Fenstern zu rechnen sei, weil die hier allein zu überprüfende Baugenehmigung dies gerade nicht erlaube, mit der Überlegung in Zweifel zieht, es entspreche allgemeiner Lebenserfahrung, dass bei entsprechenden Witterungsbedingungen ein nicht klimatisierter Kursraum zur Sportausübung nicht bei geschlossenen Fenstern genutzt werde(n könne), geht dies am vorliegenden Sachverhalt vorbei. Denn nach der Auflage Nr. 19 zur Baugenehmigung vom 23. April 2021 ist der Betrieb des Fitness-Centers nur mit voll funktionsfähiger Lüftungsanlage zulässig. Vor diesem Hintergrund bedurfte es auch nicht der Anordnung nicht öffenbarer Fenster, zumal die Einhaltung dieser Auflage etwa auch von einem lärmgestörten Nachbarn – und auch von der Bauaufsicht - ohne weiteres festgestellt werden kann. Sie ist etwa im Bereich des Gaststättenrechts nicht zuletzt deshalb verbreitet und wird – soweit ersichtlich – durchweg als rechtlich unproblematisch angesehen. In diesem Zusammenhang hat im Übrigen bereits das Verwaltungsgericht zutreffend darauf hingewiesen, dass das zugrunde liegende Gutachten nicht von geschlossenen, sondern von gekippten Fenstern ausgeht, sodass die nach der Baugenehmigung zulässige Nutzung hinter den errechneten und zulässigen Belastungswerten ohnehin deutlich zurückbleiben wird. Auch hierauf geht die Beschwerde nicht weiter ein.
23Die im Wesentlichen den erstinstanzlichen Vortrag wiederholenden Ausführungen zur Zurechenbarkeit des Verkehrs auf öffentlichen Straßen unter III. 6. geben keine Veranlassung, die Annahmen des Verwaltungsgerichts zur Irrelevanz der entsprechenden, bereits erstinstanzlich erhobenen Einwände in Zweifel zu ziehen, zumal sich die Beschwerde auch an dieser Stelle einer konkreten Auseinandersetzung enthält. Anhaltspunkte dafür, dass das Verwaltungsgericht diesen hätte zurechnen müssen, ergeben sich auch in der Sache nicht. Es bleibt vielmehr dabei, dass der Verkehr auf öffentlichen Straßen, der sowohl nach Nr. 7.4 der TA Lärm als auch nach Ziffer 2.7 i. V. m. Nr. 1.1 des Anhangs 1 der 18. BImSchV nur unter besonderen Umständen dem Vorhaben zuzurechnen ist, die hier schon angesichts der gerade vom Antragsteller angeführten allgemein hohen Verkehrsbelastung der Hauptstraße mit Blick auf das hier allein in Rede stehende Vorhaben offensichtlich nicht vorliegen. Auch die Hypothesen des Antragstellers ändern hieran nichts, namentlich sind seine Annahmen zur Verkehrsverteilung nicht plausibler als die des Gutachters. Im Gegenteil ist es nach allgemeiner Lebenserfahrung zumindest wahrscheinlich, dass die Besucher zu einem größeren Teil aus den umliegenden Wohngebieten kommen werden.
24Unter III. 7. behauptet der Antragsteller, dass entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts „vorliegend deutliche Anhaltspunkte“ dafür sprächen, dass bei einer akzeptorbezogenen Gesamtbetrachtung aller potentiellen Lärmbelastungen die grundrechtliche Zumutbarkeitsschwelle von 67 dB(A) tags und 57 dB(A) nachts überschritten seien. Abgesehen davon, dass das Verwaltungsgericht hier – wie ausgeführt zu Recht – von Mischgebietswerten ausgegangen ist, benennt der Antragsteller indes keinen der angeblichen Anhaltspunkte. Solche sind auch tatsächlich nicht zu erkennen, wie sich insbesondere aus den im erstinstanzlichen Verfahren vorgelegten „Alternativbetrachtungen“ des Gutachtenbüros B1. vom 28. Juli, 2. September und 5. November 2021 ergibt.
25Soweit sich der Antragsteller unter III. 8. noch mit Lichtimmissionen beschäftigt, beschränkt sich dies allein auf die Auflage Nr. 22 zur Baugenehmigung vom 23. April 2021. Auf die einschlägigen und einschränkungslos überzeugenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts – u. a. zur fehlenden Regelungsbedürftigkeit in der Baugenehmigung und zu einem bei lebensnaher Betrachtung ohnehin als vorhanden zu unterstellenden Eigenschutz – geht er hingegen mit keinem Wort ein und verfehlt so das Darlegungserfordernis. Im Übrigen beruhen seine Überlegungen erneut auf der fehlerhaften Annahme, er könne mehr als den Schutzanspruch eines Mischgebietes einfordern.
26Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2 und 3, 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, dem Antragsteller die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen aufzuerlegen, weil dieser auch im Beschwerdeverfahren einen Sachantrag gestellt und sich damit einem eigenen Kostenrisiko ausgesetzt hat.
27Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 GKG i. V. m. Nr. 7a, 14a des Streitwertkatalogs der Bausenate des OVG NRW vom 22. Januar 2019 (BauR 2019, 610 f.). In dem dort gezogenen Rahmen erscheint für das Hauptsacheverfahren ein Streitwert von jedenfalls 10.000,00 Euro angemessen, der wegen der Vorläufigkeit des Verfahrens hier nur zur Hälfte anzusetzen war.
28Der Beschluss ist unanfechtbar, § 152 Abs. 1 VwGO.
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Referenzen
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- VwGO § 80 1x
- § 3 Nr. 1 der 18. BImSchV 1x (nicht zugeordnet)
- Urteil vom Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg - 3 S 1719/03 1x
- 6 K 921/06 1x (nicht zugeordnet)
- VwGO § 154 1x
- VwGO § 3 1x
- VwGO § 146 1x
- §§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 GKG 3x (nicht zugeordnet)
- § 2 Abs. 2 Nr. 2 der 18. BImSchV 1x (nicht zugeordnet)
- VwGO § 162 1x