Urteil vom Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz (8. Senat) - 8 C 10946/12
Tenor
Der am 4. Juni 2012 als Satzung beschlossene Bebauungsplan "Z." der Antragsgegnerin wird für unwirksam erklärt, soweit unter Ziffer I.10 der textlichen Festsetzungen ein Anbauverbot für Nahrungspflanzen festgesetzt wird. Im Übrigen wird der Normenkontrollantrag abgelehnt.
Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
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Die Antragstellerin wendet sich gegen den Bebauungsplan „Z.“ der Antragsgegnerin.
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Sie ist Eigentümerin von für den Weinbau genutzten Flächen. Davon liegen etwa 3.000 m² im Geltungsbereich des Bebauungsplanes „Z.“, durch den auf einer Fläche von 10,8 ha die planerischen Grundlagen für ca. 98 Bauplätze geschaffen werden.
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Im Rahmen der Offenlegung des Bebauungsplanentwurfs hat die Antragstellerin mit Schreiben vom 28. März 2012 Bedenken geäußert: Selbst wenn grundsätzlich Bauwünsche ortsansässiger und dritter Personen unterstellt würden, fehle eine Bedarfsanalyse. Diese sei insbesondere deshalb erforderlich, weil im neu erschlossenen Baugebiet rechts der Mosel noch 60 bis 70 Bauplätze zur Verfügung stünden. Das neue Baugebiet werde die Altersstruktur in der Ortslage verändern und zu deren Ausbluten führen. Wegen ihrer Erwerbsgrundlagen Weinbau und Tourismus sei sie davon besonders betroffen. Außerdem sei die Erschließung äußerst aufwendig und eine traditionsreiche Weinbergslage werde zerstört. Für ihren Weinbautrieb seien ihre überplanten Flächen von etwa 3.000 m² unverzichtbar, weil vergleichbare Ersatzflächen nicht zur Verfügung stünden. Im Übrigen sei das Gebiet wegen der Bodenbelastung mit Kupfer ohne Bodenaustausch für den dauernden Aufenthalt von Menschen ungeeignet. Eine Erweiterung des Baugebietes rechts der Mosel sei problemlos möglich, dort befänden sich auch die Grundschule und sportliche Einrichtungen.
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Der Ortsgemeinderat wies diese Bedenken in seiner Sitzung vom 4. Juni 2012 zurück. Es bestehe eine enorme Nachfrage nach Neubauflächen, die nicht befriedigt werden könne, weil die Eigentümer die vorhandenen Bauflächen nicht zur Verfügung stellten. Bei den neu ausgewiesenen Flächen solle privatrechtlich geregelt werden, dass sie auch tatsächlich bebaut würden. Nur wenn durch attraktive Wohnflächen sich junge Familien niederließen, seien die vorhandenen Infrastruktureinrichtungen langfristig zu sichern und Interessenten auch für ungenutzte Gebäude im Altortbereich zu finden. Der Erschließungsaufwand sei wegen der Geländeverhältnisse nur unwesentlich erhöht. Durch die Umwandlung von Weinbergsflächen werde die Kulturlandschaft nicht beeinträchtigt, da es sich nur um einen geringen Teil der Weinbaufläche handele. Ersatzflächen in Form von Brachflächen seien vorhanden. Die Gemeinde werde die betroffenen Weinbaubetriebe bei der Suche nach Ersatzflächen unterstützen. Die Landwirtschaftskammer sehe keine Existenzgefährdung für vorhandene Betriebe. Die Bodenbelastung sei untersucht worden. Mit den zuständigen Behörden seien Maßnahmen abgestimmt worden, durch die eine Gesundheitsgefährdung ausgeschlossen werden könne. Das Baugebiet sei im Flächennutzungsplan dargestellt und einer Erweiterung des Baugebietes rechts der Mosel vorzuziehen. Es sei besser zu erschließen, die Ortsmitte und der Kindergarten befänden sich weiterhin links der Mosel.
