Urteil vom Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz (8. Senat) - 8 C 11527/17
Tenor
Die Normenkontrollanträge der Antragsteller werden abgelehnt.
Die Antragsteller haben die Kosten des Verfahrens zu je einem Drittel zu tragen.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
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Die Antragsteller wenden sich mit ihren Normenkontrollanträgen gegen die durch die 3. Fortschreibung des Flächennutzungsplans – Teilbereich Windkraft – der Antragsgegnerin bewirkte Ausschlusswirkung für die Errichtung von Windenergieanlagen.
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Die Antragstellerin zu 1.) ist eine durch Gesellschaftsvertrag vom 3. Juni 2014 gegründete GmbH, deren Gesellschaftszweck die Planung, Projektierung, Errichtung und der Betrieb von Windkraftanlagen in sog. Bürgerwindparkmodellen im Gebiet der zur Antragsgegnerin gehörenden Ortsgemeinde L. ist. Sie ist Pächterin von Flächen in der Gemarkung L. und hat bisher mit 42 Verpächtern Landpachtverträge geschlossen, die den dortigen Bau und Betrieb von Windkraftanlagen gestatten. Die Antragsteller zu 2.) und 3.) sind Gesellschafter der Antragstellerin zu 1.) und darüber hinaus Eigentümer von Grundstücken in der Flur ... der Gemarkung L..
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Im Flächennutzungsplan der Antragsgegnerin in der bisherigen Fassung vom 12. Januar 2002 waren Sondergebiete für die Windenergienutzung auf den Gemarkungen A., D., E., K., B., C., M., P., und Ü. mit einer Gesamtfläche von ca. 124 ha dargestellt. Sie entsprachen den Vorranggebieten Windenergie in der damals gültigen Fassung des Regionalen Raumordnungsplans Region T. (RROP T.), die nach einem Beschluss der Regionalversammlung vom 20. September 2011 im Zuge der inzwischen eingeleiteten, noch nicht abgeschlossenen Neuaufstellung des RROP beibehalten und nicht erweitert werden sollen. Zugleich sollten entsprechend den Vorgaben des (seinerzeitigen) Änderungsentwurfs des Landesentwicklungsprogramms IV (LEP IV) für die Region T. nur noch Naturschutzgebiete und die räumlich konkretisierten Kulturlandschaften Ausschlussgebiete für die Windenergienutzung sein.
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Am 12. Dezember 2013 beschloss der Rat der Antragsgegnerin die Aufstellung der 3. Fortschreibung des Flächennutzungsplans im Teilbereich Windenergie. Für die frühzeitige Beteiligung der Öffentlichkeit wurde der Zeitraum vom 14. Mai 2014 bis zum 20. Juni 2014 bestimmt, gleichzeitig die frühzeitige Beteiligung der Behörden und Träger öffentlicher Belange. Mit Schreiben vom 12. August 2014 wies die Kreisverwaltung F. als Untere Landesplanungsbehörde darauf hin, dass die Errichtung von Windenergieanlagen in den geplanten Sondergebieten Windenergie – mit Ausnahme der bereits im verbindlichen Raumordnungsplan als Vorrangflächen für Windenergie ausgewiesenen Flächen – bis zur Verbindlichkeit des in Neuaufstellung befindlichen RROP nicht zulässig sei.
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In seiner Sitzung vom 16. Oktober 2014 beschloss der Rat der Antragsgegnerin die Offenlage des Entwurfs der 3. Fortschreibung des Flächennutzungsplans, die am 20.Februar 2016 bekanntgemacht und in der Zeit vom 1. März bis 4. April 2016 durchgeführt wurde, außerdem vom 26. Februar bis zum 4. April 2016 die Beteiligung der Behörde und der Träger öffentlicher Belange.
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Mit am 1. April 2016 bei der Antragsgegnerin eingegangenem Schreiben erhob die Antragstellerin zu 1.) Einwendungen und führte insbesondere aus, aus ihrer Sicht hätte eine – von ihr in einer beigefügten Karte markierte – Fläche im Bereich der Gemeinde L. als Vorranggebiet in den Entwurf aufgenommen werden müssen. Der Entwurf werde insoweit der Vorgabe, zur Auslösung des Planvorbehalts gemäß § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB ein schlüssiges und flächendeckendes Gesamtkonzept zu erarbeiten, nicht gerecht. Soweit nach Nr. 3.2.6 des Entwurfs der Begründung Flächen von einer Größe unter 50 ha und ohne räumlichen Bezug zu angrenzenden größeren Eignungsbereichen, aber auch Flächen über 50 ha, auf denen weniger als drei Windenergieanlagen der 3-MW-Klasse errichtet werden können, ausgeschlossen worden seien, sei die Vorgehensweise widersprüchlich. Zwar sei es zutreffend, davon auszugehen, dass eine Fläche nur dann als Konzentrationsfläche in Betracht komme, wenn darauf mindestens 3 Windkraftanlagen errichtet werden können. Vor diesem Hintergrund hätten jedoch andere Verbandsgemeinden den für eine Konzentrationsfläche erforderlichen Flächenbedarf inzwischen von 50 ha auf 30 bzw. 20 ha reduziert. Demzufolge hätte vorliegend konkret für die als Konzentrationsflächen in Betracht kommenden Flächen untersucht werden müssen, ob dort nicht doch drei Windkraftanlagen errichtet werden können. Dann hätte sich gezeigt, dass auch auf den Flächen im Bereich von L. hinreichend Raum gewesen wäre. Die abstrakte Vorgehensweise der Antragsgegnerin werde den Vorgaben des LEP IV und des RROP in keiner Weise gerecht. Bei richtiger Vorgehensweise erreiche das Gebiet von L. eine Größe von 79,9 ha und würde damit sogar der Vorgabe einer notwendigen Größe von 50 ha gerecht. Die von ihr markierte Fläche liege auch nicht im Bereich von „harten“ Tabuzonen der Restriktionsanalyse. Nach dem Entwurf der Neufassung des RROP besitze der Ort L. nicht die besondere Funktion „Wohnen“, sondern lediglich die besondere Funktion „Freizeit/Erholung“ sowie „Landwirtschaft“. Eine generelle Abstandsregelung dergestalt, dass von Windkraftanlagen ein Mindestabstand von 1.000 m zu Siedlungen einzuhalten sei, bestehe für Gemeinden mit der besonderen Funktion „Freizeit/Erholung“ nicht. Zudem verfüge der Ort L. weder über ein Feriengebiet oder ein Hotel noch sonst über Freizeiteinrichtungen, so dass auch ein Mindestabstand von 800 m nicht gerechtfertigt sei. Vielmehr wahre die von ihm markierte Eignungsfläche mit 750 m einen hinreichenden Abstand zur Ortslage von L..
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In seiner Sitzung vom 19. Mai 2016 beriet der Rat der Antragsgegnerin über die eingegangenen Stellungnahmen einschließlich der Einwendungen der Antragstellerin zu 1.) und beschloss, deren Anregungen zur Änderung des Kriterienkatalogs zurückzuweisen und den Entwurf nicht zu ändern. Anschließend wurde die Zustimmung der Ortsgemeinden gemäß § 67 Abs. 2 GemO eingeholt.
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Auf Antrag der Antragsgegnerin erließ die Struktur- und Genehmigungsdirektion Nord als Obere Landesplanungsbehörde hinsichtlich der von der Antragsgegnerin zusätzlich geplanten Sondergebiete „Windenergienutzung“ am 29. Juli 2016 einen raumordnerischen Zielabweichungsbescheid von dem im RROP enthaltenen Ziel des Ausschlusses von Windenergieanlagen außerhalb der Vorrangflächen. Darin wurde als Auflage für den Flächennutzungsplan festgelegt, dass bestimmte Waldflächen innerhalb des Sondergebietes K. aus Gründen des Waldschutzes auf der waldarmen Gemarkung K. von Windenergienutzung freizuhalten seien. Außerdem wurde festgestellt, dass der für das Sondergebiet G./B. angesetzte Schutzabstand zur Ortslage von G. nicht den tatsächlichen baulichen und durch Satzung rechtlich festgelegten Siedlungsrand berücksichtige.
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Daraufhin beschloss der Rat der Antragsgegnerin in seiner Sitzung vom 18. August 2016, die zu erhaltenden Waldflächen im Sondergebiet K. nicht für die Windenergienutzung zur Verfügung zu stellen und die Festlegungen für die Fläche des Sondergebietes G./B. gemäß § 5 Abs. 1 Satz 2 BauGB einstweilen offenzulassen und nach Fortschreibung des LEP mit Aussagen zum zulässigen Siedlungsrand in einer weiteren Fortschreibung des Flächennutzungsplans zu klären. Auch hierzu wurde die Zustimmung der Ortsgemeinden eingeholt.
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Mit Bescheid vom 26. August 2016 genehmigte die Kreisverwaltung F. die 3. Fortschreibung des Flächennutzungsplans – Teilbereich Windenergie – der Antragsgegnerin, die am 3. September 2016 öffentlich bekanntgemacht wurde.
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Die Teilfortschreibung des Flächennutzungsplans umfasst neben den schon bestehenden Sondergebieten für die Windenergie, die nachrichtlich übernommen werden, vier neue Sondergebiete für Windenergie (teilweise als Ergänzung bereits bestehender Sondergebiete) mit einer Fläche von 216 ha, nämlich die Sondergebiete A – H. (1 a), B - Erweiterungsfläche K. (2), C – J. (3 a und 3 b), D – Erweiterungsfläche I. (4 a). Im Ergebnis werden in der Teilfortschreibung damit insgesamt 340 ha Sondergebiete für die Windenergienutzung ausgewiesen, was ca. 1,3 % der Fläche der Verbandsgemeinde entspricht.
