Beschluss vom Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz (8. Senat) - 8 A 11024/21

Tenor

Der Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße vom 15. Juli 2021 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Berufungszulassungsverfahrens zu tragen.

Der Wert des Streitgegenstandes für das Zulassungsverfahren wird auf 40.000,00 € festgesetzt.

Gründe

1

Der Berufungszulassungsantrag ist nicht begründet.

2

Die geltend gemachten Zulassungsgründe gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 VwGO liegen nicht vor.

I.

3

Das Verwaltungsgericht hat die Klage auf Verpflichtung zum Erlass eines positiven Bauvorbescheids für den Neubau eines Mehrfamilienhauses mit einer Grundfläche von 692 m² und 40 Wohneinheiten auf insgesamt 8 Vollgeschossen im Wesentlichen mit folgender Begründung abgewiesen: Das Bauvorhaben füge sich nach dem Maß der baulichen Nutzung nicht in die Eigenart der näheren Umgebung ein. Hierfür sei in erster Linie auf solche Maße abzustellen, die nach außen wahrnehmbar in Erscheinung träten. Maßgeblich sei bei den vorhandenen Gebäuden in der näheren Umgebung ihre (absolute) Größe nach Grundfläche, Geschosszahl und Höhe, bei offener Bebauung zusätzlich auch ihr Verhältnis zur umgebenden Freifläche. Bei den Referenzobjekten komme es nicht auf jeweils einzelne Maßfaktoren, sondern kumulierend auf alle maßgeblichen Bestimmungsgrößen an. Das Vorhaben der Klägerin füge sich deshalb nicht in die nähere Umgebung ein, weil dort kein Referenzobjekt vorhanden sei, das dem geplanten Wohngebäude neben Grundfläche, Geschosszahl und Höhe auch im Verhältnis zur umgebenden Freifläche vergleichbar sei. Die benachbarten drei Hochhäuser (Am W. A 12 Vollgeschosse –, K.-Straße C – 14 Vollgeschosse – und Am W. B – 9 Vollgeschosse –) schieden als Referenzobjekte für das Vorhaben der Klägerin deshalb aus, weil das Verhältnis ihrer Baukörper zur umgebenden Freifläche ganz erheblich von dem des geplanten Vorhabens abweiche. Während nämlich die Grundstücke der fraglichen Hochhäuser nur mit 14 % bis 21 % ihrer Fläche bebaut seien, solle das Grundstück der Klägerin zu 69 % überbaut werden. Diese Überschreitung des durch die Umgebung gesetzten Rahmens führe vorliegend zur Unzulässigkeit des Vorhabens, weil es städtebauliche Spannungen hervorrufe. Die Errichtung eines 8-stöckigen Hochhauses unter so weitgehender Ausnutzung des Baugrundstücks stelle eine verdichtete Bebauung dar, die so im fraglichen Bereich bisher ohne Vorbild sei. Dies belaste die gegebene Situation schon deshalb, weil durch die von der Klägerin geplante Bebauung auch auf den benachbarten Anwesen eine über den bisherigen Umfang deutlich hinausgehende Bebauung planungsrechtlich zulässig würde.

II.

4

An der Richtigkeit dieses Urteils bestehen weder ernstliche Zweifel (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) noch weist die Rechtssache rechtliche oder tatsächliche Schwierigkeiten auf (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO). Denn es lässt sich bereits jetzt feststellen, dass das Urteil des Verwaltungsgerichts der rechtlichen Überprüfung standhält, ohne dass die Durchführung eines Berufungsverfahrens erforderlich wäre. In diesem Fall scheidet auch die Zulassung nach § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO aus (vgl. hierzu Seibert, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 124, Rn. 108; Happ, in: Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 124, Rn. 27). Dass das Verwaltungsgericht die Sache durch die Kammer entschieden und nicht nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VwGO dem Einzelrichter übertragen hat, zwingt nicht zu einer anderen Entscheidung (vgl. Happ, a.a.O., Rn. 31).

