Beschluss vom Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz (1. Senat) - 1 C 11130/14

Der Normenkontrollantrag gegen die Rechtsverordnung der Bezirksregierung Köln „Wasserschutzgebiet Bad Honnef“ wird verworfen.

Die Antragsteller haben die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Der Beschluss ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird zugelassen.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 90.000,00 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Antragsteller wenden sich mit einem Normenkontrollantrag gegen die von der Bezirksregierung Köln erlassene Rechtsverordnung über die Festsetzung des Wasserschutzgebietes Bad Honnef. Der Geltungsbereich dieser am 1. Januar 2014 in Kraft getretenen Wasserschutzgebietsverordnung erstreckt sich entlang des Rheins auf Teile der Gebiete der Gemeinden Bad Honnef und Rheinbreitbach. Die Grenze zwischen den Gemeinden Bad Honnef und Rheinbreitbach stellt zugleich die Landesgrenze zwischen den Bundesländern Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz dar. Das von der angegriffenen Rechtsverordnung erfasste Gebiet wird durch die Landesgrenze derart geteilt, dass die Schutzzone I vollständig und die Schutzzone II nahezu vollständig im Landesgebiet Nordrhein-Westfalen gelegen sind, die Schutzzone III etwa zu 1/3 in Nordrhein-Westfalen und zu 2/3 in Rheinland-Pfalz. Begünstigte ist die Bad Honnef AG.

2

Die Antragsteller sind Eigentümer von Grundstücken, die im Gebiet der Ortsgemeinde Rheinbreitbach gelegen sind; sie haben im Verfahren zur Aufstellung der Wasserschutzgebietsverordnung Einwendungen erhoben.

3

Die Antragsteller tragen vor, der Normenkontrollantrag sei zulässig. Zwar habe das Land Nordrhein-Westfalen von der Ermächtigung des § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO keinen Gebrauch gemacht, sodass der Rechtsschutz für Eigentümer in Nordrhein-Westfalen gelegener Grundstücke abgeschnitten sei. In Rheinland-Pfalz sei dies aber nicht der Fall. Der Senat sei befugt, die Rechtmäßigkeit der Verordnung zu prüfen und diese gegebenenfalls für unwirksam zu erklären, weil widrigenfalls auch der Rechtsschutz für die Antragsteller und Eigentümer der in Rheinland-Pfalz gelegenen Grundstücke abgeschnitten wäre. Dann wären die Eigentümer aus Rheinland-Pfalz erst recht in ihren Rechten verletzt, die die rheinland-pfälzischen Gesetze ihnen ausdrücklich gewährten.

4

Die Antragsteller beantragen,

5

die mit Wirkung vom 1. Januar 2014 in Kraft getretene Rechtsverordnung der Bezirksregierung Köln über die Festsetzung des Wasserschutzgebietes für die Gewässer im Einzugsbereich der Wassergewinnungsanlage Lohfelderstraße der Bad Honnef AG (Wasserschutzgebietsverordnung Bad Honnef) für unwirksam zu erklären.

6

Der Antragsgegner hat sich nicht geäußert.

7

Die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes ergeben sich aus den zu den Gerichtsakten gereichten Schriftsätzen der Antragsteller, die Gegenstand der Beratung waren.

II.

8

Über den Normenkontrollantrag kann gemäß § 47 Abs. 5 Satz 1 VwGO ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss entschieden werden, da der Senat im Hinblick auf die offensichtliche Unzulässigkeit des Antrags die Durchführung einer mündlichen Verhandlung für nicht erforderlich hält (vgl. dazu BVerwG, Beschluss vom 16. Dezember 1999, NVwZ 2000, 810).

9

Der Normenkontrollantrag ist unzulässig; er ist bereits nicht statthaft.

10

Eine im Rang unter dem Landesgesetz stehende Rechtsvorschrift, wie die hier angegriffene Wasserschutzgebietsverordnung, kann gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO nur dann Gegenstand eines Normenkontrollantrages sein, wenn das Landesrecht dies bestimmt. Von dieser in der VwGO eröffneten Möglichkeit, in § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO nicht genannte Normen der prinzipalen Normenkontrolle zu unterwerfen, hat das Land Nordrhein-Westfalen keinen Gebrauch gemacht. In Rheinland-Pfalz ist dagegen die prinzipale Normenkontrolle, soweit vorliegend von Interesse, gemäß § 4 Abs. 1 AGVwGO vorgesehen.