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Der am 4. Juni 2012 als Satzung beschlossene Bebauungsplan wurde am 22. Juni 2012 bekannt gemacht, am 25. Juni 2012 ausgefertigt und am 28. September 2012 erneut bekannt gemacht.
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Die Antragstellerin begründet ihren am 4. September 2012 gestellten Normenkontrollantrag wie folgt: Ein Planungsbedürfnis liege nicht vor. Selbst wenn eine enorme Nachfrage nach Neubauflächen bestehe, könne diese durch die Bauflächen rechts der Mosel gedeckt werden. Eine Abwägung sei nicht erfolgt. Soweit geltend gemacht werde, diese Flächen würden von den Eigentümern nicht zur Bebauung zur Verfügung gestellt, sei dies nicht belegt. Im Übrigen sei auch nicht nachgewiesen, dass die neu ausgewiesenen Bauflächen tatsächlich für Wohnbebauung genutzt würden. Die Ausweisung neuer Bauflächen widerspreche einer ordnungsgemäßen Entwicklung der vorhandenen Ortsteile, wo sich ungenutzte Gebäude befänden. Es sei ein besonderer Erschließungsaufwand erforderlich, der nicht als unwesentlich vernachlässigt werden könne und der auch nicht durch die beidseitige Bebauung der Straßen vermieden werde. Dass dieser sich auf die Nachfrage auswirke sei verkannt worden. Der Bebauungsplan betreffe eine traditionsreiche und hochwertige Weinbergslage. Daran ändere auch nichts, dass die Gemeinde Mehring über 232 ha Weinbergsflächen verfüge. Jedenfalls hätten andere, geringerwertigere Weinbauflächen in Anspruch genommen werden können, die für den Betrieb der Antragstellerin nicht von Bedeutung seien. Das Problem der Schadstoffbelastung sei nicht bewältigt sondern verschleiert worden. Seine Lösung werde den Bauwilligen überlassen.
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Die Antragstellerin beantragt,
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den Bebauungsplan „Z.“ der Ortsgemeinde Mehring vom 4. Juni 2012, bekannt gemacht am 28. September 2012, für unwirksam zu erklären.
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Die Antragsgegnerin beantragt,
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den Antrag abzulehnen.
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Der Bebauungsplan sei nicht zu beanstanden.
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Soweit ein Verfahrensfehler darin bestanden habe, dass der Bebauungsplan am 22. Juni 2012 bekannt gegeben worden sei, bevor er am 25. Juni 2012 ausgefertigt worden sei, sei dieser durch die erneute Bekanntmachung am 28. September 2012 geheilt worden.
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Auch materiell-rechtliche Mängel lägen nicht vor. Die Aufstellung des Bebauungsplanes sei erforderlich, denn er entspreche ihrer planerischen Konzeption. Sie sei zu Recht davon ausgegangen, dass eine große Nachfrage nach Neubauflächen bestehe. Diese Einschätzung entspreche dem Landesentwicklungsprogramm IV, wonach für den Landkreis Trier-Saarburg ein Zuwachs von 0,8 % zwischen 2006 und 2020 prognostiziert werde. Sofern die Antragstellerin geltend machen wolle, der Bebauungsplan entspreche nicht der Forderung des Landesentwicklungsprogramms, der Innenentwicklung Vorrang vor der Außenentwicklung einzuräumen, handele es sich dabei nicht um eine verbindliche Planungsvorgabe. Auch wenn es rechts der Mosel noch 60 bis 70 Bauplätze gäbe, sei sie nicht verpflichtet, die Ausweisung eines neuen Baugebietes zu unterlassen. Die durch den Bebauungsplan ausgelösten Erschließungsaufwendungen seien kein Gesichtspunkt, der bei der Abwägung zu berücksichtigen sei. Es sei nicht zu beanstanden, wenn sie im Rahmen der Abwägung statt Weinbergsbrache eine nach Ansicht der Antragstellerin