5

Das Verwaltungsgericht hat die Verpflichtungsklage zu Recht abgewiesen. Die dargelegten und für die rechtliche Prüfung des Berufungszulassungsantrags maßgeblichen Gründe (vgl. § 124a Abs. 4 Satz 4 und Abs. 5 Satz 2 VwGO) rechtfertigen keine andere Entscheidung. Zur Begründung kann auf die zutreffenden Ausführungen im Urteil des Verwaltungsgerichts vom 15. Juli 2021 verwiesen werden. Zu den im Berufungszulassungsverfahren geltend gemachten Gründen führt der Senat aus:

6

Das Verwaltungsgericht hat zu Recht entschieden, dass das Bauvorhaben der Klägerin deshalb bauplanungsrechtlich unzulässig ist, weil es sich nach dem Maß der baulichen Nutzung nicht in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt.

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Hinsichtlich der Anforderungen an das Einfügen in die Eigenart der näheren Umgebung nach § 34 Abs. 1 BauGB hat das Verwaltungsgericht zutreffend auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts abgestellt, das die hierzu in ständiger Rechtsprechung entwickelten Grundsätze in seinem Urteil vom 8. Dezember 2016 – 4 C 7.15 –, BVerwGE 157, 1 und juris, wie folgt zusammengefasst hat:

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„In die Eigenart der näheren Umgebung fügt sich ein Vorhaben ein, das sich innerhalb des aus seiner näheren Umgebung hervorgehenden Rahmens hält, es sei denn, es lässt die gebotene Rücksichtnahme auf die in der unmittelbaren Umgebung vorhandene Bebauung fehlen. Allerdings kann sich im Ausnahmefall auch ein Vorhaben, das sich nicht in jeder Hinsicht innerhalb des Rahmens hält, noch in seine nähere Umgebung einfügen; Voraussetzung hierfür ist, dass es weder selbst noch infolge einer nicht auszuschließenden Vorbildwirkung geeignet ist, bodenrechtlich beachtliche Spannungen zu begründen oder vorhandene Spannungen zu erhöhen. Diese Grundsätze gelten nicht nur für eine Überschreitung des vorgegebenen Rahmens hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung, sondern auch für ein Überschreiten des Maßes der baulichen Nutzung. Bedeutsam für das Einfügen in die Eigenart der näheren Umgebung nach dem Maß der baulichen Nutzung sind nach ständiger Rechtsprechung des Senats solche Maße, die nach außen wahrnehmbar in Erscheinung treten und anhand derer sich die vorhandenen Gebäude in der näheren Umgebung leicht in Beziehung zueinander setzen lassen. Ihre absolute Größe nach Grundfläche, Geschosszahl und Höhe, bei offener Bebauung zusätzlich auch ihr Verhältnis zur Freifläche, prägen das Bild der maßgeblichen Umgebung und bieten sich deshalb vorrangig als Bezugsgrößen zur Ermittlung des Maßes der baulichen Nutzung an.“ (Rn. 17).

9

Speziell zum Einfügen in die Eigenart der näheren Umgebung nach dem Maß der baulichen Nutzung heißt es in dem Urteil weiter:

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„Für das Einfügen in die Eigenart der näheren Umgebung nach dem Maß der baulichen Nutzung sind die vorhandenen „Gebäude“ in der näheren Umgebung zueinander in Beziehung zu setzen. Gebäude prägen ihre Umgebung nicht durch einzelne Maßbestimmungsfaktoren im Sinne des § 16 Abs. 2 BauNVO, sondern erzielen ihre optische maßstabsbildende Wirkung durch ihr gesamtes Erscheinungsbild. Das hat den Senat schon in seinem Urteil vom 23. März 1994 [-4 C 18.92-, BVerwGE 95, 277, 279] dazu bewogen, kumulierend auf die absolute Größe der Gebäude nach Grundfläche, Geschosszahl und Höhe abzustellen. Die Übereinstimmung von Vorhaben und Referenzobjekten nur in einem Maßfaktor genügt nicht, weil sie dazu führen könnte, dass durch eine Kombination von Bestimmungsgrößen, die einzelnen Gebäuden in der näheren Umgebung jeweils separat entnommen werden, Baulichkeiten entstehen, die in ihrer Dimension kein Vorbild in der näheren Umgebung haben. Dies widerspräche der planersetzenden Funktion des § 34 Abs. 1 BauGB, eine angemessene Fortentwicklung der Bebauung eines Bereichs zu gewährleisten.“ (BVerwG, a.a.O., Rn. 20).

