Urteil vom Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz (3. Senat) - 3 A 10151/16

Die Nichtigkeitsklage wird abgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Nichtigkeitsklageverfahrens.

Tatbestand

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Der Beklagte wendet sich mit seiner Nichtigkeitsklage gegen ein Urteil des 3. Senats – Senat für Landesdisziplinarsachen –, mit dem seine Berufung gegen die vom Verwaltungsgericht ausgesprochene Zurückstufung in das Amt eines Oberregierungsrates zurückgewiesen worden ist.

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Dieses Urteil erging aufgrund mündlicher Verhandlung vom 3. Dezember 2015 unter Mitwirkung von Richter am Oberverwaltungsgericht (ROVG) A. als Vorsitzender, ROVG Dr. B. und Richterin am Oberverwaltungsgericht (R’inOVG) Dr. C. als beisitzende Berufsrichter sowie Regierungsdirektor D. und Justizvollzugsinspektor E. als ehrenamtliche Richter. Der im Geschäftsverteilungsplan des Oberverwaltungsgerichts als Vorsitzender des 3. Senats ausgewiesene Präsident des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz (PräsOVG) Dr. F., der zugleich Präsident des Verfassungsgerichtshofs ist, leitete die mündliche Verhandlung nicht, weil er an diesem Tag aufgrund einer Dienstreise nach München am Gerichtsort nicht anwesend war.

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Der zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung am 3. Dezember 2015 geltende Geschäftsverteilungsplan des Gerichts wies nach seiner Anschlusserklärung vom 13. April 2015 PräsOVG Dr. F. sowie – durch Präsidiumsbeschluss vom gleichen Tag – ROVG A. und ROVG Dr. B. als berufsrichterliche Mitglieder des 3. Senats aus. Für den Fall der Verhinderung eines der drei Senatsmitglieder sah der Geschäftsverteilungsplan zwei verschiedene Regelungen vor: Bei einer Verhinderung des Vorsitzenden war vom Präsidium des Oberverwaltungsgerichts ROVG A. als Vertreter des Vorsitzenden bestimmt. Da der 3. Senat am 3. Dezember 2015 nur mit drei Berufsrichtern besetzt war, hatte nach den weiteren Vertretungsregeln des Geschäftsverteilungsplanes des Oberverwaltungsgerichts in diesem Fall als weiteres berufsrichterliches Mitglied das dienstjüngste zum Richter am Oberverwaltungsgericht ernannte Mitglied des 10. Senats mitzuwirken. Dies war seit ihrer am 30. Oktober 2015 erfolgten Ernennung R’inOVG Dr. C.

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Gegen das ihm am 4. Januar 2016 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 1. Februar 2016 Nichtigkeitsklage erhoben. Er ist der Auffassung, dass der Senat über seine Berufung in einer falschen Besetzung entschieden und so seinen verfassungsrechtlichen Anspruch auf Entscheidung über die Disziplinarsache durch den gesetzlichen Richter verletzt habe. Es sei schon nicht nachvollziehbar, warum die zum Beginn des Geschäftsjahres 2015 dem 3. Senat zugewiesenen Richter VizePräsOVG G., ROVG H. und ROVG I. ausgeschieden seien. Hier sei in unzulässiger Weise ein kompletter Senat ausgewechselt worden. Jedenfalls hätte der seit dem 1. Mai 2015 dem Senat vorsitzende PräsOVG Dr. F. die Berufungsverhandlung selbst leiten sowie über die Berufung mitberaten und entscheiden müssen. Dafür hätte dieser entweder einen anderen Termin bestimmen, seine Dienstreise verschieben oder das auswärtige Dienstgeschäft ausfallen lassen müssen. Es sei darüber hinaus auch nicht nachgewiesen, dass überhaupt eine Dienstreise vorgelegen habe. Offensichtlich sei der Termin auch in Kenntnis der Abwesenheit des Senatsvorsitzenden festgelegt worden. Schließlich hätte der Verhinderungsfall, wenn er überhaupt vorgelegen habe, schriftlich festgestellt werden müssen.

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Der Beklagte beantragt,

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1. das aufgrund mündlicher Verhandlung vom 3. Dezember 2015 ergangene Urteil (3 A 10363/15.OVG) aufzuheben und das Verfahren wieder aufzunehmen

sowie

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2. das aufgrund mündlicher Verhandlung vom 5. Februar 2015 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Trier aufzuheben und die Klage abzuweisen.

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Der Kläger beantragt,

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die Nichtigkeitsklage abzuweisen.

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Er hält die Nichtigkeitsklage schon für unzulässig, da seiner Auffassung nach kein gesetzlicher Wiederaufnahmegrund vorliege.

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Im Verlauf des Nichtigkeitsklageverfahrens haben PräsOVG Dr. F. und ROVG A. dienstliche Erklärungen zu den näheren Umständen der Terminierung der mündlichen Verhandlung am 3. Dezember 2015 abgegeben. In seiner Erklärung vom 19. Februar 2016 führt PräsOVG Dr. F. unter anderem aus, dass er sich am Sitzungstag auf einer Dienstreise befunden und die von seinem Vertreter ROVG A. verfügte Ladung am 19. Oktober 2015 – auch als Feststellung seiner Verhinderung – abgezeichnet habe. In seiner dienstlichen Erklärung vom 19. Februar 2016 weist ROVG A. darauf hin, dass es vor der am 14. Oktober 2015 verfügten Ladung insgesamt drei vergebliche Versuche einer Terminvereinbarung mit dem Prozessbevollmächtigten des Beklagten gegeben habe, bevor der Termin am 3. Dezember 2015 vereinbart werden konnte.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zur Gerichtsakte gereichten Schriftsätze verwiesen, die zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung vom 19. April 2016 gemacht wurden.

Entscheidungsgründe

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Die Nichtigkeitsklage hat keinen Erfolg.