traditionsreiche Weinbergslage überplant habe. Mängel im Abwägungsvorgang seien nicht offensichtlich und von Einfluss auf das Ergebnis gewesen. Es stehe in ihrem Planungsermessen, ob sie Brachflächen oder Weinbergsflächen als Standort für Siedlungsflächen vorziehe. Die Antragstellerin habe nicht dargelegt, wieso ihre überplanten Weinbergsflächen unverzichtbar seien. Sie habe weder die genaue Lage noch die Flächengröße angegeben. Der Hinweis auf fehlende Ersatzflächen reiche nicht aus, die Betroffenheit ihrer weinbaulichen Interessen oder gar die Existenzgefährdung für ihren Betrieb zu begründen. Es stünden Ersatzflächen zur Verfügung, außerdem könne sie ihre Weinbergsflächen auch weiterhin bewirtschaften. Die Möglichkeit zur Bebauung führe zu einer Wertsteigerung, die den Verlust von Weinbauflächen ausgleiche. Die Schadstoffbelastung der Böden sei erkannt und abgewogen worden.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie die vorgelegten Planaufstellungsunterlagen und den angefochtenen Bebauungsplan verwiesen.
Entscheidungsgründe
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Der Normenkontrollantrag ist zulässig, aber nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.
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Formelle Mängel sind nicht vorgetragen und auch nicht sonst ersichtlich. Die zunächst wegen fehlender Ausfertigung mangelhafte Bekanntmachung wurde wirksam nachgeholt.
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Der Bebauungsplan ist in materieller Hinsicht nicht fehlerfrei.
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Er enthält eine fehlerhafte Festsetzung und ist insoweit unwirksam (1.). Im Übrigen ist er jedoch erforderlich (2.), entspricht den Zielen der Raumordnung (3.) und weist keine beachtlichen Fehler der Abwägung auf (4.), so dass es bei einer Teilunwirksamkeit bleibt (5.).
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1. Der Bebauungsplan ist unwirksam, soweit Ziffer I.10 der textlichen Festsetzungen lautet: "Für alle im Bebauungsplan festgesetzten Flächen … ist der Anbau von Nahrungspflanzen …, mit Ausnahme von Kernobst und Wein, unzulässig." Hierbei handelt es sich nicht um einen bloßen Hinweis, sondern um eine Festsetzung mit Regelungsanspruch. Dies folgt daraus, dass sie sich in einen Abschnitt mit der Überschrift "Bauplanerische Festsetzungen" findet und die unter Ziffer I.10 außerdem gegebenen Hinweise ausdrücklich als solche bezeichnet sind. Darüber hinaus findet sich der gleiche Satz noch einmal unter der Überschrift "Sonstige Hinweise" unter der Ziffer IV.5. Für das festgesetzte Anbauverbot fehlt es an der erforderlichen gesetzlichen Ermächtigung (vgl. hierzu BVerwG, Beschluss vom 31. Januar 1995 – 4 NB 48/93 –, NVwZ 1995, 696 und juris, Rn. 19). Die Vorschriften, auf die in der Überschrift zu Ziffer I.10 verwiesen wird, § 9 Abs. 5 Nr. 3 und Abs. 6 BauGB, ermächtigen nur zur Kennzeichnung von Flächen und zur nachrichtlichen Übernahme nach anderen gesetzlichen Vorschriften getroffener Festsetzungen, nicht jedoch zu einer Festsetzung mit normativem Regelungsgehalt. Eine Festsetzungsermächtigung für das Verbot zum Anbau von Nahrungspflanzen ist auch sonst nicht ersichtlich. Insbesondere scheidet § 9 Abs. 1 Nr. 24 BauGB als Ermächtigungsgrundlage aus. Die danach möglichen Festsetzungen zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen sind auf die Anordnung „baulicher oder sonstiger technischer Vorkehrungen“ beschränkt; § 9 Abs. 1 Nr. 24 BauGB erlaubt hingegen nicht den Erlass einer bloßen Verbotsnorm (vgl. BVerwG, Beschluss vom 18. Dezember 1990 – 4 N 6/88 -, NVwZ 1991, 881 und juris, Rn. 15 – Festsetzung von Emissionsgrenzwerten - ).