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In der Begründung zum Flächennutzungsplan führt die Antragsgegnerin zur städtebaulichen Zielsetzung aus, sie verfolge mit der vorliegenden Planung weiterhin den Weg, die Windenergienutzung auf die landschaftlich weniger sensiblen Bereiche zu konzentrieren und insbesondere in bereits vorbelasteten Gebieten ergänzende Flächen für die Windenergienutzung auszuweisen. Die Nutzung der Windenergie solle daher weiterhin großräumig Rücksicht auf die touristischen Belange und den Erhalt der Landschaft im West- und Südwestteil der Verbandsgemeinde nehmen; die Windenergienutzung solle konzentriert stattfinden (mindestens drei Anlagen in einem Windpark oder ergänzend zu bestehenden Windparks); das Schutzbedürfnis der Bevölkerung vor Lärm, Schattenwurf und bedrängender Wirkung solle wegen der bereits bestehenden Belastungen umfassend berücksichtigt werden und deshalb neue Sondergebiete in ausreichendem Abstand zu Siedlungen ausgewiesen werden; für den Artenschutz und den regionalen Biotopverbund wertvolle Flächen sowie besonders windkraftsensible Tierarten sollten durch Windenergieanlagen möglichst wenig beeinträchtigt werden; die Windenergienutzung solle nur auf den windhöffigsten Gebieten stattfinden, um mit wenigen Anlagen möglichst viel Energie zu gewinnen.
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Zur Vorgehensweise bei der Ermittlung der Flächen für die Windenergienutzung wird ausgeführt, es werde flächendeckend einheitlich für das gesamte Verbandsgemeindegebiet ein mehrstufiges Verfahren angewendet, bei dem zunächst in einer „Restriktionsanalyse“ unter Anwendung „harter“ und „weicher“ Ausschlusskriterien für die Windenergie ungeeignete Flächen herausgefiltert und sodann in einer „Eignungsanalyse“ die daraus resultierenden potenziellen Eignungs- bzw. Konzentrationsflächen auf konkrete öffentliche Belange mit einem möglichen Vorbehalt gegenüber der Windenergie untersucht würden; Ziel sei es, der Windenergie an geeigneter Stelle substanziell Raum zu verschaffen, um ihrer Privilegierung nach § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB gerecht zu werden. Als „harte“ Tabuzonen wurden aus baurechtlichen und tatsächlichen Gründen für die Windenergienutzung nicht zur Verfügung stehende Flächen wie insbesondere Siedlungsflächen sowie Naturschutzgebiete und die Zone I von Wasserschutzgebieten als aufgrund normativer Gebietsfestsetzungen ausgeschlossene Flächen angesehen. Als „weiche Tabuzonen“ (Ausschluss aus städtebaulichen Gründen) wurden grundsätzlich angesehen:
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Aus Gründen des Immissionsschutzes und der Siedlungsentwicklung:
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- Schutzabstände von 500 m um Siedlungsflächen mit Wohnfunktion,
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- Schutzabstände von 750 m um Ortslagen (ohne Aussiedlerhöfe / Einzelgehöfte) als erweiterter Immissionsschutz
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- Abstandspuffer von 1.000 m um Siedlungen mit besonderer Funktion Wohnen und/oder mit der besonderen Funktion Freizeit/Erholung
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Aus Gründen des Arten- und Biotopschutzes:
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- Geschützte Landschaftsbestandteile
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- Naturdenkmale
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- Gesetzlich geschützte Biotope nach § 30 BNatSchG
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- FFH-Lebensraumtypen
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- Natura-2000-Gebiete (FFH- und Vogelschutzgebiete)
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- Schutzwürdige Biotope nach Biotopkataster Rheinland-Pfalz
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- Bereiche mit sehr hoher Bedeutung für den regionalen Biotopverbund nach Landschaftsrahmenplanung 2009
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- Schutzabstand von 3.000 m zu Brutvorkommen des Schwarzstorchs
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- Nahrungshabitate des Schwarzstorchs (nach Angaben des LUWG)
- 28
Aus Gründen der Wald- und Forstwirtschaft:
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- Waldgebiete mit besonders schützenswerten Funktionen
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- Wertvolle Laub-Altholzbestände
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Aus Gründen des Landschaftsbildes und der Erholung:
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- Landschaftsbildrelevante Schutzgebiete / Kernzone des Naturparks S.
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Aus sonstigen Gründen:
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- Wasserschutzgebiete (Zone II)
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- Genehmigte Abbauflächen und Vorranggebiete Rohstoffabbau über Tage
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Aus Gründen der Konzentrationswirkung:
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- Mindestflächengröße: Ausschluss von Flächen mit einer Größe unter 50 ha und ohne räumlichen Bezug zu angrenzenden größeren Eignungsflächen oder zu bestehenden Vorranggebieten mit Windenergieanlagen sowie Ausschluss von Flächen über 50 ha, auf denen weniger als drei Windenergieanlagen der 3-MW-Klasse in einem Windpark errichtet werden können.
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Im Rahmen der Eignungsanalyse wurden sodann als Bereiche mit sonstigen öffentlichen Belangen, die der Windenergienutzung entgegenstehen können, noch folgende Kriterien herangezogen: Aus Gründen des Arten- und Biotopschutzes Brutvorkommen des Rotmilans mit Abstandsempfehlung von 1.500 m, Fledermausvorkommen (nur windkraftsensible Arten), Beobachtungsschwerpunkte der Wildkatze und bedeutsame Wildtierkorridore; aus Gründen des Landschaftsbildes und der Erholung die landesweit bedeutsamen Erholungs- und Erlebnisräume Sauertal und Ourtal nach LEP IV, Bereiche mit sehr hoher und hoher Empfindlichkeit gegenüber Windenergienutzung unter besonderer Berücksichtigung der Fernsichtbeziehungen und ohne Berücksichtigung bestehender Vorbelastungen (nach Landschaftsplan-Teilfortschreibung Wind 2016); landschaftsbildprägende tief eingesenkte Täler und deren Randhöhen; Aussichtspunkte; Abstandszone von 500 m zu Schwerpunkteinrichtungen des Tourismus / der Erholung; Abstandszone von 200 m zu Qualitätswanderwegen. Aus sonstigen Gründen wurden noch die Zone III von Wasserschutzgebieten, eine Abstandszone von 5 bis 15 km um die Niederschlagsradarstation N. des Deutschen Wetterdienstes, eine 15 km-Abstandszone um das Drehfunkfeuer O., ferner die Hangneigung sowie Summationseffekte mit anderen Eignungsflächen oder bestehenden Vorrangflächen berücksichtigt. Die sich nach Anwendung der „harten und weichen“ Ausschlusskriterien ergebenden Potenzialflächen von insgesamt 456 ha (= ca. 1,7 % der Verbandsgemeindefläche) wurden im Rahmen der Eignungsanalyse unter vergleichender Betrachtung der einzelnen Potenzialflächen in Anwendung der genannten Kriterien auf eine Gesamtfläche von 334 ha reduziert, die sich auf folgende mögliche Konzentrationszonen / Sondergebiete für Windenergie verteilte: A – H. 1 a (65 ha), B – Erweiterungsfläche K. 2 (48 ha), C – J. 3a und 3 b (87 ha), D – Erweiterungsfläche I. 4 a (16 ha), E - Erweiterungsfläche A. 9 a (21 ha), F – Erweiterungsfläche E. 5 a und 5 b (21 ha), G – P. 7 a / 7 b / 7c / 7 d (73 ha), H - Erweiterungsfläche B. / G. 8 b (3 ha). Im Rahmen der Abwägung reduzierte sich diese Fläche noch durch den Wegfall der Konzertrationszonen F – E. und G – P. (als Ergebnis der landesplanerischen Stellungnahme und von Anregungen aus der frühzeitigen Beteiligung) sowie durch Verzicht auf das Sondergebiet E – Erweiterungsfläche A. (aus artenschutzrechtlichen Gründen des Rotmilanschutzes) auf insgesamt 219 ha. Ferner wurde für die Fläche des Sondergebietes H – G. / B. (3 ha) gemäß § 5 Abs. 1 S. 2 BauGB einstweilen bis zur Klärung der Siedlungsgrenze der Ortslage G. zur Bestimmung des einzuhaltenden Schutzabstandes keine Darstellung bzw. Festlegung zur Zulässigkeit der Windenergie getroffen.
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In der Begründung wird ausdrücklich gemäß § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB festgestellt, dass außerhalb der dargestellten Sondergebiete für die Windenergienutzung im Geltungsbereich des Flächennutzungsplans keine weiteren Windenergieanlagen gemäß § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB zulässig sind. Zur Unterschreitung des von Seiten der Landesregierung angestrebten Flächenanteils von 2 % an der Verbandsgemeindefläche wird noch ausgeführt, nach ihren städtebaulichen Vorstellungen sei mit den derzeit bestehenden 32 raumbedeutsamen Windenergieanlagen und den in den neu ausgewiesenen Sondergebieten zusätzlich möglichen ca. 10 bis 15 Windenergieanlagen eine Belastungsgrenze für die Bevölkerung und das Landschaftsbild erreicht. Bei Annahme eines Wirkbereichs von Windenergieanlagen bis zu einem dem Zehnfachen der Anlagenhöhe entsprechenden Abstand seien mit der Ausweisung der geplanten Sondergebiete etwa 30 % der Verbandsgemeindefläche und ca. 40 % der Einwohner in diesem engeren Wirkbereich gelegen. Zudem werde in der Verbandsgemeinde bereits mehr als das Vierfache des eigenen Stromverbrauchs weit überwiegend aus Windenergienutzung erzeugt.
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Am 30. August 2017 haben die Antragsteller ihren Normenkontrollantrag gestellt.