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Das mit dem Urteil des Senats vom 3. Dezember 2015 rechtskräftig abgeschlossene Berufungsverfahren ist nicht wieder aufzunehmen. Die hierauf gerichtete Nichtigkeitsklage ist zwar zulässig (I.), jedoch nicht begründet (II.). Der Klageantrag zu 2. ist bereits unzulässig (III.).

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I. Die vom Beklagten ausdrücklich als Nichtigkeitsklage gemäß § 21 Landesdisziplinargesetz - LDG - i.V.m. § 173 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - und § 579 Abs. 1 Nr. 1 Zivilprozessordnung - ZPO - erhobene Klage gegen das aufgrund mündlicher Verhandlung vom 3. Dezember 2015 ergangene Urteil des Senats ist zulässig.

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1. Gegen verwaltungsgerichtliche Urteile ist gemäß § 173 VwGO i.V.m. § 579 Abs. 1 Nr. 1 ZPO die Nichtigkeitsklage statthaft, wenn der durch eine für ihn ungünstige Entscheidung beschwerte Beteiligte schlüssig geltend macht, dass das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt gewesen sei und kein Rechtsmittel gegen diese Entscheidung gegeben ist (§ 579 Abs. 2 ZPO). Dazu genügt es, wenn die vorgetragenen Tatsachen geeignet erscheinen, die Verletzung einer Vorschrift über die Besetzung des Gerichts darzutun (vgl. BGH, Urteil vom 22. November 1994 - X ZR 51/92 -, NJW 1995, 332). Das ist hier der Fall, weil der Beklagte jedenfalls die Möglichkeit einer fehlerhaften Besetzung des 3. Senats des Oberverwaltungsgerichts am 3. Dezember 2015 hinreichend schlüssig dargetan hat.

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Dem steht die vom Kläger in seinem Schriftsatz vom 18. Februar 2016 angeführte landesrechtliche Regelung des § 92 LDG nicht entgegen. Die dort aufgeführten Wiederaufnahmegründe, die eine Wiederaufnahme wegen fehlerhafter Besetzung eines verwaltungsgerichtlichen Disziplinarspruchkörpers nur unter engen Voraussetzungen zulassen, sind nicht abschließend. Wegen des verfassungsrechtlichen Vorrangs bundesrechtlicher Normen vor dem Landesrecht (vgl. Art. 31 Grundgesetz - GG -) sind die nach § 21 LDG, § 173 VwGO ergänzend anwendbaren zivilprozessualen Vorgaben von § 579 ZPO als zusätzliche Wiederaufnahmegründe heranziehbar (vgl. auch BVerwG, Urteil vom 17. Dezember 2009 - 2 A 2.08 -, Buchholz 235.1 § 71 BDG Nr. 1).

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2. Die Notfrist des § 586 Abs. 1 ZPO wurde eingehalten. Zwar wussten der Beklagte und sein Bevollmächtigter am 3. Dezember 2015 bereits zu Beginn der Sitzung, dass der Vorsitzende des 3. Senats die Sitzung wegen dienstlicher Verhinderung nicht leiten konnte. Der Beklagte und seine Bevollmächtigten wurden nämlich schon zu Beginn der mündlichen Verhandlung über das Vorliegen des Vertretungsfalls informiert und ihnen die Besetzung des Gerichts mit den Namen der am Sitzungstag beteiligten Richter durch den Aushang neben der Eingangstür des Sitzungssaales bekannt gegeben. Weder der Beklagte noch seine Bevollmächtigten haben die Verhandlung und Entscheidungsfindung unter Vorsitz von ROVG A. als Vertreter von PräsOVG Dr. F. während der Verhandlung gerügt. Erst nachdem seine Berufung durch das mit der Nichtigkeitsklage angefochtene Urteil zurückgewiesen worden war, hat der Beklagte die vorliegende Besetzungsrüge erhoben. Die Notfrist des § 586 Abs. 1 ZPO ist dennoch eingehalten, weil nach Satz 1 der genannten Vorschrift die Frist nicht vor Rechtskraft des Urteils zu laufen beginnt. Im vorliegenden Fall trat die Rechtskraft, da ein Rechtsmittel gegen Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts in Disziplinarverfahren von Landesbeamten nicht gegeben ist (vgl. § 53 Satz 3 LDG), am Tag der Zustellung des Urteils, mithin am 4. Januar 2016, ein. Die am 1. Februar 2016 beim Gericht eingegangene Nichtigkeitsklage ist somit fristgerecht erhoben.

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3. Der Senat entscheidet im Wege der ausschließlichen Zuständigkeit nach § 584 Abs. 1 ZPO über den Rechtsbehelf selbst.

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II. Die danach zulässige Nichtigkeitsklage ist jedoch nicht begründet. Der Beklagte ist in seinem prozessualen Grundrecht auf Verhandlung und Entscheidung seiner Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Trier vom 5. Februar 2015 durch die hierfür gesetzlich bestimmten Richter im Sinne von Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG nicht verletzt worden.

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Die nach einer Änderung des Geschäftsverteilungsplanes seit dem 1. Mai 2015 gegebene Besetzung des 3. Senats des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz verstößt nicht gegen einfachgesetzliche und verfassungsrechtliche Vorgaben (1.). Wegen der am Verhandlungstag gegebenen Verhinderung des Vorsitzenden PräsOVG Dr. F. durfte über die Berufung auch ohne seine Mitwirkung verhandelt und entschieden werden (2.). Der Verhinderungsfall musste des Weiteren nicht zuvor schriftlich festgestellt werden. Unabhängig davon wurde die Verhinderung des Vorsitzenden von diesem sowohl mündlich als auch – durch einen Sichtvermerk auf dem Ladungsformular – schriftlich dokumentiert (3.). Selbst wenn die Änderung der Geschäftsverteilung, der Eintritt des Vertretungsfalls oder seine Dokumentation als nicht zutreffend bzw. als nicht ausreichend anzusehen wären, so wären die Besetzung des Spruchkörpers sowie das konkrete Terminierungsverfahren jedenfalls nicht als willkürlich zu qualifizieren (4.).