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2. Der Bebauungsplan ist für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich (§ 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB).
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Was erforderlich ist, bestimmt sich nach der planerischen Konzeption der Gemeinde, wobei es im planerischen Ermessen der Gemeinde liegt, welche städtebaulichen Ziele sie sich setzt. Ein aktueller Bauflächenbedarf muss nicht vorliegen, die Gemeinde darf auch für einen Bedarf planen, der sich erst für die Zukunft abzeichnet (vgl. BVerwG, Beschluss vom 11. Mai 1999 - 4 BN 15.99 -, in NVwZ 1999, 1338). Nicht erforderlich ist allerdings eine Planung, mit deren Verwirklichung in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist (vgl. BayVGH, Urteil vom 25. Oktober 2005 - 25 N 04.642 -, in BRS 69 Nr. 25). Dafür gibt es aber hier keine ausreichenden Anhaltspunkte. Vielmehr hat die Antragsgegnerin auf die besondere Baulandnachfrage im Bereich der Verbandsgemeinde Schweich hingewiesen, eine Liste der Bauinteressenten mit 66 Einträgen vorgelegt und auch von etwa 20 im Zusammenhang mit der Bauleitplanung bereits abgeschlossenen Kaufverträgen berichtet. Die außerordentlich starke Nachfrage nach Wohnbauland im Bereich der Verbandsgemeinde Schweich wird auch von der Antragstellerin nicht bestritten.
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3. Der Bebauungsplan ist auch den Zielen der Raumordnung angepasst (§ 1 Abs. 4 BauGB) und steht nicht in Widerspruch zu anderen übergeordneten Planungen.
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Soweit die Antragstellerin geltend macht, das sei nicht der Fall, weil der Forderung des Landesentwicklungsprogramms (LEP IV), der Innenentwicklung sei Vorrang vor der Außenentwicklung einzuräumen, nicht Rechnung getragen worden sei, kann er sich nicht auf ein Ziel der Raumordnung berufen. Zwar heißt es nach Nr. 2.4.2 des LEP IV unter Ziele und Grundsätze: "Z31 Die quantitative Flächeninanspruchnahme ist bis zum Jahr 2015 landesweit zu reduzieren sowie die notwendige Flächeninanspruchnahme über ein Flächenmanagement qualitativ zu verbessern und zu optimieren. Dabei ist der Innenentwicklung ein Vorrang vor der Außenentwicklung einzuräumen. Die regionalen Planungsgemeinschaften und die Gebietskörperschaften leisten hierzu einen - an den regional unterschiedlichen Ausgangsbedingungen orientierten - Beitrag." Dabei handelt es sich trotz der Bezeichnung nicht um ein Ziel der Raumplanung im Sinne von § 1 Abs. 4 BauGB. Ziel der Raumplanung ist selbst eine als Ziel bezeichnete Planaussage nur, wenn die sich aus § 3 Nr. 2 ROG ergebenden Voraussetzungen eines Ziels der Raumordnung erfüllt sind (BVerwG, Beschluss vom 1. Juli 2007 - 4 BN 26.05 -, ZfBR 2005, 807), es sich also um eine verbindliche Vorgabe in Form von räumlich und sachlich bestimmten oder bestimmbaren, vom Träger der Raumordnung abschließend abgewogenen Festlegungen in einem Raumordnungsplan zur Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raumes handelt. Das ist hier aber nicht der Fall. Weder ist der Vorrang der Innenentwicklung vor der Außenentwicklung ausreichend bestimmbar, noch handelt es sich um eine abschließend abgewogene Festlegung. Vielmehr wird gerade der regionalen Planungsgemeinschaft und den Gebietskörperschaften mit Rücksicht auf die regional unterschiedlichen Ausgangsbedingungen noch eine Möglichkeit zur Konkretisierung eingeräumt (so bereits OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 06. Oktober 2011 – 1 C 11322/10.OVG -, in juris, Rn. 37). Der raumplanerischen Aussage unter Nr. 2.4.2 (Z 31) des Landesentwicklungsprogrammes IV kommt daher lediglich die Bedeutung eines Grundsatzes im Sinne von § 3 Nr. 3 ROG und damit eines Berücksichtigungsbelangs für die bauleitplanerische Abwägung zu.
