Anerkenntnisurteil vom Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen - 2 A 1180/22
Tenor
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Rechtsverfolgung zweiter Instanz wird abgelehnt.
Gründe:
1Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe hat keinen Erfolg.
2Abgesehen davon, dass der Kläger nicht die erforderliche Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse abgegeben hat, fehlt es der beabsichtigten Rechtsverfolgung in zweiter Instanz unter Anlegung der für die Gewährung von Prozesskostenhilfe geltenden verfassungsrechtlichen Maßstäbe,
3vgl. dazu etwa BVerfG, Beschlüsse vom 26. Juni 2003 – 1 BvR 1152/02 – NJW 2003, 3190 = juris Rn. 10, und vom 7. April 2000 – 1 BvR 81/00 –, NJW 2000, 1936 = juris Rn. 16, sowie VerfGH NRW, Beschluss vom 30. April 2019 - 2/19.VB-2 -, juris Rn. 24 ff., m. w. N.,
4jedenfalls an der gemäß § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i. V. m. § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO erforderlichen hinreichenden Erfolgsaussicht.
5Insbesondere durfte das Verwaltungsgericht den Antrag auf Ergänzung des Urteils durch Beschluss verwerfen, da ein - hier gegebener - (offensichtlich) unzulässiger Ergänzungsantrag (analog §§ 144 Abs. 1, 125 Abs. 2 Satz 1 VwGO) in dieser Weise ohne mündliche Verhandlung verworfen werden kann.
6Vgl. BVerwG, Beschluss vom 24. April 2018 – 2 C 36.16 -, NvwZ-RR 2018, 592 = juris Rn. 5, und BFH, Beschluss vom 4. August 2014 – VII R 28/13 -, juris Rn. 1, beide unter Bezugnahme auf den bereits vom Verwaltungsgericht zitierten Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 9. Juni 2011 – 3 C 14.11 -, juris Rn.13 ff.
7Ein Verfahrensfehler i. S. d. § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO liegt daher nicht vor.
8Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des die Klageanträge (vollständig) abweisenden erstinstanzlichen Urteils vom 30. März 2022 dürfte der Kläger nicht mehr geltend machen können, da dieses Urteil bereits rechtskräftig geworden ist. Ungeachtet dessen bestehen auch keine ernstlichen Zweifel i. S. d. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO an dieser Klageabweisung.
9Das Verwaltungsgericht hat in seinem Urteil vom 30. März 2022 die Klage mit den Anträgen,
10die Festsetzungsbescheide vom 1. Juli 2012, 2. November 2012, 1. Februar 2013, 1. August 2015 und 3. August 2018 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 22. Juli 2019 und den Festsetzungsbescheid vom 2. September 2021 aufzuheben,
11die Bescheide vom 22. Juli 2019 und 24. Juli 2019 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, ihn von der Beitragspflicht zu befreien,
12nicht nur vollumfänglich beschieden, sondern auch in der Sache zu Recht abgewiesen.
13Hinsichtlich der Festsetzungsbescheide ergibt sich dies daraus, dass diese rechtmäßig sind. Der Kläger war in dem von diesem Bescheiden erfassten Zeiträumen (Februar 2012 bis Juli 2019) Inhaber der Wohnung L.--------straße 9 in C. und hatte dort unter dem 9. November 2011 ein Radio und ein Fernsehgerät angemeldet. Er ist damit insbesondere rundfunkbeitragspflichtig gemäß § 2 Abs. 1 und 2 Satz 1 RBStV. Ein etwaiger Anspruch auf Befreiung von der Beitragspflicht ist im Zusammenhang mit der Anfechtungsklage gegen einen Festsetzungsbescheid unerheblich, wie das Verwaltungsgericht in dem angegriffenen Urteil (dort S. 6 f.) unter Bezugnahme auf die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 30. Oktober 2019 – 6 C 10.18 -, juris, im Einzelnen zutreffend ausgeführt hat. Hierauf wird Bezug genommen.
14Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Befreiung von der Rundfunkgebühren- bzw. –beitragspflicht auf der Grundlage des § 6 Abs. 3 RuFuGebStV bzw. § 4 Abs. 6 RBStV. Über den diesbezüglichen Klageantrag des Klägers hat das Verwaltungsgericht auch befunden, wie sich unschwer aus dem Urteilstenor entnehmen lässt, mit dem die Klage mit den im Tatbestand wiedergegebenen Klageanträgen abgewiesen wird. Abgesehen davon hat das Verwaltungsgericht auf S. 8 f. der Urteilsgründe – auch unter Heranziehung der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 19. Januar 2022 – 1 BvR 1089/18 -, juris Rn. 16 und 27 f. - ausdrücklich ausgeführt, der Kläger habe keinen Befreiungsanspruch. Dabei ist hervorzuheben, dass das Existenzminimum nicht zur Begleichung des Rundfunkbeitrags eingesetzt werden muss. Allerdings sind danach die Landesrundfunkanstalten (nur) bei nachweislich einkommensschwachen Gebühren- bzw. Beitragsschuldnern gehalten, im Rahmen der Prüfung eines besonderen Härtefalls (vgl. etwa § 4 Abs. 6 Satz 1 RBStV) eine Bedürftigkeitsprüfung vorzunehmen. Maßgeblich ist allein, dass "ein Betroffener nur über ein den sozialrechtlichen Regelsätzen entsprechendes oder sie unterschreitendes Einkommen verfügt und nicht auf Vermögen zurückgreifen kann" (so ausdrücklich BVerfG, Beschluss vom 19. Januar 2022, a.a.O. Rn. 27 [Hervorhebung nicht im Original]. Nachweise, dass er zu dieser Personengruppe zu zählen sein könnte, fehlen beim Kläger. Dies hat bereits das Verwaltungsgericht im Einzelnen ausgeführt; hierauf wird Bezug genommen. Der Kläger hat sich auf die Behauptung beschränkt, er beziehe keine Einkünfte, was jedenfalls in dieser Form nicht ausreicht. Zwar hat er ab dem 1. Februar 2012 keinen Anspruch auf die Leistung von Arbeitslosengeld II. Die Klage des Klägers gegen den – wegen fehlender Offenlegung des Vermögens – ablehnenden Bescheid des Jobcenters Arbeitplus C. vom 10. April 2012 ist mit Gerichtsbescheid des Sozialgerichts E. vom 22. Februar 2019 – S 9 AS 1646/12 - abgewiesen worden, die dagegen eingelegte Berufung des Klägers wurde mit Urteil des Landessozialgerichts NRW vom 28. Oktober 2021 – L 6 AS 491/19 – (juris) zurückgewiesen; hierbei hat das Landessozialgericht (a. a. O., juris Rn. 43 a. E.) u. a. ausgeführt, der Kläger habe "zur Höhe des Vermächtnisses und den genauen Zuflusszeitpunkten … ausdrücklich keine Angaben gemacht, um `seine Daten vor unberechtigten staatlichen Zugriffen zu schützen`". Einen Antrag des Klägers, ihm zur Durchführung des Verfahrens der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision gegen das zuletzt genannte Urteil Prozesskostenhilfe zu bewilligen, hat das Bundessozialgericht mit Beschluss vom 30. Mai 2022 – B 4 AS 40/22 BH – (juris) mangels hinreichender Erfolgsaussicht abgelehnt. Insbesondere hat der Kläger nicht nachgewiesen, dass er im genannten Sinne nicht auf Vermögen zurückgreifen kann. Denn er hat offenbar einen Vermächtnisanspruch erworben und hatte hierauf 38.529,18 Euro ausgezahlt bekommen; die Auszahlung weiterer 50.000,- Euro war augenscheinlich beabsichtigt. Warum es ihm trotzdem (seinerzeit oder heute) unmöglich sein sollte, auf (z. B. dieses) Vermögen zurückzugreifen, trägt der Kläger nicht vor und dies ist auch sonst nicht ersichtlich.
15Zu keiner anderen Beurteilung führt das Schreiben des Klägers vom 2. August 2022, das im Übrigen auch über den hier zu entscheidenden Streitgegenstand hinausginge und ggf. beim Verwaltungsgericht anzubringen wäre.
16Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO)
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Referenzen
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- VwGO § 124 2x
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- 6 AS 491/19 1x (nicht zugeordnet)
- § 6 Abs. 3 RuFuGebStV 1x (nicht zugeordnet)
- 9 AS 1646/12 1x (nicht zugeordnet)
- VII R 28/13 1x (nicht zugeordnet)
- § 2 Abs. 1 und 2 Satz 1 RBStV 1x (nicht zugeordnet)
- VwGO § 125 1x
- § 4 Abs. 6 RBStV 1x (nicht zugeordnet)
- VwGO § 166 1x
- § 4 Abs. 6 Satz 1 RBStV 1x (nicht zugeordnet)
- VwGO § 144 1x
- 1 BvR 1152/02 1x (nicht zugeordnet)
- 4 AS 40/22 1x (nicht zugeordnet)
- ZPO § 114 Voraussetzungen 1x
- 1 BvR 1089/18 1x (nicht zugeordnet)