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1. Entgegen der Auffassung des Beklagten verstößt die seit dem 1. Mai 2015 geltende Besetzung des 3. Senats des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz mit PräsOVG Dr. F. als Vorsitzender sowie ROVG A. und ROVG Dr. B. als beisitzende Berufsrichter nicht gegen gerichtsverfassungsrechtliche Vorgaben. Ein Entzug des gesetzlichen Richters im Sinne von Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG hat nicht stattgefunden.

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Welche der dem Oberverwaltungsgericht angehörenden Berufsrichter im 3. Senat für die Verhandlung und Entscheidung über disziplinarrechtliche Berufungsverfahren betreffend Landesbeamte zuständig und damit gesetzliche Richter im Sinne von Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG sind, ergibt sich aus dem am Tag der Verhandlung geltenden Geschäftsverteilungsplan. Dieser wies nach seiner Anschlusserklärung vom 13. April 2015 PräsOVG Dr. F. sowie – durch Präsidiumsbeschluss vom gleichen Tag – ROVG A. und ROVG Dr. B. als berufsrichterliche Mitglieder des 3. Senats aus. Die Senatsbesetzung stimmt also mit dem seit dem 1. Mai 2015 (und damit auch am 3. Dezember 2015) gültigen Geschäftsverteilungsplan des Gerichts überein.

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Entgegen der Ansicht des Beklagten lag hierbei keine verfassungsrechtlich unzulässige „faktische Senatsverschiebung nach Rechtshängigkeit“ vor, die ihm – wie er unzutreffend annimmt – die für seine Berufung gesetzmäßig zuständigen Richter (gemeint sind VizePräsOVG G., ROVG H. und ROVG I.) entzogen hätte. Zwar gehörten zu Beginn des Geschäftsjahres 2015 diese drei Richter noch dem 3. Senat an. Sie schieden jedoch aus, nachdem sich PräsOVG Dr. F. diesem Senat angeschlossen hatte und das Präsidium des Oberverwaltungsgerichts sodann an ihrer statt ROVG A. und ROVG Dr. B. dem 3. Senat zugewiesen hatte.

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Ein Entzug des gesetzlichen Richters ist hierin nicht zu sehen. Für die Änderung der Geschäftsverteilung gab es einen gerichtsverfassungsrechtlich zureichenden Anlass. Durch die Ernennung des damaligen Vorsitzenden des 6. Senats Dr. J. zum Präsidenten des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz (ohne gleichzeitige Ernennung eines neuen Vorsitzenden Richters am Oberverwaltungsgericht) war Anfang April 2015 ein Senat ohne den nach § 21 f Abs. 1 Gerichtsverfassungsgesetz - GVG - zwingend erforderlichen Vorsitzenden besetzt. Für das Präsidium des Gerichts bestand deshalb die Notwendigkeit, für den bislang von VROVG Dr. J. geleiteten 6. Senat unmittelbar einen neuen Vorsitzenden zu bestimmen. Möglich wurde dies, indem PräsOVG Dr. F. sich den bisher von VizePräsOVG G. geleiteten 3., 4. 5. und 11. Senaten anschloss (in denen, wie dem Beklagten nach seinen eigenen Ausführungen bekannt ist, nur sehr wenige Verfahren anhängig waren) und dieser dafür den Vorsitz des – wesentlich arbeitsintensiveren – 6. Senats übernahm.

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Dass diese, vom Präsidium des Oberverwaltungsgerichts kraft seiner originären Zuständigkeit in gerichtsverfassungsrechtlicher Unabhängigkeit getroffene Regelung unzulässig gewesen sein soll, wird vom Beklagten zwar behauptet, außer mit seinem (rechtlich nicht existierenden) Begriff der „faktischen Senatsverschiebung nach Rechtshängigkeit“ jedoch mit keinem einzigen Sachargument belegt. Der Beklagte übersieht bei seiner Rüge vielmehr, dass sich die gesetzliche Zulässigkeit der vorstehend beschriebenen Verfahrensweise in eindeutiger Weise schon aus dem geltenden Gerichtsverfassungsrecht ergibt.

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Nach der insofern allein maßgeblichen Norm des § 21 e Abs. 3 GVG ist eine Änderung des Geschäftsverteilungsplans eines Gerichts während eines Geschäftsjahres nicht nur zulässig, sondern – sogar zwingend – erforderlich, wenn dies „infolge Wechsels einzelner Richter“ nötig wird. Die vom Beklagten mit seiner Nichtigkeitsklage aufgestellte Behauptung, trotz des Ausscheidens des früheren VROVG Dr. J. aus dem Gericht hätten der Präsident bzw. das Präsidium des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz den Geschäftsverteilungsplan gar nicht ändern dürfen und über seine Berufung nur VizePräsOVG G., ROVG H. und ROVG I. entscheiden dürfen, ist allein schon aus diesem Grund unrichtig.

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Das gilt auch, soweit der Beklagte meint, eine Änderung des Geschäftsverteilungsplanes habe nur erfolgen dürfen, wenn die Notwendigkeit der Änderung nicht schon im Dezember 2014 vorhersehbar gewesen sei (vgl. Schriftsatz vom 11. April 2016, S. 5). Dieser Argumentation folgend hätte das Präsidium – so der Beklagte – schon zum 1. Januar 2015 die seit dem 1. Mai 2015 geltenden Regelungen und Senatsbesetzungen vornehmen müssen. Abgesehen davon, dass im Dezember 2014 eine Ernennung von VROVG Dr. J. zum Präsidenten des Finanzgerichts keinesfalls „feststand“, wäre dieser Vorsitzende Richter in seinem bisherigen Gericht dann vom 1. Januar bis 30. April 2015 ohne einen eigenen Senat vorhanden gewesen.