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Sie vertreten die Auffassung, dieser sei zulässig. Insbesondere seien sie antragsbefugt, die Antragstellerin zu 1.), weil sie bereits Pachtverträge bezüglich der Errichtung von Windkraftanlagen auf in der Gemeinde L. gelegenen und hierfür in Betracht kommenden Grundstücken geschlossen habe, die Antragsteller zu 2.) und 3.) als Eigentümer von Grundstücken in der Gemeinde L., die ebenfalls zur Errichtung von Windkraftanlagen in Betracht kämen. Im Hinblick auf die Ungewissheit über die Wirksamkeit der 3. Fortschreibung des Flächennutzungsplans sei bisher von der Beantragung immissionsschutzrechtlicher Genehmigungen Abstand genommen worden, die jedoch im Falle einer Ausweisung des Sondergebiets L. sogleich gestellt werden sollten. Die Antragstellerin zu 1.) habe bereits Biotopkartierungen und aufwendige Artenschutzgutachten erarbeiten lassen, die jedoch keine Ausschlussgründe für die Errichtung von Windenergieanlagen ergeben hätten.
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Der Antrag sei auch begründet. Die Fortschreibung des Flächennutzungsplans leide an beachtlichen Mängeln im Abwägungsvorgang und im Abwägungsergebnis. Ihr liege kein schlüssiges gesamträumliches Planungskonzept zugrunde.
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Zwar seien die von der Antragsgegnerin im Rahmen der Restriktionsanalyse in Ansatz gebrachten „harten Tabuzonen“ als solche nicht zu beanstanden. Demgegenüber sei die Festlegung der „weichen Tabuzonen“, was die Mindestflächengröße betreffe, widersprüchlich und nicht nachvollziehbar. Zwar sei die Vorgabe, dass auf einer Fläche die Errichtung von mindestens drei Windenergieanlagen möglich sein müsse, zutreffend. Doch habe es der weiteren erheblichen Einschränkung auf eine Mindestgröße der Sondergebietsfläche von 50 ha nicht bedurft. Dies zeige bereits die von der Errichtung von insgesamt 7 Windenergieanlagen (5 vorhandene und bis zu 2 weitere) auf dem Sondergebiet K. ausgehende Planung, obwohl dieses nur eine Größe von 46 ha besitze. Auch das „Rundschreiben Windenergie“ vom 28. Mai 2013 gehe zwar von einer raumbedeutsamen „Windfarm“ ab drei Windenergieanlagen aus, schreibe aber eine bestimmte Flächengröße hierfür nicht vor. Offenbar vor diesem Hintergrund hätten andere Verbandsgemeinden eine Reduzierung des ursprünglich für eine Konzentrationsfläche als notwendig angesehenen Flächenbedarfs von 50 ha auf 30 ha oder sogar nur auf 20 ha vorgenommen. Von dieser Möglichkeit sei auch die SGD Nord in einem Zielabweichungsbescheid vom 19. Juni 2017 gegenüber der Verbandsgemeinde S. ausgegangen, demzufolge in Einzelfällen auch eine Fläche von 15 ha ausreichen könne. Soweit die SGD Nord im Zielabweichungsbescheid vom 29. Juli 2016 der Antragsgegnerin attestiert habe, der Windenergienutzung verbleibe insgesamt in substanzieller Weise Raum, sei zu berücksichtigen, dass nach dem Erlass dieses Bescheides die ursprünglich geplanten Sondergebiete weiter reduziert worden seien. Tatsächlich könnten infolge der 3. Fortschreibung nur noch sechs bis sieben neue Windenergieanlagen errichtet werden. Damit werde das von der Antragsgegnerin selbst gesetzte Ziel um ca. 50% unterschritten, wobei später auch noch das Sondergebiet B./G. weggefallen sei. Im Übrigen ergäben sich weder aus der Teilfortschreibung des LEP IV – Erneuerbare Energien bzw. aus der 3. LVO zur Änderung der LVO über das Landesentwicklungsprogramm noch aus dem Entwurf des RROP T. aus dem Jahre 2014 Vorgaben zur Größe von Konzentrationszonen; das Ziel 163 g des LEP IV enthalte lediglich die Vorgabe, dass einzelne WEA nur an solchen Standorten errichtet werden dürfen, an denen der Bau von mindestens 3 Anlagen im räumlichen Verbund planungsrechtlich möglich sei. Da die gewählte Mindestgröße von 50 ha nicht notwendig sei, um eine Konzentration zu erreichen, führe die unangemessene Mindestgröße zu einer Abwägungsdisproportionalität.
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Auch die Festlegung von Schutzabständen von 500 m um Siedlungsflächen, 750 m um Ortslagen sowie eines Abstandspuffers von 1.000 m um Siedlungen mit der besonderen Funktion Wohnen und/oder Freizeit und Erholung sei aus den bereits im Einwendungsschreiben genannten Gründen zu beanstanden. Nach dem „Rundschreiben Windenergie“ sei bei Orten mit der Funktion Freizeit/Erholung insoweit ein Abstand von 800 m ausreichend. Ergänzend sei zu beanstanden, dass die Annahme einer potenziellen Eignungsfläche von lediglich 27 ha in der Gemeinde L. auch deshalb fehlerhaft sei, weil in Betracht kommende Flächen der Gemarkung W. nicht berücksichtigt worden seien.
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Entgegen der Annahme der Antragsgegnerin sei durch die Herausnahme des ursprünglich geplanten Sondergebietes H – B./G. eine Reduzierung der Gesamtfläche nicht lediglich auf 216, sondern auf 212 ha eingetreten. Dies ergebe sich aus der Berücksichtigung von Abstandsflächen der Sondergebiete 3 a und 3 b zu klassifizierten Straßen.
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Schließlich sei die Beimessung der Wirkung des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB nicht damit vereinbar, dass die Fläche des Sondergebiets H von einer Darstellung im Flächennutzungsplan herausgenommen worden sei.
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Die Antragsteller beantragen,
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die 3. Fortschreibung des Flächennutzungsplanes - Teilbereich Windenergie - der Verbandsgemeinde A. insoweit für unwirksam zu erklären, als damit die Rechtswirkungen des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB herbeigeführt werden sollen.
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Die Antragsgegnerin beantragt,
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den Antrag abzulehnen.
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Sie vertritt die Auffassung, der Normenkontrollantrag sei unbegründet. Der angegriffenen Konzentrationsflächenplanung liege ein schlüssiges und flächendeckendes Gesamtkonzept zugrunde.
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Wie in der Begründung dargelegt, sei die Mindestgröße von 50 ha festgelegt worden, damit auch bei ungünstigem Flächenzuschnitt, schwieriger Topografie und Schutzabständen zu klassifizierten Straßen oder Leitungen mindestens 3 Windenergieanlagen errichtet werden können und damit die Konzentrationswirkung gewährleistet sei. Darüber hinaus solle damit Vorsorge dafür getroffen werden, dass deutliche Einschränkungen im Einzelgenehmigungsverfahren aus auf der Ebene der Flächennutzungsplanung noch nicht erkennbaren Restriktionen vor allem im Bereich des Artenschutzes nicht zu einer mangelnden Konzentrationswirkung führten.
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Der Schutzabstand zu Wohnbauflächen in geschlossenen Ortslagen sei aufgrund der besonderen Siedlungsstruktur in der Verbandsgemeinde gewählt worden, die durch eine Vielzahl relativ kleiner Streusiedlungen geprägt sei. Bei Anwendung eines einheitlichen Schutzabstands von 1.000 m wäre der Ausbau der Windenergienutzung fast gänzlich unterbunden worden. Mit der Festlegung, dass nur die Ortslagen mit den besonderen Funktionen Wohnen und/oder Freizeit/Erholung aufgrund ihres besonderen Raumbedarfs für die künftige Siedlungsentwicklung bzw. wegen ihrer besonderen Schutzbedürftigkeit mit 1.000 m „gepuffert“ werden, die übrigen Ortslagen aber lediglich mit 750 m, werde ein verträglicher Kompromiss zwischen dem Ausbau der Windenergienutzung und anderen Belangen getroffen. Da die Gemeinden mit der besonderen Funktion Wohnen bzw. Freizeit/Erholung häufig aus mehreren baulich nicht verbundenen Ortsteilen bestünden, seien – in Anlehnung an die Vorgehensweise im RROP 2004 – Haupt- und Nebenorte gleichermaßen mit einem Schutzabstand von 1.000 m versehen worden, ohne differenzierende Betrachtung der tatsächlichen Funktion der einzelnen Ortsteile. Im Übrigen sei im seit dem 12. Juli 2017 geltenden LEP IV i. d. F. der 3. Änderung festgelegt, dass bei zukünftigen Windenergieanlagen zwischen der äußersten Rotorspitze und dem Rand von Wohnbauflächen ein Mindestabstand von 1.000 m (bzw. von 1.100 m bei einer Gesamthöhe von mehr als 200 m) einzuhalten sei. Dies gelte künftig auch für die Ortslagen L. und W. unabhängig von einer besonderen Funktionszuweisung. Die von den Antragstellern begehrte Änderung der Schutzabstände hätte damit letztlich aufgrund des nach landesplanerischen Vorgaben einzuhaltenden Schutzabstandes zu W. keine Wirkung.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Beteiligten sowie die beigezogenen Planaufstellungsunterlagen verwiesen, die sämtlich Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
Entscheidungsgründe
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Die Normenkontrollanträge der Antragsteller sind zulässig, aber nicht begründet.
I.
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An der Zulässigkeit der Normenkontrollanträge bestehen keine Bedenken.
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Die Normenkontrollanträge sind in entsprechender Anwendung des § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO statthaft, nachdem die Antragsteller klargestellt haben, dass sich ihr Begehren auf die im Flächennutzungsplan vorgesehene Ausschlusswirkung nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB beschränkt.