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Auch auf der Ebene der Regionalplanung findet sich kein Ziel, dem der Bebauungsplan „Z.“ widersprechen würde. Im Gegenteil ist der Antragsgegnerin die besondere Funktion „Wohnen“ zugewiesen. Sie bildet damit einen Siedlungsschwerpunkt, an dem die Ausweisung von Wohnbau/Mischbau-Flächen über den Eigenbedarf hinaus erfolgen soll (Nr. 2.2.2.3.1 des Regionalen Raumordnungsplans Region Trier, Planungsgemeinschaft Trier 1985/1995). Die Planungsgemeinschaft Region Trier hat deshalb im Rahmen ihrer Beteiligung keine grundsätzlichen regionalplanerischen Bedenken erhoben und lediglich empfohlen, die Größe des Gebietes noch einmal zu überdenken.
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Das Baugebiet ist auch im Flächennutzungsplan der Verbandgemeinde Schweich dargestellt, so dass der Bebauungsplan gemäß § 8 Abs. 2 Satz 1 BauGB aus dem Flächennutzungsplan entwickelt ist.
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4. Die Abwägung der betroffenen öffentlichen und privaten Belange ist nicht zu beanstanden.
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Die Abwägung ist fehlerhaft, wenn in - verfahrensrechtlicher Hinsicht - die Belange, die für die Abwägung von Bedeutung sind, nicht ermittelt und bewertet (§ 2 Abs. 3 BauGB) und inhaltlich die öffentlichen und privaten Belange nicht gegeneinander und untereinander gerecht abgewogen wurden (§ 1 Abs. 7 BauGB).
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Mängel im Abwägungsvorgang sind nur beachtlich, wenn sie offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sind (§ 214 Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 2 BauGB).
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Zu beachtende Mängel in diesem Sinne liegen nicht vor.
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a) Zunächst hat die Antragstellerin alle abwägungsbeachtlichen Belange angemessen ermittelt und bewertet.