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In diesem Zusammenhang ist nochmals darauf hinzuweisen, dass dem Beklagten die Senatsbesetzung am Verhandlungstag mit ROVG A., ROVG Dr. B. und R’inOVG Dr. C. infolge des am Eingang des Sitzungsaales befindlichen Aushangs, in dem die vollständige Senatsbesetzung der Öffentlichkeit und so auch dem Beklagten offengelegt worden war, bekannt war. Er hat gleichwohl während der gesamten Verhandlung die Besetzung des Gerichts nicht gerügt. Erst nachdem ihm das für ihn ungünstige Berufungsurteil zugestellt worden war, erhob er die vorliegende Nichtigkeitsklage. Wie sein letzter Schriftsatz vom 11. April 2016 deutlich macht, geht es ihm auch insoweit allein um eine inhaltliche Korrektur der von ihm als unzutreffend empfundenen Disziplinarentscheidung.

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2. Der Senat war auch in der mündlichen Verhandlung vom 3. Dezember 2015 ordnungsgemäß besetzt.

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Nach § 60, § 54 Abs. 1 Satz 1 und 2 LDG i.V.m. § 9 Abs. 3 Satz 1 VwGO entscheidet der Senat für Landesdisziplinarsachen, wenn eine mündliche Verhandlung stattfindet, in der Besetzung mit drei Richtern und zwei Beamtenbeisitzern als ehrenamtliche Richter. Von den drei gemäß § 21 LDG, § 9 Abs. 3 Satz 1 VwGO in einem Senat eines Oberverwaltungsgerichts tätigen Berufsrichtern muss bei einer Verhandlung und Entscheidung ein Mitglied Vorsitzender Richter sein. Denn nach § 4 Satz 1 VwGO i. V. m. § 21 f Abs. 1 GVG führen den Vorsitz in den Spruchkörpern der Oberverwaltungsgerichte der Präsident und die Vorsitzenden Richter. Ist der jeweilige Vorsitzende (bzw., wie hier, der Präsident) verhindert, so führt gemäß § 21 f Abs. 2 Satz 1 GVG an seiner Stelle das vom Präsidium bestimmte Mitglied des Senats den Vorsitz. Da der 3. Senat des erkennenden Gerichts nicht überbesetzt war und ist, rückte in diesem Fall nach dem geltenden Geschäftsverteilungsplan des Oberverwaltungsgerichts als weiteres berufsrichterliches Mitglied das jeweils dienstjüngste zum Richter am OVG ernannte Mitglied des 10. Senats nach. Da der Vorsitzende des 3. Senats am Sitzungstag wegen einer ganztägigen Dienstreise an der Verhandlungsleitung verhindert war und das Präsidium ROVG A. als dessen Vertreter bestimmt hatte, führte dieser Richter den Vorsitz; zugleich rückte nach ihrer Ernennung R’inOVG Dr. C. als drittes berufsrichterliches Mitglied nach. Damit war der Senat bei der Verhandlung der Rechtssache und ihrer Entscheidung ordnungsgemäß besetzt.

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Entgegen der Auffassung des Beklagten war PräsOVG Dr. F. am 3. Dezember 2015 an der Leitung der mündlichen Verhandlung als Vorsitzender des 3. Senats gehindert.

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Unter der Verhinderung eines Richters ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs jede tatsächliche oder rechtliche Unmöglichkeit zu verstehen, an der Hauptverhandlung oder einer sonstigen richterlichen Aufgabe mitzuwirken (BGH, Urteil vom 18. Februar 1966 - 4 StR 637/65 -, BGHSt 21, 40 [42]; Beschluss vom 5. April 1989 - 2 StR 39/89 -, juris). Zu unterscheiden ist dabei zwischen der ständigen und der nur vorübergehenden Vertretung. Nur bei einer vorübergehenden Verhinderung rückt der weitere dem Senat angehörende Richter nach, bei einer dauerhaften Verhinderung (d. h. voraussichtlich längere bzw. nicht absehbare Abwesenheit) muss das Präsidium einen Beschluss nach § 21 e Abs. 3 GVG fassen. Da ein solcher Präsidiumsbeschluss für eine dauerhafte Verhinderung des Senatsvorsitzenden nicht vorliegt und dieser auch nicht dauerhaft verhindert war oder ist, sind für den hier allein zu beurteilenden Fall der vorübergehenden Verhinderung eines Senatsvorsitzenden die nachfolgenden Grundsätze, wie sie in der Rechtsprechung der obersten Gerichtshöfe des Bundes entwickelt worden sind, heranzuziehen.

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Nach § 21 f Abs. 2 Satz 1 GVG führt bei vorübergehender Verhinderung des Vorsitzenden eines Senats sein Vertreter den Vorsitz. Eine solche Regelung und die Auffassung, dass unter einer Verhinderung jede vorübergehende tatsächliche oder rechtliche Unmöglichkeit, den Vorsitz zu führen, zu verstehen ist, verstößt nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht gegen Vorschriften des Grundgesetzes (BVerfG, Beschluss vom 30. März 1965 - 2 BvR 341/60 -, BVerfGE 18, 423 [427]).

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Ein Verhinderungsgrund in diesem Sinne ist auch die gleichzeitige Befassung des Richters mit mehreren Aufgaben. Für das Vorliegen einer Verhinderung macht es keinen Unterschied, ob die im Einzelfall auftretende „Überbeanspruchung“ des Vorsitzenden durch die Häufung verschiedener Aufgaben allein der Rechtsprechung, sei es in demselben, sei es in mehreren (vgl. § 21 e Abs. 1 Satz 4 GVG) Spruchkörpern, oder durch das Zusammentreffen von Rechtsprechungsaufgaben mit anderen dem Richter übertragenen Obliegenheiten verursacht wird. In der Regel hat auch keines der zusammentreffenden Geschäfte einen in sich selbst begründeten, unbedingten Vorrang (vgl. BGH, Urteil vom 4. Dezember 1962
- 1 StR 425/62 -, BGHSt 18, 162 [164]). Die durch eine zeitgleich auftretende Mehrfachbelastung verursachte Verhinderung eines Richters, eine bestimmte dienstliche Aufgabe zu bestimmter Zeit zu erfüllen, ergibt sich so aus der Feststellung, welches Dienstgeschäft vorrangig ist und welches der Richter nicht gleichzeitig erledigen kann (BGH, Urteil vom 4. Oktober 1966 - 1 StR 282/66 -, BGHSt 21, 174 [175]).