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Mit der Vorschrift des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB hat der Gesetzgeber bestimmten Darstellungen des Flächennutzungsplanes eine rechtliche Verbindlichkeit beigemessen, die über die eigentliche Funktion des Flächennutzungsplans als vorbereitender Bauleitplan erheblich hinausgeht. § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB sieht vor, dass öffentliche Belange einem Vorhaben nach § 35 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 2 bis 6 BauGB – und damit der Errichtung von Windenergieanlagen nach § 35 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BauGB – in der Regel auch dann entgegenstehen, soweit hierfür durch Darstellungen im Flächennutzungsplan eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist. Der Ausschluss privilegierter Außenbereichsvorhaben, der mit der Darstellung von Konzentrationsflächen im Flächennutzungsplan verbunden ist, schränkt die Nutzungsansprüche potentieller Betreiber privilegierter Außenbereichsanlagen in erheblichem Umfang ein. Hiernach rechtfertigt es aber das von § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO verfolgte Ziel, den Rechtsschutz gegenüber Bebauungsplänen mit der Einführung eines bundesweiten Normenkontrollverfahrens insbesondere im Hinblick auf die privaten Belange Planbetroffener möglichst einheitlich auszugestalten, die Regelung auf die Darstellung von mit Ausschlusswirkung versehenen Konzentrationsflächen in einem Flächennutzungsplan zu erstrecken. Wie die Festsetzungen eines Bebauungsplanes bestimmen die Darstellungen des Flächennutzungsplanes mit den Rechtswirkungen des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB unmittelbar Inhalt und Schranken des Eigentums nach Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG (vgl. BVerwG, Urteil vom 26. April 2007 – 4 CN 3.06 –, BVerwGE 128, 382 und juris, Rn. 11, 16; Beschluss vom 23. Oktober 2008 – 4 BN 16.08 –, BRS 73 Nr. 54 und juris, Rn. 4; OVG RP, Beschluss vom 4. September 2015 – 8 C 10384/15.OVG –, juris, Rn. 14).
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Der Charakter einer Rechtsnorm im materiellen Sinne kommt den Darstellungen eines Flächennutzungsplanes aber nur soweit zu, als sie die Rechtswirkungen des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB auslösen. Statthafter Gegenstand einer Normenkontrolle kann daher nur das Begehren sein, die negative Rechtswirkung aufzuheben, die einem Flächennutzungsplan infolge der Bestimmung des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB zukommt. Die begünstigenden Wirkungen des Flächennutzungsplanes, wie sie etwa durch die Ausdehnung des Bereichs entstehen können, in dem die Errichtung von Windenergieanlagen vorgesehen ist, können hingegen nicht Gegenstand einer Normenkontrolle sein. Nur soweit die Darstellung einer Konzentrationsfläche zugleich die Errichtung privilegierter Vorhaben an anderer Stelle verhindert, kommt dem Flächennutzungsplan eine den Festsetzungen des Bebauungsplanes vergleichbare Rechtssatzqualität mit unmittelbarer Außenwirkung zu (vgl. BVerwG, Urteil vom 31. Januar 2013 – 4 CN 1.12 –, BVerwGE 146, 40 und juris, Rn. 16; OVG RP, Beschluss vom 4. September 2015, a.a.O., Rn. 15).
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Der Flächennutzungsplan der Antragsgegnerin sieht für die Darstellung der Sondergebiete für die Windenergienutzung auch ausdrücklich die Ausschlusswirkung nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB vor. Insoweit hat die planende Gemeinde die Wahl, ob sie mit einer positiven Standortzuweisung lediglich die dargestellten Flächen für die Windenergienutzung vorhalten und gegen konkurrierende Nutzungen sichern will oder ob sie eine verbindliche Konzentrationsplanung mit der Ausschlusswirkung des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB betreiben will (vgl. BVerwG, Urteil vom 31. Januar 2013, a.a.O., Rn. 16).
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Die Antragsgegnerin hat in der Begründung des Flächennutzungsplanes (Nr. 8, S. 62) ausdrücklich bestimmt, dass sie mit ihren Darstellungen die Ausschlusswirkung des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB verknüpft, und damit die Nutzung der Windenergie an anderer Stelle im Verbandsgemeindegebiet explizit ausgeschlossen.
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Den Antragstellern kommt auch sämtlich die nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO erforderliche Antragsbefugnis zu.
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Nach dieser Vorschrift ist antragsbefugt, wer geltend machen kann, durch die Rechtsvorschrift in seinen Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. Neben den Eigentümern von im Plangebiet gelegenen Grundstücken steht die Antragsbefugnis auch solchen dinglich oder obligatorisch Berechtigten zu, die geltend machen, in einer Ausschlusszone Windenergieanlagen errichten zu wollen. Hierzu ist die ernsthafte Absicht erforderlich, eine Windenergieanlage errichten zu wollen und die zu gegebener Zeit gesicherte zivilrechtliche Möglichkeit, diese Absicht in die Tat umzusetzen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 20. August 2014 – 4 BN 23.14 –, BRS 82 Nr. 55 und juris, Rn. 3; OVG Nds., Urteil vom 14. Mai 2014 – 12 KN 29/13 –, BauR 2015, 50 und juris, Rn. 96).
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Danach folgt die Antragsbefugnis der Antragsteller zu 2.) und 3.) bereits daraus, dass sie nach ihren nicht bestrittenen Angaben Eigentümer von Grundstücken sind, die nicht innerhalb der in der angegriffenen Fortschreibung des Flächennutzungsplans dargestellten Konzentrationsflächen für die Windenergienutzung gelegen sind, für die also die Ausschlusswirkung nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB im Falle der Wirksamkeit der Darstellungen greift. Darstellungen eines Flächennutzungsplanes mit den Rechtswirkungen des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB bestimmen Inhalt und Schranken des Eigentums i.S.v. Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG (vgl. BVerwG, Urteil vom 26. April 2007, a.a.O., Rn. 16). Durch die Auslösung der Ausschlusswirkung des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB werden ihnen mögliche Baurechte nach § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB jedenfalls im Regelfall entzogen. Der Umstand, dass die Rechtswirkungen des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB auf den Regelfall beschränkt sind, lässt die Rechtsverbindlichkeit der Darstellung von Konzentrationszonen nicht entfallen, da im Genehmigungsverfahren für Windenergieanlagen eine Abweichung hinsichtlich der Flächen, die nach dem Planungskonzept der Gemeinde von Windenergieanlagen freizuhalten sind, nur in Ausnahmefällen zulässig sind, das heißt namentlich nur bei Vorliegen einer vom Plangeber so nicht vorhergesehenen atypischen Fallkonstellation (vgl. dazu: BVerwG, Urteil vom 26. April 2007, a.a.O., Rn. 17).
- 65
Im Falle der Antragstellerin zu 1.) liegen die Voraussetzungen einer Antragsbefugnis ebenfalls vor. Sie hat unwidersprochen vorgetragen und hinreichend belegt, dass sie bereits eine Vielzahl von Pachtverträgen in der zum Verbandsgemeindegebiet zählenden Gemeinde L. abgeschlossen hat, die ihr entsprechend ihrem Gesellschaftszweck den dortigen Bau und Betrieb von Windenergieanlagen gestatten. Sie hat ferner bekundet, lediglich im Hinblick auf die Ungewissheit über die Wirksamkeit der Konzentrationsflächenplanung im angegriffenen Flächennutzungsplan bisher von der Stellung immissionsschutzrechtlicher Genehmigungsanträge Abstand genommen zu haben, dies aber im Falle eines Wegfalls der Ausschlusswirkung bzw. einer Ausweisung der Flächen als Teil eines Sondergebietes für die Windenergienutzung unverzüglich nachholen zu wollen. Mit dem Eintritt der Ausschlusswirkung nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB würden ihr die zivilrechtlichen Möglichkeiten, dort Windenergieanlagen zu errichten, planungsrechtlich entzogen.
- 66
Die Antragsteller können sich auch auf das für ihre Normenkontrollanträge zu fordernde Rechtsschutzinteresse berufen.
- 67
Das für die Durchführung eines Normenkontrollverfahrens erforderliche Rechtsschutzinteresse ist gegeben, wenn sich nicht ausschließen lässt, dass die gerichtliche Entscheidung für den Rechtsschutzsuchenden gegebenenfalls von Nutzen sein kann. Dies ist dann nicht der Fall, wenn der Antragsteller unabhängig vom Ausgang des Normenkontrollverfahrens keine reale Chance hat, den von ihm geltend gemachten Nachteil abzuwenden. Mit dem Erfordernis des allgemeinen Rechtsschutzinteresses soll vermieden werden, dass die Gerichte in eine Normprüfung eintreten müssen, deren Ergebnis für den Antragsteller wertlos ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 20. November 2003 – 4 CN 6.03 –, BVerwGE 119, 217 und juris, Rn. 40; Beschluss vom 23. Oktober 2008 – 8 BN 16.08 –, BRS 73, Nr. 54 und juris, Rn. 5).