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Den von der Antragstellerin vorrangig in Frage gestellten Bedarf für Wohnbauflächen hat die Antragsgegnerin ausreichend ermittelt. Sie hat eine Machbarkeitsstudie erstellen lassen, die unter anderem eine Erfassung und Bewertung der Baulücken, eine Berechnung der voraussichtlichen Erschließungskosten und eine Übersicht über die in der Umgebung gezahlten Baulandpreise enthält. Außerdem hat sie, wie in der mündlichen Verhandlung dargelegt wurde, die Entwicklung bei anderen Baugebieten im Bereich der Verbandsgemeinde Schweich beobachtet sowie eine Interessentenliste geführt, die zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses etwa 60 Einträge enthielt. Sie hat aus dem Ergebnis ihrer Ermittlungen auch zu Recht eine ausreichende Nachfrage hergeleitet. Die ermittelten Erschließungskosten sind angesichts der üblichen Baulandpreise nicht geeignet, die Nachfrage für das Baugebiet maßgeblich zu beeinträchtigen, ebenso nicht die Konkurrenz durch noch vorhandene Baulücken. Es ist auch zu erwarten, dass die Nachfrage in dem Baugebiet tatsächlich gedeckt werden kann und die Bauplätze nicht von den Eigentümern gehortet werden. Dies wird dadurch bestätigt, dass der Antragsgegnerin inzwischen etwa 20 Kaufverträge bekannt sind. Zwar kann die Antragsgegnerin die tatsächliche Bebauung nicht wie ursprünglich geplant durch privatrechtliche Verträge beeinflussen, da kein Interesse der Grundstückseigentümer im Plangebiet an einem Verkauf an die Antragsgegnerin besteht. Gerade die Höhe der Erschließungskosten wirkt sich jedoch gegen eine Bevorratung von Bauplätzen und zu Gunsten einer baldigen Bebauung aus. Die mangelnde Bereitschaft der Grundstückseigentümer, an die Antragsgegnerin zu verkaufen, lässt andererseits erkennen, dass die Grundstückseigentümer, soweit sie nicht selbst bauen wollen, mit der Kaufbereitschaft von Bauinteressenten rechnen. Angesichts der zu Recht angenommenen Nachfrage durfte die Antragsgegnerin dem Belang der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung nach § 1 Abs. 6 Nr. 2 BauGB ein erhebliches Gewicht beimessen, zumal sie sich auf die ihr raumplanerisch zugewiesene Funktion „Wohnen“ berufen kann.
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Die Belange des Umweltschutzes, insbesondere auch das Gebot, mit Grund und Boden sparsam und schonend umzugehen und Maßnahmen der Innenentwicklung zu nutzen (§§ 1 Abs. 6 Nr. 7, 1a Abs. 2 BauGB) hat die Antragsgegnerin zutreffend ermittelt und bewertet. Sie hat die vorhandenen Baulücken erfasst und auf ihre Eignung zur Deckung des Bauflächenbedarfs untersucht. Sie kam dabei fehlerfrei zu dem Ergebnis, dass die vorhandenen Baulücken angesichts der besonderen Funktion „Wohnen“, nicht ausreichen, unter anderem, weil es an der Bereitschaft zur Veräußerung der Grundstücke fehlt. Die Antragsgegnerin hat darüber hinaus in einem Umweltbericht die Auswirkungen der Planung auf die Umwelt und mögliche Ausgleichsmaßnahmen ermittelt.
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Die Belange der Landwirtschaft und des landwirtschaftlichen Betriebes der Antragstellerin sind von der Antragsgegnerin ebenfalls ermittelt und hinreichend berücksichtigt worden. Insbesondere hat sie die Stellungnahmen der Landwirtschaftskammer, des Bauern- und Winzervereines und der Antragstellerin in ihre Erwägungen einbezogen. Soweit die Antragstellerin geltend gemacht hat, die betroffene Weinbergsfläche von etwa 3.000 m² in ihrem Eigentum sei für ihren Betrieb unverzichtbar, war die Antragsgegnerin nicht gehalten, die Bedeutung dieser Fläche für den Betrieb der Antragstellerin näher zu untersuchen. Hier hätte es der Antragstellerin oblegen, die behauptete Unverzichtbarkeit näher zu belegen, denn nur sie verfügt über die erforderlichen betriebsinternen Informationen.
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Die Belange der Anforderungen an gesunde Wohnverhältnisse im Hinblick auf die Belastung des Bodens mit Kupfer hat die Antragsgegnerin durch Einholung eines Gutachtens ermittelt.
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b) Die Antragsgegnerin hat die verschiedenen öffentlichen und privaten Belange auch gegeneinander und untereinander gerecht abgewogen.
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Es ist nicht zu beanstanden, dass sie dabei dem Belang der Wohnbedürfnisse den Vorrang vor den anderen Belangen eingeräumt hat, soweit ein Konflikt nicht durch Festsetzungen im Bebauungsplan vermieden werden konnte.