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Ein Fall der Verhinderung ist nach ständiger Rechtsprechung insbesondere gegeben, wenn der geschäftsplanmäßige Vorsitzende durch Krankheit oder Urlaub, aber auch durch eine anderweitige dienstliche Tätigkeit oder aus ähnlichen Gründen zeitweilig an der Wahrnehmung der Geschäfte als Vorsitzender gehindert ist (vgl. BGH, Urteil vom 13. September 2005 - VI ZR 137/04 -, BGHZ 164, 87 [90]; BVerwG, Beschlüsse vom 11. Juli 2001 - 1 DB 20.01 -, Buchholz 11 Art. 101 GG Nr. 20; und vom 26. März 2003 - 4 B 19.03 -, Buchholz 300 § 21 f GVG Nr. 7).

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So ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts z. B. ein Vorsitzender, der zeitlich nicht in der Lage ist, sich auf die mündliche Verhandlung vorzubereiten, an der Führung des Vorsitzes verhindert im Sinne von § 21 f Abs. 2 GVG. Solches gilt beispielsweise, wenn die mündliche Verhandlung am Tage der Wiederaufnahme des Dienstes nach mehrwöchiger Abwesenheit stattfindet (vgl. BVerwG, Beschluss vom 24. April 1974 - VII CB 10.73 -, juris). Eine Verhinderung liegt aber auch dann vor, wenn der Vorsitzende an dem betreffenden Tag seinen Dienst gerade erst wieder aufgenommen hat und noch Urteile aus den vorhergehenden Sitzungen ausgestanden haben (BVerwG, Urteil vom 16. September 1980 - 1 C 55.77 -, Buchholz 310 § 133 VwGO Nr. 28).

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Dies muss erst recht für den hier vorliegenden Fall einer Dienstreise gelten. Hinzu kommt, dass der konkrete Termin wegen der vorherigen Verhinderung des Beklagten für die Zeit vom 6. bis 20. Oktober 2015 (vgl. Bl. 356 der Gerichtsakte - GA -) und der anderweitigen Inanspruchnahme seines Bevollmächtigten aufgrund einer von ihm am 15. September 2015 durchgeführten Referendar-Arbeitsgemeinschaft (vgl. Bl. 356 Rs. GA), seines eigenen Urlaubs (vom 17. September bis 2. Oktober 2015) und einer Terminkollision am 25. November 2015 letztlich auf den 3. Dezember 2015 festgelegt werden musste (vgl. Bl. 655 f. GA). Gerade in einem solchen Fall kann es nicht angehen, von einem Gerichtspräsidenten zu verlangen, eine bereits seit längerem feststehende Dienstreise abzusagen, um den – zuvor aus ausschließlich in der Sphäre des Beklagten liegenden Gründen bereits mehrfach aufgeschobenen – Termin einer mündlichen Verhandlung unter seinem Vorsitz durchzuführen.

39

Entgegen den diesbezüglichen Mutmaßungen des Beklagten ist es auch keinesfalls so, dass die Verhandlungen und sonstigen richterlichen Geschäfte in den von PräsOVG Dr. F. geleiteten Senaten regelmäßig ohne seine Mitwirkung durchgeführt werden. Nach den Ergebnissen der hierzu ausgewerteten und dem Beklagten mitgeteilten Erledigungsstatistiken des Gerichts hat PräsOVG Dr. F. in den Senaten, denen er sich als Vorsitzender angeschlossen hat, bei dem weit überwiegenden Teil der im Geschäftsjahr 2015 abgeschlossenen Hauptsacheverfahren den Vorsitz geführt (vgl. im Einzelnen die Auflistung auf Bl. 657 ff. GA). Die verbleibenden richterlichen Entscheidungen wurden stets von dem vom Präsidium bestimmten Vertreter geleitet. Dies geschah ausschließlich wegen Urlaub, dienstlich veranlasster Ortsabwesenheit (Dienstreisen) oder der – grundsätzlich als vorrangig anzusehenden – Aufgabenerfüllung als Präsident des Oberverwaltungsgerichts und des Verfassungsgerichtshofes.

40

Der Vertretungsfall ist – wiederum entgegen dem Bestreiten des Beklagten – durch die dienstliche Erklärung von PräsOVG Dr. F. vom 19. April 2016 (Bl. 654 GA) nachgewiesen. In dieser hat er nämlich unzweideutig erklärt, dass er sich am Sitzungstag wegen einer ganztägigen Dienstreise nicht am Gerichtsort aufgehalten habe.

41

3. Dem Beklagten ist des Weiteren auch nicht in seiner Argumentation zu folgen, wonach der Vertretungsfall am 3. Dezember 2015 nicht anzuerkennen sei, weil er nicht zuvor schriftlich festgestellt worden sei. Abgesehen davon, dass die Ortsabwesenheit von PräsOVG Dr. F. wegen einer Dienstreise offenkundig ist (a) erfolgte jedenfalls eine mündliche Absprache, die insofern als Feststellung des Eintritts des Verhinderungsfalls ausreicht (b). Unabhängig hiervon wurde die Vertretung sogar nochmals schriftlich auf der Ladung dokumentiert (c).