- 68
Im Falle der Antragsteller besteht das erforderliche Rechtsschutzinteresse. Es ist insbesondere nicht schon jetzt ersichtlich, dass auch im Falle des Erfolgs des Normenkontrollantrags die Erteilung immissionsschutzrechtlicher Genehmigungen für die Errichtung und den Betrieb von Windenergieanlagen auf den von der Antragstellerin zu 1.) gepachteten oder den im Eigentum der Antragsteller zu 2.) und 3.) stehenden Flächen offensichtlich nach jeder Betrachtungsweise ausgeschlossen wäre, weil etwa unüberwindliche rechtliche oder tatsächliche Hindernisse (z.B. zwingende Verbotstatbestände des Natur-, insbesondere des Artenschutzrechts) bestehen oder solchen Vorhaben an allen geplanten Standorten öffentliche Belange i.S.v. § 35 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 bis 8 BauGB entgegenstehen würden. Zwar ist insoweit von der Antragsgegnerin vorgetragen worden, in einem potentiellen Sondergebiet „L.“ könnten wegen eines nach den Vorgaben der Landesplanung einzuhaltenden Schutzabstandes zum Ortsteil W. keine Windenergieanlagen errichtet werden. Dies bezieht sich auf Ziel 163 h des Landesentwicklungsprogramms (LEP) IV i.d.F. der 3. Landesverordnung zur Änderung der Landesverordnung über das Landesentwicklungsprogramm (GVBl. 2017, 162, 172), wonach bei der Errichtung von Windenergieanlagen nunmehr ein Mindestabstand der Anlagen zu reinen und allgemeinen sowie besonderen Wohngebieten, zu Dorf-, Misch- und Kerngebieten von 1.000 m, bei Gesamthöhe über 200 m von 1.100 m einzuhalten ist. Es wird jedoch der konkreten Prüfung im jeweiligen Genehmigungsverfahren überlassen bleiben müssen, ob das jeweils zur Genehmigung beantragte Vorhaben im Einzelfall tatsächlich im Widerspruch zu diesem Ziel der Raumordnung steht.
- 69
Den Antragstellern kann das Rechtsschutzbedürfnis auch trotz der derzeit bestehenden Ausschlusswirkung des Regionalen Raumordnungsplanes für die Region T. (RROP) in der noch geltenden Fassung von 2004 für die Flächen in L. nicht abgesprochen werden. Denn im Falle der von ihnen angestrebten Feststellung, dass dem angegriffenen Flächennutzungsplan nicht die Ausschlusswirkung nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB zukommt, besteht für sie die Chance, dass auch die beabsichtigte Änderung des RROP für die angestrebten, im Bereich der Gemarkung L. gelegenen Flächen keine Ausschlusswirkung mehr vorsehen wird, so dass sich dort die Privilegierung von Windenergieanlagen nach § 35 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BauGB zu ihren Gunsten durchsetzen könnte.
II.
- 70
Die Normenkontrollanträge haben jedoch in der Sache keinen Erfolg. Denn der angegriffenen 3. Fortschreibung des Flächennutzungsplans der Antragsgegnerin, gegen deren formelle Rechtmäßigkeit keine Bedenken bestehen (1.), kommt die angestrebte Ausschlusswirkung nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB zu (2.).
- 71
1. Form- oder Verfahrensfehler bei der Aufstellung des 3. Fortschreibung des Flächennutzungsplanes werden von den Antragstellern nicht geltend gemacht und sind auch für den Senat nicht ersichtlich.
- 72
Zwar enthält die Planurkunde keine Ausfertigung durch den Verbandsgemeindebürgermeister. Nach Auffassung des Senats bedarf ein Flächennutzungsplan auch dann, wenn er sich mit der Ausweisung von Flächen für privilegierte Nutzungen nach § 35 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 2 bis 6 BauGB die Rechtswirkungen nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB hinsichtlich Standorten außerhalb der ausgewiesenen Flächen beimisst, nicht als Rechtsvorschrift der Ausfertigung (offengelassen im Senatsurteil vom 8. Juni 2016 – 8 C 11147/15.OVG –, S. 15 d. UA). Das Bundesverwaltungsgericht hält daran fest, dass § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO auf die Anfechtung von Flächennutzungsplänen lediglich analog und nur insoweit anwendbar ist, als diese die planerische Entscheidung enthalten, mit der Ausweisung von Flächen für privilegierte Nutzungen nach § 35 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 2 bis 6 BauGB die Ausschlusswirkung des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB eintreten zu lassen (vgl. BVerwG, Urteil vom 31. März 2013, a.a.O., Rn. 10). Im Übrigen bleibt es dabei, dass Darstellungen eines Flächennutzungsplans nach der Konzeption des Baugesetzbuches aus sich heraus keine unmittelbaren Rechtswirkungen gegenüber privaten Dritten haben und ein Flächennutzungsplan daher entsprechend seiner Funktion als lediglich vorbereitender Bauleitplan als solcher keine Rechtsvorschrift i.S.v. § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 26. April 2007, a.a.O., Rn. 15, m.w.N.).
- 73
2. Der angegriffene Flächennutzungsplan lässt, soweit er statthafter Gegenstand der Normenkontrollanträge der Antragsteller ist, auch keine Verstöße gegen höherrangiges materielles Recht erkennen. Er beruht namentlich auf einem schlüssigen gesamträumlichen Planungskonzept, das abwägungsfehlerfrei erstellt wurde.
- 74
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und der Obergerichte vermag die Darstellung einer Konzentrationsfläche die Rechtsfolge des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB nur auszulösen, wenn ihr ein schlüssiges gesamträumliches Planungskonzept zugrunde liegt, das sich auf den gesamten Außenbereich erstreckt. Die gemeindliche Entscheidung muss nicht nur Auskunft darüber geben, von welchen Erwägungen die positive Standortzuweisung getragen wird, sondern auch deutlich machen, welche Gründe es rechtfertigen, den übrigen Planungsraum von Windenergieanlagen freizuhalten. Die Ausarbeitung des Planungskonzepts ist dabei auf der Ebene des Abwägungsvorgangs angesiedelt und vollzieht sich abschnittsweise: Im ersten Abschnitt sind diejenigen Bereiche als „Tabuzonen“ zu ermitteln, die sich für die Windenergienutzung nicht eignen. Diese Tabuzonen lassen sich in zwei Kategorien einteilen, nämlich in Zonen, in denen die Errichtung und der Betrieb von Windenergieanlagen aus tatsächlichen und/oder rechtlichen Gründen schlechthin ausgeschlossen ist („harte Tabuzonen“), und in Zonen, in denen die Errichtung und der Betrieb von Windenergieanlagen zwar tatsächlich und rechtlich möglich ist, in denen nach den städtebaulichen Vorstellungen, die die Gemeinde anhand eigener Kriterien entwickeln darf, aber keine Windenergieanlagen aufgestellt werden sollen. Nach Abzug der harten und weichen Tabuzonen bleiben sog. Potentialflächen übrig, die für die Darstellung von Konzentrationszonen in Betracht kommen. Sie sind in einem weiteren Arbeitsschritt zu den auf ihnen konkurrierenden Nutzungen in Beziehung zu setzen, das heißt die öffentlichen Belange, die gegen die Ausweisung eines Landschaftsraums als Konzentrationszone sprechen, sind mit dem Anliegen abzuwägen, der Windenergienutzung an geeigneten Standorten eine Chance zu geben, die ihrer Privilegierung nach § 35 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BauGB gerecht wird. Als Ergebnis muss der Windenergie in substantieller Weise Raum geschaffen werden. Erkennt die Gemeinde, dass der Windenergie nicht ausreichend substantiell Raum geschaffen wird, muss sie ihr Auswahlkonzept nochmals überprüfen und gegebenenfalls ändern (vgl. z.B. BVerwG, Beschluss vom 15. September 2009 – 4 BN 25.09 –, BauR 2010, 82 und juris, Rn. 8, m.w.N.).
- 75
Die dritte Änderung des Flächennutzungsplanes der Antragsgegnerin leidet nicht deshalb an einem Abwägungsfehler, weil es an einem schlüssigen Gesamtkonzept fehlte, das sich auf den gesamten Außenbereich erstreckt.
- 76
Entgegen der Ansicht der Antragsteller fehlt es an einem sich auf den gesamten Außenbereich der Verbandsgemeinde erstreckenden Planungskonzept nicht schon deshalb, weil die Fläche des Sondergebietes H – B./G. vorläufig von einer Darstellung im Flächennutzungsplan ausgenommen wurde. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts stehen unbeplante sog. „weiße Flächen“ der Ausschlusswirkung nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB dann nicht entgegen, wenn der Plan insgesamt Vorranggebiete ausweist, die der Nutzung der Windenergie im Plangebiet substantiell Raum verschaffen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 28. November 2005 – 4 B 66.05 –, ZfBR 2006, 156 und juris, Rn. 7). Dies ist – wie im Folgenden noch darzulegen ist – vorliegend der Fall.
- 77
Die Antragsgegnerin ist bei der Ausarbeitung ihres Planungskonzepts abschnittsweise – in den von der höchstrichterlichen Rechtsprechung vorgezeichneten Schritten – vorgegangen. Sie hat ihre Vorgehensweise bei der Ermittlung und Abwägung der als Sondergebiet für die Windenergie geeigneten Flächen unter Nr. 2 der Begründung der Fortschreibung näher dargelegt und damit im Sinne der Rechtsprechung hinreichend dokumentiert. Die dort dargelegte Vorgehensweise entspricht auch inhaltlich den Vorgaben der Rechtsprechung. Denn die Antragsgegnerin hat zunächst in einer sog. „Restriktionsanalyse“ unter Anwendung harter und weicher Ausschlusskriterien für die Windenergie ungeeignete Flächen herausgefiltert und sodann in einer „Eignungsanalyse“ die daraus resultierenden potentiellen Eignungs- bzw. Konzentrationsflächen auf konkrete öffentliche Belange mit einem möglichen Vorbehalt gegenüber der Windenergie untersucht.