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1. Hiernach findet das von der Klägerin geplante Wohnhaus in der näheren Umgebung schon deshalb keine Entsprechung, weil die von der Gebäudehöhe und der Zahl der Vollgeschosse als Referenzobjekte allein in Frage kommenden benachbarten Hochhäuser keine Grundfläche von knapp 700 m² aufweisen. Nach der mit der Bauvoranfrage vorgelegten Übersicht zum „MASZ DER BAULICHEN NUTZUNG/ABSOLUTE BEBAUTE FLÄCHE“ (Bl. 27 der Behördenakte) hat das Wohnhaus Am W. A eine Grundfläche von 527,56 m², das Wohnhaus K.-Straße C eine Grundfläche von 537,46 m² und das Wohnhaus Am W. B eine Grundfläche von 469 m².

12

2. Unabhängig davon hat das Verwaltungsgericht auch zutreffend darauf abgestellt, dass sich in der näheren Umgebung kein Referenzobjekt findet, das im Verhältnis zur umgebenden Freifläche mit dem Bauvorhaben vergleichbar ist.

13

Nach der zitierten Übersicht nimmt das von der Klägerin geplante Wohnhaus 69 % der Fläche des Baugrundstücks ein, während die Verhältniszahlen für die drei genannten Hochhausgrundstücke mit 0,21 sowie 0,17 und 0,14 angegeben werden.

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a) Insofern unterliegt es zunächst keinen Richtigkeitsbedenken, dass das Verwaltungsgericht die kumulierende Betrachtung auf alle für das Einfügen nach dem Maß der baulichen Nutzung bedeutsamen Faktoren erstreckt, das heißt auch auf die Bezugsgröße „Verhältnis zur Freifläche“.

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Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts muss es hierzu in der näheren Umgebung Referenzobjekte geben, die bei einer wertenden Gesamtbetrachtung von Grundfläche, Geschosszahl und Höhe, bei offener Bebauung auch nach dem Verhältnis zur Freifläche vergleichbar sind (so: Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, 142. EL 2021, § 34 Rn. 40a unter Hinweis auf BVerwG, Urteil vom 8. Dezember 2016 – 4 C 7.15 –, a.a.O., Rn. 17). Dass das Bundesverwaltungsgericht in der oben wiedergegebenen Passage in Randnummer 20 seines Urteils lediglich die Kumulierung von Grundfläche, Geschosszahl und Höhe erwähnt hat, beruht darauf, dass es in dem zitierten Urteil vom 23. März 1994 nur auf diese Faktoren ankam.

16

Die von der Klägerin im Schriftsatz ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 14. Oktober 2021 genannten obergerichtlichen Entscheidungen geben für die von ihr vertretene Auffassung, die kumulierende Prüfung habe nur hinsichtlich Grundfläche, Geschosszahl und Höhe zu erfolgen, nichts her. Im Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 14. Februar 2018 – 1 CS 17.2496 – kam es auf eine kumulierende Betrachtung der Maßfaktoren nicht an, weil das Bauvorhaben bereits allein wegen des Verhältnisses zur umgebenden Freifläche als bauplanungsrechtlich unzulässig bewertet wurde (juris, Rn. 18f.). Im Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 12. Oktober 2017 - 15 ZB 17.985 - kam es ebenfalls nicht auf eine kumulierende Betrachtung an; das Verhältnis des Bauvorhabens zur Größe des Baugrundstücks wurde ebenso wie die im Vergleich zur Nachbarbebauung größere Grundfläche als bauplanungsrechtlich zulässig bewertet (juris, Rn. 11f.). Im Urteil des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen vom 25. April 2018 – 7 A 165/16 – kam es auf das Verhältnis des Bauvorhabens zu den umgebenden Freiflächen nicht an, weil für das Bauvorhaben bereits hinsichtlich seiner Höhe in Verbindung mit seiner Grundfläche in der näheren Umgebung keine Entsprechung vorhanden war (juris, Rn. 51). Schließlich enthält auch das von der Antragstellerin zitierte Urteil des Senats vom 8. März 2017 – 8 A 10695/16 –, BauR 2017, 997 und juris) keine Aussage zu dem Maßfaktor „Verhältnis zur Freifläche“; auch in diesem Fall ergab sich die bauplanungsrechtliche Unzulässigkeit des Vorhabens allein aus seiner Höhe in Verbindung mit der Grundfläche (juris, Rn. 34ff.).