11

Gegenstand des vorliegenden Normenkontrollantrages ist eine von der Bezirksregierung Köln, mithin von einer Behörde des Landes Nordrhein-Westfalen erlassene Rechtsverordnung. Zwar bedarf die Bezirksregierung Köln nach § 1 S. 2 des auf der Grundlage der gesetzlichen Ermächtigungen durch § 140 des Wassergesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen und § 107 des Wassergesetzes für das Land Rheinland-Pfalz geschlossenen Verwaltungsabkommens über die Bestimmung der zuständigen Behörde für die Festsetzung eines Wasserschutzgebietes „Lohfelder Straße“ (vgl. Bekanntmachung vom 29. April 1993, GV.NW 1993,306) bei Erlass der Norm, soweit diese sich auf rheinland-pfälzische Flächen erstreckt, des Einvernehmens des Regierungspräsidenten in Koblenz (heute: der SGD Nord). Für die Qualifikation als Landesrecht des Landes Nordrhein-Westfalen kommt es aber maßgeblich auf die erlassende Stelle an. Durch die Übertragung der Zuständigkeit für den Erlass der Wasserschutzgebietsverordnung hat das Land Rheinland-Pfalz die Ausübung der materiellen Rechtsetzungsbefugnis, insbesondere die Abgrenzung des Schutzgebietes und der Schutzzonen und die Erarbeitung des die Rechtsverordnung tragenden Schutzkonzepts jedoch dem Regierungspräsidenten Köln übertragen und sich in die bloße Rolle einer bei Normerlass mitwirkenden Behörde begeben. Da die normerlassende Stelle somit eine nordrhein-westfälische Behörde ist, findet die prinzipale Normenkontrolle nicht statt.

12

Wollte man die Abgrenzung anhand der Frage, wer die Norm erlassen hat für ungeeignet halten und stattdessen, wie dies offenbar die Antragsteller für richtig halten, auf den Geltungsbereich der Norm abstellen, würde dies zu keinem anderen Ergebnis führen. Ein Gebrauchmachen im Sinne des § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO würde im Falle einer in zwei Bundesländern geltenden Rechtsverordnung nämlich nur dann vorliegen, wenn beide Landesgesetzgeber die prinzipale Normenkontrolle vorgesehen haben. Unter Berufung auf deren Statthaftigkeit in Rheinland-Pfalz kann nämlich die prinzipale Normenkontrolle nicht auf die grenzüberschreitende Rechtsverordnung insgesamt erstreckt werden, da dadurch die dem Land Nordrhein-Westfalen zustehende Gesetzgebungskompetenz missachtet würde.

13

Auch die Überlegung der Antragsteller, bei Annahme einer Unstatthaftigkeit der Normenkontrolle würden sie als Bürger des Landes Rheinland-Pfalz in ihren Rechten verletzt, die die rheinland-pfälzischen Gesetze ihnen ausdrücklich gewährten, führt zu keiner abweichenden Beurteilung. Diese Argumentation verkennt, dass die dem Land Rheinland-Pfalz gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO eingeräumte Befugnis der Einrichtung einer verwaltungsgerichtlichen abstrakten Normenkontrolle sich selbstverständlich nur auf Rechtsvorschriften erstreckt, die von Behörden des Landes im Rahmen ihrer Zuständigkeit erlassen worden sind. § 4 AGVwGO konnte daher die prinzipale Normenkontrolle für die hier streitige Rechtsverordnung des Regierungspräsidenten Köln nicht einführen. Zu erwägen wäre allenfalls, ob die prinzipale Normenkontrolle teilweise in dem Sinne statthaft sein könnte, dass die Wasserschutzgebietsverordnung nur insoweit einer Normenkontrolle zugänglich ist, als sie sich auf das Gebiet des Landes Rheinland-Pfalz erstreckt. Eine solche beschränkte Normenkontrolle ist jedoch nicht möglich, da die Überprüfung der Abgrenzung der Schutzzone III, soweit sie in rheinland-pfälzischem Gebiet liegt, nur einheitlich, also zusammen mit der Überprüfung des übrigen Normgefüges, insbesondere mit der Schutzgebiets- und Schutzbereichsabgrenzung für den gesamten Geltungsbereich der Wasserschutzgebietsverordnung und dem Schutzkonzept sinnvoll erfolgen kann. Würde dies geschehen, so würde in der Sache mittelbar doch die in Nordrhein-Westfalen nicht vorgesehene Normenkontrolle erfolgen. Im Übrigen würde bei einer derartigen (Teil-) Normenkontrolle im Falle des Obsiegens der Antragsteller für den Bereich des Landes Nordrhein-Westfalen ein Torso zurückbleiben, das ohne den unwirksamen Teil nicht sinnvoll bestehen bleiben kann.

14

Die hier angenommene Unstatthaftigkeit der abstrakten Normenkontrolle stellt auch keinen Verstoß gegen den Grundsatz des effektiven Rechtsschutzes dar, da Art. 19 Abs. 4 GG nicht die Einrichtung einer verwaltungsgerichtlichen abstrakten Normenkontrolle in Bezug auf jede Rechtsvorschrift garantiert, die im Range unter dem Landesgesetz steht (vgl. BVerfG, B.v. 27.07.1971, BVerfGE 31,368; BVerwG, Beschluss vom 1. August 1990, 7 NB 2/90, juris).

15

Der Normenkontrollantrag war daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 2 VwGO zu verwerfen.

16

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Beschlusses wegen der Kosten beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10 ZPO.

17

Die Revision war gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen, da die Frage der Statthaftigkeit der prinzipalen Normenkontrolle bei untergesetzlichen Normen die sich auf die Gebiete zweier Bundesländer erstrecken, von denen eines von der Ermächtigung des § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO Gebrauch gemacht hat, das andere dagegen nicht, grundsätzliche Bedeutung zukommt.

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