- 78
Die sodann in einem ersten Verfahrensschritt vorgenommene Bestimmung der „harten Tabuzonen“ lässt keine Abwägungsfehler erkennen. Die Festlegung von Siedlungs- und anderen aus baurechtlichen Gründen nicht zur Verfügung stehenden Flächen, von Naturschutzgebieten und der Zone I von Wasserschutzgebieten als harten Tabuzonen gibt aus Sicht des Senats keinen Anlass zu Beanstandungen, da es sich um Flächen handelt, die aufgrund aus rechtlichen Gründen vorrangiger Nutzungsansprüche (Baurecht), rechtlicher Störungs- bzw. Zerstörungsverbote (§ 23 Abs. 2 BNatSchG) bzw. von Ausschlusstatbeständen hinsichtlich der Errichtung baulicher Anlagen (§ 52 Abs. 1 des Wasserhaushaltsgesetzes – WHG –) einer Abwägung zwischen den Belangen der Windenergie und widerstreitenden Belangen von vornherein entzogen sind (vgl. dazu: BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 2012, a.a.O., Rn. 11; zu dabei gegebenen Beurteilungsspielräumen und der Befugnis zur Typisierung s.a.: OVG Nds., Urteil vom 26. Oktober 2017 – 12 KN 119/16 –., juris, Rn. 67). Die sich aus Nr. 3.1 der Begründung ergebende Ermittlung der harten Tabuzonen ist im Übrigen auch von den Antragstellern ausdrücklich als solche nicht beanstandet worden.
- 79
Aber auch die nachfolgende, nach Abzug der harten Tabuzonen vorgenommene Bestimmung sog. weicher Tabuzonen begegnet vorliegend keinen durchgreifenden Bedenken.
- 80
Innerhalb der langen Liste weicher Tabuzonen, die die Antragsgegnerin in Nr. 3.2 der Begründung entwickelt hat, greifen die Antragsteller nur die Festlegung gestaffelter Schutzabstände aus Gründen des Immissionsschutzes und der Sicherung der Siedlungsentwicklung (Nr. 3.2.1) sowie vor allem die zur Sicherung der Konzentrationswirkung festgelegte, pauschale Mindestflächengröße für Konzentrationsflächen von 50 ha (Nr. 3.2.6) an. Aus Sicht des Senats ist die Bestimmung der weichen Tabuzonen aber auch unter diesen beiden Gesichtspunkten nicht zu beanstanden:
- 81
(1) Dies gilt zunächst für die Festlegung von Schutzabständen („Pufferzonen“) um Siedlungsflächen.
- 82
Das Konzept der Antragsgegnerin, als „weiche Tabukriterien“ aus Gründen des Immissionsschutzes und der Sicherung der Siedlungsentwicklung nach dem Grad der jeweiligen Schutzbedürftigkeit der Siedlungsflächen dreifach gestaffelte Schutzabstände festzulegen, ist weder grundsätzlich noch in der konkreten Ausgestaltung zu beanstanden. Es begegnet zunächst keinen grundsätzlichen Bedenken, wenn eine Gemeinde im Rahmen des ihr bei der Festlegung weicher Tabuzonen zukommenden Beurteilungsspielraums „Pufferzonen“ als Schutzabstände zu vorhandenen Siedlungsflächen auswählt.
- 83
Von einer schematischen Vorgehensweise ohne Berücksichtigung örtlicher Besonderheiten kann vorliegend nicht gesprochen werden. Die Antragsgegnerin hat zwischen Siedlungsflächen unterschiedlicher Schutzbedürftigkeit unterschieden und die Schutzabstände hierzu dreifach (500 m/750 m/1.000 m) gestaffelt. Wie sich im Einzelnen aus Nr. 3.2.1 der Begründung sowie aus den weiteren Erläuterungen hierzu im Verfahren ergibt, hat sie dabei den niedrigsten Schutzabstand (500 m) bloßen Siedlungsflächen „mit Wohnfunktion“ zuerkannt, das heißt Außenbereichssiedlungen und anderen Siedlungssplittern. Für „Ortslagen“, das heißt für im Zusammenhang bebaute Gebiete i.S.d. § 34 Abs. 1 BauGB, wurde ein erweiterter Schutzabstand von 750 m in Ansatz gebracht. Der größte Abstandspuffer von 1.000 m wurde um Siedlungen gelegt, denen nach dem Regionalen Raumordnungsplan die besondere Funktion „Wohnen“ und/oder „Freizeit/Erholung“ zukommt. Diese Differenzierung ist sachlich ohne Weiteres nachvollziehbar und hält sich im Rahmen des der Gemeinde insoweit zukommenden Beurteilungsspielraums.
- 84
Eine noch weitergehende Differenzierung etwa danach, ob in einzelnen Ortsteilen von Gemeinden mit der besonderen Funktion „Freizeit/Erholung“ auch tatsächlich Einrichtungen für Freizeit und Erholung vorhanden sind, wie dies offenbar den Antragstellern vorschwebt, ist aufgrund der Typisierungsbefugnis der Gemeinden nicht geboten, zumal auch der Regionale Raumordnungsplan, an dem sich die Antragsgegnerin insoweit orientiert hat, eine weitergehende Differenzierung nicht vorgenommen, sondern Ortsgemeinden pauschal – ohne Unterscheidung nach Ortsteilen – die besondere Funktion „Freizeit/Erholung“ zuerkannt hat. Im Übrigen dürfte die von der Antragsgegnerin vorgenommene dreifache Staffelung von Schutzabständen zu Siedlungsflächen in Zukunft praktisch bedeutungslos sein, weil landesplanerisch gemäß der Zielbestimmung Z 163 h des LEP IV in der Fassung der am 21. Juli 2017 in Kraft getretenen 3. Landesverordnung zur Änderung der Landesverordnung über das Landesentwicklungsprogramm vom 12. Juli 2017 (a.a.O.) nunmehr bei der Errichtung von Windenergieanlagen ein pauschaler Mindestabstand dieser Anlagen zu allen reinen, allgemeinen und besonderen Wohngebieten sowie auch zu Dorf-, Misch- und Kerngebieten von 1.000 m, bei einer Gesamthöhe dieser Anlagen von mehr als 200 m sogar von 1.100 m einzuhalten ist.
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(2) Aber auch die Festlegung eines Mindestflächenkriteriums von grundsätzlich 50 ha zur Sicherung der Konzentrationswirkung ist nicht zu beanstanden, sondern abwägungsfehlerfrei mit den topografischen, siedlungsstrukturellen und naturräumlichen Besonderheiten, die das Verbandsgemeindegebiet der Antragsgegnerin aufweist, begründet worden. Sie hält sich daher innerhalb des der Gemeinde insoweit zustehenden Beurteilungsspielraums.
- 86
Wie auch die Antragsteller eingeräumt haben, ist es zunächst sachlich nicht zu beanstanden, dass die Antragsgegnerin grundsätzlich davon ausgegangen ist, dass Konzentrationsflächen für Windenergieanlagen eine für die Unterbringung von mindestens drei Windenergieanlagen ausreichende Größe aufweisen müssen, um eine hinreichende Konzentrationswirkung in der nachfolgenden immissionsschutzrechtlichen Genehmigungspraxis sicherstellen zu können. Dies entspricht einer landesplanerischen Zielvorgabe, wie sie sich inzwischen aus der Zielbestimmung Z 163 g des LEP IV in der am 21. Juli 2017 in Kraft getretenen Fassung (a.a.O.) ergibt. Denn darin ist hierzu Folgendes bestimmt:
- 87
„Einzelne Windenergieanlagen dürfen nur an solchen Standorten errichtet werden, an denen der Bau von mindestens drei Anlagen im räumlichen Verbund planungsrechtlich möglich ist. (...)“
- 88
Vor dem Hintergrund dieser raumordnerischen Zielvorgabe war es Aufgabe der Antragsgegnerin, bei der Konzentrationszonenplanung näher zu bestimmen, welche Mindestgröße Konzentrationsflächen in ihrem Gebiet aufweisen müssen, um unter den gegebenen topografischen, siedlungsstrukturellen und naturräumlichen Gegebenheiten ihres Verbandsgemeindegebiets sicherstellen zu können, dass dort mindestens drei Windenergieanlagen im räumlichen Verbund und voraussichtlich auch genehmigungsfähig untergebracht werden können. Diese Aufgabe hat die Antragsgegnerin mit der grundsätzlichen Festlegung einer Mindestflächengröße von 50 ha abwägungsfehlerfrei bewältigt. Sie hat dazu in der Begründung der Fortschreibung des Flächennutzungsplans unter Nr. 3.2.6 zunächst nachvollziehbar ausgeführt, dass sich aus den bisherigen Erfahrungen mit dem Flächenbedarf für Windparks in Mittelgebirgslandschaften in Abhängigkeit von der Topografie und dem Flächenzuschnitt ein durchschnittlicher Flächenbedarf pro Windenergieanlage von 10 bis 15 ha ergibt, wobei in Landschaften mit stark gegliederter Oberfläche durch Taleinschnitte und daraus folgend oft starker Zergliederung der Sondergebietsabgrenzungen 15 ha je Windenergieanlage oder in Einzelfällen auch mehr erforderlich sind. Wie sich im Einzelnen aus der Begründung, aber auch aus den ergänzenden Erläuterungen im vorliegenden Verfahren, zuletzt in der mündlichen Verhandlung durch die Vertreter der Antragsgegnerin und des beauftragten Planungsbüros, ergibt, weist das Gebiet der Antragsgegnerin in mehrfacher Hinsicht topografische, siedlungsstrukturelle und naturräumliche Besonderheiten auf, die es geboten erscheinen lassen, einen Schwellenwert von 50 ha festzulegen, um im Hinblick auf die Vorgabe der Unterbringung von mindestens drei Windenergieanlagen im räumlichen Verbund „auf der sicheren Seite“ zu sein. So treten nach Nr. 3.2.6 der