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b) Darüber hinaus hat das Verwaltungsgericht zu Recht entschieden, dass es für das „Verhältnis zur Freifläche“ auf das jeweilige Baugrundstück ankommt und nicht auf eine „von Bebauung freizuhaltende Fläche“, wie die Klägerin argumentiert.

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Zum einen ist bereits unklar, welche Flächen als „freizuhaltend“ gemeint und wie sie zu ermitteln sind. Zum anderen – und vor allem – ist (entgegen der Auffassung der Klägerin) in der Rechtsprechung geklärt, dass für das Verhältnis von Gebäude zur umgebenden Freifläche auf das jeweilige Baugrundstück und nicht auf Freiflächen der Nachbargrundstücke abzustellen ist (vgl. OVG Saarland, Urteil vom 8. Januar 1988 – 2 R 208/85 –, BRS 48 Nr. 4: Relation zur Größe des Baugrundstücks; OVG NRW, Urteil vom 1. März 2017 – 2 A 45/16 – DVBl. 2017, 1047 und juris, Rn. 54: Freifläche auf dem Grundstück des Bauherrn; BayVGH, Beschluss vom 12. Oktober 2017 - 15 ZB 17.985 -, juris, 11: Verhältnis zur Größe des Baugrundstücks; Beschluss vom 14. Februar 2018 - 1 CS 17.2496 -, juris, Rn. 18 f: „Freiflächen auf dem Baugrundstück“, „auf dem Baugrundstück bei der geplanten Bebauung verbleibende Freiflächen“). Nichts Anderes ergibt sich aus der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts.

19

So hat das Bundesverwaltungsgericht in dem oben zitierten Urteil vom 8. Dezember 2016 (a.a.O., Rn. 17 a.E.) für die „nach außen wahrnehmbare“ Bezugsgröße „Verhältnis zur Freifläche“ neben seinem Urteil vom 23. März 1994 – 4 C 18.92 – ausdrücklich auch auf den Beschluss vom 3. April 2014 – 4 B 12.14 – (ZfBR 2014, 493 und juris) Bezug genommen. In diesem Beschluss hat es zum „Verhältnis von Gebäude und umgebender Freifläche“ auf die in § 19 Abs. 1 und § 20 Abs. 2 BauNVO – für die Festsetzung in Bebauungsplänen – geregelten Maßfaktoren „Grundflächen- und Geschossflächenzahl“ abgestellt und ausgeführt, dass diese für die Frage des Einfügens im Sinne von § 34 Abs. 1 BauGB zwar grundsätzlich „nur eine untergeordnete Bedeutung“ hätten. Dies bedeute jedoch nicht, dass sie von vornherein keine Rolle spielten. Wörtlich heißt es: „Dass das Verhältnis des Gebäudes zu der umgebenden Freifläche eine relative Größe ist, steht ihrer Berücksichtigung bei der Bestimmung des Maßes der baulichen Nutzung danach nicht entgegen.“ (a.a.O., juris, Rn. 4).

20

Mit dieser Bezugnahme auf das relative Maß der Grundflächenzahl hat das Bundesverwaltungsgericht zugleich zum Ausdruck gebracht, dass es bei dem „Verhältnis zur Freifläche“ auf das jeweilige Baugrundstück ankommt. Denn dies entspricht der Definition der „Grundflächenzahl“ in § 19 Abs. 1 BauNVO (Grundfläche je Quadratmeter Grundstücksfläche). Bestätigt wird dieses Verständnis des Merkmals „Verhältnis zur Freifläche“ durch das dem Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 3. April 2014 zugrundeliegende - von der Klägerin ebenfalls in Anspruch genommene - Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs. Denn darin ist die bauplanungsrechtliche Unzulässigkeit des fraglichen Bauvorhabens gerade damit begründet worden, dass es sich „hinsichtlich des Verhältnisses zwischen der geplanten Grundfläche und der das Gebäude umgebenden Freifläche“ deshalb nicht einfüge, weil es im Gegensatz zur Umgebungsbebauung weder über einen erheblichen Gartenanteil noch über Abstände zu den Grundstücksgrenzen von mehr als bloß 4 Metern verfüge (BayVGH, Urteil vom 12. Dezember 2013 – 2 B 13.1995 –, juris, Rn. 19). Auf diese Ausführungen zu fehlenden Freiflächen auf dem Baugrundstück beziehen sich die Bemerkungen des Bundesverwaltungsgerichts im Beschluss vom 3. April 2014, dass es beim „Einfügen nach dem Maß der baulichen Nutzung“ auch auf das „Verhältnis des Gebäudes zu der umgebenden Freifläche“ ankommen kann, mithin also auf die Freifläche auf dem jeweiligen Baugrundstück