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Insbesondere durfte sie im Rahmen der Abwägung den Belang des sparsamen Umgangs mit Grund und Boden zurückstellen. Der bestehende Baulandbedarf kann nach dem Ergebnis der Baulückenuntersuchung nicht durch Nutzung von Baulücken geschlossen werden. Im Übrigen ist die nun für die Bebauung in Anspruch genommene Fläche im Flächennutzungsplan als Wohnbau/Mischbau-Fläche dargestellt. Diese Darstellung erfolgte bereits unter Berücksichtigung der Belange des Umweltschutzes. Das Baugebiet schließt an die vorhandene Bebauung an und rundet diese zum Außenbereich hin ab. Dem Landschaftsbild wurde durch Höhenbeschränkungen und Eingrünung im Bereich der Hangkante Rechnung getragen.
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Auch die Belange der Landwirtschaft durften zurückgestellt werden. Eine Existenzgefährdung für landwirtschaftliche Betriebe hat auch die Landwirtschaftskammer ausgeschlossen. Hinsichtlich des planbedingten Verlustes von Weinbergsflächen im Plangebiet hat die Antragsgegnerin zutreffend auf die umfangreichen Weinbergsbrachflächen hingewiesen. Wie in der mündlichen Verhandlung dargelegt wurde, liegen diese Brachflächen nicht nur in minderwertigen Weinbergslagen, so dass sie auch von der Qualität her als Ersatzflächen geeignet sind. Der Vorschlag der Antragstellerin, nur Brachflächen für Bauzwecke zu nutzen, lässt sich schon deshalb nicht verwirklichen, weil sie verstreut liegen und nicht in einem Bereich konzentriert sind, der auch zur Bebauung geeignet ist. Zwar hat die Antragsgegnerin den Vorschlag der Landwirtschaftskammer, Bauabschnitte zu bilden, um den Landwirten die Umstellung auf neue Weinbergsflächen zu erleichtern, nicht befolgt. Dies hat sie jedoch ausreichend mit den Problemen begründet, die entstehen, wenn der Bebauungsplan nicht in einem Zug verwirklicht wird. Dem Konflikt zwischen Weinbergsnutzung und Wohnnutzung beim Einsatz von Pflanzenschutzmitteln wurde durch die Festsetzung eines trennenden Grünstreifens mit einem Erdwall entsprechend den Vorschlägen der Landwirtschaftskammer Rechnung getragen.
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Auch die privaten Interessen der Antragstellerin, die Weinbergsflächen im Umfang von etwa 3.000 m² im Plangebiet verliert, wurden ausreichend berücksichtigt und fehlerfrei abgewogen. Die Antragstellerin hat ihre Behauptung, dass diese Flächen für ihren Betrieb unverzichtbar seien, nicht näher belegt. Die Antragsgegnerin durfte deshalb dieses Interesse angesichts der geringen Größe der betroffenen Fläche unter Hinweis auf Ersatzflächen zurückstellen.