Begründung im Verbandsgemeindegebiet beide dort angesprochenen morphologischen Typen – Landschaften mit stark gegliederter Oberfläche durch Taleinschnitte und eine daraus folgende starke Zergliederung der Sondergebietsabgrenzungen – auf. Hinzu kommt als siedlungsstrukturelle Besonderheit, dass die Verbandsgemeinde nicht nur 43 zum Teil sehr kleine Ortsgemeinden mit oftmals weniger als 100 Einwohnern aufweist, sondern zusätzlich noch zahlreiche Siedlungssplitter und Einzelgehöfte im Außenbereich, woraus sich immissionsschutzrechtliche Schutzbedürftigkeiten ergeben können. Darüber hinaus weist das Verbandsgemeindegebiet aufgrund seiner naturräumlichen Ausstattung eine hohe Schutzbedürftigkeit für den Naturschutz, insbesondere für den Biotop- und Artenschutz auf, wie sich im Einzelnen aus den Erläuterungen unter Nr. 3.3.1 f. in der Begründung ergibt. Nicht zuletzt handelt es sich bei dem Verbandsgemeindegebiet nach den unbestrittenen Angaben der Antragsgegnerin um einen Verbreitungsschwerpunkt besonders windkraftsensibler europäischer Vogelarten wie insbesondere dem Rotmilan, aber auch dem Schwarzstorch. Ergänzend hat die Antragsgegnerin in der Antragserwiderung darauf hingewiesen, dass bei der Festlegung der Mindestgröße der Sondergebiete auf 50 ha neben ungünstigen Flächenzuschnitten und schwieriger Topografie auch Schutzabstände zu klassifizierten Straßen, Freileitungen oder unterirdischen Leitungen als Kriterien zu berücksichtigen gewesen seien; diese weiteren Kriterien wurden auch bereits in der Begründung sowie in der Abwägungstabelle in Auseinandersetzung mit dem Einwendungsvorbringen der Antragstellerin zu 1.) angesprochen (vgl. Ordner 1 der Planaufstellungsunterlagen, Bl. 457). Diese Kriterien erscheinen auch aus Sicht des Senats in der Sache nachvollziehbar und sind daher nicht zu beanstanden. Zum Beleg dafür, dass ihre „vorsichtige“ Vorgehensweise bei der Festlegung der Mindestflächengröße sachlich berechtigt ist, kann die Antragsgegnerin ferner auf inzwischen gemachte konkrete Erfahrungen bei der Genehmigung von Windenergieanlagen in dargestellten Konzentrationszonen verweisen. So sind im Sondergebiet A „H.“, das mit einer Fläche von 65 ha bei günstigem Flächenzuschnitt und gut geeigneter Topografie als für 6 Windenergieanlagen geeignet angesehen worden ist, letztlich aus Artenschutzgründen (Rotmilanvorkommen) nur 3 Windenergieanlagen genehmigt worden. In der Eignungsanalyse auf S. 30 der Begründung des Flächennutzungsplans war dieses Sondergebiet deshalb auch bereits als nur „bedingt geeignet“ eingestuft worden. Wie die Antragsgegnerin deshalb nachvollziehbar dargelegt hat, besteht bei Festlegung einer geringeren Mindestflächengröße die Gefahr, dass das mit dem Drei-Windenergieanlagen-Kriterium verfolgte Ziel einer Sicherung der Konzentrationswirkung aufgrund erst im konkreten Genehmigungsverfahren erkennbar gewordener, auf der Ebene der Flächennutzungsplanung so noch nicht sicher vorhersehbarer besonderer Ausschlussgründe im Ergebnis häufiger verfehlt wird.
- 89
Der Antragsgegnerin kann schließlich auch kein abwägungsfehlerhaftes zu starres Festhalten an dem Kriterium einer Mindestflächengröße vorgehalten werden (vgl. dazu: BVerwG, Urteil vom 24. Januar 2008, a.a.O., Rn. 17). Denn sie hat dieses Kriterium von vornherein in zweifacher Hinsicht flexibilisiert. So wurden zum einen Splitterflächen mit räumlicher Beziehung zueinander – das heißt, wenn sie nicht mehr als 500 m voneinander entfernt gelegen sind – als eine Eignungsfläche weiterbetrachtet, sofern sie in Kombination mit den angrenzenden Eignungsflächen den Schwellenwert von 50 ha übersteigen. Zum anderen blieben Eignungsflächen, die an bestehende Vorranggebiete für die Windenergienutzung nach dem Regionalen Raumordnungsplan angrenzen oder nicht weiter als 500 m davon entfernt liegen, auch dann in der Betrachtung, wenn sie die Größe von 50 ha auch zusammen mit dem Vorranggebiet nicht erreichten, sofern auf dem Vorranggebiet bereits Windenergieanlagen bestehen, um so die Bündelungsfunktion der bereits bestehenden Infrastruktur zu erhöhen (vgl. Nr. 3.2.6 der Begründung). Umgekehrt wurden auch Flächen über 50 ha ausnahmsweise dann nicht mehr berücksichtigt, wenn auf ihnen wegen besonderer Einschränkungen (zum Beispiel wegen Bauverbotszonen) nicht mindestens 3 Windenergieanlagen errichtet werden können; dies erscheint konsequent. Letztlich sind dann in Anwendung dieser Grundsätze auch zwei Konzentrationszonen mit einer Fläche von weniger als 50 ha als sog. „Erweiterungsflächen“ in die endgültige Darstellung von Konzentrationszonen aufgenommen worden, nämlich die Sondergebiete B – Erweiterungsfläche K. und D – Erweiterungsfläche I..
- 90
(3) Auch die Abwägung der nach Anwendung harter und weicher Tabukriterien verbliebenen Potentialflächen ist nicht zu beanstanden. Wie in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts verlangt (vgl. insbesondere: BVerwG, Urteil vom 15. September 2009, a.a.O., Rn. 15), hat die Antragsgegnerin in einem weiteren Arbeitsschritt die nach Abzug der harten und weichen Tabuzonen verbliebenen sog. Potentialflächen zu den auf ihnen konkurrierenden Nutzungen in Beziehung gesetzt und dabei die gegen eine Ausweisung in dem jeweils betroffenen Landschaftsraum als Konzentrationszone sprechenden öffentlichen Belange mit dem Anliegen, der Windenergie an geeigneten Standorten in einer ihrer Privilegierung gerecht werdenden Weise eine Chance zu geben, abgewogen. Die dabei in den Blick genommenen „sonstigen öffentlichen Belange“ ergeben sich aus Nr. 3.3 der Begründung; Bedenken sind insoweit nicht veranlasst. Der eigentliche Abwägungsvorgang ist dann unter Nr. 5 „Eignungsanalyse“ umfassend für jede einzelne potentielle Eignungsfläche dokumentiert worden. Sachliche Bedenken sind insoweit weder von den Antragstellern substantiiert geäußert worden noch aus Sicht des Senats ersichtlich.
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(4) Der Begründung lässt sich schließlich hinreichend entnehmen, dass die Antragsgegnerin ihr Auswahlkonzept und die sich aus dessen Anwendung ergebende Flächenbilanz – wie in der Rechtsprechung verlangt – noch einmal anhand der Maßgabe, der Windenergie substantiell Raum zu geben, überprüft hat (vgl. dazu insbesondere, BVerwG, Beschluss vom 15. September 2009, a.a.O., Rn. 8 a.E.).
- 92
In Teil 8 der Begründung wird unter der Überschrift „Flächenbilanz“ (S. 63 f.) festgestellt, dass im Ergebnis aller vorangegangenen Verfahrensschritte im Flächennutzungsplan insgesamt 340 ha Sondergebiete für die Windenergienutzung ausgewiesen werden, was 1,3 % der Verbandsgemeindegebietsfläche entspreche. Sodann setzt sich die Begründung mit der landesplanerischen Vorgabe auseinander, wonach mindestens 2 % der Fläche des Landes Rheinland-Pfalz für die Windenergienutzung bereitgestellt werden sollen, um einen substantiellen Beitrag zur Stromerzeugung zu ermöglichen (vgl. G 163 a des Landesentwicklungsprogramms in der Fassung der 1. Landesverordnung zur Änderung der Landesverordnung über das Landesentwicklungsprogramm vom 26. April 2013, GVBl. 2013, 66, 67). Sie begründet näher, weshalb dieser – an sich auf die gesamte Fläche des Landes als Durchschnittswert bezogene – Flächenanteil von 2 % im Hinblick auf die Fläche der Verbandsgemeinde nicht erreicht wird, und führt die Gründe auf, weshalb nach ihren städtebaulichen Zielvorstellungen ein Zurückbleiben hinter diesem 2 %-Kriterium in Bezug auf das Verbandsgemeindegebiet gerechtfertigt erscheint. Danach ist mit den derzeit bestehenden 32 raumbedeutsamen Windenergieanlagen und den aufgrund der neu ausgewiesenen Sondergebiete zusätzlich ermöglichten ca. 10 bis 15 Windenergieanlagen eine Belastungsgrenze für die Bevölkerung und für das Landschaftsbild im Verbandsgemeindegebiet erreicht. Dabei geht die Antragsgegnerin – in nicht zu beanstandender Weise – von einem Wirkbereich von Windenergieanlagen aus, der etwa dem 10-fachen der Anlagenhöhe entspricht. Danach liegen mit der Ausweisung der geplanten Sondergebiete bereits etwa 30 % der Fläche der Verbandsgemeinde und ca. 40 % der Einwohner in diesem engeren Wirkbereich. Diese auf die konkreten Auswirkungen der Konzentrationsflächenausweisung auf das Verbandsgemeindegebiet abstellende Betrachtungsweise erscheint vertretbar.