42

a) Der Verhinderungsfall tritt eo ipso ein (und muss deshalb auch nicht eigens festgestellt werden), wenn der Vorsitzende offenkundig an der Wahrnehmung der ihm obliegenden Sitzungsleitung gehindert ist. Die Verhinderung und damit der Vertretungsfall sind offensichtlich, wenn nach außen in Erscheinung tretende klar objektivierbare Sachverhalte vorliegen, die eine vorübergehende Verhinderung ohne weiteres erkennen lassen. Nach ständiger Rechtsprechung ist das insbesondere bei Krankheit, Urlaub, Dienstbefreiung, kurzfristiger Abordnung oder Unerreichbarkeit anzunehmen (BGH, Beschluss vom 14. Juli 1987 - X ZB 22/86 -, juris). Auch wenn die gesonderte Feststellung einer auftretenden Verhinderung aus Gründen der Rechtssicherheit und Klarheit in aller Regel vorzugswürdig sein mag, kann auf eine solche Feststellung verzichtet werden, wenn die Verhinderung aus tatsächlichen Gründen offensichtlich eingetreten ist (vgl. BGH, Urteile vom 26. November 1979 - II ZR 31/79 -, DRiZ 1980, 147; und vom 9. September 1987 - 3 StR 233/87 -, BGHSt 35, 55 [56]; BVerwG, Urteile vom 21. November 1978 - 1 C 33.78 -, Buchholz 310 § 133 VwGO Nr. 22 und vom 16. September 1980 - 1 C 55.77 -, Buchholz 310 § 133 VwGO Nr. 28; Thomas/Putzo, ZPO, 34. Aufl. 2013 § 21e GVG, Rn. 43; Valerius, in: Beck’scher Online-Kommentar StPO, § 21 f GVG Rn. 7).

43

Zwar ist eine vorangehende Feststellung der Verhinderung durch das dafür zuständige Organ geboten, wenn diese Feststellung nach Ermessen getroffen werden muss. Einer solchen Entscheidung bedarf es auf der anderen Seite nicht, wenn der Vorsitzende offenkundig an der Wahrnehmung der ihm obliegenden Tätigkeit gehindert ist. Die Verhinderung und damit der Vertretungsfall sind offensichtlich, wenn nach außen in Erscheinung tretende klar objektivierbare Sachverhalte vorliegen, die eine vorübergehende Verhinderung ohne weiteres erkennen lassen (BGH, Urteil vom 31. Januar 1983 - II ZR 43/82 -, juris, m. w. N.). Dies gilt insbesondere für Abwesenheiten wegen einer Dienstreise (so ausdrücklich zu diesem Verhinderungsgrund: BGH, Beschluss vom 5. April 1989 - 2 StR 39/89 -, juris).

44

Nach dieser Rechtsprechung ist sogar die dienstrechtlich in zulässiger Weise eingegangene Verpflichtung eines Richters, zu einer bestimmten Zeit eine wissenschaftliche Lehrveranstaltung durchzuführen, einer offenkundigen Unerreichbarkeit gleichzustellen. Dies gelte selbst dann, wenn hierfür Dienstbefreiung nicht ausdrücklich erteilt gewesen sein sollte. Demgemäß sei dann auch die dadurch eingetretene Verhinderung, die zur gleichen Zeit stattfindende mündliche Verhandlung zu leiten, als ein Fall anzusehen, in dem die Verhinderung im Sinne der ständigen Rechtsprechung „klar zu Tage“ liegt (BGH, Urteil vom 26. November 1979 - II ZR 31/79 -, DRiZ 1980, 147).

45

Auch nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts darf bei offenkundiger Verhinderung des Vorsitzenden der nach der Geschäftsverteilung zur Vertretung berufene Richter ohne Feststellung des Verhinderungsgrundes herangezogen werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 21. November 1978 - 1 C 33.78 -, Buchholz 310 § 133 VwGO Nr. 22). Nach dieser höchstrichterlichen Rechtsprechung hätte vorliegend der Eintritt des Vertretungsfalls keiner gesonderten Feststellung bedurft.

46

b) Ob hiervon ausgehend die Vertretung von PräsOVG Dr. F. durch ROVG A. am 3. Dezember 2015 wegen vorübergehender Verhinderung des Vorsitzenden offenkundig war oder nicht (mit der Folge der Notwendigkeit einer Feststellung derselben), kann im Übrigen aber auch dahinstehen. Sollte nämlich dennoch von einer Verpflichtung zur Dokumentation des Verhinderungsfalls auszugehen sein, so ist der Vertretungsfall jedenfalls durch die mündliche Absprache zwischen dem Vorsitzenden PräsOVG Dr. F. und seinem geschäftsplanmäßigen Vertreter festgestellt worden.

47

Nach der ständigen Rechtsprechung der Bundesgerichte und der herrschenden Auffassung in der prozessrechtlichen Kommentarliteratur ist das Vorliegen einer Vertretung selbst in den Fällen, in denen der Vertretungsfall nicht offenkundig ist, nicht notwendig schriftlich zu dokumentieren. Entgegen der Auffassung des Beklagten musste der Vertretungsfall deshalb hier nicht urkundlich in den Akten festgehalten werden. Die Feststellung bedarf vielmehr nach den Prozessordnungen nicht der Schriftform und kann deshalb rechtlich ausreichend auch in anderer Weise, sogar nur schlüssig getroffen werden (vgl. BGH, Urteil vom 4. Oktober 1966 - 1 StR 282/66 -, BGHSt 21, 174 [179 f.]; Urteil vom 31. Januar 1983 - II ZR 43/82 -, DRiZ 1983, 234; Urteil vom 5. Oktober 1988 - 2 StR 250/88 -, BGHSt 35, 366 [372]; Beschluss vom 5. April 1989 - 2 StR 39/89 -, juris; Urteil vom 22. November 1994 - X ZR 51/92 -, NJW 1995, 332; sowie Beschluss vom 20. Januar 2000 - I ZB 50/97 -, NJW-RR 2001, 38; Valerius, in: Beck’scher Online-Kommentar StPO, § 21 f GVG Rn. 7; Lückemann, in: Zöller, ZPO, 31. Aufl. 2016, § 21e Rn. 41).

48

So hat es beispielsweise der Bundesgerichtshof in einem Fall, in dem ein Landgerichtspräsident durch Verwaltungsgeschäfte verhindert war, an einer mehrtägigen Hauptverhandlung teilzunehmen, ausreichen lassen, dass dieser vor Beginn der Verhandlung die Terminkollision mündlich derart festgestellt hat, dass er aus diesem Grund ihre Leitung seinem regelmäßigen Vertreter in der Strafkammer übertrug. Der Bundesgerichtshof hat diese Maßnahme als rechtlich genügend nachprüfbare und ausreichende Feststellung der Verhinderung des Vorsitzenden angesehen (vgl. BGH, Urteil vom 4. Oktober 1966 - 1 StR 282/66 -, BGHSt 21, 174 [176 f.]).