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Im Hinblick auf die Belastung des Bodens mit Kupfer hat die Antragsgegnerin den Anforderungen an gesunde Wohnverhältnisse dadurch angemessen Rechnung getragen, dass sie die Kupferbelastung ermittelt, die stärker belasteten Bereiche gekennzeichnet und auf die Gefährdung der Gesundheit bei dem Anbau von Nahrungspflanzen hingewiesen hat. Damit haben die Bauwilligen die Möglichkeit, eine Gefährdung durch Austausch oder Abdeckung des belasteten Bodens in dem für den Anbau von Nahrungspflanzen vorgesehenen Bereich ihrer Baugrundstücke vorzunehmen oder ganz auf den Anbau von Nahrungspflanzen zu verzichten. Es kann dahingestellt bleiben, ob die Festsetzung eines Anbauverbots für Nahrungspflanzen Teil der Problembewältigung der Antragsgegnerin und damit Bestandteil ihrer Abwägungsentscheidung war. Es spricht einiges dafür, dass der Antragsgegnerin die Anordnung eines normativen Verbots überhaupt nicht bewusst war. Die Bezeichnung der Rechtsgrundlage (§ 9 Abs. 5 Nr. 3 und Abs. 6 BauGB) sowie die Wiederholung des gleichen Satzes unter Ziffer IV.5 im Abschnitt "Sonstige Hinweise" sprechen dagegen. Bei der Festsetzung in Ziffer I.10 dürfte es sich daher eher um einen redaktionellen Fehler zu handeln. Aber selbst wenn die normative Festsetzung eines Anbauverbots Teil der Abwägung der Antragsgegnerin gewesen sein sollte mit der Folge, dass angesichts der Unwirksamkeit dieser Festsetzung ein Abwägungsdefizit vorläge, wäre der insoweit bestehende Abwägungsmangel unbeachtlich, weil er auf das Ergebnis ohne Einfluss geblieben ist (§ 214 Abs. 1 Nr. 1 und Abs.3 Satz 2 Halbsatz 2 BauGB). Die Antragsgegnerin hätte sich in Kenntnis von der Unwirksamkeit eines Anbauverbotes mangels anderer sich anbietender Festsetzungsmöglichkeiten auf den Hinweis unter Ziffer IV.5 beschränkt. Dies hat sie auch in der mündlichen Verhandlung nachvollziehbar bestätigt.
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5. Somit ist allein die Festsetzung des Anbauverbotes unter Ziffer I.10 unwirksam. Dies führt indes nicht zur Unwirksamkeit des gesamten Bebauungsplanes.
- 42
Die Unwirksamkeit eines Teils des Bebauungsplanes führt dann nicht zur Gesamtunwirksamkeit, wenn die übrigen Festsetzungen auch ohne den unwirksamen Teil sinnvoll bleiben und nach dem maßgeblichen Willen des Normgebers mit Sicherheit anzunehmen ist, dass sie auch ohne diesen erlassen worden wären (BVerwG, Urteil vom 23. April 2009 - 4 CN 5.07 -, in juris). Diese Voraussetzung ist hier erfüllt. Die Umsetzung des Bebauungsplans steht auch ohne normativ zwingendes Verbot des Anbaus von Nahrungspflanzen nicht in Frage. Denn die hier festgestellte Vorbelastung des Bodens schließt die Wohnnutzung als solche nicht aus. Es bleibt der Eigenverantwortung der jeweiligen Grundstücksnutzer überlassen, welche Vorsorgemaßnahmen sie angesichts der unterschiedlichen Vorbelastung des Bodens für notwendig erachten. Dem Grundsatz der Problembewältigung ist daher durch den Hinweis unter Ziffer IV.5 hinreichend Rechnung getragen. Wie bereits oben in anderem Zusammenhang ausgeführt wurde, hätte die Antragsgegnerin den Bebauungsplan auch ohne die Festsetzung in Ziffer I.10 und damit lediglich mit dem Hinweis in Ziffer IV.5 erlassen.
- 43
Weitere Gesichtspunkte, die zur Unwirksamkeit des Bebauungsplanes führen könnten, hat die Antragstellerin nicht vorgetragen. Sie sind auch nicht sonst ersichtlich.
- 44
Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO.
- 45
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils hinsichtlich der Kosten folgt aus § 167 Abs. 1 VwGO in Verbindung mit §§ 708 ff. ZPO.
- 46
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.
- 47
Die Entscheidungsformel dieses Urteils ist gemäß § 47 Abs. 5 Satz 2 VwGO zu veröffentlichen.
- 48
Beschluss
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Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 20.000,-- € festgesetzt (§ 57 Abs. 1 GKG in Anlehnung an den Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit Ziff. 9.8.1, NVwZ 2004, 1327).
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Referenzen
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