Beschluss vom Schleswig Holsteinisches Oberverwaltungsgericht (1. Senat) - 1 LA 9/11

Tenor

Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - 8. Kammer, Einzelrichter - vom 10. November 2010 wird abgelehnt.

Die Klägerin trägt die Kosten des Antragsverfahrens. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Antragsverfahren auf

20.000,-- Euro

festgesetzt.

Gründe

1

Der Zulassungsantrag bleibt erfolglos, denn die von der Klägerin dargelegten (§ 124 a Abs. 4 Satz 4 VwGO) Gesichtspunkte rechtfertigen die Zulassung der Berufung nicht.

2

Der allein auf § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gestützte Antrag bleibt bereits deshalb erfolglos, weil die Klägerin nicht beide Begründungsalternativen, auf die das Verwaltungsgericht das Urteil gestützt hat, angreift. Das Verwaltungsgericht hat die auf Erteilung einer Baugenehmigung gerichtete Klage zum einen mit der Begründung abgewiesen, dass das geplante Schwimmbad die Baugrenze nach Westen und nach Süden überschreite. Zum anderen hat es darauf hingewiesen, dass nach der vorhandenen Grundstücksgröße nur eine Wohnung zulässig sei. Zwar genössen die beiden vorhandenen Wohnungen Bestandsschutz. Der den Bebauungsplan widersprechende Zustand würde jedoch verfestigt, wenn die beantragte Genehmigung für das unterirdische Schwimmbad erteilt würde. Diese zweite Erwägung, auf die das Verwaltungsgericht die Klagabweisung selbständig tragend gestützt hat, greift die Klägerin nicht an.

3

Der Senat teilt aber auch die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass das Vorhaben mit den im Bebauungsplan Nr. 31 getroffenen Regelungen über die Baugrenzen, deren Wirksamkeit die Klägerin nicht in Zweifel zieht, nicht vereinbar ist.

4

Entgegen der Auffassung der Klägerin darf das Vortreten des Schwimmbades über die Baugrenzen nicht gemäß § 23 Abs. 3 Satz 2 BauNVO zugelassen werden, denn das Schwimmbad überschreitet die Baugrenzen nicht nur geringfügig. Um geringfügige Überschreitungen handelt es sich in der Regel bei den vom Verwaltungsgericht beispielhaft aufgezählten Gebäudeteilen (z.B. Fensterbänke, Vordächer, Balkone etc.), nicht aber bei Überschreitungen in der hier vorliegenden Größenordnung (ca. 2,40 m über die gesamte südliche Gebäudefront). Die Auffassung der Klägerin, es handele sich um eine geringfügige Überschreitung im Sinne von § 23 Abs. 3 Satz 2 BauNVO, weil das Schwimmbad gemäß § 6 Abs. 8 LBO in den Abstandsflächen zulässig sei, ist bereits deshalb nicht richtig, weil die in § 6 Abs. 8 LBO abstandsrechtlich privilegierten Schwimmbecken nur Außenanlagen betreffen und keine Schwimmbäder in Gebäuden. Dies ergibt sich aus dem Wortlaut der Vorschrift (Schwimmbecken) und wird auch aus dem Vergleich mit den anderen in § 6 Abs. 8 LBO zugelassenen baulichen Anlagen, die alle Außenanlagen betreffen, deutlich. Im Übrigen erfasst § 23 Abs. 3 S. 2 BauNVO keineswegs alle baulichen Anlagen oder Teile davon, die in den Abstandsflächen zulässig sind, sondern nur Gebäudeteile, die in geringfügigem Ausmaß über die Baugrenze vortreten. Darum handelt es sich bei dem hier zu beurteilenden Bauteil zweifelsfrei nicht.

5

Schließlich kann auch keine Ausnahme nach Nr. 4 S. 1 der textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans, die eine ausnahmeweise Überschreitung an „einer“ Seite ermöglicht, zugelassen werden, denn das Vorhaben überschreitet die Baugrenze an zwei Seiten (nach Süden und nach Westen). Deshalb kommt es nicht darauf an, ob von Nr. 4 S. 2 der textlichen Festsetzungen, die eine Ausnahme für unterirdische bauliche Anlagen ausschließt, eine Befreiung erteilt werden kann. Der Senat weist in diesem Zusammenhang lediglich darauf hin, dass das Verwaltungsgericht zu Recht aus der Planbegründung geschlossen hat, dass die Erteilung einer Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB die Grundzüge der Planung berühren würde. Die Kritik der Klägerin an der Planbegründung, mit der sie die mangelnde Eignung der Regelung zur Erreichung des planerischen Zwecks (Verhinderung der Verdrängung Einheimischer durch zu hohe Grundstückspreise - „Syltfaktor“) geltend macht, ist nicht geeignet, die Intention der Gemeinde in Zweifel zu ziehen. Trifft ihre Kritik zu, betrifft dies nicht die Grundzüge der Planung, sondern die Rechtmäßigkeit der Abwägung der planerischen Festsetzung; diese hat die Klägerin jedoch nicht in Zweifel gezogen.

6

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

7

Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig (vgl. § 162 Abs. 3 VwGO).

8

Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf § 52 Abs. 1 GKG.

9

Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist rechtskräftig (§ 124 a Abs. 5 S. 4 VwGO).

10

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 S. 5, 66 Abs. 3 S. 3 GKG).


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