49

Der Beklagte beruft sich für seine, dem Vorstehenden entgegenstehende, Auffassung auf eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 26. November 1979), nach der eine Bestimmung durch den jeweiligen Gerichtspräsidenten zu treffen sei, wenn die Verhinderung eines Richters darauf beruhe, dass dieser gleichzeitig mehrere Aufgaben erfüllen müsse. Dieses Urteil ist vorliegend jedoch nicht einschlägig. Da dieser Grundsatz, wie sich aus der vom Beklagten zitierten Entscheidung selbst ergibt, nur dann gilt, wenn in einem solchen „Kollisionsfall“ widerstreitender Pflichten den Vorsitzenden kein Richter desselben Spruchkörpers vertreten kann (BGH, Urteil vom 26. November 1979 - II ZR 31/79 -, DRiZ 1980, 147; vgl. auch Kissel/Mayer, GVG, 8. Aufl. 2015 § 21 e Rn. 19), ändert sich am vorstehenden Ergebnis nichts. Denn am 3. Dezember 2015 musste bei der Verhandlung und Entscheidung über das Berufungsverfahren des Beklagten kein Richter eines anderen Spruchkörpers des Oberverwaltungsgerichts den Vorsitz führen.

50

Darüber hinaus besteht im vorliegenden Fall die Besonderheit, dass der Vorsitzende des 3. Senats zugleich der Präsident des Oberverwaltungsgerichts ist. Selbst nach der vom Beklagten für seine Rechtsauffassung herangezogenen Rechtsprechung wäre mithin der Vertretungsfall durch die Absprache des Vorsitzenden des 3. Senats mit seinem Stellvertreter in prozessrechtlich hinreichender Weise festgestellt worden.

51

c) Davon abgesehen wurde die Verhinderung des Vorsitzenden durch seinen Sichtvermerk auf dem Ladungsformular auch schriftlich dokumentiert. In dem Berufungsverfahren des Beklagten wurde die Verhinderung, wie vorstehend dargelegt, zunächst mündlich festgestellt (vgl. hierzu im Einzelnen die dienstlichen Erklärungen von PräsOVG Dr. F. und ROVG A. vom 19. Februar 2016, Bl. 654 ff. GA). Diese mündliche Feststellung des Vertretungsfalls wurde anschließend durch die handschriftliche Abzeichnung der am 14. Oktober 2015 verfügten Besetzung des Senats durch PräsOVG Dr. F. am 19. Oktober 2016 nachgewiesen (Bl. 371 GA). Dieser Sichtvermerk reicht jedenfalls als schriftliche Dokumentation des vorliegenden Vertretungsfalles aus. Er musste auch nicht nochmals gesondert schriftlich festgehalten werden.

52

4. Selbst wenn den vorstehenden Rechtsausführungen und damit der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts und des Bundesgerichtshofes nicht zu folgen wäre, so ist ein – insoweit unterstellter – Fehler für die getroffene Entscheidung in dem disziplinarrechtlichen Berufungsverfahren jedenfalls unbeachtlich.

53

Nach ständiger Rechtsprechung der obersten Bundesgerichte führt nicht jeder Fehler bei der Bestimmung der mitwirkenden Gerichtspersonen zu einer vorschriftswidrigen Besetzung des Gerichts im Sinne des § 579 Abs. 1 Nr. 1 ZPO. Beruht die Festlegung der „Richterbank“ auf einer zwar irrigen, aber vertretbaren Auslegung einer Gesetzesbestimmung, so ist ein Verfahrensverstoß demgegenüber zu verneinen.

54

Daran anknüpfend fordert die Rechtsprechung sowie die überwiegende Ansicht in der Rechtslehre für die Beachtlichkeit einer Besetzungsrüge allgemein, dass die Gesetzesverletzung klar zutage liegt oder schwer (so Thomas/Putzo, ZPO, 34. Aufl. 2013, § 21f GVG, Rn. 9) bzw. „qualifiziert“ ist, also auf einer nicht mehr hinnehmbaren Rechtsansicht und damit letztlich nach objektiven Kriterien auf Willkür beruht (vgl. BVerwG, Beschluss vom 15. Mai 2008 - 2 B 77.07 -, NVwZ 2008, 1025, m.w.N.). Frühere Gerichtsentscheidungen, in denen Fehler bei der Aufstellung eines Geschäftsverteilungsplanes oder von Mitwirkungsgrundsätzen im Sinne des § 21 g Abs. 2 GVG ohne weiteres als relevante Besetzungsfehler im Sinne des § 579 Abs. 1 Nr. 1 ZPO oder inhaltsgleicher anderer Vorschriften angesehen wurden (BGH, Urteil vom 6. Januar 1953 - 2 StR 162/52 -, BGHSt 3, 353 [355]; Beschluss vom 24. Oktober 1973 - 2 StR 613/72 -, BGHSt 25, 239 [241]), sind vereinzelt geblieben und ersichtlich überholt, wie sich aus späteren Entscheidungen des Bundesgerichtshofes (z. B. Urteil vom 5. Oktober 1988 - 2 StR 250/88 -, BGHSt 35, 366 ff.) und des Bundesverwaltungsgerichts (insbesondere Beschluss vom 2. Juli 1987 - 9 CB 7/87 -, NJW 1988, 1339; sowie Urteil vom 18. Oktober 1990 - 3 C 19/88 -, NJW 1991, 1370) ergibt. Im Hinblick auf die schwerwiegenden Folgen eines Besetzungsfehlers im Sinne von § 579 Abs. 1 Nr. 1 ZPO kann eine mangelhafte Anwendung der gerichtsverfassungsrechtlichen Mitwirkungsgrundsätze deshalb nicht ohne weiteres angenommen werden. Vielmehr ist eine fehlerhafte Besetzung eines Spruchkörpers nur dann anzunehmen, wenn die Festlegung der jeweiligen Besetzung am Verhandlungstag auf einer nicht mehr hinnehmbaren Rechtsansicht beruht (vgl. BGH, Urteil vom 22. November 1994 - X ZR 51/92 -, NJW 1995, 332; Beschluss vom 11. Januar 2012 - 2 StR 346/11 -, juris; BVerwG, Beschluss vom 22. Januar 2014 - 4 B 53.13 -, juris; Schilken, Gerichtsverfassungsrecht, 2. Aufl. 1994, Rn. 314; Heßler, in: Zöller, ZPO, 31. Aufl. 2016, § 547 Rn. 2) oder wenn willkürliche oder manipulative Erwägungen für die Fehlerhaftigkeit des als Mangel gerügten Vorgangs bestimmend gewesen sind (BVerwG, Beschluss vom 6. Juli 2007 - 8 PKH 2.07 -, Buchholz 303 § 169 ZPO Nr. 1). Die lediglich fehlerhafte Entscheidung über die Zusammensetzung des verwaltungsgerichtlichen Spruchkörpers führt deshalb nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts noch nicht zur vorschriftswidrigen Besetzung des Gerichts (vgl. BVerwG, Urteil vom 21. September 2000 - 2 C 5.99 -, Buchholz 237.1 Art 86 BayLBG Nr. 10).