21

Entgegen der Auffassung der Klägerin stellt es auch keinen Widerspruch dar, wenn das Bundesverwaltungsgericht einerseits das Abstellen auf „nach außen wahrnehmbare“ Maßfaktoren verlangt und andererseits das Verhältnis zu relativen und mit dem Auge nicht exakt bestimmbaren Grundstücksgrößen berücksichtigt wissen will. Denn das Bundesverwaltungsgericht hat im zitierten Beschluss vom 3. April 2014 sehr wohl eingeräumt, dass die Grundflächenzahl „in der Örtlichkeit häufig schwer ablesbar [und berechenbar ist]“; dennoch hat es die mögliche Beachtlichkeit der relativen Größe „Verhältnis des Gebäudes zu der umgebenden Freifläche“ nicht in Frage gestellt (a.a.O., juris, Rn. 4). Dies ist dahin zu verstehen, dass das Gericht für die Frage des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung zwar eine exakte Ermittlung des Verhältnisses von Gebäude und Freifläche mangels eindeutig feststellbarer Maße für nicht möglich und auch nicht geboten, es aber die Berücksichtigung evident wahrnehmbarer Unterschiede doch für beachtlich hält (vgl. hierzu auch: BVerwG, Beschluss vom 21. November 1980 – 4 B 142.80 –, BRS 36 Nr. 65 und juris, Rn. 3).

22

Ein solcher offensichtlicher Unterschied des Freiflächenverhältnisses beim Baugrundstück gegenüber den Grundstücken der Umgebungsbebauung liegt hier vor. Ausweislich der in den Akten enthaltenen Luftbildaufnahmen und Flurkarten ist hinreichend deutlich erkennbar, dass sich das Baugrundstück der Klägerin auf die Baulücke westlich des Gebäudes „Am W. D“ beschränkt, die in ihrer Tiefe noch hinter diesem Nachbargebäude zurückbleibt. Wenn auch die Grenzen zwischen den Grundstücken der drei oben genannten Hochhäuser nicht exakt wahrnehmbar sind, so fällt doch offensichtlich ins Auge, dass die die Hochhäuser jeweils umgebenden Freiflächen ein Vielfaches von dem ausmachen, was vom Baugrundstück der Klägerin bei der geplanten Bebauung mit einem Gebäude von ca. 700 m² Grundfläche übrig bliebe. Das von der Klägerin geplante Wohnhaus findet somit auch hinsichtlich des „Verhältnisses zur umgebenden Freifläche“ keine Entsprechung in der näheren Umgebung.

23

3. Schließlich hat das Verwaltungsgericht ebenfalls zutreffend dargelegt, dass auch die Voraussetzungen für eine ausnahmsweise Zulässigkeit des Bauvorhabens trotz Überschreitung des bauplanungsrechtlichen Rahmens nicht vorliegen.

24

Ein solcher Ausnahmefall kommt nach den oben dargelegten Grundsätzen nur in Betracht, wenn die Rahmenüberschreitung nicht zu bodenrechtlich beachtlichen Spannungen führt. Solche Spannungen werden indes begründet, wenn eine Vorbildwirkung der Rahmenüberschreitung nicht auszuschließen ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 8. Dezember 2016, a.a.O., Rn. 17). Letzteres ist hier der Fall. Durch die Zulassung der von der Klägerin begehrten verdichteten Bebauung sind Berufungsfälle für Erweiterungen oder Aufstockungen des vorhandenen Baubestands auf den Nachbargrundstücken nicht auszuschließen.

25

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

26

Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf §§ 47, 52 GKG.

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