- 93
Dabei ist zu berücksichtigen, dass es keinen allgemein anerkannten Vergleichsmaßstab und keine feste Größenordnung gibt, nach welchem bzw. welcher beurteilt werden könnte, ob das Planungsergebnis der Windenergie „substantiell Raum verschafft“: Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist der Planungsträger nicht gehalten, der Windenergie bestmöglich Rechnung zu tragen; ihm ist aber eine „Feigenblattplanung“, die auf eine verkappte Verhinderungsplanung hinausläuft, verwehrt; wo allerdings die Grenze zu einer solchen Verhinderungsplanung verläuft, lässt sich nicht abstrakt bestimmen, sondern kann erst nach Würdigung der tatsächlichen Verhältnisse im jeweiligen Planungsraum beurteilt werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 24. Januar 2008, a.a.O., Rn. 11). Größenangaben sind, isoliert betrachtet, als Kriterium ungeeignet (so: BVerwG, Urteil vom 20. Mai 2010 – 4 C 7.09 –, BVerwGE 137, 74 und juris, Rn. 28). Nicht zulässig wäre etwa die Festlegung eines bestimmten (prozentualen) Anteils, den die Konzentrationsflächen im Vergleich zu den Potentialflächen erreichen müssen, damit die Rechtsfolge des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB eintritt; doch hat das Bundesverwaltungsgericht dem Verhältnis dieser Flächen zueinander immerhin eine gewisse Indizwirkung beigemessen und keine Einwände gegen einen Rechtssatz des Inhalts erhoben, dass, je geringer der Anteil der ausgewiesenen Konzentrationsflächen ist, desto gewichtiger die gegen eine weitere Ausweisung von Vorranggebieten sprechenden Gesichtspunkte sein müssen, damit es sich nicht um eine unzulässige „Feigenblattplanung“ handelt (so: BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 2012, a.a.O., Rn. 18 f., unter Hinweis auf VG Hannover, Urteil vom 24. November 2011 – 4 A 4927/09 –, juris, Rn. 66).
- 94
Danach kann vorliegend ein auffälliges Missverhältnis zwischen dem Umfang der ermittelten Potentialflächen und dem Umfang der letztlich festgelegten Konzentrationsflächen, dem Indizwirkung für die Annahme einer bloßen Feigenblatt- bzw. verkappten Verhinderungsplanung zukäme, nicht festgestellt werden.
- 95
Schon der von der Antragsgegnerin ermittelte und von den Antragstellern nicht in Frage gestellte Anteil der insgesamt ausgewiesenen Konzentrationsflächen von 1,3 % am Verbandsgemeindegebiet spricht gegen ein auffälliges Missverhältnis, da Bezugspunkt dieser Quote das gesamte Verbandsgemeindegebiet einschließlich aller Siedlungsflächen (43 Ortsgemeinden sowie Außenbereichs- und Splittersiedlungen) ist. Diese Siedlungsflächen hat die Antragsgegnerin sodann im ersten Arbeitsschritt in nicht zu beanstandender Weise als sog. harte Tabuzonen in Abzug gebracht. Stellt man auf das in Rechtsprechung und Literatur teilweise für maßgeblich erachtete Verhältnis zwischen der Größe der ausgewiesenen Konzentrationsflächen zu der Größe der Potentialflächen, die sich nach Abzug der harten Tabuzonen von den reinen Außenbereichsflächen ergibt (vgl. dazu: Gatz, DVBl. 2017, 461, 468, m.w.N.), ab, so ergibt sich ebenfalls kein auffälliges Missverhältnis. Das Gebiet der Antragsgegnerin hat eine Gesamtfläche von 26.564 ha. Nach den unbestritten gebliebenen Angaben der Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung sind davon nach Abzug der harten Tabuzonen ca. 60 bis 70 % als Potentialflächen verblieben, also eine Gesamtfläche, die eine Größe zwischen 15.938 ha und 18.594 ha aufweist. Setzt man diese Fläche ins Verhältnis zur Größe der letztlich ausgewiesenen Konzentrationsflächen von insgesamt 340 ha (216 ha neu ausgewiesene Konzentrationsflächen zuzüglich der bereits in der vorherigen Fassung des Flächennutzungsplans dargestellten 124 ha), so ergibt sich ein Anteil der Konzentrationsflächen an den Potenzialflächen zwischen ca. 1,79 % und ca. 2,09 %. Ein solcher Anteil kann nicht als auffälliges Missverhältnis angesehen werden.
- 96
Im Übrigen kann darauf verwiesen werden, dass auch die Struktur- und Genehmigungsdirektion Nord als Obere Landesplanungsbehörde in ihrem Zielabweichungsbescheid vom 29. Juli 2016 ausdrücklich bestätigt hat, dass der Windenergienutzung in der Verbandsgemeinde mit der Ausweisung weiterer Konzentrationsflächen in der streitgegenständlichen 3. Fortschreibung des Flächennutzungsplans nun insgesamt in substantieller Weise Raum verschafft worden ist.
- 97
(5) Soweit die Antragsteller schließlich noch rügen, die (vorläufige) Ausnahme der Fläche des Sondergebietes H – B./G. von einer Darstellung im Flächennutzungsplan genüge nicht den Anforderungen des § 5 Abs. 1 Satz 2 BauGB, kann ihnen ebenfalls nicht gefolgt werden.
- 98
Nach § 5 Abs. 1 Satz 2 BauGB können aus einem Flächennutzungsplan (auch aus einem sachlichen Teilflächennutzungsplan i.S.v. § 5 Abs. 2b BauGB, wie er hier vorliegt) Flächen und sonstige Darstellungen ausgenommen werden, wenn dadurch die – im Flächennutzungsplan darzustellenden – Grundzüge nicht berührt werden und die Gemeinde beabsichtigt, die Darstellung zu einem späteren Zeitpunkt vorzunehmen. Zweck der Regelung ist, Verzögerungen bei der Aufstellung des Flächennutzungsplans zu vermeiden, die dadurch entstehen, dass für einzelne Flächen eine konkrete Nutzung noch nicht ausgewiesen werden kann, weil es sich zum Beispiel um Flächen handelt, die noch einer besonderen Untersuchung bedürfen (vgl. Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, 126. EL August 2017, § 5, Rn. 16, unter Hinweis auf die Gesetzesmaterialien). Die Ausnahme darf die Grundzüge der Planung nicht berühren, das heißt die Funktion des Flächennutzungsplanes muss insoweit gewahrt bleiben, der Flächennutzungsplan also auch ohne die ausgenommenen Teile noch ein tragfähiges Bodennutzungskonzept für die geordnete städtebauliche Entwicklung des Gemeindegebiets als Ganzes enthalten (vgl. Söfker, a.a.O., Rn. 17). Ferner muss die Gemeinde die Absicht haben, die Darstellungen, die sie ausgenommen hat, zu einem späteren Zeitpunkt nachzuholen; aus § 5 Abs. 2 Satz 2, 2. Halbsatz BauGB ergibt sich die Verpflichtung der Gemeinde, in der Begründung ihre Gründe für das Ausnehmen darzulegen; insbesondere muss sie die besonderen Umstände darlegen, aus denen sich ergibt, dass im Zeitpunkt der Aufstellung des Flächennutzungsplans eine Entscheidung über die ausgenommenen Teile noch nicht getroffen werden konnte; ferner hat die Gemeinde ihre Vorstellungen über die weitere Behandlung der ausgenommenen Flächen und Darstellungen darzulegen (vgl. Söfker, a.a.O., Rn. 17).
- 99
Diesen Anforderungen ist hier genügt worden. Da es sich bei dem Sondergebiet H lediglich um eine nur 3 ha große Erweiterungsfläche im Anschluss an ein bestehendes Vorranggebiet handelt, ist nicht erkennbar, inwiefern das Ausnehmen dieser geringen Fläche die Grundzüge der Planung in der Weise berühren könnte, dass ohne diese Fläche ein tragfähiges Konzept für die geordnete städtebauliche Entwicklung nicht mehr gegeben wäre. Die Antragsgegnerin hat auch die Gründe für das Ausnehmen dieser Fläche unter Nr. 6.3 der Begründung nachvollziehbar dargelegt (Erfordernis der Klärung des maßgeblichen Siedlungsrands der Ortslage G. zur Bestimmung des Schutzabstands) und deutlich gemacht, dass sie die Darstellung nach Klärung dieser Frage gegebenenfalls nachholen will.
III.
- 100
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 1 ZPO.
- 101
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.
- 102
Die Revision war nicht zuzulassen, weil keiner der hierfür in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe vorliegt.
Beschluss
- 103
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 90.000,00 € (30.000,00 € je Antragsteller) festgesetzt (vgl. §§ 52 Abs. 1, 63 Abs. 2 GKG i.V.m. Nr. 9.8.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit).
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Referenzen
- §§ 708 ff. ZPO 1x (nicht zugeordnet)
- §§ 52 Abs. 1, 63 Abs. 2 GKG 2x (nicht zugeordnet)
- § 30 BNatSchG 1x (nicht zugeordnet)
- VwGO § 167 1x
- § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB 25x (nicht zugeordnet)
- § 67 Abs. 2 GemO 1x (nicht zugeordnet)
- § 5 Abs. 1 Satz 2 BauGB 3x (nicht zugeordnet)
- § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB 3x (nicht zugeordnet)
- § 5 Abs. 1 S. 2 BauGB 1x (nicht zugeordnet)
- VwGO § 47 5x
- § 35 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 2 bis 6 BauGB 3x (nicht zugeordnet)
- § 35 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BauGB 3x (nicht zugeordnet)
- § 35 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 bis 8 BauGB 1x (nicht zugeordnet)
- § 23 Abs. 2 BNatSchG 1x (nicht zugeordnet)
- § 34 Abs. 1 BauGB 1x (nicht zugeordnet)
- § 5 Abs. 2b BauGB 1x (nicht zugeordnet)
- § 5 Abs. 2 Satz 2, 2. Halbsatz BauGB 1x (nicht zugeordnet)
- VwGO § 154 1x
- ZPO § 100 Kosten bei Streitgenossen 1x
- VwGO § 132 1x
- 8 C 10384/15 1x (nicht zugeordnet)
- 12 KN 29/13 1x (nicht zugeordnet)
- 8 C 11147/15 1x (nicht zugeordnet)
- 12 KN 119/16 1x (nicht zugeordnet)
- 4 A 4927/09 1x (nicht zugeordnet)