55

Von einer vorschriftswidrigen Besetzung des Gerichts in diesem Sinne ist somit nur dann auszugehen, wenn in dem vom Beteiligten behaupteten Verstoß gegen gerichtsverfassungsrechtliche Vorschriften zugleich ein Verstoß gegen Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG liegt (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 28. Juli 1998 - 11 B 20.98 -, juris Rn. 2; und vom 6. Juli 2007, a. a. O.). Mängel bei der Auslegung und Anwendung eines Geschäftsverteilungsplans im Einzelfall begründen einen solchen Verfassungsverstoß nur, wenn sie auf unvertretbaren, mithin sachfremden und damit willkürlichen Erwägungen beruhen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 15. September 1987 - 9 CB 270.86 -, juris; Urteil vom 25. Juli 2001 - 6 C 8.00 -, DVBl 2002, 60, insoweit in BVerwGE 115, 32 ff. nicht abgedruckt; Beschluss vom 22. Januar 2014 - 4 B 53.13 -, juris; Diemer, in: KK-StPO, 7. Aufl. 2013, § 21 f Rn. 2). So steht es auch nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts im Verantwortungsbereich des Vorsitzenden, wie er seine Arbeitskraft bei der Erfüllung seiner richterlichen Aufgaben im Einzelnen einsetzt (BVerfG, Beschluss vom 23. Mai 2012 - 2 BvR 610/12, 2 BvR 625/12 -, juris). Die Gefahr einer gezielten Auswahl besteht bei Anordnungen, die in nachvollziehbarer Weise die Vertretung des Richters bei Verhinderung wegen Urlaubs, Krankheit oder aus anderen Gründen regeln, deshalb grundsätzlich nicht (so BVerfG, Beschluss vom 8. April 1997 - 1 PBvU 1/95 -, BVerfGE 95, 322 [333]).

56

Wie oben dargelegt behauptet der Beklagte zum einen, dass der 3. Senat in der ursprünglichen Besetzung (VizePräsOVG G., ROVG H. und ROVG I.) zu verhandeln und entscheiden gehabt habe. Darüber hinaus hätte, so der Beklagte, der Vorsitzende des 3. Senats selbst mündlich verhandeln und mitentscheiden müssen. Schließlich habe der Verhinderungsfall, so er denn vorgelegen habe, schriftlich fixiert werden müssen. Diese Rechtsansichten sind, wie vorstehend aufgezeigt, schon nicht zutreffend. Selbst wenn am 3. Dezember 2015 eine Verhinderung aus Rechtsgründen nicht vorlegen hätte, so ist jedenfalls die gegenteilige Handhabung durch den Senat nicht auf objektiver Willkür beruhend. Letztlich folgt die Zulässigkeit der Vertretung am 3. Dezember 2015 jedenfalls aus den im Vorfeld aufgetretenen besonderen Umständen im Zusammenhang mit der Terminierung, die dem Beklagten zuzurechnen sind: Der Termin am 3. Dezember 2015 wurde an diesem Tag aufgrund der zuvor mehrfach geltend gemachten Verhinderung des Beklagten bzw. seines Bevollmächtigten erforderlich. Eine weitere Verschiebung wäre wegen der bereits seit über einem halben Jahr anhängigen Berufung mit dem disziplinarrechtlichen Beschleunigungsgrundsatz (vgl. § 25 Abs. 1 LDG) nicht vereinbar gewesen. Andere Termintage standen im Dezember 2015 aus gerichtsorganisatorischen Gründen bzw. wegen vorrangiger Rechtsangelegenheiten, auch im Verfassungsgerichtshof Rheinland-Pfalz, nicht zur Verfügung. Angesichts dieser Umstände liegt jedenfalls keine auf objektiver Willkür beruhende oder manipulative und insgesamt nicht mehr hinnehmbare Rechtsanwendung vor.

57

Gleiches gilt zur Frage, ob und in welcher Weise der Verhinderungsfall schriftlich zu fixieren gewesen sei. Dies ist nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung schon nicht erforderlich. Das Unterlassen einer vorherigen Niederlegung des Verhinderungsgrundes (so sie nicht schon konkludent durch das Abzeichnen der Ladung erfolgte) wäre jedenfalls nicht aus manipulativen bzw. willkürlichen Gründen unterlassen worden.

58

III. Die vom Beklagten mit seinem zweiten Klageantrag begehrte Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils und Abweisung der Disziplinarklage ist bereits unzulässig. Diesem Begehren steht die Rechtskraft des Urteils vom 3. Dezember 2015 entgegen. Dass dieses Urteil trotz der vom Beklagten eingelegten Nichtigkeitsklage rechtsbeständig ist, wurde vorstehend im Einzelnen dargelegt.

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IV. Die Kostenentscheidung folgt aus § 101 Abs. 1 LDG.

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